So, die 3. Weltmeistersaison von Niki Lauda will ich auch noch im Detail durchgehen. Hier der erste Teil:
Kaum eine Saison hat einen besseren Generationenkampf gezeigt, wie die Saison 1984. Denn hier waren die beiden Fahrer sogar noch im gleichen Team. Es geht um die Fahrerpaarung bei McLaren Porsche, um Niki Lauda und Alain Prost. Lauda war im Spätherbst seiner erfolgreichen Formel-1 Karriere Prost zu Beginn seiner noch erfolgreicheren F1-Laufbahn. Lauda kämpfte mit Fahrern wie James Hunt, Mario Andretti, Prost später mit Fahrern wie Ayrton Senna, Nelson Piquet, oder Nigel Mansell. Doch der Übergang der beiden Ären war die Saison 1984. Niki Lauda war in die Jahre gekommen, während Porst als junger Erwachsener nach einer starken Saison bei Renault 1984 zu McLaren Porsche kam und John Watson ersetzte.
Das engste Titelduell der Geschichte des GP-Sports startete am 25. März 1984 in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro. Der Auftakt war mit nicht geringen Schwierigkeiten verknüpft: Der 1. Startversuch musste abgebrochen werden, weil die örtliche Stromversorgung zusammengebrochen war! Auf Pole Position für diesen Grand Prix stand der charismatische Lotus Renault Pilot Elio de Angelis, vor Michele Alboreto im Ferrari. Dahinter stand Renaults Derek Warwick, sowie Prost, der im 1. Qualifying für McLaren Porsche gleich den etablierten Altstar und zweimaligen Formel-1 Weltmeister Niki Lauda geschlagen hatte. Lauda kam nicht über einen 6. Startplatz hinaus.
Prost konnte die bessere Startposition aber zunächst nicht nutzen, denn er kam nur sehr schlecht von seinem Startplatz weg, genauso wie Pole-Mann De Angelis. Also übernahm Alboreto vor Warwick und Lotus-Renault Fahrer Nigel Mansell die Führung. Während einige Fahrer Probleme bekamen, legten die beiden McLaren-Chauffeure eine tolle Aufholjagd hin. In der 25. Runde führten beide, Lauda vor Prost. Doch weil die Elektrikbox defekt ging, fiel Lauda in Runde 39 aus. Prost erbte die Führung und gab sie nicht mehr her. Hinter dem Franzosen kamen Keke Rosberg auf Williams Honda und De Angelis ins Ziel.
Der Lauda-Konter kam beim GP von Südafrika, auch wenn es nach dem Qualifying mit der Pole Position für Brabham BMW Pilot Nelson Piquet vor Rosberg zunächst nicht so aussah. Die Führung verlor Piquet zwischenzeitlich am Start, aber weil Rosberg auf Rang 3 zurückfiel, war der Brasilianer bereits am Ende der 1. Runde wieder vorne. Weil Piquet mit einem Turboladerschaden ausfiel, fand sich Lauda in Führung wieder. Prost wühlte sich durchs Feld und wurde am Ende 2. und machte damit den McLaren-Doppelsieg perfekt. Warwick stand als 3. mit auf dem Podest. Auch in der WM-Wertung hatte McLaren nach 2 Rennen bereits eine 2-fach-Führung: Prost (15), Lauda (9), Rosberg (6). Noch deutlicher, der Stand in der Konstrukteurs-WM: McLaren (24), Renault, Williams Honda, Alfa Romeo (je 6).
Bereits der 3. GP 1984 war der erste GP in Europa, ausgetragen im belgischen Zolder. Ferrari präsentierte sich dabei sehr stark: Alboreto und René Arnoux sorgten für eine Doppelpole Position. Die gute Ferrari-Performance war aber auch den Reifen zuzuschreiben. Im Quali waren die Goodyear-Pneus in Belgien im Reifenkrieg mit Michelin und Pirelli einfach überlegen. Während die beiden McLaren-Fahrer ausfielen, schaffte Alboreto einen beeindruckenden Start-Ziel-Sieg, vor Warwick und Arnoux. In der Gesamtwertung lag Prost weiterhin vorne, 5 Punkte vor Warwick, 6 Punkte vor einem Pulk mit Lauda, Rosberg und Alboreto.
