So, jetzt muss ich doch mal ein paar Worte über den Hockenheimring verlieren, obwohl er absolut nicht zu meinen Lieblingskursen gehört und ich die Rennen seit seinem Umbau eigentlich spannender finde als vorher. Recht geben muss ich allerdings denen, die behaupten dem Kurs ginge seitdem sein typischer Charakter ab - das ist zweifellos der Fall. Der Hockenheimring war nie ein Kriterium für Fahrkunst und deshalb bei den Piloten wenig beliebt. Es dauerte lange bis er sich etablierte und dass er sich (bis heute) hartnäckig hält ist eigentlich nur dem Mangel an alternativen deutschen Rennstrecken, bzw. die Unfähigkeit den Nürburgring der neuen Rennsport-Zeit anzupassen zu 'verdanken'.
Ich möchte aber hier keine Polemik gegen der Hockenheimring starten - stattdessen habe ich einige historische Fakten kurz zusammen getragen.
Das war ja nicht der erste radikale Umbau den der Hockenheimring über sich ergehen lassen musste, es gab schon zwei vorher (1938/39 und 1963-65) - und ich wage zu behaupten der heutige GP-Kurs hat mit dem Ur-Kurs von 1932 nicht einen Quadratzentimeter gemein. Ich hoffe ich lehne mich mich mit solchen Behauptungen nicht zu weit aus dem Fenster, denn (wie bereits gesagt) der Kurs ist keiner meiner Favoriten und es gibt sicher Berufenere um Euch diesen Kurs Nahe zu bringen. Ich hoffe ja es findet sich noch jemand der einiges dazu sagen kann.
So, nun aber zu den bisschen dass ich weiss: Dieser Rennkurs war ursprünglich als Motorrad- und Kleinautorennstrecke gebaut und wurde 1932 in Betrieb genommen worden - auf dem Tiefpunkt der dem ersten Weltkrieg folgenden Staats- und Wirtschaftskrise! Es war ein 12 km langer Flachkurs, der zu 95 Prozent durch Wald lief (manchmal erschrickt man wenn man alte Bilder sieht, auf denen man meint die Fahrer kämen geradewegs aus dem tiefsten Wald). Das erste Rennen fand am 29.05.1932 statt - witzigerweise am selben Tag an dem auch das DFB Vorschlussrundenspiel Bayern München - 1.FC Nürnberg im Mannheimer Stadion statt, vielleicht auch ein Grund warum das Eröffnungsrennen (trotz Verlegung des Fussballspiels auf den späten Nachmittag) nicht den erwartete Riesenandrang fand. Es war vielleicht auch ein Schicksal des Hockenheimrings lange Zeit im Schatten der großen Rennstrecken zu stehen. Hier eine Übersichtskarte der Ur-Strecke wie sie 1932 befahren wurde.
Und auch gleich noch ein paar Impressionen der Ur-Strecke - das Ganze erinnert eher an Feldwege denn an eine Rennstrecke, aber es waren halt andere Zeiten damals! Bild 1 ist die Spitzkurve bei Oftersheim (C auf der Karte oben), Bild 2 ist die Kurve am Radbuckel (A auf der Karte), Bild 3 ist die Stadtkurve Hockenheim kurz nach Start und Ziel (F auf der Karte unten), der einzige Teil an der Strecke wo es NICHT permanent durch den Wald ging. Dann noch einige Bilder von Start- und Ziel, sowie den Tribünen in Hockenheim(Bild 4, 5 und 6):
1938 erfolgte der Umbau zum sogenannten Kurpfalzring (klingt - passend zur Zeit - auch irgendwie NS-mäßiger, oder?!), welcher jetzt in Ovalform gestaltet war - man konnte hier schon in groben Zügen den späteren Ring erkennen. Er hatte auch etwa dessen Länge, ca. 8 km. Unten eine Skizze von der Planung. Man übernahm nur sehr wenig vom urpsrünglichen Kurs - nämlich die beiden Waldgerade. Neu war die Ostkurve, dank derer der Kurs um ca. 4 km verkürzt wurde. Start u. Ziel waren in etwa da wo heute die Einfahrt ins Motordrom ist - nur startete man halt in die entgegengesetzte Richtung, denn gefahren wurde auch nach dem großen Umbau (bzw. der Verkürzung) weiter gegen den Uhrzeigersinn:
Die Strecke wurde gerne von Mercedes als Teststrecke benutzt - und zwar bis in die 50er Jahre hinein. Hier zwei Bilder die das belegen: Hermann Lang mit einer Testversion des Voiturette-Mercedes von 1939 und ein Bilder der Mercedes-Truppe beim testen 1955:
