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Weg_6.

Das Formel 1 Forum früherer Tage...

Beitrag Samstag, 08. März 2003

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Zuletzt geändert von deleted am Mittwoch, 21. Dezember 2011, insgesamt 1-mal geändert.

Beitrag Sonntag, 09. März 2003

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Moin Holger, aus'm Urlaub zurück?

Ich glaube, die Punkte (a) bis (c) kann man nicht trennen, und (d) nur bedingt. "Wer" und "wann" gehören sowieso zusammen, nur genau feststellen wird man das nür können, wenn man die gesamte Presse der damaligen Zeit in den Archiven nachliest. Das wird kaum machbar sein, denn eine Konzentration auf die Fachpresse wird nichts bringen, wahrscheinlich wird hier eher etwas in den Boulevardblättern zu finden sein. Auch eine einzelne Fundstelle bringt uns nicht weiter, denn kein Reporter oder Redakteur wird bei Verwendung dieses Begriffes eine Quellenabgabe zur Konkurrenz machen.

Und Mythos? Den "macht" niemand, sondern das ist immer eine kontinuierliche Entwicklung. Und was ist ein Mythos denn genau? Wie lange muss irgend etwas zurück liegen, um als Mythos bezeichnet zu werden? 1 Tag? 1 Jahr? 10, 100 oder 1000 Jahre? Mythos waren die "Silberpfeile" schon während ihrer aktiven Zeit, man muss sich nur die zeitgenössigen Berichte von Donington 1938 anschauen. Spätestens aber schon 1954 konnte man von "Mythos" sprechen, als Mercedes wieder ins Grand-Prix-Geschehen eingriff, und auf Anhieb einen Doppelsieg einfuhr. Das war ungefähr so, als wenn an diesem Wochenende in Melbourne das Lotus-Team mit 2 schwarzen JPS-Rennern erschienen wäre, und morgen Ferrari, McLaren und Williams in Grund und Boden fahren würde!

Es ist eben so, dass der Mythos sich immer mehr auf Mercedes bezog, und weniger auf die AU. Zum einen war die Auto Union nach dem Krieg eben praktisch nicht mehr existent, und zum anderen war Mercedes auch in der Vorkriegszeit das erfolgreichere Team, vor allem wenn man auch die Zeit vor 1934 berücksichtigt.
Und der Mythos der "unbesiegbaren Silberpfeile" wurde mit jedem Jahr grösser, mit dem sich Mercedes vom Rennsport distanzierte. Sich auf dem absoluten Höhepunkt zurückzuziehen - man hatte die Fahrer-F1-WM und die Marken-WM für Sportwagen gewonnen, und das nur einige Jahre nach der kriegsbedingten Totalzerstörung -, das ist natürlich Stoff für Legenden und Mythen!

Und der Missbrauch? Nun, was ist eigentlich "Missbrauch" in diesem Zusammenhang? Angefangen hat es anscheinend mit Neubauer und seiner "Lackabkratzgeschichte", die nach meinen Erkenntnissen erstmalig 1959 in seinen Memoiren an die Öffentlichkeit getragen wurde. Nur "Missbrauch" würde ich das nicht unbedingt nennen, sondern eben eine typische "Don-Alfredo-Story". Wie die nun wirklich entstanden ist - ich weiss es beim besten Willen nicht. Vielleicht kam in irgendeiner weinseligen Runde die Sprache auf die alte 750-kg-Formel, und irgendjemand meinte, dass das Gewicht so knapp zu erreichen war, dass man sogar Hohlschrauben benutzen musste, und der nächste behauptet dann, es wurde sogar am Lack gespart. Die Geschichte wird dann immer weiter erzählt, und irgendwann kommt die "Lackabkratzstory" raus!
Muss man Neubauer dann "Missbrauch" vorwerfen? Nein, denn damals konnte er ja noch gar nicht wissen, dass diese Fabel von ihm von Generationen von Autoren und Redakteuren immer und immer wieder übernommen werden wird.

