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Toyota im Motorsport

Das Formel 1 Forum früherer Tage...

Beitrag Samstag, 19. August 2006

Beiträge: 8060
LotusFan hat geschrieben:
Alfalfa hat geschrieben:
Ja, der Ursprung der Lackabkratzstory ist entdeckt!! Komisch dass das vorher niemanden aufgefallen ist - es steht in einem allgemein zugänglichen Büchlein von 1951. Ich bringe in Kürze mal eine Zusammenfassung an geeigneter Stelle.

Nu machs mal nicht so spannend :D)
Ruck Zuck ist Winter :-)

Okay, hier kommt's also (versteckt im unpassendsten Thread - aber vielleicht schlägt das eines Tages hohe Wellen).

Die Scans aus einem Buch sind von unserem werten Kollegen 'Julius', der sich neulich über die unerlaubte Veröffentlichung seines Jo Siffert Bildes beschwerte (zu Recht - wie ich einräumen muss). Auch diesmal plagt mich wieder das schlechte Gewissen, weil diese Entdeckung nicht auf meinem Mist gewachsen ist - aber was soll's. Frei nach Cato möchte ich sage: "Ceterum censeo Lackabkratzstorum esse delendam!"

Verbreitet diese Story, auf dass man bei Mercedes mit dem Blödsinn keine Publicity mehr machen kann!

1951 erschien unter dem Namen von Alfred Neubauer im Verlag Auto-Revue, Luxemburg, ein Büchlein mit dem Titel "Heute lacht man darüber!"; 99 Seiten, einige Zeichnungen, Inhalt: Äußerungen zu Entwicklungen aus der Frühzeit der Motorisierung bzw. des Motorsports, die sich als Fehleinschätzung herausgestellt haben und entsprechend von ihm kommentiert werden.

Darunter auch ein Kapitel mit dem Titel "Oh - diese Gewichtsformeln!": erwähnt wird die 750 kg-Rennformel - und wir werden hellhörig! Dazu steht auf S.59:

"Vor jeder Ausfahrt zu einem Rennen wurden daher die Fahrzeuge auf einer geeichten Waage überprüft ... an den einzelnen Rennorten ... führte .. aber zu langen Gesichtern, wenn der Wagen 1 oder 1,5 kg über dem zulässigen Gewicht befunden wurde."

Das wäre doch DIE Stelle gewesen, an der er seine 'klassische' Lackabkratzstory hätte anbringen müssen. Aber nichts davon, kein ein Wort.

Dafür steht aber einige Seite weiter hinten dann FAST WÖRTLICH die Geschichte, die er viele Jahre später seinem Ghostwriter Harvey T. Rowe diktierte:

"Oftmals ereignen sich nun sehr amüsante Zwischenfälle. So musste einmal vor zwei oder drei Jahren ein Fahrer, dessen Name mir nicht mehr erinnerlich ist, die Lackierung von seinem Wagen herunterkratzen, um ein oder zwei Kilogramm zu gewinnen. Eine sehr mühselige Arbeit, doch was hätte der Arme tun sollen?"

Hier die Seiten zum persönlichen Nachlesen:

http://img233.imageshack.us/img233/343/ ... latro6.jpg

http://img245.imageshack.us/img245/7245 ... ichow0.jpg

http://img233.imageshack.us/img233/8348 ... atzdl5.jpg

Neubauer also ein Opfer seiner eigenen Fantasie!

Mir fällt dazu ein sehr passender Abschnitt ein, den ich gerade in einem Buch von Harald Welzer gelesen habe, in der es um die Aufarbeitung persönlicher Erinnerungen aus der Nazi-Zeit geht (ist nicht mal weit weg vom Thema); Titel 'Opa war kein Nazi - Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis' - sehr empfehlenswert (von meiner Seite aus).

