Portrait:
Bereits mit dreieinhalb Jahren führten Sebastian Vettels Eltern ihren Sohn an den Motorsport heran. Vater Norbert ließ ihn damals im eigenen Kart fahren. Nach Erfolgen in der deutschen und europäischen Kart-Szene von 1997 bis 2002 stieg Vettel 2003 in den Formelsport auf. Red Bull, deren Motorsport-Programm da noch in den Kinderschuhen steckte, sicherte sich bereits1998 Vettels Dienste.
In der Formel BMW ADAC holt er 2003 sofort fünf Siege und den Vizemeister-Titel, ehe er 2004 mit 18 Siegen in 20 Rennen einen Rekord-Durchmarsch hinlegte. Das verschaffte ihm nicht nur tatkräftige Unterstützung von BMW, sondern auch ein Cockpit in der Formel 3 Euro Series. Zwar konnte er im ersten Jahr kein Rennen gewinnen, aber ein fünfter Platz in der Meisterschaft und ein dritter in Macau unterstrichen sein Potenzial.
Shooting Star Vettel drängt mit Red Bull in die Formel 1
2006 ging es für ihn in der F3-Eurosiere weiter, zudem folgten Gastauftritte in der Formel Renault 3.5 und ein Formel-1-Testfahrervertrag beim Formel-1-Team BMW-Sauber. Die Saison beendete er in der Formel 3 mit dem zweiten Gesamtrang. 2007 stieg er in die als Vollzeit-Pilot in die Formel Renault 3.5 auf - aber nach einem schweren Unfall von Robert Kubica beim Kanada-GP 2007 rückte Vettel als Ersatzfahrer beim Grand Prix der USA in das Cockpit des zweiten BMW-Saubers, beendete das Rennen auf dem achten Rang und wurde der damals jüngste Fahrer mit einem WM-Punkt.
Seine begeisterten Red-Bull-Förderer entschlossen sich daraufhin, Vettel sofort dauerhaft in die Formel 1 zu bringen. Ab Ungarn ersetzte Vettel im B-Team Toro Rosso Scott Speed, nachdem Red Bull ihn bei BMW ausgelöst hatte. Trotz mangelnder Erfahrung und unterlegenem Material behauptete sich Vettel mit einem vierten Platz in China, und bestärkte Red Bull im Bestreben, ihn als zukünftigen Weltmeister auf das Hauptteam vorzubereiten.
Vettel erst Sensationssieger, dann Rekordweltmeister
Die Saison 2008 begann Vettel mit viel mehr Selbstvertrauen, und die Ergebnisse wurden in der zweiten Hälfte immer besser. Highlight: Ein sensationeller Sieg in Monza. Mit einem an diesem Wochenende überraschend starken Toro Rosso ließ Vettel seine bisher erste Chance auf einen Sieg nicht links liegen, und lieferte ein perfektes Rennen ab. Red Bull war endgültig überzeugt und beförderte Vettel für 2009 ins Hauptteam.
Dank neuem Reglement stellte Red Bull 2009 erstmals ein regelmäßig siegfähiges Auto hin, und als Neuankömmling konnte sich Vettel gleich neben dem etablierten Mark Webber behaupten. Vier Siege brachten ihn den Vizemeister-Titel. Seine Erfahrung aus dem ersten Meisterschaftskampf setzte er im nächsten Jahr perfekt um. Trotz einiger Fehler und Defekte sicherte er sich in einem packenden Finale seinen ersten WM-Titel gegen Webber und Ferrari-Kontrahent Fernando Alonso in einem packenden Finale. So krönte er sich zum jüngsten Weltmeister der Geschichte.
Die Titelverteidigung 2011 wurde dominant. Sechs Siege in den ersten acht Rennen, 15 Poles - Saison-Rekord - und ein deutlicher Triumpf unterstrichen Vettels Fähigkeiten. Als der Red Bull 2012 dann aber eingebremst wurde, konnte Vettel von den ersten 13 nur ein Rennen gewinnen. Mit vier Siegen in Serie rettete er in einem hochdramatischen Finale nach einer Kollision auf der ersten Runde gerade noch den dritten Titel, einmal mehr gegen Alonso, über die Linie.
Vettels Red-Bull-Traumpartnerschaft löst sich auf
Der vierte Titel 2013 wurde eine klare Sache. Dramatisch war nur die immer weiter zerfallende Partnerschaft mit Teamkollege Mark Webber. Mit dem war er schon 2011 in der Türkei kollidiert, 2013 kam es in Malaysia zum berühmten "Multi 21"-Zwischenfall, bei dem Vettel sich weigerte, Teamorder Folge zu leisten, und Webber den Sieg abnahm. Webber übte später Kritik - das Team habe stets Vettel bei diesen internen Querelen unterstützt.