Von Missbrauch kann man m.M. nach auch nicht reden, als Ende der 80er der Sauber-Mercedes C9 in silber - mit nur kleinen Sponsoraufklebern - präsentiert wurde, und in der Sportwagen-WM nach Belieben siegte. Es war ganz einfach ein cleverer Schachzug von Mercedes, sich mit diesem "plain silver" mehr oder weniger selbst zu sponsorn. Auch vor der Technik des C9 kann man noch den Hut ziehen, ein (Beinahe-)Serien-V8 vom 500 SE plus 2 Turbolader, und man gewinnt die Marken-WM!

Kritisch wird das Ganze dann allerdings mit McLaren in der F1, und hier könnte man durchaus das erste Mal von Missbrauch reden. Dass der Motor nicht von MB sondern von Ilmor kam (und immer noch kommt!) ist bereits ein Armutszeugnis, aber dass man sich die "silberne" - oder besser graue - Farbe von einem Sponsor finanzieren lässt, ist zwar ein cleverer Schachzug, aber eigentlich etwas "unwürdig". Man hat anscheinend die Sponsorsuche limitiert auf Firmen mit grauem bzw. silbernem Markenauftritt, und sich somit die "Silberpfeil"-Wiedergeburt auch noch extern finanzieren lassen. Was übrigens relativ schnell von Ferrari mit Marlboro und später Vodafone kopiert wurde.

Missbrauch? Jein, würde eher sagen clever - aber irgendwie billig. Der Missbrauch kam eigentlich als Nebeneffekt, vor allem durch die Medien. Wie oft die RTL-Pfeifen Kai Übel und Heiko Schwätzer an einem F1-Wochenende den Begriff "Silberpfeile" in den Mund genommen haben, war ja gar nicht mehr zu zählen (ist Gott sei Dank mit nachlassenden Erfolg etwas weniger geworden). Und RTL war und ist nicht der einzige, von Bild-Zeitung bis Tagesschau - der Begriff "Silberpfeile" wurde augeschlachtet bis zum geht nicht mehr.
Ich habe das damals nicht richtig verfolgt, aber ich gehe davon aus, dass hier von den Mercedes-PR-Leuten die Vorlagen gegeben wurden, denn parallel zu dem neuen McLaren-Mercedes-West-Outfit gab es unzählige andere Promotions unter Einbeziehung der alten echten "Silberpfeile". Werbespots und -anzeigen, Auftritt bei Klassikveranstaltungen, eine Flut von Berichten und Artikeln in der Fachpresse und nach dem Fall der Mauer war man sich auch nicht zu schade, Manfred von Brauchitsch in seinem hohen Alter für "Propaganda"-Zwecke zu missbrauchen - obwohl er über Jahrzehnte persona non grata war.

