Red Bull:
In puncto Laufleistung konnte das Weltmeisterteam auch beim dritten und letzten Barcelona-Test nicht überzeugen und kam im Kilometervergleich nur auf den neunten Platz. Als Grund nannte die Truppe aus Milton Keynes, die sich bis dato ein wenig als der schlafende Riese der F1 präsentiert, neben den anhaltenden Wetterkapriolen auch die Fokussierung auf das Wesentliche. Mark Webber erklärte, dass man nicht auf die Piste gegangen sei, nur um Kilometer zu fressen, sondern immer nur dann, wenn man auch im richtigen Arbeitsfenster zählbare Ergebnisse habe erzielen können. Teamkollege Sebastian Vettel räumte aber ein: "Wir konnten unterm Strich nicht so viel testen wie geplant."
Davon, dass Red Bull nun in Melbourne nicht mehr vorne mitfährt oder gar einen signifikanten Performance-Einbruch einzubüßen hat, ist nicht auszugehen. Das Paket war zum Ende des Vorjahres überlegen - unter Führung von Stardesigner Adrian Newey hat das Team im Winter dann auf eine Evolution anstatt einer Neuentwicklung gesetzt und damit auf seine altbewährten Tugenden. Da sich die Regeln kaum verändert haben, ist das für den Klassenprimus der vernünftigere, weil weniger riskante Weg. Im Umkehrschluss heißt das: Red Bull startet nach wie vor als Favorit in die neue Saison. Daran ändert auch das Fehlen einer Winterbestzeit nichts, fahren die Teams bei den Tests doch ohnehin nicht volles Rohr und tricksen mit den Benzinmengen respektive unterschiedlichen Reifenmischungen, um bei den Gegnern keine schlafenden Hunde zu wecken.
Ferrari:
Zum Auftakt belegte Felipe Massa beim zweiten Barcelona-Test nur den achten Tagesrang, 24 Stunden später wurde Fernando Alonso im Regen von Katalonien sogar Letzter und an Tag drei hatte Massa dann ein verlorenes Rad zu beklagen. Wer nun aber meint, bei Ferrari läuft aktuell alles schlecht, der irrt. Fakt ist: Massa konnte trotz der Probleme am Samstag die zweitschnellste Tageszeit aufstellen, kam dabei als einziger Pilot in die gleiche Sekunde wie Spitzenreiter Hamilton. Am Abschlusstag ging das Duell an der Spitze erneut gegen Mercedes. Während Rosberg auf seinem schnellsten Run das DRS an allen geeigneten Stellen des Kurses verwendete, machten die Beobachter bei Alonso nur auf der langen Start-/Zielgeraden eine Heckflügelaktivität aus - das dürfte die fehlenden Zehntel auf die Mercedes-Zeit umgerechnet schon schmälern.
Die Fahrer übten sich zwar weiter in Tiefstapelei und nach Teamchef Stefano Domenicali betonte auch Alonso, dass die Scuderia noch nicht auf dem Niveau von Red Bull oder McLaren sei - allgemein wollte man sich jedoch wenig in die Karten blicken lassen. Im Vergleich zum Vorjahr, so viel steht fest, ist der F138 jedoch ein klarer Schritt nach vorne. Beibehalten hat der Bolide scheinbar die gute Standfestigkeit. In den letzten vier Barcelona-Tagen spulte man mit 428 Runden die zweitmeisten aller Teams ab - genauso verhielt es sich schon eine Woche zuvor. Auch hat der Traditionsrennstall noch weitere Updates im Gepäck, die jedoch erst am Freitag in Australien ihre Premiere feiern werden. Bleiben Kinderkrankheiten oder Fehlentwicklungen aus, ist die Scuderia durchaus in Schlagdistanz.
McLaren:
Für McLaren verliefen die Tests eher durchwachsen - vor allem bei der ersten der beiden Testfahrten in Barcelona strauchelte man. "Dort lief es für uns wirklich schwierig und wir hatten einige Probleme", musste Jenson Button gestehen. Dennoch konnte Sergio Perez am 20. Februar eine Tagesbestzeit anschreiben. Von der Laufleistung her lag man aber sowohl in Jerez als auch beim ersten Barcelona-Test nur im hinteren Mittelfeld.
Dafür lief es in der finalen Woche besser, sodass Button schon am Freitag schwärmte: "Das war der bisher beste Tag, den ich bei den Testfahrten erlebt habe. Es scheint, dass das Team das Auto endlich versteht. Wir sind von der Pace nicht weit weg." Tatsächlich markierte Buttons 1:21.4 vom Sonntag die fünftschnellste Zeit in Barcelona. Nur die beiden Ferrari- und McLaren-Piloten waren noch schneller. "Man muss das Maximum aus dem holen, was einem zur Verfügung steht und das haben wir gemacht", lautete das Fazit von Perez.
Lotus:
Für Lotus verliefen die Wintertests in Jerez und Barcelona nicht wie gewünscht. Obwohl sich Romain Grosjean zweimal an die Spitze der Zeitentabelle setzte und Kimi Räikkönen immerhin einmal die Tagesbestzeit erzielte, kämpfte Lotus gleich mehrfach mit Getriebeproblemen am E21. Am vorletzten Testtag musste Räikkönen auch noch mit einer Lebensmittelvergiftung pausieren - und Grosjean war bereits am Vortag zurück nach Paris geflogen. Hinzu kam, dass Lotus durch die Umbauarbeiten am Auto - erst für Valsecchi, dann für Grosjean - am Samstag wertvolle Testzeit verlor.
Dass Bestzeiten bei den Wintertests nicht von größter Bedeutung sind, zeigte Ferrari bereits im Vorjahr. Dass verlorene Testzeit die Teams jedoch um das Sammeln wertvoller Daten bringt, kann niemand bestreiten. Trotzdem ist für Lotus derzeit noch nichts verloren: Mit einer konsequenten Weiterentwicklung und neuen Updates können Räikkönen und Grosjean schon in Australien an der Spitze zurückschlagen. "Das Auto ist gut und das Team arbeitet hart, um weitere Updates zu bringen", verriet der Franzose. "Es gibt keinen Grund, warum wir in Australien nicht konkurrenzfähig sein sollten."
Mercedes:
Der Start ist geglückt: Nachdem die ersten beiden Testtage in Jerez gründlich daneben gingen, legte Mercedes noch einen vielversprechenden Start in das neue Formel-1-Jahr hin. Lewis Hamilton und Nico Rosberg rasten in Barcelona insgesamt zu vier Bestzeiten. Und der F1 W04 war nicht nur schnell, sondern auch äußerst zuverlässig. Bei allen drei Tests spulten die Mercedes-Piloten weit über 300 Runden ab. Die Konkurrenz zeigte sich beeindruckt. "Ein Team, das bei seinen Runs durchgehend schnell und konstant war, ist Mercedes", sagte McLaren-Pilot Button am Rande der Testfahrten in Barcelona.
Die guten Auftritte bei den Testfahrten sind allerdings nur das eine, favorisiert sind die Silberpfeile beim Saisonauftakt in Melbourne deshalb noch lange nicht. "Lewis war auf einer Runde unglaublich schnell, aber sobald man auf eine Rennsimulation mit viel Sprit geht, ist die Geschichte wieder eine völlig andere", erklärte Lotus-Teamchef Eric Boullier. Die Bestzeit von Hamilton an Tag drei in Barcelona jagte ihm zumindest keinen Schrecken ein. "Ich würde jetzt nicht behaupten, dass ich froh über diese Zeit eines Konkurrenten bin, aber Angst macht mir die Rundenzeit nicht."
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