Bekanntlich war ich ja am Wochenende beim Deutschland GP in Hockenheim. Ich habe eine Kleinigkeit für euch mitgebracht: Bei den Rennen gibt Red Bull immer eine Zeitschrift heraus, the Red Bulletin genannt. Sie erscheint am Freitag und Samstag jeweils einmal und am Sonntag 2x (in der früh und rund eine Stunde nach dem Rennen). Sie ist nur für Gäste des Rennens zu erhalten, also nicht käuflich erwerblich. Ich habe alle Ausgaben bis auf die von Freitag. Und in diesen Zeitschriften sind einige interessante Reportage. Eine davon dreht sich um Verstappens Feuerunfall in Brasilien 1994:
Jos Verstappen hatte 1994 2 Schrecksekunden. Zum einen war da der schlimme Unfall beim WM Auftakt in Brasilien, bei dem er sich überschlug und Eddie Irvine daraufhin für 3 Rennen gesperrt wurde. Wir hatten dazu auch schon mal einen Thread. Zum anderen ging beim Deutschland GP 1994 sein Benetton Ford beim Boxenstopp in Flammen auf. The Red Bulletin hat über die Boxencrew, in Runde 15 in der Box standen berichtet: Was ist damals geschehen und was ist aus den Männern geworden, die das Inferno bezwangen.
Dave Jones, damals Ingenieur für Verbundswerkstoffe:
„Der Wagen fuhr problemlos ein, doch als der Tankschlauch aufgesetzt wurde, traten Benzindämpfe aus. Als ich das sah, wusste ich sofort, dass etwas hochgehen würde. Ich trat 5 Schritte zurück und sah, wie sich das Ganze entzündete. Ich rannte in die Garage und deckte den in Flammen stehenden Michael Jakeman (Michael Schumachers Getriebemechaniker, MichaelZ) ab.“ Dave Jones ist jetzt bei Super Aguri beschäftigt.
Kenny Handkammer, damals Rennmechaniker von Michael Schumacher:
„Es war schrecklich, doch wir hatten es unter Kontrolle. Die einzigen Verletzungen, die ich davon trug, kamen vom Einatmen des Flammenlöschmittels (das heute übrigens verboten ist, MichaelZ). Es war schade, dass Michael einen Ausfall im Rennen hatte, denn ich glaube, wenn wir an diesem Tag noch einen Boxenstopp eingelegt hätten, hätte es die Dinge erleichtert.“ Kenny Handkammer wurde vor kurzem Chefmechaniker bei Red Bull Ferrari.
Simon Morley, damals Tankanlagenmechaniker:
Simon Morley erlitt beim Brand in der Box schwere Verletzungen, weil eine Naht seines Helmes defekt war. Seine Genesung verlief gut, dennoch verließ er die Formel-1, um dem IRL Team Panther Racing (seit 1998 in der IRL, 1998 fuhren Scott Goodyear, Dave Stelle, 1999 nur Scott Goodyear, der 2 Rennen gewann, 2000 Scott Goodyear, der ein Rennen gewann, 2001 Sam Hornish, der 3 Rennen gewann, 2002 Sam Hornish, der 5 Rennen gewann und IRL Champion wurde, und Dan Wheldon, 2003 Sam Hornish, 3 Siege, Robby McGehee und Billy Boat, 2004 Tomas Scheckter, Townsend Bell und Mark Taylor, der 2003 für Panther Racing die Indy Pro Series gewann beim einzigen Jahr von Panther in dieser Serie, 2005 Tomas Scheckter, 1 Sieg, Tomas Enge, Buddy Lazier und Townsend Bell und 2006 Vitor Meira, MichaelZ) beizutreten. Jetzt widmet er sich seiner privaten Wagenkollektion, die auch einen Benetton B194 (also jenen Benetton Ford von 1994, MichaelZ) enthält.
Mick Ainsley Cowlishaw, damals Chefmechaniker:
„Das Benzin lief die Motorabdeckung Richtung Bremsen hinunter, und dann gab es einen Riesenknall. Damals waren alle noch sehr unbedacht. Ich trug nicht einmal Handschuhe. Danach veränderte sich das alles völlig. Zum Glück reagierte der Mann beim Feuerlöscher (Greg Fields, MichaelZ) so schnell.“ Mick Ainsley Cowlishaw kam 1981 mit Toleman (später Benetton) zur F1. Danach ging er zu Arrows und ist jetzt Teammanager von Super Aguri.
Greg Fields, damals Rennteamkoordinator:
„Es geschah alles in Zeitlupe. Ich konzentrierte mich auf den Tankschlauch, um den Feuerherd auszumachen, und trat dann an Jos Verstappen heran, der immer noch im Wagen festsaß, um ihn herauszuholen. Auch einige andere Leute auf der Rückseite des Wagens standen in Flammen.“ Greg Fields arbeitet heute bei JS Fraser, die Transporttechnologien für Formel-1 Teams bereitstellen.
Paul Howard, damals erster Rennmechaniker:
Paul verließ Benetton für Williams und ging später in die Formel-BMW. Er arbeitet jetzt als Lehrer.
Pete Hennessy, damals Motortechniker:
„Ich dachte zuerst, jemand vom Paddock Club über der Box hätte Bier auf uns geschüttet. Doch dann ging der Wagen in die Höhe, und ich spürte diese stehende Hitze. Ich dachte, mein Rücken hätte Feuer gefangen, doch es waren mein Arm und mein Hinterkopf. Beim nächsten Boxenstopp waren alle ziemlich betreten, doch man muss einfach weitermachen.“ Pete ist nach 20 Jahren immer noch bei Cosworth.
Tim Baston, damals Ingenieur für Verbundwerkstoffe:
„Ich konnte das Benzin in der Sekunde riechen, in der es zerstäubte. Und dann – wumm! Als ich einen Schritt zurücktrat, griff ich nach dem kleinen Feuerlöscher an meinem Gürtel. Ich spürte zwar, wie mir die Flammen den Nacken versengten, doch eigentlich war ich okay. Und dann ging es nur noch drum, so weit weg zu kommen wie möglich.“ Tim arbeitet immer noch bei Renault und ist nun für die Aufbereitung der Ausstellungswagen zuständig.
Jonathan Wheatley, damals Schumachers Chefingenieur:
„ Nur 2 Liter Benzin lösten das Feuer aus, doch es zerstäubte und war damit hochexplosiv. Das Rennen war noch in vollem Gange, und wir mussten verletzten Crewmitgliedern den Overall ausziehen, um damit andere Leute einzukleiden. Wir hatten alle Hände voll zu tun. Wir waren richtig erleichtert als Michael einen Motorschaden hatte.“ Jonathan wurde im Jänner 2006 zum Teammanager von Red Bull Ferrari ernannt.
Nochmal kurz ich selbst zu dem Unfall: Das Ganze soll angeblich nur passiert sein, weil Benetton damals illegal aus der Einheitstankanlage einen Sicherheitsfilter aus der Benzinpumpe entnahm. Das sollte die Durchflussgeschwindigkeit des Benzins vom Benzintank in den Tank des GP Bolidens beschleunigen. Nachgewiesen konnte das dem Team nie. Im Grunde war aber jeder froh, dass nichts passiert ist, auch dem Fahrer Jos Verstappen nicht.