Gabriele Rumi
Angenommen, ein Rennstall befindet sich in finanzieller Schräglage, würde sich ein Teamchef einen Teilhaber wünschen, der Wissen und Enthusiasmus für den Motorsport mitbringt, aber nicht zu viel selbst entscheiden will, und vor allem, der einiges an Kohle mitbringt. Die Beschreibung passt perfekt auf Gabriele Rumi. Als er Ende 1996 Anteile an der Scuderia Minardi übernahm (Ende 1997 hatte er die Mehrheit der Teamanteile), war er längst kein Neuling mehr in der GP-Szene. Und an Geld mangelte es dem Italiener schon gleich gar nicht: 1940 wurde er in eine Familie hineingeboren, die sich durch eine Stahlfirma reich gewirtschaftet hatte. 1961 wanderte diese Firma in die Hände von Gabriele Rumi, der sich auf Aluminium statt Stahl und Eisen spezialisierte.
Rumi wollte aber in ein noch spezielleres Gebiet: Der Bau von Leichtmetallfelgen und -räder. Dafür gründete er 1972 die Firma Fondmetal. Das öffnete Rumi auch die Türen in die Formel-1. Bereits in den 60er Jahren war Rumi aber dem Motorsport verfallen: Er fuhr einige Bergrennen und Rennen in der Formel-Monza. Doch mit über 20 war Rumi schon zu fortgeschritten für eine Karriere als Profirennfahrer. Es dauerte bis 1983, bis Rumi in die Formel-1 einstieg. Zunächst sponserte er nur den italienischen F1-Fahrer Piercarlo Ghinzani, der von 1981 bis 1989 für Osella, Toleman, Ligier und Zakspeed insgesamt 74 F1-Rennen fuhr. Das brachte Rumi Kontakte zu Osella, die später noch von Nützen waren.
1984 baute er sein F1-Engagement aus: Er belieferte Williams, Tyrrell und Ligier mit Felgen und Räder von Fondmetal. Rumi brachte Ghinzani 1989 zu Osella zurück. Das Team von Vincenzo Osella, das seinen Ursprung bei Bergrennen Mitte der 60er Jahre hatte, stand mit dem Rücken zur Wand. Eine Zukunft hatte das italienische Team nicht. 1974 baute Osella mit Antonio Tomaini, der später in der Formel-1 nach einem Jahr bei Ferrari auch für Osella und Fondmetal arbeitete, die ersten Osella-Formel-2-Rennwagen. 1980 stieg Osella in die Formel-1 ein. 1989 musste Rumi das Team retten. Die Gelder von Rumi wurden immer wichtiger und so riss Rumi mehr und mehr Macht an sich. Das End’ vom Lied: 1990 schluckte Rumi das Team ganz und benannte es in Fondmetal um. Plötzlich hatte Rumi ein eigenes F1-Team.
Ein wichtiger Mann bei Fondmetal, auf den Rumi pochte war Gianfranco Palazzoni. Der Italiener war zunächst als Fahrer aktiv und wurde 1977 gemeinsam mit Lella Lombardi und Giorgio Francia für Osella Vizemeister in der Sportwagenweltmeisterschaft. Dann baute er gemeinsam mit dem ehemaligen F1-Fahrer Arturo Merzario ein F1-Team auf, das sich Merzario taufte. Das Team hatte nur eine kurze Karriere, Palazzoli wurde Teammanager bei Osella. Mitte der 80er war er für das Sportengagement bei Benetton zuständig, ehe er 1989 neuerlich zu Osella zurückkehrte und mit Rumi das Fondmetal-Team aufbaute.
Rumis Plan sah vor, das Team komplett umzustrukturieren. Das bedeutete auch, dass das Auto künftig nicht mehr in Italien gebaut werden soll, sondern von Robin Herd in Großbritannien. Herd gründete 1989 eine eigene Designfirma, nachdem er sein March-Team, das er Ende der 60er Jahre unter anderem mit Max Mosley gründete, an den Japaner Akira Akagi und dessen Leyton House Firma verkaufte. Herd konstruierte einen eigenen Rennwagen, den Fondmetal unter dem Namen Fomet einsetzte. Als Technischer Direktor wurde Richard Divila aus Brasilien verpflichtet. Divila war in selber Position bereits im Fittipaldi-Team engagiert. Auch bei Ligier war er eine Zeit lang engagiert und vor seiner Verpflichtung von Rumi baute Divila jenen FIRST GP-Rennwagen, der – weil das FIRST-Team nicht in die F1 einstieg, erst unter dem Namen Life in die Formel-1 kam.
Obwohl Rumi also eine vielversprechende Mannschaft aufstellte, hielten sich die Erfolge in Grenzen. Zunächst setzte Fondmetal auch noch den Osella aus dem Vorjahr unter neuen Namen ein. Erst zum Europaauftakt in Imola kam der Fomet Ford 1. Der Franzose Olivier Grouillard konnte sich aber auch mit dem neuen Rennwagen nur schwer qualifizieren. In Mexiko schaffte er es mit einer kleinen Sensation erstmals ins F1-Grid: Er qualifizierte sich als 10.! Im Rennen ging aber der Motor hoch. Noch 4 weitere Male schaffte er den Sprung in die Startaufstellung, in Belgien sah er als 10. auch die Zielflagge. Nachdem er in Portugal aber nicht einmal die Vorquali schaffte, schrieb ihm Gabriele Rumi einen Brief: „Deine Anwesenheit in Barcelona ist nicht nötig.“ Mit anderen Worten: Grouillard wurde gekündigt! Stattdessen kam Gabriele Tarquini und fuhr auch passable Rennplatzierungen ein, scheiterte aber ebenfalls einmal an der Qualifikation, nämlich beim Saisonabschluss in Australien. Aber Tarquini überzeugte Rumi und bekam für 1992 einen Vertrag.
