Ganze 26 Jahre, eine halbe Ewigkeit, ist Lewis Hamilton schon Teil der Mercedes-Familie. Am Ende dieses Jahres sind es zwölf Saisonen, die er für das Werksteam von Mercedes in der Formel 1 fährt. Nach 18 gemeinsamen Jahren in der Formel 1 (mit McLaren und Mercedes) trennen sich Ende 2024 die Wege des siebenmaligen F1-Champions und der Marke mit dem Stern. Hamilton beendet diese eigentlich für die Ewigkeit gedachte Partnerschaft ab der Saison 2025 vorzeitig, da er sich dazu entschlossen hat, seinem Kindheitstraum, für Ferrari zu fahren, nachzugehen.

Haug über den Wechsel: Ich war komplett von den Socken!

Mit diesem Wechsel hatten selbst Insider nicht gerechnet. "Also wenn ich auf eines gesetzt hätte, auf eine Kombination in der Formel 1, die für alle Ewigkeiten halten wird, dann hätte die Lewis Hamilton und Mercedes geheißen", gesteht Norbert Haug, ehemaliger Motosportchef von Mercedes-Benz im Interview mit Motorsport-Magazin.com. Das ausführliche Interview mit Norbert Haug, in dem er unter anderem seine Erinnerung an Hamiltons Anfangszeit bei den Silberpfeilen teilt, könnt ihr euch hier ansehen:

Haug erinnert sich: Hamilton & Alonso - Das war die Hölle! (40:13 Min.)

Ob Haug davon im Vorfeld wusste: Nein. "Ich war komplett von den Socken! Ich hätte alle Eide geschworen, dass das ewig auch so bleiben wird. Und dass er hinterher als Markenbotschafter oder was auch immer beim Stern bleiben wird", sagte Haug nach dem Hamilton Wechsel-Hammer.

Über eine Erklärung kann auch er nur spekulieren: "Da kann man nur Rätsel haben. Das wissen wahrscheinlich ganz wenige Personen. Der Toto Wolff wird wissen, ob er das alles so preisgibt." Der Deutsche gibt aber zu bedenken, dass Hamilton vielleicht einen langfristigen Vertrag haben wollte, den er bei Mercedes dann aber möglicherweise nicht bekommen habe. So eine gängige Theorie. Haugs Nachfolger als Mercedes-Motorsportchef und F1-Teamboss, Toto Wolff, erklärte den überraschenden Abgang so: Lewis Hamilton habe Ende August 2023 einen 1+1 Vertrag unterschrieben, in dem aber eine Rücktrittsoption für das zweite Jahr verankert war, die er nun bereits vor Beginn des ersten Vertragsjahres 2024 gelöst hat, um dann in der F1-Saison 2025 zur Scuderia zu wechseln.

Lewis Hamilton: viel mehr als ein Top-Fahrer

Wird Mercedes mit Ende 2024 mehr als nur einen Weltklasse-Formel-1-Fahrer verlieren? "Ich glaube schon, ja. Aber es ist wohl nicht zu vermeiden", meint Haug, der eine ganz klare Meinung zur britischen Rennfahrerpersönlichkeit hat. "Er ist für mich perfekt. Ich meine, welche Zeichen hat er gesetzt in der Formel 1? Warum sagt man, die Formel 1 hat einen einzigen Superstar? Natürlich ist der Verstappen der Schnellste, der reift ran. Aber die ganzen Aussagen, die Lewis macht, seine Auftritte, seine Beschäftigung neben der Strecke, sein Kampf für Gleichbehandlung - sowohl der Geschlechter, wie der Farben. Das ist schon sehr bemerkenswert."

Der Schwabe, der den Aufstieg des jungen Rennfahrers aus erster Reihe mitbekam, hat Hamilton als "ganz reflektierten, fokussierten, bestens erzogenen jungen Mann" kennengelernt und kann den Lockruf von Ferrari nachvollziehen: "Jeder will mal Ferrari fahren, absolut verständlich."

Der Zweite Lewis Hamilton und der Dritte Charles Leclerc im Parc Ferme
Ab 2025 leben sie beide ihren Kindheitstraum: Hamilton und Leclerc fahren für Ferrari, Foto: LAT Images

Mercedes verliert also nicht nur ihren Nummer-1-Fahrer, sondern auch eine international angesehene Persönlichkeit. Aber was ist Hamilton bei Ferrari zuzutrauen? Laut Norbert Haug ganz einfach: Alles. "Der ist fit wie ein Turnschuh."

Hamilton oder Leclerc: Wer hat die Nase vorne?

Haug betont, dass er nicht glaubt, dass Charles Leclerc (auf eine Runde gesehen) der bessere Fahrer sei. Wie die beiden Top-Fahrer nebeneinander bzw. miteinander abschneiden, werden wir 2025 zu sehen bekommen. Aber der ehemalige Mercedes Motorsportchef ist sich sicher, dass Hamilton noch mal alles nachlegen wird, um der fitteste Hamilton zu sein, den es jemals gab. Dass der Brite heuer schon seinen 39. Geburtstag feierte, ist für Haug nebensächlich. "Das ist mit 40 mit wesentlich mehr Aufwand verbunden als mit 20. Aber sie [die Formel 1, Anm. d. Red.] haben viele Fahrer, die mit 30 körperlich fitter sind als mit 20, weil sie die Notwendigkeit erkennen und weil sie wissen, wie sie sich ernähren müssen."