Die Formel-Technik ist wieder in vollem Gange. In Barcelona deckten die Teams zwar immer noch nicht alle Karten auf, ein paar interessante Technik-Details konnte Motorsport-Magazin.com allerdings doch an den neuen Boliden entdecken. Namentlich haben wir unsere Favoriten schon gefunden: 'Wheel-Nut-Blowing' und 'Exhaust-Wings' liegen voll im Trend.
Wir beginnen chronologisch. Williams stellte unmittelbar vor dem Testauftakt den FW35 vor. Die neueste Schöpfung aus Grove sorgte umgehend für reichlich Gesprächsstoff. Auffälligstes Detail: der kleine Steg über dem Coanda-Schacht. Im Gegensatz zur Caterham-Variante befindet sich das Element - genauer gesagt die zwei Elemente - nicht direkt im Schacht, sondern an der Oberseite. Hier gut zu erkennen: der Schlitz im Steg. Dieser sorgt dafür, dass es sich streng genommen um zwei einzelne Teile handelt. Der Effekt des Auspuffflügels dürfte allerdings nicht besonders groß sein. Experten bezweifeln, ob sie überhaupt einen spürbaren Unterschied ausmachen.
Caterham ging bei seiner Variante deutlich radikaler ans Werk. Beim CT03 ist ein richtiger Flügel inmitten des Schachts angebracht. Beide Lösungen haben das Ziel, die ausströmenden Gase zielgenauer zum Diffusor zu leiten. Die Mannschaft von Cyril Abiteboul griff übrigens nicht zum Kniff mit dem Schlitz. Die Caterham-Ingenieure haben den Exhaust-Wing außerhalb des Kegel-Templates angebracht. Über die Legalität beider Lösungen gibt es Diskussionen. Charlie Whiting stellte unlängst klar, dass sich in einem gewissen Bereich keine Teile befinden dürfen, welche die Auspuffgase aerodynamisch nutzen.
War der Williams-Auspuffschacht nur ein Ablenkungsmanöver? Nicht wenige im Fahrerlager vermuten, dass die Briten die Kleinteile am Auspuff nur zur Ablenkung installiert haben, um von einer interessanteren Innovation abzulenken. Bei der Präsentation machte eine Abdeckung an der Radnabe die Konkurrenz stutzig. Doch unmittelbar nach Testbeginn wurde klar, was sich hinter der kleinen Kappe befindet.
Im Fahrbetrieb kam ein kleines Röhrchen (1) zum Vorschein. Dieses führt von der Innenseite der Felge durch die Radnabe nach außen. Luft wird über die Bremsbelüftung (2) eingesaugt, durch das Rohr geleitet und auf der Außenseite der Radnabe wieder ausgeblasen. Das soll die Strömungen rund um das Vorderrad verbessern. Auffällig ist die Größe der Bremsbelüftung...
Hier die Vorjahresvariante. In Jerez fuhr Williams noch mit der alten Bremsbelüftung, die deutlich kleiner ist als die modifizierte Variante. Die größere Öffnung ist nötig, um die Bremsen ausreichend zu kühlen und dennoch genügend Luft an die Außenseite zu leiten.
Das 'Wheel-Nut-Blowing' ist übrigens keine wirkliche Neuheit. Bereits im vergangenen Jahr testete Red Bull eine ähnliche Variante. Die Newey-Lösung wurde allerdings von der FIA für illegal erklärt, weil es sich um ein bewegliches aerodynamisches Teil handelte. Im Gegensatz zum FW35 führte beim RB8 nicht ein extra Röhrchen durch die Radnabe. Das Weltmeisterteam fräste Löcher (1) und (2) in die Radnabe, durch welche die Luft den Weg nach außen fand. Um die innenliegenden Löcher (1) besser zu nutzen, entwickelte Adrian Newey auch eine passende Felge.
So sah die die Red-Bull-Radnabe ohne entsprechende Vorrichtung aus. Der konische Übergang vom großen auf den kleinen Wellendurchmesser und das kleine Zylinderstück sind geschlossen. Red Bull zeigte übrigens auch Radnaben ohne den langen abschließenden Zylinder. Gut möglich, dass dieser nur für das 'Wheel-Nut-Blowing' Einzug ins Design hielt.
Schon am letzten Jerez-Tag zeigte Ferrari einen ominösen Schlitz unter der Nase des F138. Allerding rätseln Fans und Fachmänner noch immer über die Verwendung der geheimnisvollen Öffnung. Durch die neue Lackierung der Roten Göttin ist der Schlitz nur sehr schwer zu erkennen. Il Presidente Luca di Montezemolo ist der Meinung, der neue Anstrich lässt den neuen Ferrari eleganter dastehen. Wir haben den Eindruck, dass der schwarze Streifen nur zu Tarnzwecken Einzug ins Design hielt.
Bei abgenommener Nase sieht man den weiterführenden Schacht. Doch wozu nutzt die Scuderia den Luftstrom? Nur zur Kühlung elektronischer Bauteile, ähnlich der Red-Bull-Variante aus dem Vorjahr? Oder versteckt sich dahinter doch ein großer Technik-Kniff, etwa ein verborgenes Doppel-DRS? Ferrari wird uns bei der Auflösung wohl nicht behilflich sein, wir müssen also weiterhin genauer auf die Rote Göttin schauen.
Sauber war als zweites Team nach Mercedes mit einem passiven Doppel-DRS unterwegs. Die Luft wird über Öffnungen (2) neben der Airbox eingesaugt und hinten wieder ausgeblasen. Sollen Abtrieb und Luftwiderstand verringert werden, wird die Luft über einen Steg unter den Heckflügel (3) geführt und dort wieder ausgeblasen. Auf diesem Bild ebenfalls gut zu sehen: die extrem schmalen Seitenkästen des C32. Durch das lange Verbindungsstück (1) zwischen Seitenkasten und Side-Pod-Wing wird die grazile Bauweise besonders offensichtlich.
Bei abgenommener Motorabdeckung ist die Luftführung für das Drag-Reduction-Device gut zu erkennen. Kanal (1) führt zum Heckflügel um Luftwiderstand zu verringern, Kanal (2) bläst die Luft ohne großen Effekt wieder am Heck aus. Ein kleiner Steg (3) sorgt für die nötige Stabilität des langen Kanals. Dieses Bild verdeutlich sehr schön, wie leer der obere Heckbereich eines modernen Formel-1-Autos ist.
Und hier die 'Sauber-Ohren' in der Großaufnahme. Beim Einsaugen der Luft für das DRD haben sich zwei Varianten herauskristallisiert. Sauber und Lotus nutzen zwei Ohren, die neben der Airbox angebracht sind. Die Sauber-Öffnungen wirken übrigens deutlich filigraner als jene 'Dumbo-Ohren' von Lotus. Mercedes verzichtet auf solche Ohren und hat hinter der Airbox mit einer einzelnen, etwas größeren Öffnung eine elegantere Lösung.
Was uns auch auffiel: die Luftführung bei Sauber endet mit einem kleinen Spalt vor der Unterseite des Heckflügel-Hauptelements. Bei Mercedes führt der Steg fast direkt zum Hauptblatt. Was die Vorzüge der jeweiligen Enden sind, ist uns derzeit noch nicht bekannt.
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