"Historiker nehmen die Aussagen von Zeitzeugen zur Ergänzung, wenn bereits andere nachprüfbare Fakten vorliegen. Erinnerung ist kein verlässliches Archiv, da fließen Sachen, die man vom Hörensagen und aus Filmen kennt, mit ein. Das muss nicht bewusst gefälscht sein, wer oft genug etwas erzählt, glaubt daran. Das Gedächtnis ist äußerst erfinderisch. Wir müssen übrigens auch vergessen, um unser gegenwärtiges Leben sinnvoll zu sortieren. Wenn wir alles behalten würden, könnte unser Gedächtnis nicht mehr funktionieren."

Natürlich stellt man die Frage, warum das 1959 - als Neubauers Memoiren erschienen - niemanden aufgefallen ist. Aber konnte es überhaupt jemand auffallen? Neubauer diktierte diese Memoiren einen in Motorsport unbedarften Autoren (Harvey T. Rowe) für ein Boulevard-Blatt (Quick).

In dem Buch „Hitlers Rennschlachten“ schreibt Eberhard Reuß (der auch ein Zweifler der Lackabkratzstory ist), Harvey T. Rowe habe ihm gesagt, ihm sei die Geschichte mit dem abgekratzten Lack durchaus glaubwürdig erschienen. Warum habe Neubauer so etwas erfinden sollen? Er sei nun mal dabei gewesen. Natürlich habe „der operettenhaft auftretende Neubauer bei all seinen Erzählungen immer gewaltig übertrieben und ausgeschmückt, aber vieles habe für das Buchprojekt in Interviews mit den Rennfahrern von damals geklärt werden können.

Wenn man etwas nachforscht, stellt man fest, dass Rowe bis 1998 17 Jahre lang Chefredakteur der Zeitschrift "Du und das Tier", des Organs des Deutschen Tierschutzbundes, war. Informationen über Veröffentlichungen sind spärlich. 1986 erschien von ihm ein Buch mit dem Titel "Als die Autos fahren lernten", 1990 wird er als Co-Autor bei Josef Neckermanns "Erinnerungen" genannt. 1968 schrieb er ein Buch über den Herzverpflanzer Barnard ("Der Chirurg von Kapstadt"), 1960 erschien ein Film mit dem Titel "Salon Parisi/Frauen in Teufels Hand", bei dem er am Drehbuch mitgearbeitet hatte, und 1959 ein Buch über den Boxer Gustav Scholz ("Ring frei").

Dieser bunte Mix deutet darauf hin, dass Rowe sich mit dem Motorsport nie näher befasste.

Da Neubauers Memoiren zunächst als Serie in dem Magazin QUICK (kennt das noch jemand?!) veröffentlicht wurden, liegt die Vermutung nahe, dass Rowe damals für diese Zeitschrift arbeitete. Ob ihm die Neubauer-Story zugewiesen wurde oder ob er sich darum beworben hat, ist offen. Ebenso ist nichts bekannt, ob die Initiative für die Veröffentlichung von Neubauer himself oder von QUICK ausging.

Vermutlich Letzteres, denn sonst hätte sich Neubauer eher die Dienste eines damals bekannten professionellen Motorsport-Journalisten gesichert wie etwa Hans Bretz, Ernst Hornickel, Günther Molter, Ernst Rosemann, Paul Schweder oder Kurt Wörner.

Wenn es aber Rowe war, der auf Neubauer zukam und ihn dafür warb, ihm seine Lebenserinnerungen zu erzählen, dann dürfte Neubauer rasch gemerkt haben, dass Rowe nicht vom Fach war und ihm nicht auf die Schliche kommen würde, wenn er seiner Phantasie freien Lauf lässt.

Beitrag Samstag, 19. August 2006

Beiträge: 3303
Alfalfa hat geschrieben:
LotusFan hat geschrieben:
Alfalfa hat geschrieben:
Ja, der Ursprung der Lackabkratzstory ist entdeckt!! Komisch dass das vorher niemanden aufgefallen ist - es steht in einem allgemein zugänglichen Büchlein von 1951. Ich bringe in Kürze mal eine Zusammenfassung an geeigneter Stelle.

