Große Personal-Überraschung im Formel-1-Management des Automobil-Weltverbandes FIA. Niels Wittich räumt nach knapp drei Jahren seinen Posten als Rennleiter. Mit sofortiger Wirkung - schon die letzten drei Rennen der Saison 2024 wird er nicht mehr im Amt sein. Das bestätigt der Verband am 12. November in einer kurzen Stellungnahme.
"Niels Wittich tritt von seiner Position als F1-Rennleiter zurück, um neue Gelegenheiten zu verfolgen", heißt es vonseiten der FIA. "Niels hat seine zahlreichen Verantwortungen als Rennleiter mit Professionalität und Hingabe abgeleistet. Wir danken ihm für seinen Einsatz und wünschen ihm das Beste für die Zukunft."
Wittich unterstreicht allerdings auf Nachfrage: "Ich bin nicht zurückgetreten." Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com wurde er kurz vor der öffentlichen Bestätigung in Genf über seine Entlassung unterrichtet.
Wittichs Posten wird ab Las Vegas von Rui Marques übernommen. Der ist ein altgedienter FIA-Offizieller, der in anderen Rennserien bereits als Streckenposten, Scrutineer und Steward viel Erfahrung vorweisen kann. In den letzten Jahren war er regelmäßig bereits als Rennleiter in den Nachwuchsklassen Formel 3 und Formel 2 angestellt, hat also Erfahrung im Tätigkeitsfeld.
FIA seit Charlie Whiting mit dem F1-Rennleiter-Problem
Für Marques ist es trotzdem ein riesiger Sprung. Der Posten des Formel-1-Rennleiters ist kein leichter, auch nicht für erfahrene Offizielle, die bereits in anderen Meisterschaften ein großes Erfahrungspensum angehäuft haben. Auch wenn im Grunde genommen der Verantwortungsbereich ähnlich ist.
Aber in kaum einer Serie ist die Position ein politisches Minenfeld wie in der Formel 1. Lange hatte Charlie Whiting hier die Lage unter Kontrolle - aber er konnte auf jahrzehntelange Erfahrung im Sport zurückblicken. Whiting war auch praktisch für das Formen des Aufgabenbereichs des modernen F1-Rennleiters zuständig, und kaum jemand galt als so versiert in Sachen F1-Reglement wie er.
Mit Whitings unerwartetem Tod kurz vor Saisonstart 2019 wurde der Australier Michael Masi in die Rolle katapultiert. Masis Amtszeit endete mit dem kontroversen Saisonfinale 2021 in Abu Dhabi unrühmlich. Wegen seiner Entscheidungen bezüglich der Handhabung des Safety Cars kurz vor Rennende wurde er auf das Abstellgleis befördert und verließ die FIA schließlich.
Kann die Formel 1 ihr Rennleiter-Problem lösen?
Nicht nur Abu Dhabi war aber ein Problem. Schon davor hatten Kontroversen um Regelauslegungen - auch unter Druck eines harten WM-Kampfs - immer weiter zugenommen. Im Bemühen, das abzustellen, ließ die FIA daraufhin Ex-DTM-Mann Niels Wittich und WEC-Rennleiter Eduardo Freitas die Rennen abwechselnd leiten. Freitas ging schon 2022 nach Japan. Einem kontroversen Regenrennen, bei dem Pierre Gasly unter Safety Car mit hoher Geschwindigkeit an einem auf der Strecke stehenden Bergekran vorbeigefahren war.
Wittich machte allein weiter. Mit der - auch als Konsequenz von Abu Dhabi geforderten - jetzt kompromisslosen Regelauslegung machte er sich im Fahrerlager nicht nur Freunde. Von Fahrer-Seite war der Gegenwind zeitweise stark. Er wurde das Gesicht der neuen harten Linie, etwa bei Piercings und Unterwäsche. Die Fahrer-Gewerkschaft GPDA nannte diese Themen in einem offenen Brief gegen FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem explizit als unverhältnismäßig.
Jetzt übernimmt also Rui Marques den heißen Sitz. Hatte Charlie Whiting ursprünglich von 1997 bis 2018 den Posten über zwei Jahrzehnte durchgehend belegt, ist Marques nun schon der vierte Rennleiter in sechs Jahren.
16:10 Uhr: Dieser Artikel wurde kurz nach dem Erscheinen um eine Stellungnahme von Niels Wittich ergänzt.
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