Die Vorzeichen standen auf einen geruhsamen Nachmittag für Lewis Hamilton. Der Brite führte nach dem ersten Boxenstopp überlegen den Großen Preis von Deutschland an und fuhr deutlich die schnellsten Zeiten. Dann ein Unfall von Timo Glock, eine Safety Car-Phase und eine Entscheidung von McLaren, den Briten nicht reinzuholen. Stattdessen stoppte Hamilton erst in Runde 50 zum zweiten Mal und fiel so noch hinter seinen Teamkollegen Heikki Kovalainen zurück.
Nachdem der Finne seinen Teamkollegen vorbeigelassen hatte, machte sich Hamilton auf die Jagd nach Massa, den er in Runde 56 in der Spitzekehre innen überholte, als der Brasilianer kurz nach rechts zog und Hamilton so die Tür öffnete. Den Konter des Brasilianers wehrte Hamilton vor der Mercedes-Tribüne rigoros ab und drückte Massa leicht neben die Bahn.
In Führung war Hamilton damit immer noch nicht. Vorne lag Nelsinho Piquet im Renault, der auf einer Einstoppstrategie unterwegs war und seinen Stopp in der Safety Car-Phase absitzen konnte. Gegen den anstürmenden McLaren-Fahrer hatte der Neuling jedoch keine Chance. Platz 2 konnte Piquet aber vor Felipe Massa und Nick Heidfeld ins Ziel retten.
Dennis nimmt Fehler auf Teamkappe
"Wir haben Lewis das Leben etwas schwieriger gemacht als nötig", gestand Ron Dennis. "Aber wir hatten zum Glück trotzdem die Pace, die anderen zu überholen. Lewis ist sensationell gefahren." Der Brite nahm die Entschuldigung seines Teams schon auf seiner Auslaufrunde über Boxenfunk an.
"Ich hätte gerne eine lockere Nachmittagsspazierfahrt erlebt, aber das sollte nicht sein", schmunzelte Hamilton auf der Sieger-PK und lobte auch seinen Teamkollegen Kovalainen als Teamplayer. "Er hat keinen großen Kampf hingelegt, das hat mir geholfen." Am wichtigsten war jedoch etwas anderes: "Wir hatten das gesamte Wochenende das schnellste und beste Auto." So konnte er auch an Massa vorbei. "Ich dachte erst, dass ich nicht vorbeikomen würde, aber dann hat er mir Platz gemacht."
Massa kämpfte zu diesem Zeitpunkt mit Problemen, wie Michael Schumacher gegenüber Premiere verriet. "Er hatte ein bisschen zu viele Bremsprobleme und seine Reifen haben nicht mehr ganz funktioniert", sagte Schumacher. "Wir mussten Federn lassen und waren gegen Lewis nicht mehr stark genug." Natürlich hätte Massa innen bleiben können, aber dann wäre Hamilton außen vorbei, meinte Schumacher. Deshalb habe es keinen Sinn gemacht, zu viel zu riskieren. "Also nehmen wir lieber die sechs Punkte mit nach hause."
Massa zeigte sich überrascht vom Rennspeed des McLaren. "Lewis war stark und viel schneller als alle anderen." Massa fand aber selbst daran etwas Positives: "Angesichts seiner Rennpace hatte ich ein sehr gutes Qualifying." Unterm Strich ist er mit Platz 3 und sechs Punkten zufrieden. Noch glücklicher ist sein Landsmann Nelsinho Piquet, der zum ersten Mal in der Formel 1 auf dem Podium landete.
"Das Wochenende hatte schon gut begonnen und wurde immer besser", so der Brasilianer, der nur im Q1 Probleme mit dem Verkehr hatte und deswegen schon früh ausschied. Die aggressive Einstoppstrategie, mit einer Option auf zwei Stopps in der ersten Rennphase, habe sich ausgezahlt. "Manchmal verliert man bei der Safety Car-Regel, manchmal gewinnt man, ich hatte heute Glück, zum richtigen Zeitpunkt drin zu sein." Gegen Hamilton setzte er sich nicht zu hart zur Wehr. "Er war viel schneller als ich und ich wollte lieber sicher Zweiter werden als mit hohem Risiko nur Vierter."
