Was sagt ihr aktuell zur IndyCar?
Die IndyCar geht einen anderen Weg: Der neue Dallara für die Saison 2012 schlägt optisch ganz neue Richtungen an. Noch wichtiger aber: Weg mit dem Einheitsbrei: 2012 gibt es mit Honda, Chevrolet und Lotus/Judd drei Motorenhersteller und in den kommenden Jahren sollen dann Teams eigene Aerodynamikteile entwickeln dürfen. Die IndyCar wird technisch wieder interessanter – und lockt immer mehr Fahrer an. Am Donnerstag hat der F1-Rekordteilnehmer Rubens Barrichello zu einer Pressekonferenz geladen. Dort dürfte sein Vertrag mit dem KV-Team des ehemaligen IndyCar-Meisters Jimmy Vasser und des Cosworth-Chefs Kevin Kalkhoven offiziell werden. Das Versprechen an seine Frau, um die IndyCar wegen der gefährlichen Ovalrennen eine Schleife zu machen, wurde über Bord geworfen.
Aber nicht nur Barrichello zeigt Interesse. Jüngst wurde sogar Adrian Sutil mit einem Wechsel in die IndyCar in Verbindung gebracht. Der Deutsche dementierte, sein Ziel sei eine F1-Rückkehr im Laufe der Saison 2012. Dafür bereitet sich der GP-Sieger Jean Alesi auf sein Comeback vor, das beim Indy-500 steigen soll. Allerdings: Um den Franzosen wurde es zuletzt arg still. Dafür sprach Luca Filippi, der amtierende GP2-Vizemeister, mit !NS!DE-RAC!N darüber, dass der Italiener ein Kreuz hinter dem Thema Formel-1 setzt und sich stattdessen langfristig in der IndyCar engagieren will. Und dann gibt es ja auch noch die ehemaligen F1-Fahrer, die in der IndyCar längst etabliert sind: Justin Wilson, Sébastien Bourdais und Takuma Sato.
Doch mal ehrlich: In der Formel-1 waren all diese genannten Fahrer immer nur zweitklassig. Jeder dieser Fahrer ist für die IndyCar ein enormer Gewinn. Tatsächlich dürften Fahrer wie Barrichello dazu beitragen, dass die IndyCar in Europa populärer ist. Das Problem der IndyCar ist aber vor allem, dass man selbst zu Hause nur noch die zweite Geige ist. In zwischen hat man das Rennen gegen die Formel-1 (Zur Jahrzehntenwende vor 20 Jahren durchaus ein gleichwertiges Duell) verloren, aber schlimmer noch: In Amerika ist die Nascar-Serie deutlich populärer. Spätestens die Spaltung der IndyCar-Serie 1996 (ein folgenschwerer Irrtum, der 2008 viel zu spät wieder aufgehoben wurde) stehen die US-Amerikaner auf die Stockcarrennen, nicht mehr auf die IndyCars.
Da hilft kein Barrichello. Helfen würde, wenn die IndyCar einen eigenen Star hervorbringt. Das kann auf zwei verschiedene Arten passieren: Erstens ein US-Amerikaner, dessen Name an alte Glanztage erinnert, setzt sich gegen hochkarätige Fahrer durch und holt sich den Titel. Solche Fahrer wären zum Beispiel Marco Andretti (Sprössling von Michael Andretti und Enkel von Mario Andretti, nicht nur ein F1-Weltmeister, sondern auch eine US-amerikanische Rennlegende) oder Graham Rahal (dessen Vater Bobby Rahal auch eine erfolgreiche Figur in der erfolgreichen Epoche war). Von beiden sah man in den vergangenen Jahren gute Ansätze, aber keine Geniestreiche. Fahrer wie Dario Franchitti und Will Power, beide für die F1-Teamchefs nie interessant genug, drücken fahrerisch einen deutlich anderen Stempel auf.
Zweitens: Die IndyCar hat einen Star, der auch in der Nascar oder der Formel-1 zu Ruhm kommt. Das könnte zum Beispiel passieren, wenn Danica Patrick nach ihrem Wechsel in die Nascar dort große Erfolge feiert. Oder Simona de Silvestro in der Formel-1 eindockt und dort auch für Furore sorgt.
Beides würde helfen, beide Möglichkeiten sind aber nicht Rezepte, mittels denen alleine die Operation IndyCar erfolgreich sein wird. Die IndyCar wird dann erfolgreich, wenn US-Größen wie Jacques Villeneuve, Juan-Pablo Montoya oder die Nascar-Stars zumindest beim Indy-500 auftauchen. IndyCar-Chef Randy Bernard hat das erkannt und deswegen die Idee gehabt, beim Saisonfinale 2011 in Las Vegas fünf Stars anzulocken, für die ein Sieg fünf Millionen US-Dollar gebrach hätte. Das sollte passen zur einmaligen Spielerstadt und hätte für die IndyCar einen Erfolg verbucht. Stattdessen war Las Vegas ein Schuss in den Ofen: Terminkollision mit der Nascar, reihenweise Absagen der großen Stars und dann der Unfalltod von Dan Wheldon.
Bernard, der für seine Einfälle bisher stets gelobt wurde, stand plötzlich scharf in der Kritik. Er hat spätestens jetzt erkannt, dass die IndyCar noch einen weiten Weg vor sich hat – aber eben auch auf dem richtigen Weg ist. Das wird auch dadurch deutlich, dass auch ehemalige IndyCar-Fahrer wie Michel Jourdain wieder Interesse zeigen. Der Mexikaner ist ein Widersacher gegen Luca Filippi um das zweite Cockpit im Team von Bobby Rahal neben Takuma Sato.