Nu machs mal nicht so spannend :D)
Ruck Zuck ist Winter :-)

Okay, hier kommt's also (versteckt im unpassendsten Thread - aber vielleicht schlägt das eines Tages hohe Wellen).

Die Scans aus einem Buch sind von unserem werten Kollegen 'Julius', der sich neulich über die unerlaubte Veröffentlichung seines Jo Siffert Bildes beschwerte (zu Recht - wie ich einräumen muss). Auch diesmal plagt mich wieder das schlechte Gewissen, weil diese Entdeckung nicht auf meinem Mist gewachsen ist - aber was soll's. Frei nach Cato möchte ich sage: "Ceterum censeo Lackabkratzstorum esse delendam!"

Verbreitet diese Story, auf dass man bei Mercedes mit dem Blödsinn keine Publicity mehr machen kann!

1951 erschien unter dem Namen von Alfred Neubauer im Verlag Auto-Revue, Luxemburg, ein Büchlein mit dem Titel "Heute lacht man darüber!"; 99 Seiten, einige Zeichnungen, Inhalt: Äußerungen zu Entwicklungen aus der Frühzeit der Motorisierung bzw. des Motorsports, die sich als Fehleinschätzung herausgestellt haben und entsprechend von ihm kommentiert werden.

Darunter auch ein Kapitel mit dem Titel "Oh - diese Gewichtsformeln!": erwähnt wird die 750 kg-Rennformel - und wir werden hellhörig! Dazu steht auf S.59:

"Vor jeder Ausfahrt zu einem Rennen wurden daher die Fahrzeuge auf einer geeichten Waage überprüft ... an den einzelnen Rennorten ... führte .. aber zu langen Gesichtern, wenn der Wagen 1 oder 1,5 kg über dem zulässigen Gewicht befunden wurde."

Das wäre doch DIE Stelle gewesen, an der er seine 'klassische' Lackabkratzstory hätte anbringen müssen. Aber nichts davon, kein ein Wort.

Dafür steht aber einige Seite weiter hinten dann FAST WÖRTLICH die Geschichte, die er viele Jahre später seinem Ghostwriter Harvey T. Rowe diktierte:

"Oftmals ereignen sich nun sehr amüsante Zwischenfälle. So musste einmal vor zwei oder drei Jahren ein Fahrer, dessen Name mir nicht mehr erinnerlich ist, die Lackierung von seinem Wagen herunterkratzen, um ein oder zwei Kilogramm zu gewinnen. Eine sehr mühselige Arbeit, doch was hätte der Arme tun sollen?"

Hier die Seiten zum persönlichen Nachlesen:

http://img233.imageshack.us/img233/343/ ... latro6.jpg

http://img245.imageshack.us/img245/7245 ... ichow0.jpg

http://img233.imageshack.us/img233/8348 ... atzdl5.jpg

Neubauer also ein Opfer seiner eigenen Fantasie!

Mir fällt dazu ein sehr passender Abschnitt ein, den ich gerade in einem Buch von Harald Welzer gelesen habe, in der es um die Aufarbeitung persönlicher Erinnerungen aus der Nazi-Zeit geht (ist nicht mal weit weg vom Thema); Titel 'Opa war kein Nazi - Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis' - sehr empfehlenswert (von meiner Seite aus).

"Historiker nehmen die Aussagen von Zeitzeugen zur Ergänzung, wenn bereits andere nachprüfbare Fakten vorliegen. Erinnerung ist kein verlässliches Archiv, da fließen Sachen, die man vom Hörensagen und aus Filmen kennt, mit ein. Das muss nicht bewusst gefälscht sein, wer oft genug etwas erzählt, glaubt daran. Das Gedächtnis ist äußerst erfinderisch. Wir müssen übrigens auch vergessen, um unser gegenwärtiges Leben sinnvoll zu sortieren. Wenn wir alles behalten würden, könnte unser Gedächtnis nicht mehr funktionieren."

