Was für ein Wechselbad der Gefühle bei Kelvin van der Linde in Hockenheim. Der Abt-Audi-Pilot war mit 15 Punkten Rückstand zum großen DTM-Showdown gereist, riss am Samstag mit einer Pole Position und dem Rennsieg das Ruder herum, um am Ende doch mit leeren Händen dazustehen. Am entscheidenden Sonntag waren van der Linde und seine Abt-Mannschaft dem neuen Meister Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini) schlichtweg unterlegen.

Während der frischgebackene DTM-Meister aus Italien mit der Pole am Sonntagmorgen den Grundstein für den späteren Erfolg legte, fehlte van der Linde die Pace im Qualifying - Startplatz fünf war angesichts der reinen ersten SSR-Lamborghini-Startreihe keine allzu aussichtsreiche Position, um den DTM-Titel heimbringen zu können. Und so sollte es auch kommen.

Mirko Bortolotti ist DTM-Meister: Highlights aus Hockenheim (03:36 Min.)

Verpatzter Start kostet Kelvin van der Linde letzte Titel-Chance

Während Pole-Setter Bortolotti protegiert von Teamkollege Nicki Thiim souverän an der Spitze wegzog, patzte van der Linde beim Start und wurde früh bis auf die elfte Position durchgereicht. Damit waren die Titel-Träume des Deutsch-Südafrikaners effektiv begraben, während Bortolotti cool blieb und sich am Ende mit dem zweiten Platz begnügte. Van der Linde überquerte die Ziellinie mit seinem um 20 Kilo Erfolgsballast erschwerten Audi R8 LMS GT3 nur als Zwölfter.

"Das Rennen heute hätten wir nicht aus eigener Kraft gewinnen können", meinte van der Linde halbwegs gefasst. Deutlich emotionaler zeigte sich sein jüngerer Bruder Sheldon, der 2022 mit Schubert-BMW den DTM-Titel holte und im Rennen mitansehen musste, wie bei Kelvin kaum etwas nach voranging. "Mein Herz tut mir weh für Kelvin, er hätte es verdient gehabt", schluchzte BMW-Fahrer Sheldon unter Tränen.

Abt-Audi hat "mit stumpfen Waffen gekämpft"

Für van der Linde und Abt Sportsline war es die letzte Gelegenheit, mit Audi einen Titel zu gewinnen. Der Rennstall aus Kempten wechselt 2025 in der DTM zu Lamborghini, während van der Lindes Zukunft offen bleibt. "Am Samstag haben wir gezeigt, dass wir nach zwei schweren Wochenenden das Beste rausholen konnten, um den Rückstand aufzuholen", sagte Abt-Motorsportdirektor Martin Tomczyk. "Am Sonntag haben wir mit stumpfen Waffen gekämpft und Schwierigkeiten, an den Lamborghini dranzubleiben."

Van der Linde kämpfte in seinem vierten DTM-Jahr zum zweiten Mal nach 2021 um die Meisterschaft - und war nach dem Kraftakt erst einmal innerlich leer: "Die Saison hat allen im Team viel Energie geraubt. Für mich war das emotional eines der härtesten Jahre. Es gab viele Momente, in denen wir dachten, die Meisterschaft sei vorbei. Dann haben wir aber immer wieder zurückgeschlagen."

Van der Linde schloss seine bisher erfolgreichste Saison in der DTM mit drei Siegen, sechs Podestplätzen und drei Pole Positions ab. Nur gegen Bortolotti war kein Kraut gewachsen, der Lamborghini-Star setzte sich in der Tabelle mit 238 zu 221 Punkten durch. "Wir haben den Titel nicht heute verloren", sagte van der Linde. "Deshalb sind wir heute nicht traurig. Man muss sich fragen, wo wir übers Jahr den einen oder anderen Punkt haben liegen lassen."

Dabei dachte er an den schwierigen Saisonauftakt in Oschersleben, als ein kleiner Haarriss im Chassis seines Audi R8 für Kopfzerbrechen sorgte. Oder an die Kollision mit Jack Aitken auf dem Norisring, die einen möglichen Podestplatz kostete. KVDL: "Da haben wir Punkte auf dem Tisch liegen lassen. Das kann man sich in der DTM nicht erlauben. Heute ist mir nur wichtig, zu sagen, dass wir den Titel nicht verloren haben. Es war klar, dass es mit 20 Kilo (Erfolgsballast) schwer werden würde."