Einen Tag nach dem Teamorder-Ärger beim Grand Prix von Malaysia schüttelten vor allem diejenigen, die die Formel 1 nach außen verkaufen wollen und müssen, immer noch den Kopf: "Einen Gefallen hat sich die Formel 1 da nicht getan", sagt ein Manager, der aber lieber ungenannt bleiben will. "Da hat man sowieso schon Akzeptanzprobleme, das Interesse und die Zuschauerzahlen gehen überall runter - und dann so was. Als ob die Zuschauer sehen wollten, dass im letzten Viertel des Rennens die vier Top-Autos einfach nur kampflos hintereinander herfahren." Wenn er mit großen Unternehmen über Sponsoring in der Formel 1 rede, "dann bekomme ich immer wieder zu hören, dass das nicht interessant sei, weil da eben kein echter Sport mehr geboten werde, sondern viel zu viel politisch geregelt werde. Da investiert man dann eben lieber in Fußball oder Tennis, wo wirklich sportlich und ehrlich gekämpft wird."
Insofern sind auch gar nicht so wenige Experten der Meinung, die Marc Surer gleich in seinem TV-Kommentar äußerte: Dass Sebastian Vettel im Prinzip genau das richtige gemacht habe, in dem er auf die Anordnung aus der Box gepfiffen habe und das getan habe, wozu ein Formel-1-Pilot ja eigentlich da ist: Mit maximalem Einsatz sein Rennen zu fahren. Mit einer Einschränkung: Er hätte seinem Team über Funk mitteilen sollen, dass er den "Position halten"-Befehl nicht akzeptiere und sein Rennen fahren werde. Dann hätte er sich nicht insofern angreifbar gemacht, dass sich sein Teamkollege Mark Webber "ausgetrickst und überrumpelt" fühlte, weil er mit einem Angriff nicht gerechnet habe.
Die Begründung für die Teamorder von Red-Bull-Chef Christian Horner ist ja bei genauerer Betrachtung sowieso durchaus fragwürdig: Es sei vor allem darum gegangen, auf der Reifenseite nichts zu riskieren, argumentierte er. Aber die Red-Bull-Piloten waren da schon auf ihrem vierten Trockenreifensatz des Tages unterwegs - und bis dahin hatte es auch keine Probleme gegeben. Bei Vettel kam noch dazu: Er hatte sich im Qualifying extra einen Satz der weichen Reifen aufgespart, um dann in der Schlussphase besser attackieren zu können. Nun sollte er diesen Vorteil nicht nutzen können? Dass Vettel da nicht mitspielte, zeigte vor allem eines: Dass er die Härte der ganz Großen in der Formel 1 hat, der Siegertypen eben. Ein Ayrton Senna, ein Michael Schumacher - die dachten zumindest in den meisten Fällen gar nicht daran, irgendwelchen für sie nachteiligen Boxenbefehlen zu folgen - streiten konnte man dann im Notfall nachher...
Es ist ja auch ein generelles Problem: In einem WM-Finale, wenn einer der beiden Piloten eines Teams keine Chance mehr hat, mag ein Eingreifen der Teamführung noch verständlich sein - mit solchen Mätzchen im zweiten Saisonrennen macht sich die Formel 1 eher lächerlich. Freilich hätten es auch die Fahrer in der Hand, dabei einfach nicht mitzuspielen. Unter der Hand erklärte jedenfalls der ein oder andere Konkurrent von Nico Rosberg, sie hätten in der Position des Mercedes-Piloten den Teamkollegen Hamilton erst mal "auf der Strecke überholt und dann nachher diskutiert. Manchmal muss man einfach auch Eier haben und das durchziehen."
Wenn nicht, läuft man schnell Gefahr, als Nummer-2-Pilot, mit dem man es ja machen kann, abgestempelt zu werden. So wie ein Rubens Barrichello, der nicht nur einmal, etwa in Österreich 2002, hinter Michael Schumacher zurückgepfiffen wurde, oder ein Felipe Massa, der 2010 in Hockenheim Fernando Alonso vorbeilassen musste und bei dem man in Austin 2012 einen unnötigen Getriebewechsel nach dem Qualifying provozierte, damit Alonso in der Startaufstellung einen Platz nach vorn und auf die saubere Seite rückte. Rosberg will diese Gefahr zwar noch nicht sehen, behauptet, im Team sehe man das anders, als es vielleicht nach außen wirke. Sein Vater Keke, der im Hintergrund bei Nico immer noch die Fäden zieht, realisiert das Risiko allerdings wohl schon - der war am Sonntagabend zu Hause in Europa mehr als sauer. Wobei er seinem Sohn vielleicht auch empfehlen sollte, in Zukunft zu derartigen Befehlen eben einfach "Nein" zu sagen...
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