Natürlich stellt man die Frage, warum das 1959 - als Neubauers Memoiren erschienen - niemanden aufgefallen ist. Aber konnte es überhaupt jemand auffallen? Neubauer diktierte diese Memoiren einen in Motorsport unbedarften Autoren (Harvey T. Rowe) für ein Boulevard-Blatt (Quick).

In dem Buch „Hitlers Rennschlachten“ schreibt Eberhard Reuß (der auch ein Zweifler der Lackabkratzstory ist), Harvey T. Rowe habe ihm gesagt, ihm sei die Geschichte mit dem abgekratzten Lack durchaus glaubwürdig erschienen. Warum habe Neubauer so etwas erfinden sollen? Er sei nun mal dabei gewesen. Natürlich habe „der operettenhaft auftretende Neubauer bei all seinen Erzählungen immer gewaltig übertrieben und ausgeschmückt, aber vieles habe für das Buchprojekt in Interviews mit den Rennfahrern von damals geklärt werden können.

Wenn man etwas nachforscht, stellt man fest, dass Rowe bis 1998 17 Jahre lang Chefredakteur der Zeitschrift "Du und das Tier", des Organs des Deutschen Tierschutzbundes, war. Informationen über Veröffentlichungen sind spärlich. 1986 erschien von ihm ein Buch mit dem Titel "Als die Autos fahren lernten", 1990 wird er als Co-Autor bei Josef Neckermanns "Erinnerungen" genannt. 1968 schrieb er ein Buch über den Herzverpflanzer Barnard ("Der Chirurg von Kapstadt"), 1960 erschien ein Film mit dem Titel "Salon Parisi/Frauen in Teufels Hand", bei dem er am Drehbuch mitgearbeitet hatte, und 1959 ein Buch über den Boxer Gustav Scholz ("Ring frei").

Dieser bunte Mix deutet darauf hin, dass Rowe sich mit dem Motorsport nie näher befasste.

Da Neubauers Memoiren zunächst als Serie in dem Magazin QUICK (kennt das noch jemand?!) veröffentlicht wurden, liegt die Vermutung nahe, dass Rowe damals für diese Zeitschrift arbeitete. Ob ihm die Neubauer-Story zugewiesen wurde oder ob er sich darum beworben hat, ist offen. Ebenso ist nichts bekannt, ob die Initiative für die Veröffentlichung von Neubauer himself oder von QUICK ausging.

Vermutlich Letzteres, denn sonst hätte sich Neubauer eher die Dienste eines damals bekannten professionellen Motorsport-Journalisten gesichert wie etwa Hans Bretz, Ernst Hornickel, Günther Molter, Ernst Rosemann, Paul Schweder oder Kurt Wörner.

Wenn es aber Rowe war, der auf Neubauer zukam und ihn dafür warb, ihm seine Lebenserinnerungen zu erzählen, dann dürfte Neubauer rasch gemerkt haben, dass Rowe nicht vom Fach war und ihm nicht auf die Schliche kommen würde, wenn er seiner Phantasie freien Lauf lässt.



Na das ist doch mal ne nette Überraschung so im kalten Frühherbst .
Muss ich doch glatt mal schauen ob ich das Buch irgendwo ergattern kann . Im Winter will ich mal in die neue Mercedes Auto-Welt .Mal schauen ob ich da einen zum zappeln bekomme :-)
Aber mal im Ernst ein Buch aus Luxemburg ,wer hat denn sowas ????
Bisher dachte ich immer das die nicht mal ne Druckerei haben .

