WM 1976 (8)
Der Sieg von James Hunt in Zandvoort mobilisierte die langsam erwachenen Kräfte von Niki Lauda enorm. Er wollte zunächst erst beim GP Kanada wieder ins Ferrari-Cockpit steigen, aber ein Blick auf auf die WM-Tabelle machte sofortiges Handeln nötig:
1. Lauda 58 Punkte
2. Hunt 56 Punkte
3. Scheckter 36 Punkte
Gemeinsam mit Fitness-Guru Willy Dungl bereitete der Österreicher sein Comeback in den Grand Prix - Sport vor - ein Comeback, dass von fast allen Beteiligten und Fans als absolute Sensation gewertet wurde. Ganze 5 Wochen nach seinem Feuer-Unfall stieg Lauda in Fiorano fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit für 30 Runden wieder in den Ferrari 312 T 2. Danach stand für ihn fest: "Ich bin immer noch in der Lage, einen F1 Wagen zu fahren". Was ihn lediglich ein bißchen störte, waren die Brandwunden und die schmerzenden Überreste seines rechten Ohrs. Ein Spezialhelm mit einer Art eingebauten Kopfhörer sollte für Abhilfe schaffen. Großartige moralische Unterstützung durch Ferrari erfolgte nicht, im Gegenteil. Man kann es sicherlich schon als Affront bezeichnen, dass die Scuderia für den GP Italien Carlos Reutemann noch mit ins Team holte. