Kleine F1-Motoren, kleine Hersteller? Darf keinen Link zu inside-racing.de posten, deshalb der Artikel hier in voller Länge:
Mit dem neuen Motorenreglement für 2013 will die Formel-1 wieder neue Hersteller in die Königsklasse des GP-Sports locken. Doch von den großen Autokonzernen zeigt nur der Volkswagenkonzern Interesse, verhandelte das neue Reglement sogar mit aus. Doch ein klares Bekenntnis von VW zur Formel-1 gibt es nicht. Derzeit sieht es sogar danach aus, als würde keine VW-Marke (angedacht waren Audi oder Porsche) in die Formel-1 kommen, man geht lieber in einer Vielzahl an anderen Rennserien an den Start.
Die neuen kleinen Motoren oder Motörchen (1,6-Liter, vier Zylinder) locken scheinbar auch nur kleine Hersteller an. Doch das liegt nicht gezwungenermaßen am neuen Motorenreglement. Die Hersteller-Ära mit zahlreichen Hersteller-Teams, die mit Geld um sich warfen und dabei die kleinen Privatiers aus der Formel-1 verdrängten, scheinen vorbei zu sein. Für VW kommt oder kam ein F1-Einstieg auch nur mit einem Reglement in Frage, dass seriennah ist und die Entwicklung künftiger Technologien fördern würde – also jenes Reglement, das 2013 in Kraft tritt. Doch welcher große Hersteller soll denn kommen? Die meisten sind inzwischen miteinander verflochten, andere haben wirtschaftliche Probleme am Hals oder es stand ihnen bis vor kurzem das Wasser bis zum Hals, Stichwort General Motors.
Kleinwagenserie F1?
Dass nun die kleinen Hersteller an der Reihe sind, ist eine logische Konsequenz. Das Problem: Die kleinen Hersteller tasten sich derzeit mit kleinen Schritten an die Formel-1 heran. Im ersten Schritt wurden sie Sponsoren bei bestehenden F1-Teams, andere sind inzwischen bereits Mitbesitzer – aber so richtig trauen tut sich derzeit noch keiner. Das wird sich ändern, denn Hersteller wie Lada werden merken, dass sie als Sponsoren bei Teams wie Renault nicht wirklich Aufmerksamkeit erregen werden. Doch wohin wird die Reise gehen? Werden sie nur bestehende Teams aufkaufen (Marussia beispielsweise Virgin oder Lotus Renault), oder traut sich jemand tatsächlich und baut einen eigenen Motor? Derzeit scheinen eher bestehende Teams die Möglichkeit ins Auge zu fassen, einen eigenen F1-Motor zu bauen. Entsprechende Pläne werden McLaren und auch Red Bull nachgesagt.
Red Bull, eigentlich ein Hersteller eines Aufpusch-Trankes, könnte diesem Vorhaben mit der Zusammenarbeit mit der japanischen Nissan-Luxusmarke Infiniti einen Schritt weitergekommen sein. Die Gerüchte eines eigenen F1-Motors von Red Bull entstanden aus einer spontanen Antwort von Red-Bull-Konzernchef Dietrich Mateschitz, ob er sich auch vorstellen könnte, einen F1-Motor zu bauen. Wer Mateschitz kennt, der weiß, dass er niemals nie sagt – auch wenn es noch so unwahrscheinlich ist. Und kürzlich erklärte er auch, dass Red Bull die Ressourcen besser woanders ausloten sollte. Doch wer Mateschitz kennt, der kann sich durchaus vorstellen, dass Red Bull künftig nicht nur einen Trank mit Power im Petto hat, sondern auch einen Motor. An der Power (derzeit von Renault) mangelte es Red Bull bisher ja – so zumindest den eigenen Aussagen nach.
Nissan als großer Hersteller
Gerade Renault war es aber, der die Verbindung zu Infiniti hergestellt hat. Denn Renault ist zu 44% im Besitz der Nissan-Marke, die wiederum 15% Anteile an Renault hält; und Infiniti ist eine Tochterfirma von Nissan. 2011 ist Infiniti erstmals Partner des Red-Bull-Teams, das betrifft die wirtschaftliche Seite (sprich man ist Sponsor), will aber auch technischen Input geben. Nissan ist besonders im elektronischen Bereich, also beispielsweise beim Elektromotor oder Hybridantrieben, gut entwickelt und will deshalb beispielsweise beim Energierückgewinnungssystem KERS helfen. Das Motorenreglement 2013 macht aber Lust auf mehr, die aktuelle Partnerschaft mit Red Bull sei nun ein erster Schritt, weiter würde man sehen, so Infiniti-Vize Andy Palmer, der zumindest schon mal einen motorsportlichen Namen hat: Jonathan Palmer war einst F1-Pilot, Sohnemann Jolyon Palmer fährt derzeit für das Arden-Team von Red-Bull-F1-Teamchef Christian Horner in der GP2.
Nissan könnte in Form der Luxusmarke Infiniti 2013 also einen eigenen Motor bauen, vielleicht sogar in Zusammenarbeit mit Red Bull. Das Know-How könnte sich Nissan von Renault holen. Die Franzosen liebäugeln seit Jahren mit einem Ausstieg aus der Formel-1 und ziehen sich in den letzten Jahren auch immer mehr zurück. Inzwischen hält man keine Anteile mehr am einstigen Renault-Werksteam, das nur aus sportrechtlichen Gründen den Namen Renault weiterhin trägt – mindestens bis Ende 2012. Danach könnte Nissan unter anderem die Renault-Motorenschmiede Mécachrome übernehmen. Die baut derzeit die Motoren unter anderem für die F1, GP2 und GP3, aber auch für die Formel-World-Series-by-Renault, die einst Nissan ins Leben gerufen hat.