Beitrag Sonntag, 20. August 2006
gbl gbl

Beiträge: 14
Der Eagle 987/997 war wohl eines der schönsten Monoposto-Autos für mich, soweit ich weiß waren wohl einige Chassisteile vom Reynard übernommen

http://www.champcar.com/gallery/gallery ... hnm480.jpgBild

Beitrag Sonntag, 20. August 2006

Beiträge: 4967
Alfalfa hat geschrieben:
LotusFan hat geschrieben:
Alfalfa hat geschrieben:
Ja, der Ursprung der Lackabkratzstory ist entdeckt!! Komisch dass das vorher niemanden aufgefallen ist - es steht in einem allgemein zugänglichen Büchlein von 1951. Ich bringe in Kürze mal eine Zusammenfassung an geeigneter Stelle.

Nu machs mal nicht so spannend :D)
Ruck Zuck ist Winter :-)

Okay, hier kommt's also (versteckt im unpassendsten Thread - aber vielleicht schlägt das eines Tages hohe Wellen).

Die Scans aus einem Buch sind von unserem werten Kollegen 'Julius', der sich neulich über die unerlaubte Veröffentlichung seines Jo Siffert Bildes beschwerte (zu Recht - wie ich einräumen muss). Auch diesmal plagt mich wieder das schlechte Gewissen, weil diese Entdeckung nicht auf meinem Mist gewachsen ist - aber was soll's. Frei nach Cato möchte ich sage: "Ceterum censeo Lackabkratzstorum esse delendam!"

Verbreitet diese Story, auf dass man bei Mercedes mit dem Blödsinn keine Publicity mehr machen kann!

1951 erschien unter dem Namen von Alfred Neubauer im Verlag Auto-Revue, Luxemburg, ein Büchlein mit dem Titel "Heute lacht man darüber!"; 99 Seiten, einige Zeichnungen, Inhalt: Äußerungen zu Entwicklungen aus der Frühzeit der Motorisierung bzw. des Motorsports, die sich als Fehleinschätzung herausgestellt haben und entsprechend von ihm kommentiert werden.

Darunter auch ein Kapitel mit dem Titel "Oh - diese Gewichtsformeln!": erwähnt wird die 750 kg-Rennformel - und wir werden hellhörig! Dazu steht auf S.59:

"Vor jeder Ausfahrt zu einem Rennen wurden daher die Fahrzeuge auf einer geeichten Waage überprüft ... an den einzelnen Rennorten ... führte .. aber zu langen Gesichtern, wenn der Wagen 1 oder 1,5 kg über dem zulässigen Gewicht befunden wurde."

Das wäre doch DIE Stelle gewesen, an der er seine 'klassische' Lackabkratzstory hätte anbringen müssen. Aber nichts davon, kein ein Wort.

Dafür steht aber einige Seite weiter hinten dann FAST WÖRTLICH die Geschichte, die er viele Jahre später seinem Ghostwriter Harvey T. Rowe diktierte:

"Oftmals ereignen sich nun sehr amüsante Zwischenfälle. So musste einmal vor zwei oder drei Jahren ein Fahrer, dessen Name mir nicht mehr erinnerlich ist, die Lackierung von seinem Wagen herunterkratzen, um ein oder zwei Kilogramm zu gewinnen. Eine sehr mühselige Arbeit, doch was hätte der Arme tun sollen?"

Hier die Seiten zum persönlichen Nachlesen:

http://img233.imageshack.us/img233/343/ ... latro6.jpg

http://img245.imageshack.us/img245/7245 ... ichow0.jpg

http://img233.imageshack.us/img233/8348 ... atzdl5.jpg

Neubauer also ein Opfer seiner eigenen Fantasie!

Mir fällt dazu ein sehr passender Abschnitt ein, den ich gerade in einem Buch von Harald Welzer gelesen habe, in der es um die Aufarbeitung persönlicher Erinnerungen aus der Nazi-Zeit geht (ist nicht mal weit weg vom Thema); Titel 'Opa war kein Nazi - Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis' - sehr empfehlenswert (von meiner Seite aus).