Missbrauch? Definitiv ja! Aber es geht noch ärger. Hinter den Kulissen gab und gibt es einen verbissenen Grabenkrieg um den Begriff "Silberpfeil" und die damit verbundenen Legenden. Die Tauschaktion "Horch gegen Silberpfeil" wurde hier ja bereits angeschnitten, aber in anderen Fällen konnte ich bisher nur an der Oberfläche kratzen. Einige Beispiele gefällig? Man nehme z.B. Karl Ludvigsen, eine anerkannte Koryphäe auf dem Gebiet Motorsportgeschichte, der mit "Mercedes-Benz Renn- und Sportwagen" die Bibel in Sachen MB-Rennhistorie geschrieben hat. Und ausgerechnet dieser akkurate Automobilhistoriker Karl Ludvigsen hält auf Biegen und Brechen an Neubauer's "Lackabkratzstory" fest?! Komisch, oder? Nun ja, nicht unbedingt, denn für sein Buch "Mercedes-Benz - The Quicksilver Century" war er auf den Goodwill der Mercedes-Leute und vor allem deren unverzichtbares Archiv angewiesen ...! Und dass er im Hauptberuf Geschäftsführender Gesellschafter der auf die Automobilindustrie spezialisierten Unternehmensberatung "Ludvigsen Associates" ist spielt hierbei vielleicht auch eine Rolle...
Oder man nehme "Motor-Klassik", Deutschlands führendes Oldtimer-Magazin und Mercedes-Benz-Hauspostille. Stuttgart als Redaktionssitz verpflichtet natürlich, und auch die Sponsorschaft von MB für die Seriensendung auf DSF, und nicht zu vergessen die kostenlose Teilnahme an internationalen Klassikerveranstaltungen mit Fahrzeugen aus dem Mercedes-Museumsfundus, von Mille Miglia bis Argentinien ...!
In der Ausgabe 12/2001 (oder war es 01/2002?) erschien ein glorifizierender Artikel über die Mercedes-Silberpfeile - die alten selbstverständlich -, mit der Überschrift "Silberschmuck". Und wie nicht anders zu erwarten der übliche Standard-Schmarrn wie Neubauers Lackabkratzstory, und kein Wort über die silbernen Auto Union auf der AVUS 1934. Ich habe daraufhin einen langen Leserbrief geschrieben, mit meiner Argumentation in dieser Richtung, und auch der erwiesenen Tatsache, dass die AU bereits früher als Mercedes silbern waren, einschl. den dazugehörigen Photos. Wie nicht anders zu erwarten wurde dieser Leserbrief selbst nicht auszugsweise veröffentlicht, ich vermisse auch bis heute eine fachliche Reaktion der selbsternannten "Klassik-Spezialisten" (gestern noch Volontär beim Puselmucker Boten, heute Fachredakteur Motor-Klassik Bild ), und selbst den Formbrief "... nicht genügend Platz ... blahblah ... können nicht alle Briefe veröffentlichen ... blahblah ..." hat man sich verkniffen. Nach dem Motto "... welche Mail?? Haben wir nicht bekommen...!" Nun, eine Reaktion gab es zumindest, wenn auch nur indirekt ..., das hochauflösende Photo von dem Brauchitsch-W25 beim Eifelrennen 1934 (JPG-Datei mit 3 MB!!) wurde vom Mercedes-Benz-Server genommen, ich hatte in meiner Argumentation auf dieses Photo hingewiesen!

Wenn man tiefer anfängt zu graben, wird man sicher noch das Eine oder Andere ausbuddeln, aber es ist einfach nur peinlich, wie DaimlerChrysler krampfhaft versucht, aus aktuellen Marketinggründen den Begriff "Silberpfeil" und den damit verbundenen prestigeträchtigen Mythos für sich in Anspruch zu nehmen. Und wenn man von Missbrauch redet, dann ist er sicherlich hier zu finden.

Beitrag Sonntag, 09. März 2003

Beiträge: 8060
...sogar Leif Snellman propagiert den Silberpfeil-Mythos, die
Abkratzaktion', auf seiner hervorragenden Seite. Was mich verwundert und erstaunt. Wäre es nicht Zeit für eine Gegenlegende? Oder gilt diese Version so lange bis etwas besseres entdeckt wird...?!
:roll:

Beitrag Sonntag, 09. März 2003

Beiträge: 1477
Wie willst du 50 Jahre "Legendenbildung" aus den Angeln heben?? Das ist leider ein altbekanntes Problem, je öfter irgendetwas wiederholt wird, desto glaubhafter wird es. Und je bekannter und berühmter der Zitierer, desto schwieriger wird eine Gegendarstellung. Und vor allen Dingen, wie und wo soll man eine Gegendarstellung veröffentlichen? Vielleicht hier in "Yesterday"? Nichts gegen "unser" Forum, aber wieviele Leute lesen denn hier?
Und der wichtigste Punkt von allen, bisher habe ich nur Indizien, aber keine Beweise!! Einige Wochen Urlaub, und quer durch die europäischen Archive gepilgert, würde vielleicht etwas bringen, aber das ist es mir beim besten Willen nicht wert. Und wer würde es danken? Vielleicht Audi, aber das wäre es dann auch schon.
Schau die doch mal die Sache mit der Europameisterschaft 1939 an. Hans Etzrodt hat hier mindestens 2 Jahre geopfert, grosse Summen für Originalbucher und -fachzeitschriften ausgegeben, mehrmals quer durch Europa gereist (er wohnt auf Hawaii), um letztendlich zu belegen, dass Hermann Lang eben nicht Europameister 1939 war, sondern entweder H.P. Müller, oder überhaupt niemand. Und glaubst du allen Ernstes, das würde ausser einer Handvoll Hobbyhistoriker irgendjemand interessieren? Glaubst du, dass jetzt irgendwelche Bücher und Statistiken umgeschrieben werden? Aber Hans kann wieder ruhig schlafen, das dürfte das einzige positive Ergebnis sein.