In Imola waren die Michelin-bereiften Boliden wieder schneller. Das zeigte sich bereits im Qualifying, als Piquet vor Prost auf Pole fuhr. Mit einem perfektem Start legte Prost den Grundstein zu einem Start-Ziel-Sieg und damit den Ausbau seiner WM-Führung. Der härteste Rivale zu diesem Zeitpunkt, Derek Warwick, kam über einen 4. Platz nicht hinaus. Auf dem Podest standen Arnoux und De Angelis, der das Rennen nicht beendet hatte, weil sein Lotus Renault kein Benzin mehr hatte. Damit wurde De Angelis Opfer des neuen Reglements, das besagte, dass im Rennen maximal 220 Liter Sprit verwendet werden durfte. De Angelis wurde jedoch noch als 2. gewertet. Zu dem Zeitpunkt der WM war Prost klarer Favorit – das zeigte zumindest der Zwischenstand: Prost (24), Warwick (13), De Angelis, Arnoux (10). Die Konstrukteurswertung zeigte folgendes Bild: McLaren (33), Ferrari (19), Renault (15).
Beim Frankreich GP startete Renault-Pilot Patrick Tambay vor De Angelis von Pole. Der Start selber war spannend: Denn Tambay, De Angelis und Piquet fuhren zu 3. auf die 1. Kurve zu. Tambay behielt die Führung. Auch wenn das Rennen nach dem Ende aller Strategiespiele in Runde 63 erst entschieden war und es dieses Mal keinen einsamen Start-Ziel-Sieg gab, war das Rennen wieder nicht übertrieben spannend. Lauda konnte am Ende vor Tambay und Mansell gewinnen und damit in der Gesamtwertung sich auf Platz 2 schieben, 6 Punkte hinter dem in Frankreich punktlos gebliebenen Prost.
Der folgende Monaco GP war ein Chaosrennen. Wegen starkem Regen wurde das Rennen vorzeitig nach der 31. Runde beendet, nach dem es auch erst mit einer 45-minütigen Verzögerung gestartet wurde. Prost führte zu diesem Zeitpunkt (startete auch von Pole), konnte sich aber nicht so recht freuen: Denn weil noch keine 75% der Renndistanz zurückgelegt wurde, gab es nur halbe Punkte. Für Kopfschütteln sorgten die beiden Renault-Fahrer Warwick und Tambay mit einer teaminternen Kollision in der Startphase. Die Kollision war heftig: Patrick Tambay brach sich einen Fuß und musste den Kanada GP auslassen. Ersetzt wurde der Franzose nicht, bereits beim USA-Detroit GP war er wieder am Start. Auch in den 31 Runden wurde viel Action geboten: Nach dieser Startphase führte Prost, Mansell fand jedoch in den Leitplankenpassagen von Monaco einen Weg am McLaren-Porsche vorbei. Aber bereits 5 Runden später hatte der Brite einen schweren Unfall und weil Lauda zu diesem Zeitpunkt bereits 3. war, gab es nun eine Doppelführung für McLaren.
Doch die Doppelführung währte nicht lange. Mit einer beeindruckenden Fahrt ließ Ayrton Senna mit seinem Toleman Hart aufhorchen. Er ließ Lauda ganz schön alt aussehen, als Senna kurze Zeit später Lauda von Platz 2 verdrängte. Senna holte immer mehr auf seinen späteren Erzrivalen Prost auf, während Lauda sich mit einem Mauerkuss aus dem Rennen verabschiedete. Und dann wurde das Rennen auch schon abgebrochen und Prost gewann so zu sagen ein halbes Rennen vor Senna und Arnoux. Auf Platz 3 landete eigentlich nach einem starken Rennen der Deutsche Stefan Bellof. Doch sein Tyrrell-Team wurde später aus der Weltmeisterschaft ausgeschlossen, weil in Detroit zum USA GP die Tyrrell-Tankaffäre aufgedeckt wurde.