Dafür gab es eine andere Hiobsbotschaft für Rumi: Robin Herd sagte die Unterstützung seiner Firma dem französischen Larrousse-Team zu. Mit anderen Worten: Die Firma von Herd wechselte zu Larrousse und blieb dort bis zum Ende des Larrousse-Teams Ende 1994. Herd, der gemeinsam mit Mike Earl 1999 ein F1-Team etablieren wollte, nannte die Firma in GenTech um und arbeitete in der IndyCar mit dem Forsythe-Team zusammen. Fondmetal fand in Astauto einen neuen Chassishersteller. Astauto war die Firma von Sergio Rinland, der seit 1983 in der Formel-1 für RAM, Williams, Brabham und Dallara Autos baute. Jene F1-Rennwagen von Astauto, die an Fondmetal beliefert wurden, dienten auch als Basis der F1-Boliden von Forti Corse 1995, einem italienischen Team von Guido Forti, das aus der Formel-3000 in 1995 in die Formel-1 einstieg. Davor verfrachtete Rinland die Fondmetal-Rennwagen als Basis in die IndyCar zum All American Racers Team von Ex-F1-Fahrer Dan Gurney. Andere Modelle fanden den Weg in die Interserie, wurden also zu Sportwagen umgebaut.
Fahrer mit den meisten F1-Rennen für Fondmetal
1. Gabriele Tarquini (ITA) 15 (1991/’92)
2. Olivier Grouillard (FRA) 4 (1991)
3. Andrea Chiesa (SUI) 3 (1992)
4. Eric Van der Poele (BEL) 3 (1992)
Mit Vorgängerteam Osella
1. Piercarlo Ghinzani (ITA) 46 (1982/’83-’86/’89)
2. Jean Pierre Jarier (FRA) 19 (1982/’82)
3. Nicola Larini (ITA) 17 (1988/’89)
4. Gabriele Tarquini (ITA) 16 (1987/’91/’92)
5. Alex Caffi (ITA) 13 (1986/’87)
6. Olivier Grouillard (FRA) 13 (1990/’91)
7. Eddie Cheever (USA) 10 (1980)
8. Corrado Fabi (ITA) 9 (1983)
9. Jo Gartner (AUT) 8 (1984)
10. Allen Berg (CDN) 8 (1986)
Auch wenn Fondmetal mit Rumi wieder mit einem renomierten F1-Designer zusammenarbeitete, war der Wechsel der Firma schlecht für das Team, denn Astauto brachte den neuen Fondmetal noch nicht zu Saisonbeginn. Erst zur Saisonmitte in Kanada kam der Fondmetal Ford GR2, der GR1 basierte noch auf dem Formet des vergangenen Jahres und zeigte deshalb auch gewisse Ähnlichkeiten zum Venturi Lamborghini, den das Team von Gerald Larrousse einsetzte. Außerdem bedeutete das, dass es auch 1992 keinen großen Schritt nach vorne gab. Das Team wurde besser, nur der 2. Fahrer im Team, der Schweizer Andrea Chiesa, der durch Sponsorengelder ins Team kam, schaffte es einige Male, sich nicht zu qualifizieren. Das Problem bei Fondmetal war vor allem die Zuverlässigkeit: Es gab im gesamten Jahr 1992 tatsächlich nur 2 Zielankünfte, darunter aber immerhin ein 10. Platz von Eric Van der Poele bei dessen Heimrennen in Belgien. Van der Poele kam ab dem Ungarn GP zu Fondmetal, weil Chiesa der Laufpass erteilt wurde. Van der Poele brachte dagegen nochmals ein paar Sponsorengelder mit. Doch das reichte nicht. Zum Portugal GP reiste Fondmetal noch an. Als Fahrer wurde Giuseppe Bugatti gemeldet, der Unsummen an Geldern als Paydriver bringen sollte. Aber Rumi gab noch vor dem Beginn des Rennwochenendes auf.
F1-WM-Statistik: Fondmetal
19 Rennen (Rang 68)
17 Nichtqualifikationen (Rang 29)
Durchschnittlicher Rückstand auf Pole Position: 6,474% (Rang 136)
Ausfallquote: 80,000% (Rang 154)
Durchschnittliche Startposition: 19,360 (Rang 286)
Rumis Traum vom eigenen F1-Team war gescheitert, aber Rumi hatte schon längst wieder eine andere Idee, in der Formel-1 zu bleiben: Gemeinsam mit Jean Claude Migeot, ein ehemaliger Techniker von Ferrari und Tyrrell, baute Rumi im Namen Fondmetalls einen Windkanal. Der Windkanal wurde unter anderem von Tyrrell und Benetton genutzt. Und Ende 1996 übernahm er dann einige Anteile an Minardi, Ende 1997 war er bereits der Haupteigner bei Minardi. Im Jahr 2000 hieß das Team sogar schon Minardi Fondmetal. Ende 2000 suchte Rumi nach einem Käufer, nach dem er schon Ende der 90er Jahre versuchte, das Minardi-Team, das mittlerweile zu einem Hinterbänklerteam verkommen war, das Team an British American Tobacco (BAT), Craig Pollock und Adrian Reynard verkaufte, also jenes Konsortium, das 1999 das BAR-Team aus den Resten des Tyrrell-Teams machten. In Paul Stoddart fand Rumi dann einen Käufer.
Dass Rumi das F1-Team verkaufen wollte, hatte 2 Gründe: Zum einen gingen ihm wieder die finanziellen Mittel aus, zum anderen erkrankte er an Krebs. Dem Krebsleiden erlag er im Mai 2001.
Quellen: TNF, grandprix.com, f1rejects.com