Nach den Geschehnissen beim Saisonfinale 1976 in Fuji (Japan), musste Niki Lauda über den Winter bei Ferrari viel Kritik über sich ergehen lassen. Und nicht nur von Ferrari, die bedauerten, dass Lauda 1976 der Titel durch die Lappen gegangen war, weil Lauda bei den widrigen Verhältnissen das Rennen vorzeitig und freiwillig beendete, kam Kritik. Auch einige Fans, vor allem aus Italien, gingen mit Lauda hart ins Gericht. Der Österreicher sei nach seinem Feuerunfall ein Weichei geworden. Lauda selbst nahm die Situation gelassen und wollte alle Kritiker Lügen bestrafen. Er wollte James Hunt, der auch nach der skandalösen Saison 1976 ein gutes Verhältnis zu Lauda pflegte, den Titel wieder abnehmen. An seine Seite wurde ihm ein neuer Teamkollege gestellt – der Argentinier Carlos Reutemann.
Das erste Qualifying in der Saison 1977 entschied nicht Lauda für sich, sondern Hunt. Zwischen Lauda und Hunt standen noch Lotus Ford Pilot John Watson und Patrick Depailler mit dem Tyrrell Ford. Das Rennen wurde zu einer regelrechten Hitzeschlacht und anders wie heut zu Tage bei Rennen in Malaysia oder Bahrain, setzte ein solches Rennen den Grand Prix Boliden ordentlich zu. Nur 7 Fahrer erreichten tatsächlich das Ziel. Hunt und Lauda waren nicht darunter. Dafür konnte das Wolf-Team des Kanadier Walter Wolf nicht besser in der Formel-1 debütieren: Sein Fahrer Jody Scheckter gewann den Argentinien GP, vor Brabham Alfa Romeo Pilot Carlos Pace und Reutemann. Ganz neu war das Wolf-Team ja nicht: Bereits im Jahr davor war Wolf im Wiliams-Team involviert. Nach Quereleien mit Teamchef Frank Williams, brachte Wolf das Team jedoch endgültig zum Ruin, nahm den Rest des Rennstalls und gründete sein eigenes Team. In der Gesamtwertung führte er damit natürlich auch.
Diese Führung – so viel kann vorweggenommen werden – hatte Scheckter, dessen große Chance 2 Jahre später kommen sollte, bereits nach dem Brasilien GP wieder aus den Händen verloren. Und das, obwohl in Brasilien eigentlich nicht viel anders war als in Argentinien. Die Sonne brannte wieder nieder und ließ das Quecksilber für alle Motoren empfindlich hoch klettern. Die hübsch bekleideten Samba-Tänzerinnen, aber auch alle anderen brasilianischen Formel-1 Fans machten Stimmung wie kaum wo anders. Das hat sich auch bis heute nicht geändert. Die Jubelszenen nach dem Brasilien GP 2006 waren überwältigend und wird so schnell nicht übertroffen werden können. Kein Wunder, damals kam einfach alles zusammen: Der erfolgreichste GP-Rennfahrer aller Zeiten trat ab, mit einem starken Rennen samt beeindruckenden Überholmanövern, Fernando Alonso feierte den Gewinn seines 2. WM-Titels nach einem aufregendem Fight über die Saison hinweg mit Schumacher. Und allen voran: Lokalmatador Felipe Massa gewann im Ferrari das Rennen – als erster Brasilianer seit Ayrton Senna, dem legendärsten Brasilianer, der in Brasilien geliebt wurde. Senna wurde überall geliebt.
