Ex-Ferrari-Rennleiter Stefano Domenicali arbeitet derzeit im Auftrag des Automobilweltverbandes FIA am Aufbau einer F2-Meisterschaft. Gegenüber „Autosport“ gab er erste Einblicke, wie die Rennserie aussehen könnte.
Schon 2009 wurde eine F2-Meisterschaft von der FIA ins Leben gerufen, damals mit Chassis von Williams und Motoren von Audi. Nach vier Jahren stampfte man die Serie wieder ein, es bestand einfach zu wenig Interesse. Das Problem gibt es auch heute noch. Mit der GP2 und der Renault-World-Series existieren bereits zwei starke Serien, die als direkte Vorstufe zur Formel-1 gelten – und diese nehmen sich schon jetzt gegenseitig die Fahrer weg. Das Feld füllt sich nur schwer auf und die Topstars verteilen sich auf zwei Serien, was den Wert beider Meisterschaften etwas einschränkt.
Wenn jetzt noch die FIA eine F2-Meisterschaft ins Leben ruft, dann gibt es noch ein Angebot, für das es eigentlich keine Nachfrage gibt. Zumal ein Grundproblem bleibt: Es gibt inzwischen so wenig F1-Cockpits, dass es Jahr für Jahr nur noch wenig Aufsteiger in die Formel-1 gibt. Und die Aufsteiger qualifizieren sich in der Regel nicht nur durch Ergebnisse auf der Strecke, sondern vor allem über Vitamin B oder Sponsorengelder. Da ist es eigentlich egal, ob der Fahrer vorher GP2, WSbR oder was ganz anderes gefahren ist.
GP2 als neue Formel-2?
Für die FIA ist eine F2-Meisterschaft trotzdem eine Herzensangelegenheit. Man will eine klare und vor allem günstige Struktur im Nachwuchs-Formel-Sport schaffen. Die F3-Europameisterschaft wurde schon gestärkt, die nationalen F4-Meisterschaften erleben vor allem 2015 einen Boom, jetzt fehlt als letzter Schritt nur noch die Formel-2.
Eine Lösung des Problems bringt „Motorsport aktuell“ ins Spiel: Die neue Formel-2 müsste aus der GP2 hervorgehen. Damit würde sich auch ein Kreis schließen: 1967 wurde die F2-Europameisterschaft ins Leben gerufen, aus der 1985 die internationale Formel-3000 hervorging, aus der wiederum 2005 die GP2 (Grand Prix 2) entstand. Die GP2 gehört derzeit zum Firmengeflecht um F1-Boss Bernie Ecclestone. Durch das Auftreten im Rahmenprogramm der Formel-1, aber auch durch sündhaft teure Ersatzteile verdienen sich viele Geschäftsmänner an der GP2. Das macht die Serie auch relativ teuer.
Anders als 2009 liegen Ecclestone und die FIA aber nicht mehr im Clinch miteinander. Es besteht durchaus die realistische Möglichkeit, dass man an einem Strang zieht und aus der GP2 eine konkurrenzfähige F2-Meisterschaft macht. Das wird voraussichtlich nicht vor 2017 passieren. Domenicali würde die Formel-2 auch gerne im F1-Rahmenprogramm auftreten lassen – auch das spricht für eine Kooperation.
Ähnliche Motoren wie in der F1?
Vor allem soll die Formel-2 kostengünstig sein. Und sie soll nicht mit komplett anderen Motoren fahren als die Formel-1. Natürlich steckt man hierbei im Dilemma: Einerseits sind die F1-Motoren so teuer wie nie zuvor. Darüber hinaus weiß keiner, mit welchen Motoren die Saison 2017 wirklich stattfinden wird, denn just in dem Jahr, in dem die Formel-2 wohl ihr Debüt feiern wird, könnte es eine ganz neue F1-Motorenformel geben. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür derzeit wieder sinkt.
Auf der anderen Seite soll die Formel-2 eine Schule für die Formel-1 werden. Da braucht es ähnliche Motoren. Ganz ausgeschlossen ist das nicht: Die ursprüngliche Idee hinter den Turbo-Hybridmotoren, die derzeit in der Formel-1 verwendet werden, war ein Weltmotor. Ein Triebwerk sollte als Basis für die Motoren in sämtlichen Rennserien dienen, nur eben anders bestückt. In stark vereinfachter Form könnten also tatsächlich Motoren nach dem Modell der Königsklasse in der Formel-2 eingesetzt werden.
Wichtig ist Domenicali auch noch der Punkt Schwierigkeit. Die F2-Autos sollen für die Fahrer eine Herausforderung werden. Derzeit gilt selbst die Formel-1 als wenig anspruchsvoll.