Der MotoGP-Sprint im spanischen Jerez war wohl eines der verrücktesten Rennen der 75-jährigen WM-Geschichte. 15 der 25 gestarteten Piloten stürzten, darunter etwa Alex Marquez, Brad Binder und Enea Bastianini in Synchro in Kurve fünf oder auch Marc Marquez in Führung liegend im Stadionbereich von Kurve neun. Jorge Martin wurde als Sprintsieger zum großen Gewinner, während Weltmeister Francesco Bagnaia erneut einen heftigen WM-Rückschlag hinnehmen musste. Er schied nach einer Kollision gleich zu Beginn des Rennens aus und blieb ohne Punkte. Der Vorfall machte ihn anschließend ziemlich sauer.

Doch was war überhaupt genau passiert? Auslöser war genaugenommen schon Marc Marquez, der sich im Verlauf der zweiten Runde mit einem harten Manöver in Turn 9 an Brad Binder vorbeigedrückt hatte. Der KTM-Pilot war sofort um einen Konter gegen den Polesitter bemüht und stach in der Schlusskurve innen hinein. Dabei konnte er die Linie jedoch nicht halten, beide Piloten ging etwas weit und Alex Marquez schlüpfe innen durch. Marc Marquez kehrte hinter seinem Bruder auf die Ideallinie zurück, was den nachfolgenden Bagnaia etwas ausbremste.

Marco Bezzecchi witterte daraufhin eine Chance auf ein Überholmanöver gegen seinen VR46-Academykollegen in der ersten Kurve und bremste sich innen vorbei. Auch er war jedoch etwas zu spät dran und konnte die Linie nicht halten. Bagnaia versuchte daraufhin, seinen guten Freund Bezzecchi auf der Innenbahn wieder zu passieren. Das Problem dabei: Binder, der nach seinem missglückten Überholversuch gegen Marc Marquez in der Schlusskurve hinter dem Duo auf die Strecke zurückgekehrt war, hatte die gleiche Idee. Er drückte sich in Turn 1 innen neben Bagnaia, welcher daraufhin zwischen dem KTM-Piloten und Bezzecchi eingeklemmt wurde. Es kam zum Kontakt, der Ducati-Star wurde abgeworfen und war aus dem Sprint ausgeschieden.

Francesco Bagnaia sauer: Kein sauberes Manöver von Brad Binder!

Die Rennleitung kündigte sofort eine Untersuchung an, entschied sich letztlich aber gegen eine Strafe für einen der drei beteiligten Piloten. Sie erkannten einen 'Racing Incident' - ähnlich wie vor knapp fünf Wochen, als Bagnaia nach einem identischen Manöver im Portugal GP mit Marc Marquez kollidiert war. Damals landeten allerdings beide Piloten im Kiesbett, in Jerez war der gebürtige Turiner der einzige Leidtragende. Entsprechend frustriert und kurzangebunden präsentierte er sich daher am Samstagnachmittag in seiner Medienrunde. "Ein Rennunfall. Das ist die Entscheidung der Rennleitung. Das ist ihr Job und es ist jetzt eben so, wie es jetzt ist", lautete das erste kurze Statement.

Dass der Ducati-Star mit der Entscheidung der Stewards aber nicht wirklich einverstanden war, offenbarte er gleich im Anschluss. "Zwei Fahrer auf dem Kurb zu überholen, ist für mich nicht die korrekte Linie", meinte Bagnaia und setzte anschließend zur Generalumschlag an: "Ich bin nur zwei Runden gefahren und habe allein in Kurve eins vier bis fünf Kontakte gesehen. Manchmal wird im Sprint einfach so gefahren, als wenn es den Fahrern völlig egal wäre, ob sie jemanden berühren. Sie rollen mit ihrem Motorrad einfach in die Kurve hinein und wenn da schon jemand ist, ist ihnen das völlig egal. Sie wollen einfach nur überholen."

Brad Binder kontert Francesco Bagnaia: Fuhr auf der normalen Linie

Heftige Kritik also, von der Brad Binder am Samstagabend allerdings nichts wissen wollte. "Ich war am Kurvenausgang auf der normalen Linie", verteidigt er sich und beschreibt: "Ich hatte einen kleinen Highsider aus der letzten Kurve heraus und bin dann zwischen die beiden geraten. Einer ging links an mir vorbei, der andere rechts. Ich habe schon geahnt, dass da Chaos kommen würde. Für mich sah es so aus, als würden beide weitgehen und bin dann meine normale Linie gefahren. Er [Bagnaia, Anm.] war dann einfach im Sandwich zwischen unseren zwei Bikes."

Der KTM-Pilot war sich in seiner Medienrunde also keiner Schuld bewusst und hatte während des Rennens folglich auch keine Strafe erwartet. "Nein. Ich wusste nicht einmal, das etwas passiert war. Ich habe nur eine kleine Berührung mit Pecco gespürt, aber ich wusste nicht, dass jemand gestürzt war. Ich bin einfach mein Rennen gefahren und habe es erst danach vom Team erfahren", erklärt er. Dass die Rennleitung auf einen Rennunfall entschied, hielt Binder folglich für die korrekte Entscheidung.

Wenig überraschend also eine Meinungsverschiedenheit zwischen Bagnaia und Binder. Doch was meint der dritte Unfallbeteiligte? "Ich will dazu nichts sagen, weil ich mir dann immer etwas anhören muss", scherzte Marco Bezzecchi am Samstagabend. Immerhin ein Pilot also, der nach dem verrückten Jerez-Sprint noch lachen konnte.