Und noch was war in Brasilien 1977 nicht anders, als beim Saisonauftakt zuvor in Buenos Aires: James Hunt eroberte die Pole Position. Dahinter der bärenstarke Reutemann, der enttäuscht darüber war, seinen Heim-GP zum Beginn der Saison nicht zu gewinnen. Wegen des Favoritensterbens wäre es die Gelegenheit für Reutemann gewesen. Vor allem, wie man spätestens nach der Saison wusste, weil Reutemann auch im besten Auto der Saison saß. Doch Reutemann konnte seinen Frust überwinden – mit einem Sieg in Brasilien. Und der wurde ausgiebig gefeiert. Kein Wunder, vor dieser Kulisse. Und schließlich bleibt Südamerika auch Südamerika, egal, ob Argentinien oder Brasilien. Den Grundstein für den Sieg legte Reutemann am Start, als er sich an Hunt vorbeischob. In Führung war er damit noch nicht, denn die eroberte Brabhams Carlos Pace, wenn auch mit einem Frühstart. Als Lokalmatador hatte er Sonderrechte, eine Strafe gab es dafür von der brasilianischen Rennleitung nämlich nicht. Pace fiel aber wie viele andere Fahrer aus. Zu diesem Zeitpunkt waren Reutemann und Hunt schon an ihm vorbei. Platz 3 belegte Niki Lauda, der eine Aufholjagd aus dem Nirgendwo startete. Der damals einmalige Formel-1 Weltmeister startete nur von Rang 13 aus. 13, das bedeutete auch die Zahl an WM-Punkten, die Reutemann nun auf den Konto hatte. Damit führte er die WM an: Reutemann (13), Scheckter (9), sowie Pace, Hunt und Emerson Fittipaldi, der mit der lahmen Fittipaldi-Krücke im Team seines Bruders fuhr, (je 6). Die Konstrukteurs-WM: Ferrari (13), Wolf (9), Fittipaldi, Brabham, McLaren (je 6).
Nach 6 Wochen Pause stand der Südafrika GP an. James Hunt holte sich auch im 3. Quali die Pole Position. Dahinter landete Carlos Pace mit dem neuen Brabham Alfa Romeo BT45B. Dahinter war Niki Lauda als 3. qualifiziert. Lauda brauchte nicht lange, bis er im Rennen die Spitzenposition einnahm: Bereits am Start verabschiedete sich Pace aus der Führungsgruppe, weil er so gut wegkam von seinem Startplatz, als hätte er 200 Kilogramm Zusatzgewicht an Bord. Damit war Lauda schon 2. und duellierte sich mit Hunt. In der 7. Runde schnappte sich Lauda den Briten und fuhr auf und davon. Hunt fiel dagegen noch weiter zurück.
Das Wetter war nicht mehr so heiß, die Show, welche die Fahrer lieferten, bis zu dem Zeitpunkt aber stark. Doch alles wurde nebensächlich, denn in der 21. Runde gab es einen der hässlichsten und grausamsten Unfälle, welchen die Formel-1 je gesehen hat. Der Ford Cosworth Motor im Shadow des Italiener Renzo Zorzi erlitt einen Defekt. Mit einer spektakulären Rauchfahne samt Flammen stellte Zorzi das Auto neben der Strecke ab. Die Stelle, an dem Zorzis Motor hoch hing, war schwer einsehbar, weil sie auf einem Hügel war. 2 junge Feuerwehrleute rannten sofort zu Zorzis Auto, um den Shadow zu löschen. Man könnte es auch als jugendlichen Leichtsinn bezeichnen, denn es rauchte eine Gruppe an Rennwagen heran. Ausgerechnet Zorzis Teamkollege Tom Pryce konnte dem 19-Jährigen Feuerwehrmann Frederick Jansen Van Vuuren nicht mehr ausweichen, erfasste ihm mit hoher Geschwindigkeit. Van Vuuren wurde durch die Luft geschleudert, überlebte den brutalen Zusammenstoß natürlich nicht. Aber es kam noch schlimmer: Der Feuerlöscher von Van Vuuren traf Pryce und erschlug den Briten. Pryce war auf der Stelle tot, aber sein Shadow fuhr quasi mit einer Leiche an Bord ungebremst weiter. Erst als der Shadow in den Ligier Ford von Jacques Laffite krachte, kam er zum Stillstand. Glücklicherweise blieb zumindest Laffite unverletzt.
