Tom hat Recht, dieses Thema wurde in den verschiedensten Varianten in unzähligen anderen Threads bereits abgehandelt. Hier mein Posting aus „Wer ist oder war der beste Fahrer aller Zeiten?“.
Ein unendliches Thema, das man von vielen Seiten aus betrachten kann. Der Begriff „gut“ ist bereits von seiner Natur her subjektiv, jeder interpretiert ihn anders. Ist es gut, wenn ein Fahrer wie Senna sein Auto so perfekt abstimmen kann, dass Topzeiten zu erzielen sind? Sicherlich, aber ist es vielleicht noch besser, wenn ein Fangio mit einem nicht optimal eingestellten Rennwagen trotzdem schneller als die anderen ist? Und ist jemand gut, der sich wie Schumacher im Motorsport kontinuierlich vom Junior-Kart bis in die F1 hocharbeitet? Wahrscheinlich, aber vielleicht war Rosemeyer doch besser, indem er sich einfach in einen Auto Union setzt und auf Anhieb Rekordrunden dreht, ohne jemals vorher einen Rennwagen gefahren zu haben? Wie würden ein Prost oder Lauda ausgesehen haben, wenn man sie einen Prototyp nachts in Le Mans fahren gelassen hätte? Oder Schumacher das Indy 500? Fahrer wie Caracciola, Nuvolari, Fangio und Moss konnten mit allem gewinnen, was 4 Räder hatte, und Jimmy Clark hat nicht nur in der F1 gewonnen, sondern auch in Indy und bei Tourenwagenrennen. Nein, nicht im Laufe seiner Karriere, sondern wenn es sein musste am gleichen Wochenende! <BR>Und sicherlich ist Schumacher gut, der es schafft die gesamte Konkurrenz zu überrunden, aber vielleicht war Fangio intelligenter, wenn er nur so schnell fuhr, wie es eben nötig war? Stefan Bellof hätte einer der ganz Grossen werden können, aber ist jemand wirklich gut, der versucht, in der Eau Rouge zu überholen? Ist Häkkinen wirklich so gut, wenn er mit 33 seinen Zenith überschritten hat, während Nuvolari mit 56 die Mille Miglia mit dem grössten Vorsprung aller Zeiten gewonnen hätte, wenn sein Ferrari nicht auseinander gefallen wäre? Ist jemand gut, der ein 2-Stunden-Formel-1-Rennen nur deshalb gewinnt, weil er täglich 2 Stunden im Fitnessraum trainiert? Wie ist dann die Leistung von Giuseppe Campari einzuschätzen, der mit seinen 100 kg bei einem 10-Stunden-Grand-Prix alle in Grund in Boden fuhr, obwohl (oder weil?) er im Ziel mindestens 1 Flasche Chianti aus seiner „Bordverpflegung“ intus hatte?
Und gehört zu „gut“ nur das eigentliche Fahren, oder sollte man diesen Begriff weiter ausdehnen? Vielleicht sollte man „gross“ als Attribut wählen, dann sähe die Wertung wahrscheinlich ganz anders aus. Senna und Prost z.B. waren beides Egoisten, die den eigenen Erfolg über alles stellten, und auch Schumacher ist diese Einstellung sicherlich nicht fremd. Über Wolfgang Graf Berghe von Trips hätten sie wahrscheinlich nur gelacht, weil dieser bei der Mille Miglia 1957 hinter dem waidwunden Ferrari seines Teamkollegen Taruffi hinterherzockelte, weil er wusste, dass es Taruffis letzte MM war, und der sich nichts sehnlicher als einen Sieg wünschte. Oder Stirling Moss ein Jahr später, er hätte seinen einzigen WM-Titel problemlos erringen können, wenn er nicht dafür gesorgt hätte, dass die ungerechtfertigte Disqualifizierung seines grössten Widersachers, Mike Hawthorn, zurückgenommen wurde, obwohl er wusste, dass Hawthorn damit Weltmeister war. Wenn wir also Fairnis und Sportlichkeit in das Profil mit einbeziehen, können wir die letzten 2 oder 3 Jahrzehnte ausschliessen.
Angeschnitten wurde der Siegeswille von Senna, sicherlich eine Eigenschaft, die jedem Rennfahrer zu eigen ist, zumindest in der Theorie. Kämpfer scheint es bei den modernen Fahrern keine mehr zu geben, warum auch, die Verträge für die nächsten Jahr sind ausgehandelt, also warum mehr anstrengen, als unbedingt nötig. Unvergessen - zumindest bei mir - sind die Siegesfahrten von Nuvolari und Fangio, beide auf dem Nürburgring, 1935 und 1957, oder der Kampf zwischen Nuvolari und Varzi 1933 in Monaco, bei dem Tazio vergeblich versuchte, seinen lichterloh brennenden P3 über die Ziellinie zu schieben.
Oder was ist mit Verletzungen und Krankheiten? Mikä Häkkinen wurde als Held gefeiert, weil er trotz einer leichten Grippe einen Grand Prix gewann, aber wer weiss eigentlich, dass Rudolf Caracciolas grösste Jahre durch seine Verletzung geprägt waren, die er sich 1932 bei seinem Horrorcrash in Monaco zuzug? Ein zertrümmertes Becken, und das linke Bein 4 cm kürzer als das andere, die Schmerzen waren oftmals so stark, dass man ihn aus den Rennwagen heben musste. Und trotzdem gewann er noch jahrelange grosse Rennen. Meine Interpretation von „gut“ richtet sich nicht nach den Statistikzahlen alleine, sondern nach der Gesamtleistung eines Fahrers unter Berücksichtigung der Umstände. Ein wirklich grosser Rennfahrer muss alles fahren können, und damit natürlich auch gewinnen. Er muss eine lange Karriere haben, und auch im Alter den jungen Heißspunden noch zeigen, was eine Harke ist. Er muss auch mit unterlegenem Material Rennen gewinnen können, und soviel Gefühl haben, dass er seine Wagen auch ins Ziel bringt. Er muss bei allem Ehrgeiz und Siegeswillen auch Fairnis und Sportlichkeit zeigen, und vor allen Dingen - er muss mit Herz und Seele Rennfahrer sein, Rennen fahren um des Fahrens wegen, und nicht nur allein für Bankkonto und Jet-Set-Bekanntheitsscala.