torino hat geschrieben:
Alfalfa hat geschrieben:
Über den Sieger von Indy 1966 streiten sich ja noch heute die Gelehrten...
Das würde mich auch brennend interessieren!
Wie gesagt - bis heute meinen ja nicht wenige Jim Clark hätte das Indy 1966 gewonnen.
Das Indy von 1966 wurde wegen der spektakulären Karambolage berühmt und bis heute hat niemand die Ursache herausfinden können. Damals beschuldigte so ziemlich jeder Fahrer den anderen. Anscheinend wurde er aber von Billy Forster ausgelöst, dessen Vollstedt-Ford, im Gegensatz zu den anderen Wagen um ihn herum, die mit einem für diese Art Ovalrundstrecke idealen 2-Gang-Getriebe ausgerüstet waren, über vier Gänge verfügte. Sobald die grüne Lampe aufleuchtete, nutzte Foster die Vorteile der besseren Beschleunigung seines Wagens aus, um sich von seinem Startplatz in der vierten Reihe durch das Feld nach vorn zu schlängeln. Unterwegs touchierte er den Gerhardt von Gordon Johncock, der von der zweiten Startreihe gestartet war, und dieser schlug in die Mauer ein.
Auch Graham Hill (der einen John Mecom-Lola fuhr) soll - durch eine falsche Reaktion auf diesen Unfall - die Massenkarambolage begünstigt, bzw. eingeleitet haben (wäre eigentlich kein Wunder - es war sein erstes Indy, bzw. Ovalrennen - und woher sollte er dafür die Erfahrung haben). Das löste eine Reihe von Kollisionen aus: Räder, Wagen und Wagenteile flogen wild durch die Luft. 'Superstar' Foyt war sehr verärgert - besonders über die Indy-untypische Abbrems-Aktion von Graham Hill - aber wahrscheinlich hat er sich so sehr aufgeregt, weil Millionen von Fernsehzuschauern auf der ganzen Welt gesehen hatten, wie er dem Durcheinander, durch panisches affengleiches Überklettern eines Zaunes entkommen war. Es war wie ein Wunder - Foyts Finger, den er sich am Zaun zerschnitt, war die einzige von einem Teilnehmer erlittene Verletzung dieses erschreckenden Vorfalls!
Das Resultat war ein neuer Start mit elf Wagen weniger als vorher. Trotzdem kam es danach zu einem weiteren Chaos - nämlich einem Zeitnehmer-Chaos!
Zuerst sah es aus, als könnte Clark seinen Sieg von 1965 wiederholen, aber dann stellte man fest, dass die Piste sehr rutschig geworden war. Zum ersten Mal durften die Teilnehmer einen Ölzusatz verwenden und STP hatte den Rennfahrern einen Geldbonus offeriert, um ihr Produkt zu verwenden. Aus diesem Grund gab es mehr Wagen als sonst mit einem STP-Aufkleber an der Karosserie und die hatten ein verdünntes Öl im Motor. Nach einger Zeit begannen mehrere Wagen eben dieses Öl zu verlieren und die Bahn wurde sehr rutschig.
Auf der rutschigen Strassenoberfläche schaffte es Clark kaum den Wagen zu kontrollieren und machte in der 64. Runde einen Dreher. Normalerweise endet ein Dreher in Indy mit einem Schlag in die Aussenmauer. Aber dem Schotten gelang es, seinen Wagen auf der Strasse zu halten, ohne den Motor abzuwürgen, obschon er in die Box fahren musste, um die Reifen auswechseln zu lassen. 20 Runden später lag er wieder an der Spitze und drehte sich nochmals. Diesmal touchierte er die Wand und musste danach seine angeschlagenen Räder wechseln. Inzwischen war ClARK zum Schluss gekommen, dass er etwas vorsichtiger fahren sollte, um überhaupt fertigfahren zu können.