"Historiker nehmen die Aussagen von Zeitzeugen zur Ergänzung, wenn bereits andere nachprüfbare Fakten vorliegen. Erinnerung ist kein verlässliches Archiv, da fließen Sachen, die man vom Hörensagen und aus Filmen kennt, mit ein. Das muss nicht bewusst gefälscht sein, wer oft genug etwas erzählt, glaubt daran. Das Gedächtnis ist äußerst erfinderisch. Wir müssen übrigens auch vergessen, um unser gegenwärtiges Leben sinnvoll zu sortieren. Wenn wir alles behalten würden, könnte unser Gedächtnis nicht mehr funktionieren."

Natürlich stellt man die Frage, warum das 1959 - als Neubauers Memoiren erschienen - niemanden aufgefallen ist. Aber konnte es überhaupt jemand auffallen? Neubauer diktierte diese Memoiren einen in Motorsport unbedarften Autoren (Harvey T. Rowe) für ein Boulevard-Blatt (Quick).

In dem Buch „Hitlers Rennschlachten“ schreibt Eberhard Reuß (der auch ein Zweifler der Lackabkratzstory ist), Harvey T. Rowe habe ihm gesagt, ihm sei die Geschichte mit dem abgekratzten Lack durchaus glaubwürdig erschienen. Warum habe Neubauer so etwas erfinden sollen? Er sei nun mal dabei gewesen. Natürlich habe „der operettenhaft auftretende Neubauer bei all seinen Erzählungen immer gewaltig übertrieben und ausgeschmückt, aber vieles habe für das Buchprojekt in Interviews mit den Rennfahrern von damals geklärt werden können.

Wenn man etwas nachforscht, stellt man fest, dass Rowe bis 1998 17 Jahre lang Chefredakteur der Zeitschrift "Du und das Tier", des Organs des Deutschen Tierschutzbundes, war. Informationen über Veröffentlichungen sind spärlich. 1986 erschien von ihm ein Buch mit dem Titel "Als die Autos fahren lernten", 1990 wird er als Co-Autor bei Josef Neckermanns "Erinnerungen" genannt. 1968 schrieb er ein Buch über den Herzverpflanzer Barnard ("Der Chirurg von Kapstadt"), 1960 erschien ein Film mit dem Titel "Salon Parisi/Frauen in Teufels Hand", bei dem er am Drehbuch mitgearbeitet hatte, und 1959 ein Buch über den Boxer Gustav Scholz ("Ring frei").

Dieser bunte Mix deutet darauf hin, dass Rowe sich mit dem Motorsport nie näher befasste.

Da Neubauers Memoiren zunächst als Serie in dem Magazin QUICK (kennt das noch jemand?!) veröffentlicht wurden, liegt die Vermutung nahe, dass Rowe damals für diese Zeitschrift arbeitete. Ob ihm die Neubauer-Story zugewiesen wurde oder ob er sich darum beworben hat, ist offen. Ebenso ist nichts bekannt, ob die Initiative für die Veröffentlichung von Neubauer himself oder von QUICK ausging.

Vermutlich Letzteres, denn sonst hätte sich Neubauer eher die Dienste eines damals bekannten professionellen Motorsport-Journalisten gesichert wie etwa Hans Bretz, Ernst Hornickel, Günther Molter, Ernst Rosemann, Paul Schweder oder Kurt Wörner.

Wenn es aber Rowe war, der auf Neubauer zukam und ihn dafür warb, ihm seine Lebenserinnerungen zu erzählen, dann dürfte Neubauer rasch gemerkt haben, dass Rowe nicht vom Fach war und ihm nicht auf die Schliche kommen würde, wenn er seiner Phantasie freien Lauf lässt.


Neubauer war eben ein schlauer "Hund", der wusste wie man so einen
Journalisten, der nicht vom Fach war, ich sag's mal bös, reinlegte. :lol:

Wenn ich jetzt das Wort Silberpfeile höre, kommt mir immer Yesterday
in den Sinn, und nicht TNF. :wink:

Beitrag Donnerstag, 14. September 2006

Beiträge: 0
Reinhard Schall und das Bloemer Team hatten definitiv keine Unterstützung vom Werk!! :x
Hast du mehr Infos von R. Schall?? Vielleicht auch noch alte Test und Tunings?? Bin für alle Infos dankbar :D)

Beitrag Donnerstag, 14. September 2006

Beiträge: 45703
Erstmal herzlich willkommen im Forum! Ich hoffe hier wird Yesterday bald neu belebt. Haben momentan alle beruflichen Stress und ich schulischen.

