Es gibt es kein Entkommen: Der umstrittene Halo ist ab diesem Jahr auf allen 20 Formel-1-Boliden im Grid zu sehen. Schon bei den Präsentationen konnte der eine oder andere Protagonist seine Zunge nicht mehr im Zaum halten, was den eher gewöhnungsbedürftigen Cockpitschutz angeht. Bei den Testfahrten bekam der Halo dann so richtig sein Fett weg. Wir haben die O-Töne von Fahrern und Team-Personal - unzensiert und ungefiltert.
Den Startschuss zum Halo-Bashing gab zunächst Mercedes-Teamchef Toto Wolff, der bei der Präsentation des F1 W09, wenn auch mit einem Augenzwinkern, schnell auf den Punkt kam: "Ich bin von dem ganzen Ding nicht beeindruckt. Wenn man mir eine Kettensäge gibt, würde ich es abschneiden..."
Sebastian Vettel gilt als einer der größten Puristen unter den Fahrern. Er leugnet nicht, dass ihm V12-Motoren mit ordentlich Lärm lieber wären als die Power Units der heutigen Formel-1-Generation. Dementsprechend gewöhnungsbedürftig ist auch für ihn der Anblick des Halos: "Es ist kein Schmuckstück. Es sieht mit Sicherheit nicht gut aus. Was die Sicht angeht hat man einen Steg vor sich, aber es ist weniger schlimm als erwartet. Was mir weniger gefällt ist der Bereich oben. Da hat man das Gefühl, dass man mit Dach über dem Kopf unterwegs ist."
Landsmann Nico Hülkenberg gehört seit jeher zu den schärfsten Kritikern des Halos. Daran hat sich auch in der Winterpause nichts geändert. "Ich finde, es sieht immer noch grässlich aus", so der Renault-Pilot in Spanien. Also Herr Hülkenberg, lieber wieder weg mit dem Halo? "Meine persönliche Meinung? Ja!"
Halo und der Look. Die Teams gaben sich alle Mühe, den Titanbügel möglichst elegant ins Design zu integrieren - so wie Force India, die den Halo pink lackierten. Für Sergio Perez keine ausreichende Maßnahme: "Ich mag den Look nicht, wenn ich ehrlich bin."
Williams-Pilot Lance Stroll debütierte 2017 und durfte damit die wahrscheinlich letzte Saison der Formel 1 mit offenen Cockpits miterleben. Der neue Anblick der Königsklasse ist aber auch für ihn gewöhnungsbedürftig: "Ich bin kein großer Fan des Looks, um ehrlich zu sein."
Toro-Rosso-Pilot Brandon Hartley geht 2018 in seine erste volle Saison. Letztes Jahr durfte er zumindest eine Handvoll Rennen noch ohne Halo fahren. Als LMP1-Weltmeister dürfte ihn der Cockpitschutz doch eigentlich am wenigsten stören, oder? "Wir sind uns glaube ich vom ästhetischen Standpunkt aus alle einig, dass es von außen nicht so schön aussieht wie früher. Die gute Nachricht ist, dass ich es vom Cockpit aus nicht sehen muss. Ich kann es eigentlich gar nicht sehen, für mich ist es mehr oder weniger unsichtbar." Auch beim LMP-Fahrer stößt der Halo also auf Widerstand...
Kevin Magnussen, spätestens seit "suck my balls, honey!" für seine offene Ausdrucksweise bekannt, schoss gegen den Halo gleich mit scharfer Munition. "Er stört total. Einfach hässlich. Es ist schwierig ein- oder auszusteigen, das Lenkrad aufzustecken oder abzuziehen. Einfach nur umständlich nur nervig", so der Däne. "Meiner Meinung nach ist ein Formel 1 ein offenes Fahrzeug und sollte nicht geschlossen sein. Ich denke, es ist für die Formel 1 falsch."