Ruhiger Start
Der Start verlief gesittet. Keine Kollisionen, keine Massenkarambolagen. An der Spitze fuhr Lewis Hamilton ungefährdet durch die ersten Kurven, dahinter musste sich Felipe Massa kurzzeitig gegen Heikki Kovalainen zur Wehr setzen, behielt aber die Oberhand. Spannender ging es im engen Mittelfeld zu. Dort war David Coulthard der Verlierer der Starts, er verlor 5 Positionen von 10 auf 15.
Besser machte es Robert Kubica der aus der ersten Runde als Vierter zurückkam, er war von Platz 7 gestartet. Kubica profitierte von einem Duell zwischen Jarno Trulli und Fernando Alonso. Der Spanier griff den Italiener an, kam dabei in der Spitzekehre neben die Bahn und während sich die beiden duellierten, flutschte Kubica rechts vorbei.
Heftiger Crash
Bis Runde 35 sortierte sich das Feld für einen normalen Trocken-GP. Dann ging alles ganz schnell: Timo Glcok brach in der Zielkurve hinten rechts die Aufhängung, der Toyota drehte sich, schlitterte über die Zielgerade und schlug hart in die Boxenmauer ein. Das Safety Car wurde auf die Strecke geschickt, Glock konnte nach einigen Minuten aus dem Auto aussteigen und auf wackeligen Beinen weggeführt werden. Die ersten Meldungen besagten, dass Glock starke Rückenschmerzen habe, ansonsten aber keine sichtbaren Verletzungen besitze. Zur Sicherheit wurde er zu weiteren Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht.
Nach der Öffnung der Boxengasse ging das Chaos los: fast alle Fahrer kamen zu einem Boxenstopp herein, der Führende Lewis Hamilton blieb auf der Strecke, ebenso Heidfeld und Piquet. Die Verfolger gingen an die Box, angeführt von Felipe Massa. Das sollte Massa nach Hamiltons Stopp die zweite Position bescheren, hinter dem Einstopper Nelsinho Piquet, der in der SC-Phase an der Box war und so Platz 1.
Hamilton fiel sogar hinter seinen Teamkollegen Kovalainen zurück, der ihn allerdings in der Spitzekehre offensichtlich vorbei ließ. Derweil gerieten zwei alte Hasen aneinander: David Coulthard und Rubens Barrichello demolierten sich gegenseitig die Autos. Fast zur Kollision kam es bei der Ausfahrt des großen Boxenstoppfestival: Vettel zog direkt vor Alonso heraus und drückte den Spanier in der Ausfahrt sogar leicht über die weiße Linie.
Durchgemischtes Feld
Durch die chaotische Safety Car-Phase kam viel Bewegung in die Punkteränge. Hinter dem Podiumtrio Hamilton, Piquet und Massa schnappte sich Nick Heidfeld den vierten Rang - von Starplatz 12. Der Deutsche führte das Rennen nach der Safety Car-Phase sogar einige Runden an, musste dann jedoch zu seinem zweiten Stopp an die Box kommen.
Nichtsdestotrotz konnte er sich durch diese Strategie an Kovalainen, Räikkönen und Teamkollege Robert Kubica vorbeischieben. Diese Drei belegten die Plätze 5 bis 7. Den letzten Punkt erkämpfte sich Sebastian Vettel mit einem Überholmanöver in den letzten Runden gegen Jarno Trulli, der als Neunter knapp leer ausging. Vor dem Safety Car-Durcheinander lag der Italiener noch klar in den Punkten. Platz 10 ging an Nico Rosberg vor Fernando Alonso.
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