Eine der größten Karrieren aller Zeiten feiert einen weiteren Meilenstein: Fernando Alonso bestreitet seinen 350. Grand Prix und wird damit zum Rekordstarter der Königsklasse. Wir beleuchten seine größten Meilensteine in mehr als 20 Jahren....
Als Fernando Alonso 2001 in Australien seinen ersten Grand Prix fährt, reiht er sich gleich mal als drittjüngster Starter in die Geschichtsbücher ein. 19 Jahre und 218 Tage zählte der Asturier damals. Nur Mike Thackwell und Ricardo Rodriguez waren bei ihren Debüts jünger. Im Jahr 2018 ist Alonso immer noch der siebtjüngste Starter aller Zeiten. Max Verstappen, Lando Norris, Lance Stroll und Jaime Alguersuari schoben sich in den vergangenen 21 Jahren vor ihn.
Nachdem Alonso in seinem Lehrjahr beim Hinterbänklerteam Minardi mit starken Rennen überzeugte, holt ihn sein Förderer Flavio Briatore zu Renault. Dort verbringt er 2002 ein Jahr als Testfahrer, um in der darauffolgenden Saison mit den Franzosen als Stammfahrer zurückzukehren - und das mit Vollgas.
Gleich beim zweiten Rennwochenende sorgt Alonso in Malaysia mit der ersten Pole Position für Aufsehen - und gleichzeitig für seinen ersten Rekord: Jüngster Pole-Sitter aller Zeiten. "Du stehst zum ersten Mal für einen Grand Prix in der Formel 1 auf der Pole und hast das Resultat mit einem Auto abgeliefert, das nicht um die WM fuhr", so Alonso rückblickend auf den ersten Meilenstein seiner Karriere. "Ich denke, das hat die Wahrnehmung der Leute in diesem Moment etwas geändert."
Nur ein Rennwochenende später macht Alonso Bekanntschaft mit einer anderen Seite der Formel 1. Im chaotischen Brasilien GP verunfallt er schwer, als er mit überhöhter Geschwindigkeit auf die Unfallstelle Mark Webbers trifft und über dessen Wrackteile fährt. "Als ich in Brasilien crashte, wurden mir die Geschwindigkeiten in der Formel 1 erst bewusst. Du respektierst sie dann etwas mehr, vor allem in den Kurven und wenn es nass ist", so Alonso über diesen schmerzhaften Weckruf, bei dem er mit einer Schnittverletzung am Bein davonkam.
Wenige Monate später setzt der Shooting Star zum nächsten Höhenflug an. Beim Großen Preis von Ungarn feiert Alonso seinen ersten von bis dato 32 Siegen - und was für einen. "Wir haben Michael Schumacher ungefähr zehn Runden vor dem Ende des Rennens überrundet und das war.... wow... es wurde dadurch alles nur noch besser. Es war ein Rennen, das wohl meine gesamte Karriere verändert hat. Dieser Sieg änderte mein ganzes Leben", erklärt Alonso, der sich damit zu diesem Zeitpunkt auch den Eintrag als jüngster Rennsieger der Geschichte sicherte.
Zwei Jahre später krönt Alonso sich in Brasilien zusammen mit Renault zum ersten Mal zum Weltmeister. Wieder ist er damit der jüngste Pilot in der Geschichte, dem ein großer beziehungsweise der größte Erfolg gelingt. Emerson Fittipaldis ist seinen Rekord von 1972 nach über 30 Jahren los. Teamchef Briatore schreibt nach den Schumacher-Titeln 1994 und 1995 die nächste Erfolgsgeschichte mit einem der größten Piloten unserer Zeit.
"Der einflussreichste Mensch meiner Karriere war wohl Flavio Briatore", so Alonso, dem bewusst ist, dass er dem extrovertierten und oft auch kontroversen Italiener viel zu verdanken hat. "Er war der Mann, der mir zunächst half überhaupt in die Formel 1 zu kommen. Und auch dann in meiner Zeit mit Renault spielte Flavio eine tragende Rolle."
Ein Jahr später wiederholt Alonso an Ort und Stelle seinen größten Erfolg. Nach einem harten WM-Kampf gegen Michael Schumacher wird er in Interlagos mit Renault zum zweiten Mal Weltmeister - selbstredend inklusive dem Titel des bis dato jüngsten Doppelchampions. Das Jahr 2006 bringt außerdem einen anderen langersehnten Triumph mit sich...