Unabhängig wurde 2013 die große Vettel-Show. 13 Gesamtsiege bedeuteten die Einstellung von Michael Schumachers Rekord für eine Saison, mit neun Triumphen in Serie stellte er zudem den Uralt-Rekord von Alberto Ascari ein. Doch die guten Zeiten näherten sich dem Ende. 2014 lahmte der Red Bull, und die Renault Power-Unit war Mercedes weit unterlegen. Dennoch verbuchte der neue Teamkollege Daniel Ricciardo drei Siege, Vettel nur einen zweiten Platz in Singapur. Nach einer mehr als enttäuschenden Saison kündigte der Deutsche sein Engagement bei Red.
Vettels Schumacher-Kindheitstraum Ferrari
Denn bei Ferrari war mit dem Abgang Fernando Alonsos die Tür offen - und Vettel, der von klein auf Michael Schumacher als Ferrari-Legende idolisiert hatte, erfüllte sich den Traum und ging nach Maranello. Zwar war Ferrari 2015 im Wiederaufbau, aber ein magischer Sieg im zweiten gemeinsamen Rennen, sowie zwei weitere in Ungarn und Singapur kündigten eine Vettel-Renaissance an. Die wurde 2016 von einem Ferrari-Durchhänger - von Technik bis Strategie - untergraben, in dem Vettel trotz aller Bemühungen gegen die übermächtigen Mercedes chancenlos war.
2017 kam die Wende, dank neuem Technischen Reglement war Ferrari endlich konkurrenzfähig. Vettel gewann vor der Sommerpause vier Rennen und war mitten im WM-Kampf gegen Lewis Hamilton, doch Fehler von ihm und vom Team überschatteten das Jahr. In Baku kam es zum berüchtigten Rammstoß, als Vettel Hamilton bei einem Safety-Car-Restart in die Seite fuhr, im Glauben, Hamilton habe einen Bremstest mit ihm gemacht. Singapur wurde zum Desaster der Ferrari-Saison, als Vettel sich beim Start verschätzte und sowohl sich als auch Teamkollege Kimi Räikkönen abräumte.
Ein technischer Defekt in Japan besiegelte die WM-Niederlage. Alle Hoffnungen lagen nun in Maranello auf 2018. Die Saison begann mit zwei Siegen und einem nach Pace Mercedes ebenbürtigen Ferrari für Vettel wieder vielversprechend, doch ausgerechnet beim Heim-Grand-Prix in Hockenheim schmiss er den Sieg als WM-Führender bei Nieselregen in der Sachskurve ins Kiesbett. Die Saison nahm eine unschöne Wendung, und mit Drehern auf den ersten Runden von Monza und Austin wurde Vettel für die Niederlage zum Sündenbock.
Vettels Ferrari-Träume münden in eine Frust-Trennung
Aber Ferrari hatte da schon größere Probleme mit einem Auto, das in der Entwicklung falsch abgebogen war. Unter dem Druck, Resultate zu liefern, wurde trotzdem 2019 erst einmal Vettels langjähriger Freund und Teamkollege Kimi Räikkönen gegen den Nachwuchs-Star Charles Leclerc ausgetauscht. An dem biss sich Vettel, wie Jahre zuvor an Ricciardo, die Zähne aus. Nur ein Sieg gelang ihm, in Singapur. Mit Leclerc lieferte er sich ein immer weiter eskalierendes Duell, bei dem er erst in Russland die Teamorder verweigerte, ehe die beiden in Brasilien kollidierten.
In der WM kam Leclerc am Ende vor dem fünftplatzierten Vettel an. Der war angezählt. War eine Fortsetzung des 2020 auslaufenden Vertrages anfangs noch wahrscheinlich, fiel die Beziehung nun langsam auseinander. Schließlich gingen die einstigen Traumpartner ohne WM-Titel getrennte Wege. Vettels Abschiedsjahr 2020 wurde zum Desaster. Ein in allen Belangen unterlegener Ferrari reichte nur für ein Podium, bei schwierigen Bedingungen in der Türkei holte Vettel Platz drei, ansonsten wurde er von Leclerc diesmal deutlich geschlagen.
Vettels letzter Neuanfang bei Aston Martin
Zu Ende war die Karriere aber noch nicht: Vettel fand beim von Lawrence Stroll neu aus dem Boden gestampften Aston Martin eine Anlaufstelle, und verdrängte dort als Marketing-Zugpferd Sergio Perez. Die erste Saison war eine der gemischten Gefühle, aber nachdem sich Vettel zu Saisonmitte ans Auto gewöhnt hatte, holte er ein Podium, und ließ seinen neuen Teamkollegen Lance Stroll schließlich hinter sich.
Abseits der Strecke erfand sich Vettel in seinen letzten Jahren neu. Aus dem ungeliebten Dominator der Red-Bull-Jahre wurde inzwischen der Elder Statesman der Formel 1. Neben Lewis Hamilton gilt Vettel als jener Fahrer, der zu allen F1-Themen in und rund um die Formel 1 die richtigen Worte finden kann. Mit Projekten wie Müllsammeln, oder Kart-Events für Frauen in Saudi-Arabien hat sich Vettel auch abseits der Rennstrecke als großer Sportsmann etabliert.