Beitrag Donnerstag, 14. September 2006

Beiträge: 3303
MichaelZ hat geschrieben:
Erstmal herzlich willkommen im Forum! Ich hoffe hier wird Yesterday bald neu belebt. Haben momentan alle beruflichen Stress und ich schulischen.




Sach doch wie es ist , hier ist gerade der Hund gegraben :D)
Urlaubszeit ist doch vorbei das mit den Grillfesten am Abend muss doch auch mal ein Ende haben :D)
Nach sovielen Jahren endlich mal wieder ein Grund zum Party machen und keiner spielt mit :cry:

Beitrag Donnerstag, 14. September 2006

Beiträge: 1862
mein urlaub ist erst im oktober - :twisted:
"When you're racing, it's life. Anything that happens before or after is just waiting."

Michael Delaney (Steve McQueen), Le Mans

Beitrag Sonntag, 15. April 2007

Beiträge: 45703
Ich habe zwei Bücher über Toyota (und noch dazu offizielle), aber beide schweigen das F3-Engagement tot - und erwähnen erst den Senna Sieg 1983 in Macao. Davor gewann man aber etliche Titel und noch mehr Rennen - etwa in der F3-EM ab 1975. Weiss jemand vielleicht wo man mehr Infos über diesen Motor und seinen Einsatz erfahren kann?


Hier hab ich dazu ein bisschen was:

In der Formel-3 ist Toyota ein traditioneller Motorenhersteller. 1974 war das erste Jahr für Toyota in der 3. Liga des Motorsports und das gleich mit Erfolg: Brian Henton wurde auf einem March britischer Formel-3 Meister, der von einem Toyota Motor befeuert wurde. Allerdings muss man auch erwähnen, dass in Hentons March 743 auch lange ein Ford Aggregat schlummerte. Mehr Aussagekraft hatte der Titel von Giorgio Francia in der deutschen Formel-3, der sich ebenfalls mit einem March Toyota den Titel sicherte. Conny Andersson sicherte sich zudem in Schweden den Formel-3 Titel auf einem Toyota angetriebenen March Renner. Ähnlich viele Titel sicherte sich Toyota auch 1975 und das gegen mehr Konkurrenz. Nachdem im Vorjahr nur Ford ein ernst zunehmender Gegner darstellte, hatte es Toyota in der deutschen Formel-3 auch mit BMW zu tun. Den größten Erfolg hatte Toyota in der britischen Formel-3, in der die ersten 3 in der Gesamtwertung mit Toyota-Motoren unterwegs waren. 1976 holte man sich alle nennenswerten Formel-3 Titel, bis auf den deutschen F3 Titel, den man erst 1977 wieder errang. In den Folgejahren dominierte Toyota die Formel-3 Klassen, musste aber immer wieder Rückschläge hinnehmen, denn BMW, Alfa Romeo und Renault rüttelten immer wieder an Toyotas Thron. Neben den zahlreichen Siegen und Titeln feierte Toyota 1983 einen souveränen Sieg beim ersten Formel-3 Rennen in Macau. Dieses Rennen wurde zur Tradition und 1983 siegte Ayrton Senna bei der ersten Ausgabe auf einem Ralt Toyota. Doch die anderen Hersteller rückten dem japanischen Motorenhersteller immer mehr auf die Pelle und 1984 holte sich Johnny Dumfries auf einem Ralt VW den Titel in der britischen Formel-3, womit erstmals seit 1973 kein Toyota befeuerter Fahrer britischer F3 Meister wurde! Auch sonst hatte Toyota nur noch in Japan und Skandinavien Erfolg. Toyota wurde aus Europa immer mehr verdrängt und konnte nur noch wenige Erfolge erzielen, wie den Sieg von Dumfries in Macau 1987. Zusätzlich bekam Toyota auch in Japan immer mehr Druck von Honda und Nissan, 1988 holte sich Toyota aber wieder mit JJ Lehto und einem Reynard den Titel in der britischen F3. Es folgten Jahre, in denen Toyota titellos blieb, allerdings immer wieder Highlights setzen konnte, wie der Sieg in Macau von Rickard Rydell (TOM’s Toyota) 1992. Danach gewann Toyota in Macau nur noch 1998 (Mit Peter Dumbreck) und 1999 mit Darren Manning, die einen Dallara vom Toyota Werksteam TOM’s einsetzten. 1993 übernahm Toyota in Japan wieder die Vorherrschaft. Die Toyota Formel-3 Motoren basierten Übrigen oft auf Motoren aus den Straßenautos!

