Naja, vielleicht doch noch einiges. Die Tatsache, dass die Fahrer früher nicht nur F1 gefahren sind, sondern auch alles mögliche andere, und über den Winter in der südlichen Hemisphere Tasman oder Temporada, hatte nichts mit der reinen Freude am Fahren zu tun, sondern war eine finanzielle Notwendigkeit. Im Gegensatz zu heute war das Einkommen der Fahrer eher bescheiden, oftmals gab es gar kein Basisgehalt, sondern man war ausschliesslich auf Start- bzw. Preisgelder angewiesen - wie übrigens die Teams selber auch. Der Vertrag zwischen Graf Berghe von Trips und der Scuderia Ferrari für das Jahr 1957 z.B. sieht einen Anteil von 50 % an Start- und Preisgeldern vor, Reisekosten gehen zu Lasten des Fahrers, mit Ausnahme von Flug- und Schiffspassagen zu Überseerennen, sowie Reisekosten zu Rennen, bei denen der Veranstalter kein Startgeld bezahlt, die SF aber eine Teilnahme wünscht. Ironischerweise gingen auch die Prämien für die Lebensversicherung zu Lasten Ferrari. Kein Basisgehalt, keine Sponsorverträge.
Wenn ein Fahrer also einigermassen verdienen wollte, war er darauf angewiesen, an so vielen Rennen wie möglich teilzunehmen, und wenn sein eigenes Team nicht die gesamte Bandbreite abdeckte, dann hatte man eben Verträge mit verschiedenen Teams, z.B. für die F1 und für Sportwagen. Man muss gerechterweise aber auch sagen, dass der Zeitaufwand der Fahrer wesentlich geringer war, man reiste Freitag an, fuhr sein Qualifying am Samstag und sein Rennen am Sonntag, und Montag gemütlich wieder nach Hause, oder zum nächsten Einsatzort für das folgende Wochenende. Getestet wurde nur sporadisch, und Sponsor- und Medienauftritte waren eher die Ausnahme. Unter diesen Voraussetzungen waren 30 oder 40 Rennen im Jahr also durchaus ohne allzu grossen Stress zu schaffen.
Heute ist das alles ganz anders, die Fahrer verdienen so gut, dass sie auf andere Rennen ausserhalb ihrer Serie leicht verzichten können, ausserdem dürfen sie es gar nicht, weil alle Verträge entsprechende Klauseln enthalten. Es käme nicht nur zu Interessenskonflikten und Überschneidungen mit Sponsoren, sondern die Teams haben eine Heidenangst, dass sich ihre Fahrer bei Fremdeinsätzen verletzen könnten. Selbst die sporadischen Aktivitäten von einigen F1-Fahrern im Kart-Sport sind alle vertraglich geregelt.
Ich möchte den Begriff "Sportlichkeit" aber nicht nur auf das Verhalten der Fan-Gemeinde gegenüber beziehen, sondern auch auf viele andere Dinge. Z.B. der Spass am Rennfahren überhaupt, wenn das Startgeld für einen eher unbekannten Fahrer gerade so hoch war, dass man seine Kosten decken konnte, man aber trotzdem teilnahm, nur um dabei zu sein. Oder der freundschaftliche Umgang unter den Fahrern, der heute undenkbar wäre. Und auch das Verhältnis zwischen den Teams, das Ausleihen von Motoren und anderen Standardteilen von Box zu Box war durchaus üblich. Ich könnte dieses Thema jetzt stundenlang weiterführen, aber mir fehlt die Zeit, und euch vielleicht das Interesse.
Heute dreht sich alles nur um eines - um das liebe Geld, egal in welcher Form. Anwälte und Pressesprecher sind heute wichtiger als gute Ingenieure, und die Teilnahme an einem Rennen ist nur noch ein Auftreten auf einer Bühne, vergleichbar mit dem eines Popstars - mit der gleichen Show und dem ganzen Brimborium drumherum. Braucht unsere Gesellschaft das wirklich? Ich weiss es nicht, ich kann nicht für die Allgemeinheit sprechen, aber für mich selber gilt ein klares "nein".