Beitrag Sonntag, 09. März 2003

Beiträge: 8060
Michael_Mueller hat geschrieben:
Schau die doch mal die Sache mit der Europameisterschaft 1939 an. Hans Etzrodt hat hier mindestens 2 Jahre geopfert, grosse Summen für Originalbucher und -fachzeitschriften ausgegeben, mehrmals quer durch Europa gereist (er wohnt auf Hawaii), um letztendlich zu belegen, dass Hermann Lang eben nicht Europameister 1939 war, sondern entweder H.P. Müller, oder überhaupt niemand. Und glaubst du allen Ernstes, das würde ausser einer Handvoll Hobbyhistoriker irgendjemand interessieren? Glaubst du, dass jetzt irgendwelche Bücher und Statistiken umgeschrieben werden? Aber Hans kann wieder ruhig schlafen, das dürfte das einzige positive Ergebnis sein.


Witzig, jetzt zitiere ich zum 2. mal heute Peter Higham, aber bei ihm habe ich es das erste Mal gelesen, dass wohl nicht Lang sondern eher Müller 1939 Europameister war (oder geworden wäre). Das war immerhin schon in seiner 1994er Ausgabe. Ich konnte es auch nicht glauben - hatte denn die ganze Welt und so viele Motorsport-Historiker gepennt?! Und früher wurde mit Sicherheit nicht schlechter recherchiert und vor allem - man war noch näher an den Zeitzeugen dran!

Ich weiß jetzt natürlich nicht wie wichtig dieser Titel für die Nachwelt ist, aber in diesem Fall ist ja wohl ein Unrecht geschehen mit dem Mercedes ja nicht unerheblich Werbung machte (über viele, viele Jahre). Ich finde schon dass solche Sache aufgedeckt werden müssen - gerade im Hinblick auf die Motorsportgeschichte! :arrow: Fortsetzung folgt...

Beitrag Sonntag, 09. März 2003

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Beitrag Sonntag, 09. März 2003

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@ Holger:
In Sachen "Mythos" kann ich die leider nicht beipflichten, obwohl - oder vielleicht weil - ich mit Philosophie nie etwas am Hut hatte. Und wer den DS als Mythos sieht, kann eigentlich nur bei Citroen arbeiten. Interessante Wortspielerei (Déesse), extrem modernes Auto für seine Zeit - aber ein Mythos?? Wo-wer-was-wieso?
Sicherlich ist in der Welt der Werbung immer wieder versucht worden, Mythen zu kreieren, aber ein halbwegs vernünftiges Resultat ist zumindest mir nicht bekannt. Ich bleibe bei meiner Meinung, die Entstehung eines Mythos ist meistens ein langwieriger Prozess, der kontinuierlich anwächst. Er kann zwar gezielt künstlich verstärkt , aber meiner Meinung nach nicht initiert werden.

Beitrag Sonntag, 09. März 2003

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Beitrag Sonntag, 09. März 2003

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Holger_Merten hat geschrieben:
Und die Silberpfeilgeschichte ist eben so angenehm zu akzeptieren, denn sie ist spannend und tut niemandem weh.

Genau das ist das Problem! Und es ist eben auch sp praktisch, dass es keine andere verbriefte Ursache für den Wechsel von weiss auf silber gibt. Gäbe es irgendein schriftliches Dokument von ONS oder AIACR, dass silber erlaubt ist, dann hätte es die Don-Alfredo-Fabel nicht bis in die Jetztzeit geschafft.

