Eine Fotostrecke von MSM-Redakteur Florian Becker:
Die Geschehnisse von Bahrain waren noch allgegenwärtig, als der Formel-1-Zirkus wenige Tage später in Shanghai seine Zelte aufschlug. Der eine oder andere flotte Spruch brannte den Piloten da noch auf den Lippen. In China ließen einige von ihnen Taten folgen und andere ihren Gedanken wie gewohnt freien Lauf. Die besten Sprüche von Postbote Daniel Ricciardo und seinen Kollegen.
Den Anfang machte am Donnerstag Haas-Pilot Romain Grosjean. Der hatte sich am Wochenende zuvor in Bahrain nicht mit Ruhm bekleckert und stellte ohne Umschweife fest. "Ich schätze, ich bin einfach scheiße gefahren. Da muss ich ehrlich sein", so der Franzose, der in der Wüste zudem eine Meinungsverschiedenheit mit dem Teamkollegen hatte. "Den muss ich unbedingt wechseln, mein jetziger beschwert sich zu häufig über mich", scherzte er angesichts des Zwists mit Kevin Magnussen.
Die im Vorfeld des Wochenendes am heißesten diskutierten Themen aus Bahrain waren zweifelsohne die Kollision zwischen Verstappen und Hamilton sowie die Kritik an Bottas, dem mangelnde Aggressivität im Zweikampf gegen Vettel nachgesagt wurde. Max Verstappen äußerte sich hierzu besonders scharfzüngig. "Es ist immer ein Risiko, aber ich kann ja nicht wie Bottas immer Zweiter werden." Ein Spruch, der ihn im Rennen einholen sollte. Dort wäre der 20-Jährige lieber mal Zweiter geworden...
Daniel Ricciardo fand Bottas in Bahrain ebenfalls nicht entschlossen genug. Der Australier meinte: "Ich hätte zumindest versucht zu gewinnen, definitiv. Ich würde mich damit nicht gut fühlen. Wenn es um einen Sieg geht, kannst du dich nicht zufriedengeben. Zumindest ich bin nicht so gestrickt." Wie Verstappen ließ auch er am Sonntag Taten folgen. Allerdings auf eine andere, erfolgreichere Art und Weise...
Ebenfalls noch frisch im Gedächtnis war Ferraris Boxenunfall, bei dem sich Mechaniker Francesco Cigarini in Sakhir auf üble Art und Weise das linke Bein brach. Scuderia-Teamchef Maurizio Arrivabene dazu in der Pressekonferenz am Freitag: "Als Teamchef stehe ich natürlich mit ihm in Kontakt. Sein Name ist Francesco, aber er ist nicht der Heilige Francesco. Den Verwundeten segnend, der keinen Held braucht. Das ist Bertolt Brecht, nicht Maurizio." Aha... na dann mal lieber zurück zum Sportlichen.
Auf die weisen aber auch irgendwie wirren Worte des poetisch veranlagten Arrivabene folgte die Action auf dem Shanghai International Circuit. Nico Hülkenberg sicherte sich im Qualifying wieder einmal den siebten Platz. Seit dem US GP 2017 hat der Renault-Pilot ein Abo auf diese Startposition. "Heute Morgen habe ich Zielwasser getrunken", scherzte der Hulk angesichts seiner wiederholten Punktlandung.
Nachdem der Samstag eher beschaulich war, sorgte das Rennen gleich von der ersten Runde an für Zündstoff. Verstappen legte los wie die Feuerwehr und fuhr in der ersten Runde auf Platz drei vor. Nach seinem Manöver gegen Räikkönen in Turn 6 zelebrierte er im Funk wie folgt: "See you f****** later, son!" Das Team war zufrieden, versuchte aber den Heißsporn von seinem hohen Ross zu holen: "Alles klar, werd' jetzt nicht zu gierig, Kumpel. Das war gut, aber komm wieder runter..."
An der Spitze wurde der Sieg während dessen zwischen Ferrari und Mercedes ausgefochten. Die Silberpfeile schafften es, Bottas bei den Boxenstopps mit einem perfekt exerzierten Undercut vor Vettel in Führung zu bringen. Die Ferrari-Strategen hatten den zweiten Boliden von Räikkönen jedoch draußen gelassen, um ihn taktisch gegen Bottas einzusetzen. "Als ich auf Kimi auflief habe ich schon gesehen, was sie vorhatten", schmunzelte Bottas. "Aber so läuft es halt. Wir würden dasselbe machen."
Einige Runden und eine Safety-Car-Phase später war das Red-Bull-Duo auf Soft-Reifen unterwegs und pflügte durchs Feld. Verstappen scheiterte mit einem ambitionierten Manöver an Hamilton, als er versuchte in Turn 7 außen am Mercedes vorbeizugehen und letztendlich von der Strecke abkam. An dieser Stelle überholen? "Keinen der Top-Fahrer, das ist mal klar. Die Linie ist dort außen eigentlich sehr dreckig. Es ist eine sehr schnelle und lange Kurve. Ich wüsste nicht, dass sich dort schon einmal einer der Top-Fahrer außen hat überholen lassen", machte Hamilton deutlich: Nicht mit mir, guter Max.
Wenig später versuchte Verstappen in Runde 43 an Vettel vorbeizugehen, den er dabei prompt abräumte. Der Ferrari-Pilot sparte sich seinen Atem. "Ich glaube, ich brauche hierzu nichts sagen...", funkte Vettel an den Ferrari-Kommandostand.
In der Folge erlebte der WM-Leader im Kampf gegen Fernando Alonso eine weitere heikle Situation. Nach der Verstappen-Kollision angezählt, trug Vettel seinen SF71H ins Ziel. Alonso nutzte die Gunst der Stunde drückte sich in der vorletzten Runde am zweiten Scheitelpunkt der Scheckenkurve vorbei, wobei Vettel am Ausgang neben die Strecke ausweichen musste. "Irgendwann hört die Rennstrecke dann mal auf, aber er fuhr weiter bis das Gras kam. An irgendeinem Punkt musst du halt zurückstecken", so Alonso. Vettel sah das naturgemäß anders: "Er hielt rein, als hieße es jetzt oder nie. Ich musste zurückstehen, weil wir sonst gecrasht wären. Ich war nur glücklich, das Rennen zu beenden."
Verstappen und Vettel versöhnten sich nach dem Rennen schnell wieder - auch, weil der Niederländer Haltung bewies und unmittelbar nach dem Fallen der Zielflagge das klärende Gespräch mit dem Deutschen suchte. Für seinen Sonntag fand Mad Max deutliche Worte: "Ich bin sauer. Das Rennen war am Ende scheiße. Ich habe schon mit Seb gesprochen. Es war meine Schuld. Da haben die Reifen blockiert. Ich hätte schon noch eine Runde warten können. Aber das am Ende des Rennen zu sagen, ist natürlich immer leicht."
Verstappens ungestüme Fahrt war Sonntag das Thema des Rennens. Kaum ein Konkurrent oder Experte, der keine Meinung dazu hatte. RTL-Experte Nico Rosberg sparte im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com nicht mit Kritik. "Verstappen muss sich langsam auch mal selbst ein bisschen in Frage stellen. Es waren jetzt drei Rennen und er hat ungefähr fünf kapitale Böcke geschossen Alles schön und gut, aber irgendwann muss man dann auch mal eine Umdrehung herunterschrauben."
Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda konnte nicht anders, als die Vorstellung Verstappens ins Lächerliche zu ziehen. Gegenüber Motorsport-Magazin.com sagte er, dass Red Bulls einen Schützling langsam mal ins Gebet nehmen sollte. "Ich mache das nicht. Er soll ruhig so weiterfahren, dann wird's nix", so die österreichische Legende.
Hamilton holte in der WM trotz seines vierten Platzes noch auf Sebastian Vettel auf. Der Brite wusste, wem er diesen Umstand zu verdanken hatte und konnte sich einen Seitenhieb Richtung Verstappen nicht verkneifen: "Ich bin eigentlich dankbar dafür, wie er fährt. Denn das bedeutet, dass wir heute nicht allzu viele Punkte verloren haben."
Für Red-Bull-Berater Dr. Helmut Marko gab es in China Licht und Schatten. Während ein Red Bull gewann und der andere sich daneben benahm, räumten sich die Junioren von Toro Rosso gleich gegenseitig ab. "Die wollten bestimmt ins Bild kommen", scherzte Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Das ganze Wochenende war mehr als unglücklich. Also ... Das muss sich in Baku wieder drehen. Aber egal - ich geh' jetzt feiern."
Das Schlusswort erhält in China selbstverständlich Sensations-Sieger Daniel Ricciardo. Der Australier fuhr mit starken Manövern stilsicher zum Sieg. "Manchmal musst du einfach die Briefmarke anlecken und den Brief abschicken", kommentierte er sein Manöver gegen Hamilton und fasste zusammen: "Holy Testicle Tuesday!". Das kann man wohl so stehenlassen...
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