Jetzt lag Lloyd Ruby mit seinem Eagle-Ford, in Führung, aber plötzlich riss eine Ölleitung und der Rennleiter tat, was er drei Jahre zuvor bei Pamelli Jones auch hätte tun sollen: Er zeigte Ruby die schwarze Flagge. Dann schien es, als würde Jackie Stewart in einem Lola das Rennen gewinnen, aber sein Öldruck sank auf Null und er war out. Zu diesem Zeitpunkt zeigte der Positionsanzeiger - ein grosser, beleuchteter Turm vor den Boxen - alles falsch und wurde ausgeschaltet. Als er wieder eingeschaltet wurde, hiess es, Graham Hill sei an erster Stelle und Jim Clark an Zweiter. In der Lotus-Box war man komplett perplex.
Cyril Audrey, RAC-Zeitnehmer aus England, war sicher, dass Clark vor Hill lag. Am Ende des Rennens gab es in der Siegerallee, Victory Lane, ein unglaubliches Durcheinander. Clark, der sich für den Sieger hielt, versuchte hineinzufahren und fand dort den Lola von Hill (dabei soll Hill seinen berühmten Satz gesagt haben: 'Sorry bloke, I drunk the milk already...'). Andy Granatelli stritt sich furios mit dem Rennleiter, der sich entschloss, das Endergebnis erst am folgenden Morgen um 10 Uhr zu veröffentlichen, um Zeit zu haben, die Rangierungen zu überprüfen.
Lotus & Clark-Fan Gerad Crombac schrieb mal dazu: "Ich teilte mit Cyril Audrey ein Zimmer und wir verbrachten den Abend mit dem Vergleichen unserer Rundentabellen. Meine Rundentabelle hatte ich vom Pressebalkon aus geführt, da ich von dort aus bessere Übersicht hatte. Laut meiner Tabelle war Hill der Sieger. Schliesslich stellte es sich heraus, dass im Durcheinander nach einem von Clarks Drehem Cyril eine von Grahams Runden übersehen hatte. Am nächsten Tag gingen wir zum Rennleiter um ihm mitzuteilen, dass er recht hatte."
Folgende Äüßerung fand ich bei Nigel Roebuck dazu: "Beim 500er traf ich auch einen Mann, dessen Vater 1966 als USAC-Steward fungiert hatte. In diesem Jahr war Clarks schlecht fahrbarer Wagen ihm zweimal 'ausgekommen' und hatte sich gedreht. Beide Male gelang es Jim, das Auto heil von der Mauer wegzulenken. Sowas hatte man in Indy vorher nie gesehen, staunte der Mann. Was, das weisst Du nicht? Der Wagen kam rückwärts aus Kurve Vier, ohne Motor, Clark gab mit der Steuerung ein Zwick, um den Wagen wieder in Fahrtrichtung zu drehen, fand einen niedrigen Gang und kuppelte ein, da war er schon wieder...
Es war ein umstrittenes Finish. Jim und Graham Hill bogen beide in die für den Sieger vorgesehene Victory Lane ein - wo das Rennen dem Engländer zugesprochen wurde - versehentlich, laut meinem Informanten. 'Die Zeitnehmer hatten eine von Clarks Runden übersehen - und schrieben sie seinem Teamgefährten Al Unser zu (was durchaus möglich wäre, denn beide fuhren einen absolut identisch lackierten Wagen - und hatten auch mit #18 und #19 verwandte Startnummern - allerdings verwendete Clark auffällig lackierte Weißwand-Reifen). Alle wussten es... ' 'Warum wurde der Fehler nicht berichtigt?' 'Oh, komm! USAC - einen Fehler zugeben? Du spinnst wohl!'
Unzählige erstklassige Formel 1-Fahrer haben Indianapolis mit leeren Händen verlassen. Für Clark war es bloss ein weiteres, wenn auch überschätztes Rennen. Seiner Meinung nach war es viel schwieriger, in Clermont-Ferrand oder auf dem Nürburgring die korrekte Linie zu finden. Daher nahm er selbst die 'Niederlage' von 1966 nicht so tragisch..."