Alonso holt seinen ersten von zwei Monaco-Siegen. "Wir wollen in Monaco alle extra gut performen, denn das ist die Fahrerstrecke schlechthin. Du wirst hier gefordert wie sonst nirgends, du forderst dich selbst, die Ingenieure... in Monaco ist alles besonders", so der Spanier. "Wenn du den Monaco GP gewinnst, denkst du, dass die Weltmeisterschaft nur ein Bonus ist, denn in diesem Moment hast du schon deine eigene Meisterschaft gewonnen, wenn du das Rennen das du unbedingt gewinnen wolltest in der Tasche hast." Beim großen Triumph in Monaco war Alonso darüber hinaus in einer Sache auch wieder einmal der erste Pilot der Geschichte...
Tatsächlich ließ er das obligatorische Dinner mit der Fürstenfamilie sausen, zu dem der Sieger am Sonntag nach dem Rennen traditionell geladen ist. "Ich wusste nicht, dass es verpflichtend ist den Sieg mit dem Prinzen zu feiern. Ich hatte Verpflichtungen und flog zurück nach Spanien. Erst dort stellte ich fest, dass ich wohl der erste Pilot in der Geschichte bin, der sein Dinner nach dem Monaco-Sieg am Sonntag verpasst hat."
Neben den beiden WM-Titeln hatten die Jahre 2005 und 2006 für Alonso auch aus einem anderen Grund einen besonders hohen Stellenwert - Michael Schumacher. "Das Überholmanöver gegen Michael in der 130R in Suzuka war wahrscheinlich das, was ich am meisten genossen habe", so Alonso, der den Ferrari-Piloten 2005 mit einem mutigen Manöver außenherum in der ultraschnellen Kurve kassierte. "Du weißt du befindest dich in einer besonderen Kurve mit einem besonderen Konkurrenten, und so wird dieser Move immer ein entscheidender Teil meiner Karriere sein."
Überhaupt verliehen die Duelle gegen Rekordweltmeister Michael Schumacher den Erfolgen in diesen Jahren für ihn erst ihren tatsächlichen Stellenwert. "Michael Schumacher war besonders. Er war eine Legende in diesem Sport, als ich in die Formel 1 kam. Er war eine Art Vorbild, als du Go-Kart gefahren bist und sahst, wie er den Sport dominiert", so Alonso. "Dann findest du dich im Kampf um den Sieg gegen ihn wieder. Die Siege in Imola und Magny Cours waren für mich durch diese Duelle sehr speziell."
"Wir haben zwei Weltmeisterschaften in den letzten beiden Jahren von Michael mit Ferrari gewonnen und diese waren etwas ganz Besonderes. Sie haben unseren Weltmeistertiteln wahrscheinlich noch mehr Wert verliehen", schwärmt Alonso und drückt dem großen Rivalen seine Anerkennung aus.
Auf die glorreiche Ära mit Renault folgte für Alonso 2007 der Wechsel zu McLaren Mercedes - auf den ersten Blick ein genialer Schachzug. "2007 war eine besondere Saison. Wir begannen mit einer mega Präsentation in Valencia und viele Menschen kamen und waren völlig verrückt danach. Es war ein perfekter Start in eine schwierige Saison", so Alonso.
Alonso bezeichnet den McLaren des Jahrgangs 2007 als sein bis dato letztes WM-fähiges Auto. Dennoch klappte es mit dem dritten Titel in Folge nicht. Ein Punkt fehlten am Ende auf Weltmeister Kimi Räikkönen. Der Grund für die Niederlage? Alonso und sein sensationell schneller Rookie-Teamkollege Lewis Hamilton hatten sich im WM-Kampf gegenseitig zerfleischt. "Ich hatte innerhalb des Teams einen sehr harten Wettkampf und am Ende gewann Ferrari die WM. Letztendlich war es eine intensive Saison für die gesamte Formel 1, nicht nur für uns", so Alonso, der nach nur einem Jahr in Woking zu Renault zurückkehrte.
Dort gelang es ihm trotz der Wiedervereinigung mit Flavio Briatore nicht, an die Erfolge vergangener Tage anzuknüpfen. In Erinnerung bleibt vor allem der umstrittene Sieg beim Crashgate-Skandalrennen 2008 in Singapur. Nach einer noch enttäuschenderen Saison 2009 erfüllte sich für Alonso trotz dieser Durststrecke ein weiterer großer Traum.
Mit dem Wechsel zu Ferrari erhielt die Formel 1 ihre absolute Traumehe, als der in den Augen vieler Experten besten Fahrer mit dem legendärsten Team des Sports zusammenspannte. "Für mich wurde damit ein Traum wahr. So wie jeder andere Fahrer lebte auch ich dafür, eines Tages in einem Auto von Ferrari zu fahren."
Mit dem Sieg beim Saisonauftakt in Bahrain begann die Beziehung mit einem Bilderbuchstart. "Es war unglaublich, zu Ferrari zu wechseln und das erste Rennen zu gewinnen," so Alonso. "Es war magisch, ein Doppelsieg für das Team. Die Atmosphäre war in diesem Jahr einfach perfekt."
Wenige Monate später trat er in die Stapfen Michael Schumachers, als er in seinem ersten Jahr für Ferrari vor den Augen der Tifosi in Monza zum Sieg fuhr. "Ein Monza-Sieg in Rot ist so mit das Größte, was ein Pilot auf dem Podium erleben kann", so Alonso. "Wenn du tausende von Menschen auf der Zielgeraden siehst, die Ferrari wie eine Religion leben und du dort mit dem Pokal stehst und das Rennen gewonnen hast, könntest du nicht stolzer sein ein Ferrari-Fahrer zu sein."
Trotz aller Anstrengungen und beinahe übermenschlichen Leistungen Alonsos gelang es dem Duo nicht, die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Sowohl 2010 als auch 2012 scheiterten Ferrari und Alonso im letzten Rennen der Saison gegen Red Bull und Sebastian Vettel.
Die Erinnerungen an diese Zeit hält Alonso trotzdem in Ehren, denn gerade seine Siege aus teilweise aussichtsloser Position machen ihn stolz. "Valencia 2012 war vielleicht das emotionalste Rennen meiner Karriere. Es war mein Heimrennen, ich startete als Elfter und es kam etwas unerwartet, plötzlich zu führen und als Sieger über die Ziellinie zu fahren. Es war magisch und ein Rennen, das ich niemals vergessen werde."
2013 gab es ein letztes Aufbäumen des Gespanns im Kampf gegen die Übermacht von Red Bull, das jedoch schnell verpuffte. "2013 war eine seltsame Saison. Wir begannen konkurrenzfähig, gewannen in China und in Spanien", so Alonso, der seit dem letztgenannten Triumph auf seinen 33. Sieg in der F1 wartet. "Es ist eine lange Zeit her, dass ich hier zum letzten Mal den Geschmack des Sieges kosten durfte. Hoffentlich kommen wir bald dahin zurück."
Die verfehlten Ziele ändern jedoch nichts daran, dass Alonso die Zeit bei Ferrari über alle Maßen zu schätzen weiß. Nie wird er müde zu betonen, welchen Wert der Traditionsrennstall für ihn hat, genau wie die Leute mit denen er dort zusammenarbeiten durfte. "Luca di Montezemolo und Stefano Domenical waren auch großartige Persönlichkeiten in meiner Karriere."
Nach einer fruchtlosen Saison 2014 gingen Ferrari und Alonso getrennte Wege. Der Spanier heuerte abermals bei McLaren an, um in der neuen Kooperation mit Honda die glorreichen Zeiten des Teams mit Ayrton Senna und Alain Prost wiederaufleben zu lassen. Doch es kam anders...
"McLaren Honda war ein Team das sehr vereint war, sehr offen und international. Es war anders als das McLaren von 2007", so Alonso, der in drei Jahren jedoch kein einziges Podest einfahren konnte, geschweige denn um Siege oder Titel kämpfte. "Es war alles richtig, bis auf die Resultate. Daher entschloss sich McLaren für 2018 den Partner zu wechseln."
Zusammen mit Renault wollten McLaren und Alonso nachholen, was ihnen mit Honda verwehrt blieb. Doch das Projekt lief nicht nach Plan. Nach ordentlichem Saisonstart ging es nur noch nach hinten. Alonso beschloss seine Formel-1-Karriere zu beenden, vorerst.
2021 kehrte er nämlich zurück in die Königklasse. Bei welchem Team? Natürlich Renault, das mittlerweile Alpine hieß. Der Altmeister wollte es noch einmal allen beweisen....
Und das tat er auch! Beim Premierenrennen in Katar sicherte er sich seinen insgesamt 98. Podestplatz und den ersten seit dem Ungarn Grand Prix 2014.
Im Jahr darauf trat die Formel 1 in eine neue Ära und Alonso war natürlich wieder dabei. Der zweifache Weltmeister zeigte erneut sein können und stellte den Alpine in einem regnerischen Qualifying in Kanada in die erste Startreihe. Das Publikum feierte den Matador mit lauten Sprechchören.
Auch auf dem Fahrermarkt sorgte Alonso 2022 wieder für Schlagzeilen. Weil Alpine ihm keinen Mehrjahresvertrag anbot, nahm er kurzerhand ein Angebot von Aston Martin an. Damit bleibt der Spanier der Formel 1 für mindestens zwei weitere Jahre erhalten.
Den Meilenstein des 350. Rennen in Monza bestreitet Alonso jedoch noch mit Alpine. Für den Rekord selbst hatte der Spanier nicht allzu viel übrig, denn er will noch mehr: "Mit den zwei weiteren Jahren, oder wie lang auch immer ich in der Formel 1 sein werde, werde ich sicher 400 Rennen erreichen." Na dann, auf weitere Jahre mit dem nimmermüden Asturier!
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