Gewinner: Ferrari & Charles Leclerc
Der mit riesigem Abstand größte Gewinner des F1-Saisonstarts in Bahrain war selbstredend Ferrari. Charles Leclerc und Carlos Sainz feierten den ersten Doppelsieg der Scuderia seit Singapur 2019 und beendeten damit nach 45 Rennen ohne Sieg die zweitlängste Durststrecke der Teamgeschichte. Zumindest zum Sieg hätte es auch ohne das Defekt-Drama bei Red Bull gereicht. Leclerc bewies mit der Pole Position nicht nur erneut seine Extraklasse im Qualifying, sondern erteilte Weltmeister Max Verstappen auch im Rennen eine Lehrstunde in Sachen Rad-an-Rad-Racing. Ein kleiner Verlierer ist einzig Sainz. Nach annähernder Augenhöhe mit Leclerc im Vorjahr fehlte dem Spanier teamintern ein gutes Stück auf den Monegassen.
Verlierer: Red Bull & Max Verstappen
Ein ebenso deutlicher Verlierer war ganz klar Red Bull. Nicht nur, dass Ferrari den Bullen trotz intern durchaus gegenteiliger Hoffnung und Erwartung, in Sachen Performance knapp den Schneid abkaufte, noch dazu verloren Verstappen und Perez durch ihre späten Ausfälle wegen eines noch nicht näher definierten Defekts im Benzinsystem kumuliert 30 Punkte für die zu erwartenden Ränge zwei und vier. Damit nicht genug. Red Bull hatte auch an anderen Fronten zu kämpfen. So ging der RB18 schneller durch die Reifen als der Ferrari, hinzu kamen Probleme auf der Bremse und ein Patzer beim Boxenstopps - ob nun menschlicher oder technischer Natur -, der offenbar die Spurstange anknackste und Verstappens Lenkung schwergängig machte. Der wiederum hatte schon zuvor allerhand zu kämpfen - mit dem im Zweikampf gefuchsteren Lecelrc.
Gewinner: Mercedes & Lewis Hamilton
Überraschend in den Kreis der Gewinner hat es Mercedes geschafft. Das ist allerdings vor allem dem Ergebnis auf dem Papier dank des Doppelausfalls Red Bulls geschuldet. Die verhältnismäßig schwache Performance hatte Mercedes in dieser Form ohnehin erwartet. Mit 27 Punkten für P3 und P4 betrieben die Silberpfeile in Bahrain trotz gegenüber Ferrari und Red Bull klar unzureichender Performance mustergültig Schadenbegrenzung - auch wenn Lewis Hamilton das nicht so nennen wollte. Auch der Brite selbst zählt zu den Gewinnern. Motivationsprobleme mit schwächerem Material? Diesen Vorwurf entkräftete Hamilton deutlich, spätestens mit seinem Boxenfunk beim Zieleinlauf.
Verlierer: McLaren
Längst nicht so erwartet war das große Scheitern McLarens. Zumindest nicht in dieser Form - als zweitlangsamstes Paket nur vor Williams. Mit unzureichenden Bremsbelüftungen hatte sich das Team den zweiten Wintertest in Bahrain komplett ruiniert, doch schien der MCL36 dort noch immer zumindest eine vorzeigbare Pace zu suggerieren. Spätestens im Rennen war davon nichts mehr übrig. Auch mangels Erfahrung auf Longruns - die waren beim Test wegen der Probleme unmöglich - wurden Lando Norris und Daniel Ricciardo nach einem mit P13 und P18 schon bitteren Qualifying am Sonntag nur noch weiter durchgereicht. Positiv: Einzig die beiden gestemmten Renndistanzen - doch das mit neuen Problemen am schwer zu fahrenden MCL36. Gleich mehrere Parameter mussten wegen Überhitzung gemanagt werden. Noch dazu war für die Bremsbelüftungen bislang nicht mehr als eine Interimslösung aus Metall möglich. Lösungen? Eher erst mittelfristig.
Gewinner: Haas & Kevin Magnussen
Wenn McLaren von allen Teams den größten Rückschritt zu verdauen hatte, gelang Haas der mit Abstand größte nach vorne. Gemeinsam mit Alfa Romeo kämpfte der deutliche Hinterherfahrer des Vorjahres beim Saisonauftakt tatsächlich um den ersten Platz hinter den alten und neuen Top-Teams Red Bull, Ferrari und Mercedes. Der frühe Fokuswechsel - und womöglich die engere Zusammenarbeit mit Ferrari - hat sich bezahlt gemacht. Und die Rückholaktion Kevin Magnussens. Der Däne lieferte in Bahrain ein furioses Formel-1-Comeback. Mick Schumacher hingegen blieb gegen dieses Niveau blass - trotz seiner bislang besten F1-Ergebnisse in Qualifying und Rennen und ist somit, noch mehr als Sainz bei Ferrari, der einzige Verlierer innerhalb der Erfolgsgeschichte. Immerhin verfügt der Deutsche nun über eine echte Referenz.
