Endlich - kann ich nur sagen. Endlich kann ich einmal ganz in Ruhe und gut vorbereitet in eine komplette Formel-1-Saison gehen. Ich bin unheimlich glücklich, dass es mit Williams geklappt hat, dass ich ab jetzt ein ganz normales Vorbereitungsprogramm durchziehen kann, sowohl was mich persönlich und mein Fitnesstraining angeht, als auch die Arbeit mit dem Team, die anstehende Testphase.
Ich kann es schon gar nicht mehr erwarten, bis ich endlich ins Auto steigen kann - zum ersten Mal werde ich mit meinen Konkurrenten in der Formel 1 auf Augenhöhe sein, was die Grundlagen angeht, wenn die Saison beginnt. Ich sehe das quasi als den echten Start meiner Formel-1-Laufbahn, eine große Chance, mein Potenzial zu beweisen,
Vertrauen erarbeitet
Es sah schon kurz vor Weihnachten ziemlich gut aus, aber sicher sein konnte ich mir absolut nicht - ich weiß ja ganz genau, bevor ein Vertrag nicht endgültig unterschrieben ist, ist gar nichts sicher. Ich bin über die Feiertage nach Brasilien zurückgeflogen - in dieser Zeit und Anfang Januar haben meine ganze Familie, vor allem meine Schwester Bianca, aber auch meine Mutter und meine jüngere Schwester Paulinha, sehr hart gearbeitet.
Ihre Aufgabe war es, auch auf der kommerziellen Seite mit den Sponsoren alles perfekt zu machen, während ich einfach versucht habe, ruhig zu bleiben und mich in keine Richtung verrückt machen zu lassen. Denn der kommerzielle Teil war bei weitem nicht das Einzige. Als ich in der zweiten Januarwoche nach Europa zurück gekommen bin, standen bei Williams noch einmal eine ganze Menge Tests auf dem Programm.
Einige hatte ich schon im Dezember absolviert, Fitness, Arbeit mit den Ingenieuren, auch etwas Zeit im Simulator... Das Team wollte wirklich ganz genau wissen, was sie von mir erwarten können - denn aufgrund meiner bisher etwas ungewöhnlichen Formel-1-Karriere tut man sich ein bisschen schwer, gewissermaßen von außen mein wahres Potenzial einzuschätzen. Ich verstehe das aber nicht als Misstrauen, das ist absolut verständlich.
Auch wenn es im ersten Moment natürlich schöner wäre, wenn einem gleich gesagt würde, ja, wir vertrauen dir voll, wir glauben absolut an dich: Jetzt kann ich sagen, dass mir diese Testphase unheimlich viel gebracht hat. Erstens konnte ich so gleich einmal viele Leute im Team kennenlernen, die Arbeitsweise, viele Abläufe - und das Team weiß jetzt auch viel mehr über mich, es ist eine sehr, sehr gute Basis vorhanden, meine Position im Team ist dadurch von Anfang an viel besser, als sie es wohl sonst gewesen wäre, man bringt mir gleich viel Vertrauen entgegen.
Schritt nach vorne
Zum Schluss war ich auch noch mit Rob Wilson unterwegs, einem in der Szene sehr anerkannten Fahrertrainer. Da geht es um kleine technische Feinheiten, um das Gefühl für das Auto, um das Erspüren von Details im Fahrverhalten. Das macht man mit normalen Straßenautos, aber es ist eine ganze Menge, was man dabei lernen und testen kann. Ich habe mit Rob auch schon früher zusammengearbeitet, ganz am Anfang meiner Karriere, als ich nach England kam, aber diesmal konnte ich noch mehr davon profitieren. Damals war ich, ohne jede Erfahrung, mit einigem noch überfordert, vor allem mit der Menge an gleichzeitigen Informationen, heute habe ich da viel größere mentale Kapazitäten, das alles entsprechend zu verarbeiten und umzusetzen.
Als dann letzten Montag mein Vertrag endgültig bestätigt wurde, war das natürlich ein tolles Gefühl - aber viel Zeit zum Freuen bleibt gar nicht. Wir haben gemeinsam eine Menge Arbeit vor uns, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass die dann auch zum Erfolg führen wird. Ende letzter Woche habe ich das neue Auto zum ersten Mal komplett fertig gesehen, man kann natürlich nicht sehr viel sagen, bevor man nicht das erste Mal wirklich gefahren ist, aber die Windkanaldaten sehen sehr gut aus, die Ingenieure sind zuversichtlich, dass Williams gegenüber dem letzten Jahr doch wieder ein ganzes Stück nach vorne kommen kann.
Duell im Simulator
Was für mich bei Williams auch etwas Neues ist, ist die systematische Simulatorarbeit. Weder bei HRT noch letztes Jahr bei Lotus-Renault gab es einen Simulator, dieses Jahr werde ich sicher alle Möglichkeiten ausnutzen. Vor allem, weil bei 15 Rennen unser Testfahrer Valtteri Bottas im ersten freien Training mit meinem Auto unterwegs sein wird. Das war eine kleine Kröte, die ich schlucken musste, das war halt alles vertraglich schon vorher Williams-intern so festgelegt, bevor wir überhaupt dort verhandelt haben.
Aber ich denke mal, wenn man sich vorher im Simulator ausgiebig vorbereitet, mit seinem Ingenieur auch schon mal verschiedenste Setup-Möglichkeiten durchspielt, sollte der Nachteil nicht allzu groß sein. Bis jetzt habe ich schon etwa vier Tage im Simulator verbracht, auch schon ganz ordentliche Zeiten erreicht, aber noch ist Valtteri, der mit dem Ding ja schon sehr lange herumspielt, noch ein kleines bisschen schneller...
Aber nicht mehr lange, das habe ich schon versprochen. Schließlich hat Ende 2008, als ich damals bei Honda mal den Simulator ausprobieren konnte, Nick Fry schon zu mir gesagt, wenn es eine Simulator-Weltmeisterschaft gäbe, hätte ich sicher gute Chancen. Aber Spaß beiseite, am wichtigsten ist natürlich, was 2012 auf der Strecke passiert. Und da warte ich schon sehnsüchtig auf den 9. Februar, wenn ich in Jerez zum ersten Mal im Auto sitzen werde.
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