Beitrag Sonntag, 15. April 2007

Beiträge: 45703
Vor langer Zeit habe ich den folgenden kurzen Absatz zu Toyota und Formel-1 geschrieben und ihn vergessen hier einzustellen. Im gröbsten sind die geplatzten Toyota Projekte noch einmal aufgeführt, das meiste haben wir hier im Thread schon einmal gehört:

2002 kam Toyota in die Formel-1, aber bereits zuvor gab es immer wieder Überlegungen der Japaner, in den GP Sport einzutreten, mal kamen diese Überlegungen von Toyota aus, mal wurde bei Toyota angefragt. So kaufte sich Toyota 1978 zu Testzwecken einen Lotus 78 von Hector Rebaque. Der Mexikaner fuhr diesen Renner zuvor mit seinem eigenen Team in der Formel-1, doch hatte er inzwischen einen Lotus Ford 79 zur Verfügung und baute bereits fleißig an seinem eigenen GP Renner. Gerüchten zu Folge wollte Toyota in das Chassis ein Turbomotor einbauen und damit beim Kanada GP 1979 teilnehmen – aufgetaucht ist man natürlich nie und es blieb bei Gerüchten. Mitte der 80er Jahre, nach dem Tod von Lotus Chef Colin Chapman, wollte sich Toyota Lotus an den Nagel reißen. Viel wichtiger aber, angeblich gab Toyota Lotus den Auftrag, für sie einen 1,5 Liter Formel-1 Turbomotor zu entwickeln. Leiter des Projekts soll der von BRM bekannte Tony Rudd gewesen sein. Wie weit das Projekt an Ernsthaftigkeit besaß, konnte nie herausgefunden werden. Mitte der 90er Jahre gingen die Gerüchte um einen Einstieg von Toyota wieder los. TOM’s plante 1993 den GP Sport beizutreten und erhoffte sich dabei natürlich Unterstützung von Toyota, die aber nie kam und so geriet auch das TOM’s Projekt auf wackelige Beine. 1994 fragte das japanische Ikuzawa Team bei Toyota nach, einen Formel-1 Motor für den von Enrique Scalabroni entwickelten Ikuzawa GP Renner zu bauen, die Toyota gaben Testsu Ikuzawa aber einen Korb.

1999 nahm Toyota aber wirklich die Arbeit für die Formel-1 auf. 2002 stieg man mit Mika Salo und Allan McNish als Fahrer ein, geführt wurde das Team von Ove Anderson, Gustav Brunner entwarf die GP Renner. Toyota stellte das größte Budget in der Formel-1, zu Erfolgen kam es aber nie wirklich. Die Saison 2005 wurde mit Jarno Trulli und Ralf Schumacher zum Höhepunkt, mehr als Podestplätze und Pole Position konnte Toyota jedoch nicht erringen. Seit 2005 beliefert Toyota zudem ein 2. Team mit Motoren, 2005 Jordan, 2006 Midland und 2007 wird man das Williams Team mit Motoren ausstatten.

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