Das Rennen ging trotz des schrecklichen Zwischenfalls weiter. Lauda führte vorne deutlich, doch der Sieg stand auf Messers Schneide: Lauda sammelte mit seinem Ferrari einige Teilchen des Pryce-Shadows auf, welche die Kühlung verstopften. Die Temperaturen in Laudas Wagen wurden immer höher, aber der Motor und alle anderen kritischen Teile hielten durch bis zum Ende des Rennens. Und so konnte Lauda vor Jody Scheckter und Depailler. Damit war Lauda nun mit 13 Punkten gleichauf mit Teamkollege Reutemann. In Führung ging mit 15 Zählern aber wieder Scheckter. In der Konstrukteurswertung aber führte Ferrari mit 22 Punkten, vor Wolf (15) und McLaren (9).
Die Formel-1, vom Tod von Pryce eh schon geschockt, musste den nächsten Tiefschlag verkraften: Carlos Pace kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben! Der Absturz erfolgte während eines Unwetters am 18. März 1977 in der Nähe von São Paulo. Im Unwetter musste der Pilot, Marivaldo Fernandez die Orientierung verloren haben. Beim Absturz kamen alle Insassen ums Leben, also Fernandez, Pace, sowie der ehemalige Fluglehrer von Pace. Fernandez war selbst Rennfahrer und fuhr in Brasilien unter anderem Sportwagen, aber auch Formel-Rennen, darunter in einem Formel-Vee Renner von Emerson und Wilson Fittipaldi. Bei der Stadt Atibaia explodierte die einmotorige Maschine nach einem Motorschaden in der Luft. Die Insassen konnten später nur noch durch Fingerabdrücke identifiziert werden. Pace, der erst 2 Wochen vor dem Unglück den Flugschein gemacht hatte, saß auf dem Platz des Copiloten. Er hinterließ seine Frau und 2 Kinder. Sein damaliger Teamchef Bernie Ecclestone zur Tragödie: „Das ist schrecklich, ich hatte Carlos noch vor den Risiken des Fliegenlernens gewarnt.“ Die brasilianische Regierung verhängte eine 3-tägige Staatstrauer.
Mit dem Verlust zweier Formel-1 Fahrer ging die Formel-1 nach Long Beach, um den USA-West GP auszutragen. Die Serie an Pole Positions von James Hunt, der in der Pause zwischen dem Rennen in Südafrika und Amerika ein nicht zur WM zählendes Rennen im britischen Brands Hatch gewann, hatte in Long Beach ein Ende. Südafrika-Sieger Niki Lauda holte sich die Pole Position, vor Lotus Ford Pilot Mario Andretti. Der US-Amerikaner bewies wieder seine Gabe, sich bei Rennen in den Vereinigten Staaten von Amerika, besonders motivieren zu können. Am schnellsten den Weg in die turbulente und kollisionsreiche erste Kurve fand Scheckter, der damit vor Andretti und Lauda in Führung ging. Dahinter war Chaos angesagt. Die 3 lieferten sich eine tolle Schlacht um den Sieg. Scheckter führte dabei die meiste Zeit des Rennens – bis zur vorletzten Runde. Dann wurden seine Reifen schlecht und er fiel auf Rang 3 zurück. Der Sieger Andretti, sowie Lauda, zogen an Scheckter vorbei und gewannen das Rennen. Es war doppeltes Pech für Scheckter, denn somit führte er auch nicht mehr die Weltmeisterschaft alleine an, sondern teilte sich die WM-Führung mit Lauda. Beide hatten je 19 Punkte nach 4 Rennen gesammelt, Reutemann blieb mit 13 Punkten WM-3. In der Konstrukteurswertung war die Führung für Ferrari deutlich: Ferrari (28), Wolf (19), Lotus (13).
Quellen: grandprix.com, motorsportmemorial.org, motorsportarchiv.de, mein Archiv