Ein Bericht von Inside-racing.de:
Randy Barnard führt die IndyCar-Serie, die amerikanische Formel-1, weiterhin mit einem Goldenen Händchen. Seine neueste Idee: Beim Saisonfinale in Las Vegas sollen fünf Gaststarter zugelassen werden. Das Bonbon: Gewinnt einer dieser Fahrer das Rennen, so bekommt er fünf Millionen Dollar! Dieser Jackpot in der Spielerstadt Las Vegas in den Wüsten Nevadas soll große Namen zum Rennen locken – und erste Fahrer zeigen bereits reges Interesse.
Drei Andretti-Generationen?
Ein Fahrer, der bereits Interesse bekundete, ist Mario Andretti! Der in Italien geborene US-Amerikaner ist eine lebende Legende: 1978 wurde er mit Lotus F1-Weltmeister, in der IndyCar holte er sich zahlreiche Titel mehr. Andretti ist bis heute mit dem Herz an diesen Sport gebunden, war vor einem Jahr auch als F1-Teamchef bei Lotus im Gespräch und zeigt trotz seiner 71 Jahre noch pure Leidenschaft für den amerikanischen Formel-Sport. In amerikanischen Medien erklärte er, dass er auch mit 71 Jahren noch ein IndyCar-Rennen bestreiten könne, immerhin sei Paul Newman mit über 80 Jahren noch beim 24-Stundenrennen von Daytona unterwegs gewesen. Mario Andretti fuhr selbst bis 1994 IndyCar-Rennen, 2003 testete er im Team seines Sohnes Michaels in Indianapolis, hob damals aber ab und zerschellte in den Fangzäunen. Andretti überlebte den Crash, seitdem tut er mit dem Rennfahren aber etwas langsamer. Und Mario Andretti hatte bis ins hohe Alter noch Siegerqualitäten: Als er in Phoenix (Arizona) 1993 den Lola Ford des Newman-Haas-Teams auf Platz eins steuerte, war er bereits 53 Jahre alt! Sein Teamkollege damals war übrigens kein geringerer als Sohnemann Michael, die beide gegeneinander kämpften wie bittere Rivalen, aber immer auf fairer Ebene. Älter als Mario in Phoenix war Louis Unser bei seinem Sieg in Pikes Peak 1953 im Kurtis Kraft Offenhauser: Damals hatte er bereits 56 Lenzen auf dem Buckel.
Mario Andretti erklärt: „Las Vegas wird das letzte Rennen mit den aktuellen Dallara-Rennwagen sein, ein Team aufzustellen für das Saisonfinale stellt also keine großen finanziellen Hürden dar.“ Zumal sein Sohn Michael selbst einen erfolgreichen IndyCar-Rennstall führt. Das Andretti-Team wird auch 2011 wieder mit vier Autos ausrücken, in einem wird Marco Andretti Platz nehmen, der Enkel von Mario und der Sohn von Michael. Mario will auch Michael, der 1993 bei McLaren in der Formel-1 scheiterte, zum Comeback überreden – dann würden in Las Vegas nicht weniger als drei Generationen gegeneinander fahren!
Hornish, Gordon, Villeneuve
Barnard würde Mario und Michael Andretti gerne in Las Vegas sehen. Andere alte IndyCar-Größen sollen ebenfalls Interesse zeigen. Einer davon ist Robby Gordon. Der Kalifornier ist keinem Abenteuer abgeneigt, startet deshalb seit Jahren mit einem Hummer bei der berühmt berüchtigten Rallye Dakar. In der Nascar hat der zweimalige IndyCar-Rennsieger bereits einen eigenen Rennstall, mit dem er 2011 auch beim Indy500 antreten will. Möglicherweise überlegt er sich auch einen Start in Las Vegas.
Auch Jacques Villeneuve wird als möglicher Gaststarter genannt. Der Kanadier wurde 1995 IndyCar-Meister mit Green Racing, bevor er 1996 in die Formel-1 ging. Nachdem ein eigener F1-Rennstall für die Saison 2011 nicht zugelassen wurde, ist Villeneuve derzeit wieder in amerikanischen Rennserien aktiv, vorrangig allerdings in der Nascar. Die IndyCar hat Villeneuve bisher nicht auf dem Radar, was sich mit der unglaublichen Chance in Las Vegas aber ändern könnte. Villeneuve könnte als Teambesitzer dort erstmals üben, um vielleicht 2012 oder 2013 doch in die Formel-1 zu kommen, oder er könnte sich mit seinem ehemaligen Wegbegleiter Gerald Forsythe verbünden, dessen IndyCar-Team seit dem Merger der IRL und der ChampCar kein Rädchen mehr antreibt.
