Vor dem Formel-1-Wochenende in Austin schien die Ausgangslage eigentlich klar: Lando Norris ist der Jäger, der im Moment mit dem McLaren über das schnellste Auto verfügt, Max Verstappen der Gejagte, der in den letzten sechs Rennen der Saison Schadensbegrenzung betreiben muss, um seinen vierten WM-Titel unter Dach und Fach zu bringen. Doch wie so häufig in dieser F1-Saison straft die Realität alle Prognosen lügen – jedenfalls im Sprint-Qualifying beim USA-GP am Freitag.

Denn nach fast vier Monaten ohne ersten Startplatz wird es beim Sprint auf dem Circuit of the Americas am Samstag wieder Verstappen sein, der von ganz vorne losfährt. Der Red-Bull-Pilot setzte sich im Sprint-Qualifying am Freitag um Haaresbreite vor Mercedes-Pilot George Russell durch.

Erleichterung bei Red Bull: Sprint-Pole wegen Update oder Strecke?

Red-Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko machte drei Gründe für die Rückkehr an die Spitze des Klassements aus: Eine Top-Runde von Max Verstappen, die Strecke und nicht zuletzt auch die jüngsten Updates von Red Bull, die nach der vierwöchigen Herbstpause ans Auto kamen. "Das Update funktioniert, oder besser gesagt, die technische Richtung der Updates", ist Marko überzeugt.

"Seit Baku haben wir jeweils einen Schritt vorwärts gemacht und hier ist das endgültige Paket gekommen", erklärt der Österreicher. In Baku wurde der RB20 mit einem neuen Unterboden ausgestattet, in Austin wurde dieser mit einer Modifikation am Edge Wing ergänzt. Dieser ist nun stärker angestellt.

"Wir haben schon im Training gesehen, dass wir zumindest auf eine einzelne Runde vorne mitfahren können", sah Marko die teaminternen Prognosen von vor dem Sprint-Qualifying bestätigt. Überrascht wurde man hingegen von Mercedes, George Russell schob sich auf Position 2, Lewis Hamilton lag auf seiner Runde lange auf Polekurs. Eigentlich hatte Marko Ferrari als Hauptgegner auf der Rechnung gehabt. Im Training hatten die Roten noch den Ton angegeben.

Red Bull-Fahrer Max Verstappen
Bekommt die Konkurrenz in Austin nur das Heck von Max Verstapen zu Gesicht?, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Was Verstappen in Austin ebenfalls in die Hände spielte, ist die Streckencharakteristik. Denn im Gegensatz zu den letzten beiden Rennen im September, die jeweils auf winkligen Stadtkursen über die Bühne gingen, bewegt sich die Formel 1 in Austin wieder auf gewohntem Terrain, das Verstappen besser liegt. "Baku und Singapur sind nicht die Lieblingsstrecken von Max und auch von der Streckenführung her nicht unbedingt Red-Bull-freundlich", so Marko.

Verstappens Fazit fiel am Freitagabend erwartbar positiv aus. "Das Auto hat sich von der ersten Runde an gut angefühlt und war in einem guten Fenster." Er hob vor allem eine Charakteristik des Autos hervor, die ihm zur Pole verholfen habe: "Ich konnte die Highspeed-Kurven attackieren, ich denke in diesen sind wir ziemlich schnell." Die GPS-Daten belegen das: In den Esses zu Beginn der Runde war Verstappen der tonangebende Fahrer.

Max Verstappen im Qualifying wieder vorne: Doch wie sieht der Longrun aus?

Noch will man bei Red Bull aber den Tag nicht vor dem Abend loben. Oder besser gesagt: Die Performance nicht vor dem Sprint loben. Denn aufgrund des Wochenend-Formats mit nur einem Training halten sich die Erfahrungswerte in Grenzen, vor allem in Bezug auf die Renn-Performance. "Über die Longruns kann man wenig sagen", tritt Marko auf die Bremse.

Verstappen mahnte ebenfalls davor, voreilige Schlüsse zu ziehen: "Ich bin glücklich, aber mir ist auch bewusst, dass sich viele andere Autos rund um uns befinden." Mercedes war bereits auf eine Runde mindestens auf Augenhöhe. Lewis Hamilton befand sich früh in SQ3 eigentlich auf dem Weg zur Pole, ehe ihm eine gelbe Flagge in die Quere kam.

Ferrari lag in Form von Leclerc vor allem aufgrund eines Fehlers im ersten Sektor zurück und McLaren-Fahrer Lando Norris war allgemein mit seiner Runde nicht zufrieden. Im Moment lässt sich also keines der Top-4-Teams abschreiben.

Red Bull tut gut daran, vorsichtig zu sein. Bereits im September zeigte der RB20 einzelne Ausreißer nach oben. Doch aufgrund des schmalen Arbeitsfensters ließ sich diese Performance des Boliden nie über das gesamte Wochenende replizieren. Es dauert wohl noch etwas, ehe sich bestätigen lässt, ob der Bulle diese schlechte Eigenschaft ablegen konnte.

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