Da Holger unbestritten der Fachmann für Auto Union ist, bleibt dem nur wenig hinzuzufügen.
Du redest allerdings in Sachen "Chiron-Testfahrten" (Juli 1938) vom Typ E, was sicherlich "D" heissen soll, oder?
Auch die zeitliche Verwirklichung der 3-Liter-Formel bei AU ist mir immer noch ein Rätsel, auch in Hinsicht Frontmotor. Fakt ist, dass die 3-Liter-Formel ab 1938 bereits im Oktober 1936 verabschiedet wurde, so dass eigentlich ausreichend Zeit war, um einen entsprechenden Wagen zu konstruieren und zu bauen. Kirchberg schreibt, dass man bei AU in 1937 immer noch hoffte, die 750-kg-Formel würde ein weiteres Jahr verlängert werden, und deshalb erst sehr spät mit der Entwicklung des Typs D begann, und dadurch sich auch die Möglichkeit einer kompletten Neukonstruktion verschloss. Diese Handlungsweise - sollte sie denn stimmen - ist für mich aus verschiedenen Gründen nur bedingt nachvollziehbar. 1936 war für AU sicherlich ein gutes Jahr, zum einen weil der W25/36 nicht gerade ein Topper war, zum anderen weil man Rosemeyer hatte. Hat man wirklich geglaubt, dass man diese Überlegenheit auch in 1937 und 1938 beibehalten kann? Bereits nach den ersten Rennen in 1937 hätte deutlich sein müssen, dass man ohne Rosemeyer nur zweitklassig wäre, und eine Verlängerung der alten Formel hätte demnach für die AU überhaupt nichts gebracht. Gerade aus diesem Grund hätte man wesentlich früher alle Kräfte auf die neue 3-Liter-Formel konzentrieren müssen, denn damit hatte man die Chance, Mercedes auch technisch zu schlagen, oder zumindest gleichzuziehen.
Dass man die ersten Rennen 1938 wegen des Todes von Rosemeyer nicht bestreiten konnte oder wollte, wage ich anzuzweifeln, der Grund dürfte vielmehr darin zu suchen sein, dass man gnadenlos hinter dem Zeitplan herhinkte, ein Problem dass anscheinend für AU symptomatisch war.
Und wenn man wirklich hoffte, noch 1938 nach der 750-kg-Formel zu fahren, dann war man sich aber auch darüber im Klaren, dass dieses nur eine Verschiebung, keinesfalls eine Stornierung der 3-Liter-Formel bedeutet hätte. Wenn man also bereits 1937 einen 3-Liter entwickelt hätte, dann wäre das nicht vergeblich gewesen, denn für 1939 hätte man den so oder so benötigt. Fakt aber ist, dass man erst spät in 1937 mit der Konstruktion begann, was darauf hindeutet, dass bei der AU nicht alles zum Besten bestellt war. Entweder ist die Hoffnung auf eine mögliche Formel-Verlängerung auf krasse Fehleinschätzungen der Rennabteilung (Feuereissen) zurückzuführen, was unverzeihbar wäre, da Feuereissen ja Mitglied des "Bureau Permanent" war (Technische Kommission der CSI/AIACR), oder aber man konnte gar nicht anders, weil Entwicklungskapazitäten nicht vorhanden waren. Beides wäre gleichermassen eine Art "Armutszeugnis". Unverständlich war unter diesen Bedingungen auch die erklärte Absicht, sich von Prof. Porsche loszulösen, wobei hier aber eher kommerzielle als technische Gründe im Spiel waren.
Kirchberg zeigt in seinem "Grand Prix Report" 2 Zeichnungen von Frontmotorwagen, einmal mit 16-Zylinder-Motor (angeblich 1937),
und einmal mit 3-Liter-Motor (ohne Datum).
Leider versäumt er, im Text näher hierauf einzugehen (Informationsmangel?). Ich kann leider das Datum der 16-Zylinderzeichnung nicht lesen, aber 1937 ist es nicht, entweder 1936 oder 1938. Die Tatsache, dass für einen 16-Zylinder-Motor ein Frontmotorkonzept zumindest angedacht wurde, heisst ganz klar dass es sich hierbei um den 6-Liter-Motor der 750-kg-Formel gehandelt haben muss, denn für die 3-Liter-Formel war nie ein 16-Zylinder geplant. Wenn die Zeichnung nun wirklich aus 1937 stammt, dann würde das bedeuten, dass man bei der Auto Union bereits nach Verabschiedung der neuen 3-Liter-Formel noch an einem total neuen Konzept für die alte 750-kg-Formel arbeitete, für mich unvorstellbar. 1938 halte ich auch für Unsinn, denn da war die 3-Liter-Firmel bereits Tatsache. Also bleibt als Datum der Zeichnung eigentlich nur "18 Feb 1936", was aber ebenfalls ein knappes halbes Jahr nach Verabschiedung der 3-Liter-Formel liegen würde.
Das Datum der 3-Liter-Frontmotor-Zeichung liegt komplett im Dunkeln, es könnte sein, dass es sich um einen Parallelentwurf handelte, also aus der gleichen Zeit stammt wie die obige Zeichnung, oder aber späteren Datums ist, evtl. sogar 1938. Ich finde es bedauerlich, dass Kirchberg, der ja Zugang zu den Originalen hat, diese nicht zeitlich genau einordnet.