Und auch Sébastien Bourdais wäre ein Kandidat für Las Vegas. Der viermalige IndyCar-Meister versucht aber ein größeres IndyCar-Programm für 2011 aufzustellen. Zumindest bei allen Rundkurs-Rennen soll der Franzose, der bei Toro Rosso in der Formel-1 scheiterte und danach Le-Mans und Formel-Superleague fuhr, für Dale Coyne fahren. Das Team hat noch keinen Fahrer für 2011 verpflichtet, Bourdais testete zuletzt für Dale Coyne. Das Problem: Barnard will keinen Gaststarter in Las Vegas zulassen, der 2011 nur kein Cockpit bekommen hat – womit er auch Fahrer wie Tony Kanaan meint. Der Brasilianer und IndyCar-Meister von 2004 hat sein Cockpit bei Andretti verloren und sollte 2011 eigentlich für das Team von Jay Penske (Sohn von Rodger Penske) und Gil de Ferran fahren, doch das sperrte Ende Februar zu. Nun sitzt Kanaan wieder auf der Straße, genauso wie auch Paul Tracy (IndyCar-Champion 2003), der allerdings mit Conquest verhandelt. Der Kanadier will 2011 seine Abschieds-Tour bei den IndyCars machen.
Ein weiterer Kandidat ist Sam Hornish jr. Der Mann aus dem US-Bundesstaat Ohio wurde drei Mal IndyCar-Meister (2001 und 2002 mit Panther, 2006 mit Penske), gewann darüber hinaus 2006 das Indy-500, kehrte aber zum Saisonende 2007 den IndyCars den Rücken, um für Penske in der Nascar zu fahren – bis heute. Bereits für das Indy500 wollte Penske einen zusätzlichen Dallara Honda für Hornish bereitstellen, nun wird er auch mit einem Start in Las Vegas in Verbindung gebracht. Das Problem: Der Lauf in Las Vegas kollidiert mit einem Rennen der Nascar, weshalb auch andere Ex-IndyCar-Stars und jetzige Nascar-Größen wie Juan-Pablo Montoya oder AJ Allmendiger Barnard einen Korb gaben.
Lotus mit F1-Testern?
Auch kollidiert das Las-Vegas-Rennen mit dem F1-Lauf in Südkorea. Denn nahe liegend wären auch Gaststarts von F1-Piloten gewesen. Die Lotus-Gruppe ist immer für eine Überraschung gut und unterhält neben einem F1-Team (Renault) auch in der IndyCar einen Rennstall (KV). Dort fahren 2011 Takuma Sato und Ernesto Viso, doch für Las Vegas hätte man durchaus noch zusätzlich Rennwagen einsetzen können – etwa mit den Lotus-F1-Fahrern Nick Heidfeld und Vitaly Petrov. Weil die allerdings beim Südkorea GP fahren müssen, fällt dieses von Barnard sicherlich ebenso erwünschtes Szenario im Vorneherein flach. Aber Lotus könnte die F1-Testfahrer nach Las Vegas schicken, davon hat man immerhin deren fünf. Einer davon hat auch einen großen Namen: Bruno Senna. Auch Ho-Pin Tung wäre ein Kandidat. Der Chinese wäre der erste Chinese in der über 100-jährigen IndyCar-Geschichte und liebäugelt bereits mit einem Wechsel zu den IndyCars: Im Winter testete er für das FAZZT-Team von Alex Tagliani und war als zweiter Fahrer im Gespräch. In dieser Woche aber wurde FAZZT von Sam Schmidt Motorsports gekauft. Das Team fuhr bereits 2001 und 2002 eine volle IndyCar-Saison, konzentrierte sich dann aber auf die zweite Liga, der IndyLights, wo man mehrmals den Titel holen konnte. Nur fallweise fuhr man auch noch IndyCar-Rennen.
Mit Las-Vegas-Geld in die F1?