Neben Totos Kettensägen-Fantasien haben auch andere Teamchefs ihre Meinung zum Halo. Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost zum Beispiel. Was halten Sie eigentlich vom Halo? "Grundhässlich." Eine Antwort, die nach den vorangegangenen Statements wohl kaum jemanden überrascht. Tost gab allerdings zu bedenken, weshalb wir überhaupt alle über den Bügel diskutieren: "Wenn Halo einem Fahrer das Leben rettet, werden die ganzen Diskussionen beendet sein."
Haas-Teamchef Günther Steiner, als Pragmatiker bekannt, hat sich mit dem Leben mit Halo bereits arrangiert: "Ich bin an den Punkt gekommen: Gefällt es mir persönlich? Nein! Ist es da? Ja. Also, finde dich damit ab. Manchmal macht es im Leben keinen Sinn, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Es ist da und es bleibt."
Red-Bull-Teamchef Christian Horner hat sich in den vergangenen Wochen ebenfalls nicht in den Halo verliebt. "Er ist über den Winter nicht schöner oder leichter geworden", so der Brite, der auch gleich auf die wohl größte Challenge verwies, die der Halo mit sich bringt: "Aus Sicht der Fahrer besteht jetzt die Sorge, dass sie Yoga-Experten sein müssen, um ins Auto zu steigen."
Bisher noch nicht ausreichend Yoga praktiziert hat Pierre Gasly. Der Franzose riss sich beim Einsteigen ins Cockpit seines Toro Rossos den Overall auf. "Ich hatte schon nach dem ersten Tag einige Löcher am Rücken. Du musst dich sehr nach hinten lehnen, um ins Auto zu steigen", so Gasly. Durch die ganze Aerodynamik, die selbst vor dem Halo nicht Halt macht, sei das Einsteigen viel schwieriger: "Mit all den Winglets auf dem Halo kannst du dich nicht herausziehen, du kannst nirgends anfassen." Sein Fazit? "Ich bin kein großer Fan vom Halo. Immer noch nicht. Mir haben die alten Autos besser gefallen."
Fernando Alonso ist seit seinem Debüt 2001 schon in viele Formel-1-Autos ein- und ausgestiegen. Die größte Sorge des Spaniers, obwohl er nicht die 1,86 Meter eines Esteban Ocon misst: "Beim Ein- und Aussteigen musst du aufpassen, weil in der Garage über dem Auto die Lichtinstallation ist - da ist wenig Platz."
Einige Fahrer nehmen den neuen Ablauf des Ein- und Aussteigens mit Halo dafür mit reichlich Humor. "Das ist jetzt so etwas wie ein Nationalsport", scherzte zum Beispiel Haas-Pilot Romain Grosjean.
Williams Edel-Reservist und Entwicklungsfahrer Robert Kubica gibt der Halo sogar einen Grund, sich auf Melbourne zu freuen - obwohl der Pole eigentlich enttäuscht war, nicht selbst ins Lenkrad greifen zu dürfen. "Nachdem ersten Rennen in Australien werde ich am Sonntag ans Ende der Boxengasse gehen, um mich ein bisschen darüber zu amüsieren, wie die Jungs alle aussteigen müssen wenn sie müde sind", so der Pole. "Die Autos haben überall Teile, große Bargeboards. Da ist echt wenig Platz, wo du noch raus kannst. Die Fahrer werden herausspringen. Vielleicht werden sie sich auf den Halo stellen und springen. Wir werden viele Fahrer fliegen oder springen sehen."
Aber was war jetzt eigentlich nochmal mit der Sicherheit? Zumindest wohler dürften sich die Piloten mit dem Halo jetzt doch fühlen, oder? Fragen wir doch mal den Hulk: "Nö. Kein unterschied zu letztem Jahr. Ich fühle mich nie unsicher." Na, wenn das die FIA hört...
Max Verstappen galt wie Hülkenberg nie als großes Freund des Halo. Beim zweiten Test in Barcelona machte der Red-Buller das noch einmal mehr als deutlich: "Die Sicht ist eigentlich nicht so schlecht. Du hast dieses Teil vor dir, aber du schaust im Grunde irgendwann einfach durch. Insgesamt besser als erwartet, aber noch immer total eklig."
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