In der Affäre ging es grob darum, dass Tyrrell einen Zusatztank gebaut hat, den sie während des Rennens mit Wasser und Bleikugeln füllten um das im Reglement erforderliche Mindestgewicht von 540 Kilogramm zu erreichen. Am Start war dieser Zusatztank noch leer, was Tyrrell einen Gewichtsvorteil von 60 Kilogramm hatte. Eine physikalische Faustregel, die bereits jedes Kind weiß: Je leichter ein Rennauto, also je geringer die Masse, desto besser/höher ist die Geschwindigkeit. Dass Tyrrell die Fahrer kurz vor Rennende an die Box holte und Wasser nachtankte, war damals bereits bekannt. Nur: Das Nachtanken von Wasser und Öl war damals keinesfalls untersagt. Tyrrell ließ wissen, dass dieses Wasser für die Kühlung der Bremsen von Nöten gewesen wäre. Der Einsatz von Bleikugeln war aber selbstverständlich untersagt und somit machte musste Tyrrell bestraft werden. Die harte Strafe (Ausschluss aus der WM) erstaunte dennoch einige. Klar: Für den Automobilweltverband FIA war das Tyrrell-Vergehen damals ein gefunden Fressen. Tyrrell machte sich bei der FIA damals nicht unbedingt beliebt, weil kein Team die Pläne der FIA so störte wie Tyrrell. Ken Tyrrell beharrte auf seine Saugermotoren, also legte der legendäre Brite gegen alles ein Veto ein, was die Turbomotoren noch stärker gemacht hätte und zog damit nicht wenige Male den Zorn der FIA auf sich. Denn das Concorde Agreement besagte damals, dass Reglementänderungen nur mit der Zustimmung aller Rennställe durchgeboxt werden konnte, die an der Weltmeisterschaft teilnahmen. Weil sich Tyrrell in etwa bei den Reglemententwürfen Saugermotoren zu verbieten, oder die Reduzierung des Tankvolumens bei gleichzeitigem Verbot des Nachtankens quer stellte, konnte die FIA ihre Pläne nicht verwirklichen.
Als die Affäre um Tyrrell in Amerika aufgedeckt wurde, kam deshalb die knüppelharte Strafe des WM-Ausschlusses. Und damit verlor Tyrrell jegliches Mitspracherecht. Die Strafe ist auch deshalb hart, weil nie wirklich bewiesen werde konnte, dass Tyrrell diese Bleikügelchen tatsächlich verwendet hat und das System nicht doch legal war – das behauptete nämlich Tyrrell auch Jahre später noch. Es gibt durchaus Theorien, die gegen die Bleikügelchen sprechen, denn letztlich wurde in dem vom FIA-Techniker Gabriele Cadringher analysierten Wasser nur ein erhöhter Bleigehalt gemessen. Nicht wenige fragen sich: Da dieses – nennen wir es mal Kühlwasser – mit Hochdruck in den Tyrrell gepumpt wurde, hätten die Bleikugeln nicht das ganze Auto zerschossen? Tyrrell behauptete, dass sich die Bleikugeln bereits vor dem Rennen im Ballast- beziehungsweise Zusatztank befunden hätten, was legal gewesen wäre, weil die Tyrrell-Piloten Stefan Bellof und Martin Brundle demnach im gesamten Rennen mit diesem Gewicht gefahren wären. Und was noch viel irrwitziger ist: Gegen das Tyrrell-System hatte Arrows bereits beim Saisonauftakt in Rio de Janeiro Protest eingelegt, mit dem Ergebnis: Abgelehnt.
Quellen: grandprix.com, motorsportarchiv.de, motorsport-magazin.com (Yesterday-Thread: "Tyrrell-Tankaffäre 1984")