Benway hat geschrieben:
Inwiefern meinst du, dass die renault- und tag-motoren für andere zwecke entwickelt wurden?
So nach ein bischen Recherche hier mein Bericht. Der Unterschied vom Renault oder BMW (den frühen Turbos) zu den späteren TAG Motor war, dass der TAG speziell für die F1 entwickelt wurde. Als man mit der Entwicklung von Turbomotoren begann, lautete die Devise nämlich: Man nehme einen vorhandenen Motor und lade ihn einfach auf. Diesen Weg gingen alle, die mehr Leistung wollten, egal ob für den Rennsport oder auch für Straßenfahrzeuge. Der Anreiz, keinen völlig neuen Motor entwicklen zu müssen, war sowohl technisch als auch strategisch sehr groß, und ihm verdankt die Turbotechnologie einen großen Teil des Erfolges. Es genügte also (zumindest am Anfang) vorhandene Motoren zu modifizieren und aufzuladen.
Aber bleiben wir mal im speziellen Fall bei Renault (obwohl torino vielleicht dazu noch mehr beitragen kann). Hier nahm man den von der F2-Europameisterschaft bekannten 2-l-Sechszylinder-V90-Motor. In der F2 wurde der Motor ab 1973 eingesetzt. Erste Höhepunkte erlebte er 1976 und 1977 durch den Gewinn dieser damals wichtigen Rennserie. Ein weiterer Glanzpunkt war der Gewinn der 24 Stunden von Le Mans im Jahre 1978 in einer aufgeladenen Zweiliter-Version.
Schon zu diesem Zeitpunkt hatte sich Renault der F1 zugewandt und dafür einen eigenen Monoposto entwickelt. Ein erster Versuchsmotor mit Hub 49,4 mm und Bohrung 80,0 mm lief bereits 1975 und gab ziemlich bald über 503 PS bei 10.800 U/min ab. Man hatte also schnell die Höchstleistung der etablierten, doppelt so großen Saugmotoren erreicht, aber den Technikern war klar, dass das niemals reichen würde, um die Sauger auch auf der Piste zu schlagen. Von den ersten Eckdaten ausgehend versuchte man augenblicklich das Drehmoment zu erhöhen und es gleichzeitig in niedrigeren Drehzahlen zu verlagern, nachdem bei den ersten Versuchsauslegungen die Höchstleistungsdrehzahl und die Drehzahl, bei der sich das maximale Drehmoment einstellte, fast zusammengefallen waren.
Ein wesentlicher Entwicklungsschritt war die Erweiterung der Bohrung auf 86 mm und die Reduktion des Hubes auf 43 mm. Die Überlegungen, die zu diesem Schritt führten, versteht man besser, wenn man sich das Einzelzylindervolumen beim Sechszylinder 1,5 Liter-Motor vergegenwärtigt: Ganze 250-ccm oder schlicht & ergreifend, ein 1/4 Liter. Durch das neue Hub-Bohrungs-Verhältnis erreichte man praktisch denselben Zylinderdurchmesser wie der Cosworth-Saugmotor. Damit konnten die Ventildurchmesser etwas vergrößert und gleichzeitig die Kolbengeschwindigkeit abgesenkt werden. Dem Renault-Motor kommt noch der sehr kleine Winkel entgegen, den die Ein- und Auslaßventile einschließen. Damit ergibt sich eine sehr kompakte, wenig klopfempfindliche Brennraumform, die gerade beim aufgeladenen Motor besonders wichtig ist.
In der zweiten Version wurden dann 510 PS bei 10.500 U/min gemessen. Wichtiger war aber das für damalige Begriffe enorme Drehmoment von 400 Nm bei 8.200 U/min. Von solchen Werten konnten die Saugmotoren nur träumen, hier waren nie mehr als 340 Nm zu holen.
Bis dato hatte der aufgeladene 1,5 Liter Renault-Motor nur einen großen Abgasturbolader, für den alle sechs Auspuffleitungen hinter dem Motor zusammengeführt wurden. Der erste Einsatz in dieser Form fand am 14.07.77 in Silverstone statt. Jabouille gelang es, das vielbestaunte Auto für den 21. Startplatz zu qualifizieren. Das Rennen mußte er in der 9. Runde, an 17. Stelle liegend, mit Problemen am Motor beenden.
Darauf folgt eine lange, schwierige Entwicklungsphase. Wohl ließ der Renault Turbo hin und wieder durch Trainingsbestzeiten und sogar Führung zu Beginn des Rennens sein Potential aufblitzen, aber es dauerte noch zwei Jahre, bis der erste Sieg da war. Am 01.07.79 gewann der Jabouille den Französischen GP. Es war der wahre Beginn des Turbozeitalters.
Renault hatte inzwischen am Motor hart weitergearbeitet und dabei sehr viele Erfahrungen gesammelt. Für andere Firmen war es nun viel einfacher, den Weg über die kleinen aufgeladenen Motoren zu gehen, weil Renault ja bewiesen hatte, dass es überhaupt geht. Zur damaligen Zeit hatte Renault einen Entwicklungsvorsprung von knapp zwei Jahren. Gegen die nachfolgenden Turbomotoren konnte dieser Vorsprung aber nie in eine deutliche Überlegenheit umgesetzt werden. Vielleicht hatte man sich zu sehr darauf verlassen, dass die anderen dieselben Schwierigkeiten bei der Entwicklung ihrer Triebwerke bekommen würden - was sich aber als Irrtum erwies.
Neben der bereits beschriebenen Veränderung von Hub und Bohrung war der Übergang von einem auf zwei Abgasturbolader besonders wichtig. Man kam so zu einer völlig symmetrischen, strömungsgünstigen und kurzen Anordnung von Auspuffrohren, Abgasturboladern, Ladeluftkühlern und Ansaugsystemen. Alle Teile waren natürlich zweifach vorhanden.
Die beiden nun kleineren Abgasturbolader wurden nun seitlich neben den beiden Zylinderreihen des V90 angeordnet. Ursprünglich waren die Auspuffrohre zwischen den Zylinderköpfen und den Abgasturboladern ziemlich lang. Später wurden sie dann immer kürzer, wobei die Turbolader näher zum Motor rückten, was das Ansprechverhalten verbesserete. Man betrat Neuland und experimentierte eben ständig herum. Aber so tief möchte ich jetzt wirklich nicht in die Materie einsteigen...