Beitrag Sonntag, 09. März 2003

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Beitrag Dienstag, 11. März 2003

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@Holger:

Um mal wieder auf's eigentliche Thema zurückzukommen; Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht gab es im Amerika der zwanziger oder dreißiger Jahre mal einen Schnellzug der Silver Arrow hieß. Ich werde das nochmal prüfen - ich erzähle das jetzt aus dem Gedächtnis udn hoffe ich irre mich da nicht. Kann es sein daß man sich bei der Namensgebung von diesem Teil hat inspirieren lassen?

Wo sind unsere Modellbahner die das bestätigen können? :?:

Beitrag Freitag, 14. März 2003

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Beitrag Freitag, 14. März 2003

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Holger_Merten hat geschrieben:
"At this stage (nach dem Sieg von MB) the Auto Union cars were still all in white...


Bild

Ich glaub' mein Hamster bohnert, die ham' se ja nich' alle ...!!!
Zuletzt geändert von Michael_Mueller am Samstag, 15. März 2003, insgesamt 3-mal geändert.

Beitrag Freitag, 14. März 2003

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Ich habe neulich eine recht interessante Anti-These gelesen, und zwar in Anthony Pritchards/Keith Daveys 'The Encyclopedia of Motor Racing', 1969. Darin wird folgendes behauptet: Nur die AU seien 1934 in silber gefahren, Mercedes habe sich diesem Trend erst 1935(!) angeschlossen. Es ist nicht das erste mal daß ich diese Theorie höre - aber ich kann mich nicht mehr erinnern wo ich das schon mal gelesen habe. Und in der Tat gibt etliche Bilder auf welchen Fahrzeuge beider Marken zu sehen sind in denen man den Eindruck hat die MB wären wesentlich heller als die AU. Namentlich auf einem Startbild zum Gran Premio de Espana in San Sebastian, wo die MB genauso hell wirken als der eindeutig weiße Whitney Straight Maserati. Aber wir wissen ja mittlerweile; Fotos können lügen.

Haltet Ihr diese Theorie für Nonsens?

Beitrag Freitag, 14. März 2003

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Beitrag Samstag, 15. März 2003

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:shock: :shock:
Im ersten Moment, nein, Unsinn!! Dann aber alle Photos des W25 von 1934 zu Gemüte geführt, mit dem Ergebnis, dass alle weiss gewesen sein könnten! Wohlgemerkt, könnten, weil die Qualität nicht gut genug ist, um den Unterschied zwischen silber und weiss deutlich hervorzuheben. Man darf natürlich nicht vergessen, dass die Wagen damals nicht in dem gleichem Silber lackiert waren wie heute die Museumsautos, weil die Lacktechnik damals nicht so weit war. Das silber war meistens eine Art "Ofenlack", also relativ stumpf. Die AU war da anscheinend weiter, ich weiss z.H. dass Horch damals diverse Metallictöne im Programm hatte, deren Lack mit gemahlenen Fischschuppen gemischt wurde, um einen ganz speziellen Glanzeffekt zu erzielen. Ausserdem gibt es "silber" und "silber", das eine heller, das andere dunkler, so dass hier durchaus Unterschiede zwischen AU und Mercedes bestanden haben dürften.

Das einzige Photo in meinem Archiv, welches zweifelsohne eine silberne Lackierung zeigt, ist das "corpus delicti", von Brauchitsch's Wagen beim Eifelrennen 1934.

Bild

Und zwar so schön und glänzend, dass dieses Photo in der Tat eines meiner Indizien gegen die Lackabkratzstory ist (so sieht kein blankes Aluminium aus, von dem gerade Lack und Füller heruntergekratzt oder -gewaschen wurden!).

Und jetzt mal eine ganz üble Hypothese: dieses Photo stammt aus dem Daimler-Benz-Archiv (erkennbar an der Nummer rechts unten), und wenn ich das jetzt mit dem Inhalt unseres "Photos-die-lügen-Threads" kombiniere, nun - dann ...!?
Könnte es sein, dass Mercedes dieses Photo manipuliert hat, und aus einem weissen Wagen einen silbernen gemacht hat? Und dann dabei über das Ziel hinausgeschossen ist, und anstelle fleckigen und zerkratzten Aluminiums eine Hochglanzlackierung fabriziert hat, die es nach allen vorliegenden Fakten so damals gar nicht gegeben haben kann?
Dagegen spricht allerdings die Erwähnung von "silbernen Wagen" im zeitgenössigen Rennbericht.