Die Lotus-Gruppe könnte auch deren GP2-Fahrer (Jules Bianchi und Esteban Gutiérrez) nach Las Vegas schicken. Zu diesem Zeitpunkt findet nämlich kein GP2-Rennen mehr statt und gewinnt ein Fahrer dieses Rennen, so würden sich die fünf Millionen US-Dollar prima in der Bewerbung an die F1-Teamchefs machen. Das würde Barnard zwar nicht in den Kram passen, genau das könnte aber auch für Indy-Lights-Fahrer reizvoll sein. Sie könnten sich mit einem Las-Vegas-Sieg eine IndyCar-Saison 2012 finanzieren. Denn Geldprobleme sorgen dafür, dass der amtierende Meister Jean-Karl Vernay aus Frankreich derzeit ohne IndyCar-Cockpit dasteht.
Europäer stoßen allerdings auf ein großes Problem: Das Rennen in Las Vegas ist ein Ovalrennen. Barnard gesteht den Gaststartern allerdings zusätzliche Tests in Las Vegas vor dem Rennen ein. Mit einer guten Vorbereitung sind Siege auf Anhieb durchaus möglich: Juan-Pablo Montoya fuhr 2000 zwar in der ChampCar-Serie, startete aber beim Indy500 (IRL) und gewann das Rennen auf Anhieb, Al Unser tat es ihm 1987 mit dem Penske-Team gleich. Unser fuhr nach dem Rennen noch je zwei Rennen für Porsche und Granatelli, aber beim Indy500 war er ein Gaststarter. Immer wieder gewannen Fahrer, die nur beim berühmten Indy-Rennen als Gastfahrer starteten, den Lauf: Als Lotus Mitte der 60er Jahre in Indy fuhr, gewann der spätere F1-Weltmeister Jim Clark beispielsweise vor versammelter amerikanischen Konkurrenz! Bereits in den 30er Jahren reisten die Europäer nach Westbury, in den US-Bundesstaat New York zu IndyCar-Rennen: 1936 gewann Tazio Nuvolari im Alfa Romeo, 1937 der deutsche GP-Star Bernd Rosemeyer im Auto Union. Ironischerweise, als das Indy500 von 1950 bis 1960 zur F1-Fahrermeisterschaft zählte, wagten nur wenige GP-Fahrer den Weg nach Indianapolis. Aber auch damals waren einige Starter nur Gastfahrer, die aber trotzdem siegten: Lee Wallard 1951, Bill Vukovich 1953 oder Sam Hanks 1957.
Gast-Fahrer gewannen Rennen (nur ein Saisonrennen, Sieg):
Jack Fleming (Pope Hartford) San Francisco 1909
Eaton McMillan (Colburn) Denver 1909
Leigh Lynch (Jackson) Indianapolis 1909
Franck Lescault (Palmer Singer) Riverhead 1909
Dave Buck (Marmon) Elvin 1910
Ray Harroun (Marmon) Indianapolis 1911
Bruce Keen (Marmon) Santa Monica 1911
Joe Dawson (National) Indianapolis 1912
George Joerimann (Maxwell) Santa Monica 1912
Jules Goux (Peugeot) Indianapolis 1913
René Thomas (Delage) Indianapolis 1914
I.P. Fetterman (Duesenberg) Uniontown 1921
Earl Cooper (Duesenberg) Fresno 1921
Tazio Nuvolari (Alfa Romeo) Westbury 1936
Bernd Rosemeyer (Auto Union) Westbury 1937
Wilbur Shaw (Maserati) Indianapolis 1939
Wilbur Shaw (Maserati) Indianapolis 1940
Mauri Rose (Deidt Offenhauser) Indianapolis 1947
Louis Unser (Maserati) Pikes Peak 1947
Mauri Rose (Deidt Offenhauser) Indianapolis 1948
Al Rogers (Coniff Offenhauser) Pikes Peak 1948
Al Rogers (Coniff Offenhauser) Pikes Peak 1949
Al Rogers (Coniff Offenhauser) Pikes Peak 1950
Lee Wallard (Belanger Offenhauser) Indianapolis 1951
Al Rogers (Coniff Offenhauser) Pikes Peak 1951
George Hammond (Kurtis Kraft Offenhauser) Pikes Peak 1952
Bill Vukovich (Kurtis Kraft Offenhauser) Indianapolis 1953
Louis Unser (Kurtis Kraft Offenhauser) Pikes Peak 1953
Bob Finney (Lincoln) Pikes Peak 1955
Sam Hanks (Salih Offenhauser) Indianapolis 1957
Jim Clark (Lotus Ford) Indianapolis 1965
Wes Vandervoort (Chevrolet) Pikes Peak 1967