Auch auf die Gefahr hin, hier von den übrigen Froumsmitgliedern zerrissen zu werden, möchte ich doch an dieser Stelle auch einmal ein wenig Partei für Lang ergreifen. Nicht, daß ich in Frage stellen möchte, was neuerdings im TNF herausgefunden worden ist - deswegen möchte ich auch ausdrücklich betonen, daß ich auch der Meinung bin, der Titel sollte besser als "vakant" geführt werden - mir geht´s einfach darum, auch mal Verständnis für die andere Seite aufzubringen, dann fällt´s vielleicht auch etwas leichter, Erklärungen dafür zu bringen, warum praktisch alle Welt diese Entscheidung akzeptiert hat und niemand eine Korrektur gefordert hat. Und dafür eine Gefängnisstrafe zu fordern find ich schon ein bißchen hart, da müßten diverse Schwalbenkönige beim Fußball ja beinahe schon lebenslänglich einsitzen. Oder Surtees seinen 1964er Titel oder Schumacher den von 1994 abgeben und Prost und Senna müßten nachträglich die Titel von 1989 und 1990 tauschen...
Ich denke, um die damalige Entscheidung zu verstehen, muß man ein bißchen Abstand von der heutigen Sichtweise gewinnen und versuchen, sich in die damalige Sicht hineinzudenken. So hat damals wohl sicher nicht der Perfektionsanspruch geherrscht,den wir heute kennen und Meisterschaften hatten sicher bei weitem nicht diesen Selbstzweck, den sie heute besitzen.
Der Europameistertitel hatte zwar schon einen gewissen Stellenwert, aber es standen wohl immer noch eher die einzelnen Rennen im Vordergrund und am Saisonende hat man dann einfach geschaut, wer denn so der erfolgreichste gewesen ist und der hat den Meistertitel bekommen. Indizen dafür sind für mich z.B., daß die Stars es 1937 vorgezogen haben, beim Vanderbilt-Cup zu starten, statt bei dem zur EM zählenden GP von Belgien zu erscheinen, oder auch, wie wenig ernst es der AIACR war, das Reglement für 1939 festzulegen. Die endgültige Entscheidung, wie der Europameister zu ermitteln gewesen wäre, sollte ja erst NACH der Saison gefällt werden, also als alle Rennergebnisse bereits festgestanden haben!
Das scheint aber eben nicht auf allzu große Empörung gestoßen zu sein, möglicherweise (= meine Interpretation der Dinge) aus dem Grund, weil man wohl schon irgendwie die Unzulänglichkeiten des bisher verwendeten Punktemodus (der das Ankommen weit mehr belohnt hat als gute Platzierungen) erkannt hatte und vielleicht deshalb abwarten wollte, ob das nicht dazu führt, daß dann am Ende vielleicht der "falsche" den Titel zuerkannt bekommen könnte!
Und vor dieser Entscheidung stand dann halt irgendwann auch Hühnlein. Klar, aus Propagandagründen war es wichtig, den Titel zu vergeben, aber Nazi hin - Nazi her, ich bin mir sicher, auch internationale Funktionäre hätten - wenn der Krieg nicht ausgebrochen wäre - Probleme gehabt, den Titel NICHT an Lang zu vergeben. Ich denke, aus damaliger Sicht wäre das einfach auf absolutes Unverständnis gestoßen, wenn der eindeutig beste Fahrer der Saison nicht zum Meister gekürt worden wäre, denn das ist ja letztendlich das, wozu Meisterschaften überhaupt erfunden worden sind. Aus dieser Sicht heraus kann ich durchaus verstehen, daß sich Lang absolut als der gesehen hat, der den Titel "verdient" hat und vielleicht war diese befürchtete Öffentlichkeitswirkung auch der Grund, warum man bei der Auto Union davor zurückgeschreckt hat, dagegen zu protestieren. jedenfalls finde ich es ganz schön viel verlangt, von Lang zu fordern, er hätte sich sozusagen öffentlich als Usurpat bekennen sollen, wenn ansonsten offensichtlich niemand ein echtes Problem mit der Entscheidung gehabt hat. Unsereins rennt ja auch nicht aufs Polizeirevier und zeigt sich selbst an, wenn man mal "versehentlich" im Halteverbot geparkt hat oder zu schnell gefahren ist...
Wie gesagt, ich finde es großartig, wie Holger und der ganze Rest vom TNF hier die historische Wahrheit aufgedeckt haben und ich plädiere sehr dafür, in neuen Veröffentlichungen auch auf diesen Umstand hinzuweisen, aber das ist doch etwas anderes, als Lang deswegen als Verbercher einzustufen. Und ich habe bis heute auch keine stichhaltigen Beweise gesehen, daß er "mehr" Nazi gewesen ist als z.B. Müller oder die anderen Fahrer
So, jetzt aber zurück zu Langs Einsatz auf der Solitude 1949:
Sein Abschneiden bei diesem Rennen war in der Tat nicht allzu berühmt, was aber wohl mehr am Fahrzeug als an seinen mangelnden Fahrkünsten gelegen haben dürfte. Schumann schreibt, daß er fürs Rennen den AFM bekommen hat, den Vorster zuvor als Kleinstrennwagen (mit 750 ccm Kompressormotor) gefahren hat. Der hatte jedoch am Schottenring einen ziemlich üblen Crash und danach offensichtlich die Lust am Rennfahren verloren. Somit stand das Auto für derartige Einsätze von Gastfahren zur Verfügung (Lang war damit bereits schon für den Grenzlandring gemeldet), für die Formel 2 offensichtlich recht eilig mit einem von Polensky gelieferten BMW-Motor ausgerüstet. Der ging dann auch folgerichtig bereits im Training entzwei und über Nacht ist dann ein Motor eingabut worden, den Kling zur Verfügung gestellt hat (keine Ahnung, ob geliehen oder gekauft). Jedenfalls hat auch der im Rennen nicht lang durchgehalten, denn Lang ist dann bereits in der zweiten Runde an die Box gerollt und hat aufgeben müssen.
Für 1950 ist Lang dann ja ins Veritas-Lager gewechselt, ein weiterer Griff ins Klo, wie wir heute ja wissen. Trotzdem ist er dann später ja noch der erste deutsche Fahrer gewesen, dem es gelungen ist, WM-Punkte zu ergattern.