So, jetzt kommt das härteste Stück Arbeit...
Kommen wir jetzt zum fleissigsten McLaren-Privatfahrer - nämlich dem Amerikaner Brett Lunger - der ja auch der Grund zum Start dieses Themas war. Wie schon erwähnt stammt er aus einer sehr reichem Familie (Du Pont) und hatte sich der Rennfahrerei als Hobby verschrieben. Über die Formel 2 (bestes Ergebnis ein vierter Platz) und Formel 5000, diente er sich - neben üppigem Sponsorengeld natürlich - in die F1 hoch. Gleich vorneweg (damit kein falscher Eindruck aufkommt): trotz einer der schlechtesten Bilanzen aller F1-Fahrer (34 Rennen ohne Punkte), war er keine absolute Null! Er war ein regelmäßiger Qualifyer und fuhr in den meisten Rennen im Mittelfeld mit. Auch seine Quote an DNQs ist recht bescheiden. So eine Art Pedro Diniz der 70er Jahre, möchte man sagen!
1975 gab er sein Debüt als zweiter Mann beim Hesketh-Team, aber der dicke Lord hatte da schon das Interesse an seinem Spielzeug verloren. 1976 wurde er zweiter Mann bei Surtees - und brachte auch gleich einen dicken Sponsor aus der Tabakindustrie mit (Chesterfield) - stand aber hier klar im Schatten von #1-Mann Alan Jones. Das Dasein als zweiter Mann und Bezahlfahrer reichte ihm langsam nicht mehr, er stieg 1977 mit seinem Sponsor bei BS Fabrications ein.
BS Fabrications war NICHT Lungers Team, dieses fuhr bereits 1976 mit einem privaten Surtees und Henri Pescarolo als Fahrer - obwohl es ein britisches Team war. Was genau es mit BS Fabrications auf sich hat, habe ich bis jetzt auch noch nicht herausgefunden. War vor meiner Zeit - vielleicht weiss ja jemand der Yesterday-Leser spontan mehr...?!
1977 begann er mit einem ausrangierten March (einem ex-Hans Stuck-Einsatzfahrzeug von March-B-Team 1976), das war ihm bald nicht mehr genug und er legte sich nach vier Rennen einem M23 (#14). Das Auto - unglaublich(!) - war eine Neukonstruktion, also extra für ihn gebaut worden. Trotzdem war er auch mit dem Teil nicht ganz glücklich und kaufte McLaren im Laufe der Saison einen zweiten M23 (#11) ab - das Auto das James Hunt in den ersten beiden Rennen bewegt hatte. Nun hatte er gleich zwei Auto und wechselte ständig in den Rennen hin und her.
1978 - er fuhr immer noch seine McLaren(s) für BS Fabrications - er verkaufte den M23/14 an Tony Trimmer und legte sich einen neuen M26 zu, den er ab Monaco als sein ständiges Einsatzfahrzeug bewegte. Auch dieses Auto war übrigens fabrikneu.
Gegen Ende der Saison stellte er sein zweites Auto dann Nelson Piquet zu Verfügung, der (obwohl ohne jede GP-Erfahrung) sofort seinen Chef davonfuhr. In Monza war Lunger dann in den großen Startcrash verwickelt, der Peterson das Leben kosten sollte. Obwohl er keine ernsten Schäden davontrug, sollte dies sein letztes F1-Rennen für BS Fabrications sein. Er verkaufte seinen M26 an Iain McLaren (einem Schotten - NICHT verwandt mich Bruce McLaren!), der das Auto in der Aurora Serie und in der schottischen F1 einsetzte. Auch sein M23 (#11) landete in der Aurora-Serie - bei Dennis Leach.
Lungers GP-Karriere war nach dem Unfall von Monza noch nicht ganz vorbei. Ein Rennen hatte er noch, nämlich den GP von Kanada 1978, den er für Ensign bestritt. Seine Sponsoren hatte er von BS Fabrications abgezogen - das Team war damit faktisch am Ende (Nelson Piquet fand - wir wissen es - eine lukrative Bleibe beim Brabham-Team) ein, aber auch sein Ausflug zu Ensign war nur noch eine Eintagsfliege. Danach war Schluss mit der Monoposto-Karriere. In meinen Aufzeichnungen taucht er noch später bei einigen Langstreckenrennen in den USA auf; mein letztes verzeichnetes Rennen ist 1980 bei den 500 Meilen von Elkhart Lake mit einem Datson 240Z!
Hier ein paar Bilder, die ersten vier als Einstimmung:
Brett Lunger mit dem Hesketh 1975 in Watkins Glen. Er fuhr die letzten drei Rennen für den britischen Lord. Das spektakuläre Bild täuscht - Lunger war kein typischer Crashpilot.
1976 war Lunger zweiter (zahlender!) Mann bei Surtees. Das einzig bemerkenswerte an seiner schwachen Saison war die Verwicklung in den Feuerunfall von Niki Lauda am Nürburgring (es war sein Auto das so heftig in Laudas Ferrari krachte): er half tatkräftig mit Lauda aus dem brennenden Fahrzeug zu retten. Ein extrem mutiger Mann soll er ja sowieso gewesen sein - er kämpfte in Vietnam ein 3/4 Jahr als Platoon-Leader im Dschungel!
BS Fabrication fuhr bereits 1976 - und zwar einen von Norev (französische Modellautos!) gesponsorten Surtees, der von Henri Pescarolo (hier in Frankreich) gefahren wurde.
1977 stieg Lunger mit bei BS Fabrications mit einem zwei Jahre alten March ein - hier beim GP von Spanien. Das Auto war ihm schon nach vier Rennen nicht mehr gut genug - er verkaufte es an Dennis Leech (der knapp 1 1/2 Jahre später auch seinen zweiten McLaren kaufen sollte).
So - jetzt geht's richtig mit Lunger und seinen McLaren(s) los:
In Belgien 1977 hatte er dann seinen ersten McLaren - ein nagelneues Chassis mit der #14. Leider fiel sein Debüt ins Wasser; obwohl qualifiziert streike vor dem Start des Rennens die Benzinzufuhr des Cosworth und er musste zuschauen!
Ab dem GP von Holland 1977 legte sich Lunger einen zweiten M23 zu - ist schwer die beiden auseinander zu halten - noch dazu da auch ständig die Anbauteile zwischen den beiden hin- und hergeswitcht wurde. Hier Lunger in Kanada.
Ab Monaco 1978 gab's für Brett Lunger sogar einen M26. Damit erreichte er seine besten Ergebnisse. Pole bei einem Aurora-Rennen in Zandvoort und Platz 7 beim GP von Belgien (hier im Bild). Einen seiner beiden M23 behielt er als Ersatzwagen, der andere landete bei Tony Trimmer-> siehe nächstes Bild.
So endete Lungers M23/14 - in den Händen von Tony Trimmer und seinem Melchester Team. Trimmer war damit einer der erfolgreichsten Fahrer in der Aurora Serie. Auch in der F1 (hier beim britischen GP 1978) hatte er einige Auftritte. Da war er allerdings eine ziemlich Null.
Gegen Ende der Saison gab er seinen alten M23/11 dem Brasilianischen Newcomer Nelson Piquet, der seinem Teamchef damit sofort um die Ohren fuhr. Hier Piquet am Österreichrring (das Bild gab's ja neulich in unserem Yesterday-Quiz).
Lungers letztes Rennen war in Italien 1978. Der Peterson-Startcrash sorgte für ein frühzeitiges Ende.
Und so sah Lungers M26 zwei Jahre später aus - Iain McLaren bewegte ihn in der schottischen F1 (hier in Ingliston).