Hinter den kalten, schottischen Mauern eines Internats träumte ein kleiner Junge davon, eines Tages die riesige Welt des Motorsports zu erobern. Seine Mitschüler hielten ihn für verrückt, doch das machte den kleinen Jungen nur noch stärker. 50 Jahre später zählt er zu den erfolgreichsten Teamchefs in der Formel-1-Geschichte. Mit seinem eigenen Rennstall holte Frank Williams 9 WM-Titel, 113 Rennsiege, 125 Pole Positions, 130 schnellste Rennrunden und 230 Podestplätze. Im Rahmen seines Heimrennens in Silverstone gab Williams bekannt, dass er seine Rolle als Firmenchef an CEO Adam Parr übergibt, jedoch weiterhin als Teamchef an der Strecke die Fäden zieht.
Als der Engländer 1969 den Wagen - einen Brabham 8Tz6 - von Piers Courage übernahm, fand er sich in seine Internatszeit zurückversetzt. Wieder einmal hielten ihn alle für verrückt, dennoch verfolgte er zielstrebig seinen Traum. Dabei war er so pleite, dass er nicht einmal seine Telefonrechnungen bezahlen konnte. Seine Geschäftsgespräche musste der Engländer von einer Telefonzelle aus führen. 1977 traf Williams auf Patrick Head. Der Ingenieur arbeitete in einem Atelier unterhalb einer Eisenbahnbrücke in London. Die Beiden verband sofort die Leidenschaft für den Rennsport. Zusammen gründeten sie den Rennstall Williams Grand Prix Engineering.
Konkurrenzfähige Kombination
Als man 1978 mit dem konservativ gestalteten FW06 in der Formel 1 an den Start gehen wollte, war kein Pilot bereit für den Rennstall zu fahren. Frank Williams musste viel Überzeugungsarbeit leisten, am Ende verpflichtete er den Australier Alan Jones. Eine Entscheidung, die keine der beiden Seiten bereuen sollte. Sehr schnell stellte sich die Kombination des FW06 und Alan Jones als konkurrenzfähig heraus. Den ersten Grand Prix gewann allerdings nicht Jones, sondern dessen Teamkollege Clay Regazzoni 1979 in Silverstone.
Ein Jahr später folgten der erste Fahrertitel für Williams durch Jones sowie der Gewinn des ersten Konstrukteurstitels. 1981 kamen erstmals Unstimmigkeiten innerhalb des Teams auf. Beim Brasilien GP ignorierte Williams-Pilot Carlos Reutemann die Stallorder des Teams und fuhr in Rio de Janeiro als Erster über die Ziellinie, was eigentlich Jones bestimmt gewesen war.
Doch bei Williams galt damals wie heute: ein Pilot ist niemals bedeutender als das Team. Am Ende der Saison dürfte Reutemann seine Aktion bitter bereut haben, denn nach dem Brasilien GP verwehrte ihm das Team jegliche Unterstützung. In der Fahrerwertung konnte somit Brabham-Pilot Nelson Piquet an ihm vorbeiziehen.
Im neuen Gewand
Als Anfang der 80er Jahre die Saugmotoren-Ära dem Ende zuging, musste sich Williams etwas einfallen lassen. 1985 präsentierte man sich in einem aufregenden, neuen Gewand: im Heck des FW10 fand sich ein Honda-Motor, hinter dem Steuer saßen Keke Rosberg und Nigel Mansell. Mit dem weiterentwickelten Modell FW11 gewann Williams 1986 insgesamt neun Rennen und die begehrte Konstrukteursweltmeisterschaft. Als 1988 die vierjährige Zusammenarbeit mit Honda endete, erkannte Frank Williams sehr schnell, dass eine erneute Kooperation mit einem größeren Motorenhersteller unumgänglich war.
Mit dem V10-Motor von Renault hatte der Engländer schnell einen geeigneten Partner gefunden. Für den neuen Motor wurde speziell der Williams FW13 konstruiert. Beim Nachfolgermodell ging man auch beim Design neue Wege. Der FW14 - entwickelt von Patrick Head und Adrian Newey, dem neuen Mann im Designteam - hatte im Heck einen neuen RS3-Motor und war mit einem halbautomatischen Schaltgetriebe ausgestattet.
Stern beginnt zu sinken
Bis Ende der 90er Jahre entwickelte sich das Team von Frank Williams zu einem der erfolgreichsten Rennställe der Formel 1. Fahrergrößen wie Nelson Piquet, Nigel Mansell, Alain Prost, Damon Hill und Ayrton Senna saßen hinter dem Steuer der Boliden. Nach Honda und Renault folgte BMW als Motorenhersteller. 2003 beendete Williams die Saison mit 144 Punkten auf dem zweiten Platz der Konstrukteurswertung hinter Ferrari.
In der Fahrerwertung belegte Juan Pablo Montoya Platz drei, doch in den folgenden Jahren begann der Stern von Williams zu sinken. 2006 trat Williams mit Cosworth V8-Motoren an, für die man im Gegensatz zu den BMW-Motoren eine hohe Summe bezahlen musste. Auch mit dem japanischen Motorenhersteller Toyota ging es 2007 weiter bergab. Aufgrund fehlender Sponsoren und fehlender Entwicklungsarbeit fuhr man mit 11 WM-Punkten und dem 8. WM-Rang das schlechteste Saisonergebnis seit 1978 ein. Seit jeher wollte sich Frank Williams von den anderen "Big Boys" wie Ferrari und McLaren abheben.
Williams galt durch und durch als Racing-Team, dessen einziger Existenzgrund es war, Rennen zu fahren und Siege zu holen. "Wir wollen unser Bestes geben. Wir wollen, dass die anderen sagen: 'Verdammt sind die gut'", gab Williams die Richtung vor. Um mit den Gegnern an der Spitze mitzuhalten, begann der Engländer hoch zu pokern. Er baute einen zweiten Windkanal und stockte das Personal auf 500 Personen auf.
Hoch gepokert, tief gefallen
Doch wer hoch pokert, der kann auch hoch verlieren und umso tiefer fallen. Mit dem Ausstieg von Toyota im November 2009 traf Williams ein weiterer, herber Schlag. Der letzte Sieg liegt bereits sechs Jahre zurück, was Frank Williams schmerzhaft bewusst ist. "Wir sind sehr verärgert über uns selbst, denn wir haben seit einer sehr langen Zeit nicht mehr gewonnen. Das ist wirklich peinlich, aber wir müssen damit leben. Es ist unsere eigene Schuld", zeigte sich der 58-Jährige selbstkritisch.
Doch der kleine Junge, der die Motorsportwelt erobern wollte, existiert noch. 2010 geht Williams wieder mit einem Cosworth-Motor im Heck und einer ausgeglichenen Fahrerpaarung an den Start. Damit habe man laut Technikdirektor Sam Michael alle Zutaten, um schon bald wieder an die Glanzzeiten der Vergangenheit anzuknüpfen.
Auszug aus dem Motorsport-Magazin. Mehr History-Artikel aus 60 Jahren Formel 1 lesen Sie monatlich im Motorsport-Magazin. Die aktuelle Ausgabe ist im Handel erhältlich oder am besten gleich hier drei Ausgaben online zum Vorzugspreis bestellen:
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