Mit Sicherheit wäre es sinnvoll und interessant, diese Hypothese (Theorie geht mir eigentlich schon zu weit) weiter zu verfolgen.

Die Unverschämtheit von Daimler-Chrysler, dass die AU nach beim Eifelrennen weiss waren, schreit eigentlich nach Aktion. Irgendwelche Vorschläge von unserer Werbe/PR/Presse-Fraktion??

Beitrag Samstag, 15. März 2003

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Beitrag Samstag, 15. März 2003

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Na, dann will ich mich auch nicht lumpen lassen und meine Beweismittel vorbringen. Das Bild fand ich in mehreren Quellen (stand übrigens auch schon mal in einer ziemlich mickrigen Größen bei TNF) und habe das beste ausgewählt; zur Qualitätskontrolle habe ich meine übliche Methode eingesetzt: Bild anklicken und das große Bild bewundern (übrigens ein ganz hervorragendes Bild):

Bild

Kurz vor dem Start zum Spanischen GP in San Sebastian: bitte beide Mercedes mit den AUs vergleichen, dazu noch den Straight-Maserati mit der #20. Die MBs stechen farblich DEUTLICH aus dem ganzen Starterfeld heraus.

Übrigens gibt es die Möglichkeit anhand von s/w-Fotos die Farbe der Fahrzeuge zu ermittlen, aber das geht nur unter zwei Vorausetzungen. Man braucht einen eindeutigen Bezugswert (d.h. ich muß einen Bildpunkt haben den ich als Farbe genau definieren kann) und ich muß natürlich einen originalen Fotoabzug haben. Unsere gerasterten Vorlagen bringen da natürlich relativ wenig. Immerhin ist es aber ein Anfangspunkt. Wenn Ihr ungefähr mal einen Eindruck bekommen wollt wie sich Farbbilder verhalten wenn sie in s/w umgewandelt werden, probiert es am besten mal mit (guten) Pics selber aus. Hier mal ein Versuch mit einem '98er Minardi. Eines gleich vorneweg: hier kommt es natürlich auf die Umwandlungsmethode an - und wie immer wenn digitale Technik im Spiel ist: Vorsicht! Eine Grunderkenntnisse gewinnt man aber auch mit einem so relativ simplen Versuch - denn das Prinzip funktioniert immer gleich. Obwohl in der Farbdarstellung Rot (und dieses hier ist ein sehr, sehr helles Rot) deutlich heller oder leuchtender wirkt als Blau erscheint es beim s/w als nahezu derselbe Wert. Dieser Tatsache, die sich bei der s/w-Fotografie übrigens noch wesentlich drastischer auswirkt, verdanken wir die Tatsache daß rote Autos (Ferrari!) in s/w-Fotos dunkel, ja fast schwarz wirken, während die blauen Franzosen immer sehr hell wirken (vergleiche auch die Hellblauen Streifen an Tueros Helm - sie sind ganz hell, fast verschwunden). Silber wird aufgrund des hohen Gelb-Anteils fast 'geschluckt' - vergelicht man etwa den weißen Helm von Tuero mit der silbernen Cockpitumrandung. Vergleicht man etwas die den schwarzen Text auf dem silbernen Cockpit (DOIMO FURNITURE) so ist er in s/w deutlicher zu lesen als im Farbbild - das silber wurde aufgehellt. Gelb verhält sich ebenso.

Bild
Bild

Wenn ich mal etwas mehr Zeit finde kann man das Thema auch noch etwas ausweiten (wenn es jemanden interessiert).

Kleine Nachbemerkung zu der silbernen Farbe der Mercedes (und auch der AU): in den meißten Büchern wird die Farbe gar nicht erwähnt - man hat schon Glück wenn man (wie z.B. hier bei Pritchard) einen Hinweis auf Farbe bzw. Farbwechsel bekommt.