Verlierer: Aston Martin & Lance Stroll
Ganz nach vorne will Aston Martin schon in wenigen Jahren kommen. 2022 startete die Mission allerdings erst einmal mit einem Rückschritt gegenüber dem ohnehin schon unbefriedigenden Jahr 2021. Ohne den wegen Corona ausgefallenen Sebastian Vettel war das Team zwar geschwächt, doch hätte auch der viermalige Weltmeister mit dem derzeitigen Paket kaum Bäume ausreißen können. Diverse Unzulänglichkeiten halten den AMR22 zurück, insbesondere Kompromisse, um dem Bouncing-Effekt Herr zu werden, sollen das Team derzeit bis zu eine Dreiviertelsekunde kosten. Hinzu kommt weiterhin die Hypothek Lance Stroll, der sich im Qualifying die Schmach gab, klar gegen Ersatzfahrer Nico Hülkenberg zu verlieren. Der hatte zuvor nicht eine Runde in einem F1-Auto der neuen Generation gedreht.
Gewinner: Neue F1-Autos
Verhaltener Jubel kam nach dem Bahrain Grand Prix bei den Formel-1-Bossen rund um CEO Stefano Domenicali und Sportchef Ross Brawn auf. Die neuen Regeln scheinen tatsächlich ihren Zweck erfüllt zu haben. Überall im Feld war klar ersichtlich, wie viel leichter und dichter das Hinterherfahren nun zu fallen scheint. Der Effekt der Dirty Air und überhitzender Reifen ist mit den neuen Autos auf Pirelli-Pneus offenbar deutlich reduziert. Mustergültig zeigten das Charles Leclerc und Max Verstappen. Ein derartiges Duell über drei Runden hinweg wäre noch 2021 in dieser Form fast unmöglich gewesen. Jetzt geht es noch um eine Bestätigung auf anderen Streckenlayouts - immerhin war Bahrain schon immer eine für Racing eher besser geeignete Rennstrecke.
Verlierer: Williams & Nicholas Latifi
Bereits bei den Testfahrten hatte es sich abgezeichnet. Williams ist zum Start in die neue Formel-1-Ära nach dem kleinen Aufschwung des Vorjahres wieder ans Ende des Feldes zurückgefallen. Auch wenn der Schock nicht derart tief sitzen dürfte wie bei McLaren und Aston Martin, so findet sich das Team noch immer klar auf der Verliererseite wieder. Im Speziellen gilt das auch für Nicholas Latifi. Von Überflieger George Russell befreit sah es gegen Alexander Albon nun keinen Deut besser aus.
Gewinner: Alfa Romeo & Valtteri Bottas
Wie Haas über einen deutlichen Aufwärtstrend kann sich Alfa Romeo freuen. Valtteri Bottas in der Startaufstellung neben seinem ehemaligen Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton und noch vor Nachfolger George Russell im zweiten Silberpfeil? Das war unbezahlbar und sagt mehr als genug. Mehr gab es dennoch. Trotz eines katastrophalen Starts kämpfte sich Bottas im Rennen mit einer Aufholjagd zurück und bewies so gleich zweierlei - die neue Pace des Sauber-Pakets und seine eigene Fähigkeit, durchaus durchs doch Feld pflügen zu können. Auch wenn hier die neuen F1-Regeln vielleicht einen Beitrag leisteten.
Verlierer vs. Gewinner: Mercedes-Teams vs. Ferrari-Teams
Abschließend noch eine generelle Beobachtung, die auch aus dieser Bilderstrecke der Gewinner und Verlierer deutlich hervorgeht: Bei allen Teams mit Ferrari-Motor zeigte die Formkurve deutlich nach oben, bei allen mit Mercedes-Antrieb eher oder ebenso deutlich nach unten. Nach zwei Jahren des Leidens hat die Scuderia, auch unzähligen Einschätzungen von Fahrern und Teamchefs zufolge, ihre Power Unit offenbar wieder so richtig im Griff - und den Antriebsstrang womöglich sogar zum neuen Branchenprimus katapultiert. Und ausgerechnet Mercedes liegt nun hinten? Toto Wolff will für eine abschließende Einschätzung zunächst die Abtriebslevel der verwendeten Flügel in eine Analyse einbeziehen.
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