Nach dem 2. Weltkrieg erhielt die Strecke die endgültige Bezeichnung Hockenheimring. Man war - im Gegensatz zu dem durch den Krieg ziemlich mitgenommenen Nürburgring (und das wo die Eifel doch so abseits liegt - aber ich glaube der Nürburgring diente als Aufmarschgelände der Aliierten) schon kurz nach dem Krieg einsatzbereit und die erste permenente Rennstrecke auf der man wieder Rennen fuhr. Das erste fand am 11.05.1947 vor 200.000 Zuschauern statt. Man trat in 4 Klassen an, es gewannen Emil Vorster (MG, 1.100-ccm), Alex Falkenhausen (BMW, 1.500-ccm) und Karl Kling (BMW, 2.000-ccm). Kling gewann damit gleichzeitig auch die Kategorie der Rennwagen, weil sein BMW der einzige Rennwagen am Start war! Nur am Rande für Enthusiasten: bei den Motorrädern gewannen Müller (DKW, 250-ccm), Jäger (Norton, 350-ccm), Nitschky (NSU, 500-ccm), Böhm (NSU, 600-ccm-Gespann), Böhn (1.200-ccm-Gespann). Hier auch ein paar Bilder dieses ersten Nachkriegsrennens - so wie es aussieht wurde auf die Sicherheit völlig gepfiffen - obwohl der Hockenheimring schon damals als einer der schnellsten Kurse Europas galt:
Das Rennen war übrigens eine rein lokale Angelegenheit - Deutsche Fahrer & Marken waren ja bis 1950 international gesperrt. Weiterhin wurden auch in Zukunft lokale Sportwagenrennen gefahren (wie etwa unten ein Rennen von 1955), der Kurs schien aber von einer internationalen Karriere abgeschnitten.
1957 fand der erste Weltmeisterschaftslauf für Motorräder statt - am 10. Mai gewannen Carlo Ubbiali (MV Agusta, 125-ccm UND 250-ccm), Libero Liberati (Gilera, 350-ccm UND 500-ccm), sowie die Deutschen Fritz Hillebrand und Manfred Grünwald mit ihrer BMW bei den Seitenwagen. Das war auch der Startschuss für einen Aufschwung des Rings. Vorher musste er aber einen weiteren Umbau über sich ergehen lassen - und zwar führte der zu dem und bis vor kurzem bekannten Erscheinungsbild. Von 1963 bis 1965 wurde das heutige Motodrom errichtet, welches Platz für ca. 100.000 Zuschauer bot. Im Jahre 1966 machte der Bau der Autobahn einen größeren Umbau notwendig, wobei die Biegung in der Nähe von Hockenheim verloren ging. Als Ausgleich entstand das Motodrom mit Tribünen, Boxen und Fahrerlager - übrigens gezeichnet von dem damaligen Star-Streckenplaner, dem Holländer John Hugenholtz. Auch die Fahrrichtung wurde im Zug des Umbaus geändert - man fuhr ab jetzt - und bis heute - im Uhrzeigersinn. Warum kann ich Euch nicht beantworten - wahrscheinlich wollte man sich der Mehrheit der 'klassischen' Rennstrecken anpassen. All diese Veränderungen kann man genauer im Museum am Rande des Hockenheimrings besichtigen. 1967 folgte dann das erste, große internationale Rennen - , nämlich das II. Rhein-Pokal Rennen (fragt mich aber jetzt bloß nicht wann das erste stattgefunden hat). 1968 kamen zum F2-Rennen dann sogar die großen Namen (Rindt, Rodriguez, Ickx, Amon, Clark, u.s.w.) nach Hockenheim - und prompt folgte die Katastrophe - Jim Clark verunglückte tödlich! Aber der Ring bekam eine weitere Chance - man fügte zusätzliche Leitplanken, Fangzäune, Bremskurven und Auslaufzonen hinzu, um die Sicherheit zu verbessern. 1970 forderte die Interessenvertretung der Formel 1-Piloten vier Wochen vor dem Großen Preis von Deutschland die Nürburgring GmbH auf, für bessere Sicherheitsvorkehrungen zu sorgen. Da solches in der kurzen Zeit nicht zu realisieren war, kam der Hockenheimring kurzfristig zu seiner Formel 1-Premiere. Das Rennen war ausverkauft und in den damals noch möglichen Windschatten-Duellen konnte sich Jochen Rindt knapp gegen Jacky Ickx durchsetzen. Nachdem man den Nürburgring sicherheitstechnisch aufgerüstet hatte, kehrte man schon ein Jahr später wieder in die Grüne Hölle zurück. Doch nach dem Feuerunfall von Niki Lauda in der Saison 1976 fand der Große Preis von Deutschland in Hockenheim ab 1977 dauerhaft seine Heimat. Den Rest müsstet Ihr eigentlich kennen...