Nissan wäre ein großer Hersteller, der bisher um die Formel-1 einen Bogen machte. Red Bull wäre ein perfekter Partner, denn das aktuelle Weltmeisterteam sucht nach einem Hersteller als Partner. Wegen Verbindungen beispielsweise in der deutschen Tourenwagenmeisterschaft wurde eine Verbündung mit VW nachgesagt, doch die Verbindung zu Nissan muss nicht zwangsläufig heißen, dass VW tatsächlich der Formel-1 fern bleibt. Auch Williams gilt als möglicher VW-Partner, arbeitet man doch mit Audi bereits in der Formel-2 und mit Porsche in der GT3-Serie zusammen.
Außer Nissan und VW sind derzeit allerdings keine großen Hersteller in Sicht, die 2013 werksseitig oder zumindest als Motorbauer in die Formel-1 einsteigen könnten. Immer wieder wird der koreanische Hersteller Hyundai als künftiger F1-Hersteller genannt, in Zusammenarbeit mit dem Prodrive-Team von Ex-F1-Teamchef David Richards. Aber daraus hat sich bis heute nichts ergeben und wird sich wohl auch bis 2013 nichts tun.
Starterfeld 2013
Nur weil die großen Hersteller ausbleiben, heißt das nicht, dass die kleinen auch nicht kommen. Red Bull mit Nissan, McLaren vielleicht mit eigenem Motor, Ferrari bleibt Ferrari und Mercedes dürfte Mercedes bleiben. Offiziell ist die F1-Zukunft von Mercedes gesichert, ob das allerdings auch noch so ist, wenn das Werksteam auch 2011 und 2012 hinterherhinken wird, steht auf einem anderen Blatt Papier. Nicht ausgeschlossen, dass Renault und Mercedes sich aus der Formel-1 zurückziehen werden.
Aus Renault dürfte Lotus werden, sofern die Lotus-Gruppe den Namensstreit gegen das Lotus-Team von Tony Fernandes gewinnt. Die Entscheidung wird es in drei Wochen geben, dann tagt das Gericht. Falls Fernandes dieses als Sieger verlässt, könnte Lotus wie 2011 Titelsponsor sein und Lotus-Mutter Proton als Namensgeber der Chassis auftreten. Der malaysische Autohersteller finanziert schon jetzt die Motorsport-Abenteuer von Lotus. Das könnte auch einen eigenen F1-Motor beinhalten, denn in der IndyCar wird man bereits 2012 einen eigenen Motor bauen – zusammen mit der Motorschmiede Cosworth. Die liefert jetzt schon F1-Motoren, gegenwärtig an Williams, HRT und Virgin.
Lada, der russische Autohersteller, der derzeit Sponsor bei Renault ist, dürfte 2013 im Team keine Rolle mehr spielen. Vermutlich wird Lada ein neues Team suchen, ob man eigene Motoren bauen wird, bleibt abzuwarten, ist aber nicht auszuschließen. Ein Zusammenschluss mit dem russischen Sportwagenhersteller Marussia scheint eher unwahrscheinlich zu sein. Auch Marussia will in der Zukunft einen eigenen F1-Rennstall, vielleicht auch einen eigenen F1-Motor bauen. Eine Übernahme des Virgin-Teams, wo man 2011 bereits Teilhaber ist, ist am wahrscheinlichsten.
Comeback der privaten Motorschmieden?
Das Engagement der kleinen Hersteller könnte für ein Comeback der privaten, kleinen Motorenschmieden sorgen. In der IndyCar beauftragt Lotus beispielsweise Cosworth mit dem Bau des IndyCar-Motors. Das könnte auch wieder in der Formel-1 Schule machen. Private Motorenschmieden wie Judd, Hart oder Cosworth waren in der Formel-1 jahrelang fester Bestandteil im Starterfeld, dann aber wurden sie von den mächtigen Herstellern der Hersteller-Ära verdrängt. Heute besteht nur noch Cosworth und Mécachrome, die für Renault die Motoren baut. Aber auch bei Renault findet die Entwicklung nicht direkt bei Mécachrome statt. Und Cosworth kam auch nur durch den Automobilweltverband FIA zurück, denn man ließ für 2010 nur solche neue Teams zu, die als Motorenpartner Cosworth an sich gebunden hatten.
Die kleinen Hersteller wie Lotus, Proton, Marussia oder Lada fehlt es an Motorsport-Erfahrung und an Know-How zur Konstruktion eines F1-Motors. Deshalb könnten Motorschmieden gefragte, denn je sein. Davon gibt es noch eine ganze Reihe: Judd baut zum Beispiel noch Motoren für Sportwagen, die unter anderem beim 24-Stundenrennen von Le Mans eingesetzt werden, wo auch Zytek noch im Geschäft ist. Zytek, wie Cosworth einst ein Ford-Partner, motorisiert derzeit auch die Auto-GP-Serie, eine Formel-Serie, die knapp unterhalb der GP2 anzusiedeln ist.