Beitrag Sonntag, 16. März 2003

Beiträge: 543
Sehr eindrucksvolle Diskussion hier!

Für mich bestätigt das Verhalten von Mercedes eigentlich nur den momentan herrschenden Zeitgeist, Image ist alles, egal, was wirklich dahintersteckt. Nicht nur bei Firmen, sondern überhaupt. Warum sollte da gerade Mercedes eine Ausnahme machen.

Michael, jetzt aber zu deiner Hypothese:

Michael_Mueller hat geschrieben:
Und jetzt mal eine ganz üble Hypothese: dieses Photo stammt aus dem Daimler-Benz-Archiv (erkennbar an der Nummer rechts unten), und wenn ich das jetzt mit dem Inhalt unseres "Photos-die-lügen-Threads" kombiniere, nun - dann ...!?
Könnte es sein, dass Mercedes dieses Photo manipuliert hat, und aus einem weissen Wagen einen silbernen gemacht hat? Und dann dabei über das Ziel hinausgeschossen ist, und anstelle fleckigen und zerkratzten Aluminiums eine Hochglanzlackierung fabriziert hat, die es nach allen vorliegenden Fakten so damals gar nicht gegeben haben kann?


Ehrlich gesagt, das glaube ich nicht. Bei einer solchen Retusche müßten meiner Meinung nach auch die meisten Details (Lüftungsschlitze etc.)verloren gegangen sein, außerdem ja die diversen (unabhängigen?) Textquellen. Allerdings muß ich zugeben, auf dem Spanien-Bild sieht die Farbe schon verdammt hell aus.

Beitrag Sonntag, 16. März 2003

Beiträge: 1477
uechtel hat geschrieben:
Bei einer solchen Retusche müßten meiner Meinung nach auch die meisten Details (Lüftungsschlitze etc.)verloren gegangen sein

Also, die Lüftungsschlitze dürften kein wirkliches Problem gewesen sein, und der Spalt zwischen Motorhaube und Frontverkleidung sieht mir sowieso gefriemelt aus ...!

Und hier Caracciola beim Klausen-Bergrennen 1934:

Bild

Bild

Kein überzeugendes "weiss", aber immerhin ein "könnte". Heller als das Nummernschild, wobei man wissen muss, dass die alten deutschen Kennzeichen zienlich "dunkelweiss", fast schon elfenbeinfarben waren.

Beitrag Sonntag, 16. März 2003

Beiträge: 543
Also zumindest das zweite Bild sieht mir auch nicht besonders "weiß" aus.

Außerdem hab ich nochmal nachgeschaut, es gab da im TNF ja mal den Thread, in dem diverse Bilder vom Eifelrennen gezeigt wurden, und da scheinen mir die Mercedes schon eher silbern als weiß.

Ich denke daher schon, daß an der ganzen Legende das berühmte "Körnchen Wahrheit" dran ist, daß halt aber dann um dieses Körnchen herum aus naheliegenden Gründen viel aufgebauscht und dazuerfunden wurde.

Und es ist ja nicht ausgeschlossen, daß die Mercedes beim Eifelrennen zwar schon silber, danach aber bei einigen Veranstaltungen doch wieder weiß angetreten sind, vielleicht weil einige Organisatoren eben doch audf der offiziellen Farbgebung bestanden haben?

Beitrag Donnerstag, 20. März 2003

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Beitrag Donnerstag, 20. März 2003

Beiträge: 1477
Holger_Merten hat geschrieben:
Abkratzstory stimmt

Ja klar, seit 1959 unangefochten ...!

Ich hab' jetzt 'ne Idee: Ich schreibe die Stuttgarter an, erbitte Zugang zum Archiv, sage ich brauche nur noch ein paar winzige Angaben zu meiner finalen Anti-Lackabkratzgeschichte, Panik, Scheck 100.000 Euronen, und ich schliesse meine Bücher...!
:twisted:

Beitrag Donnerstag, 20. März 2003

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Beitrag Dienstag, 01. April 2003

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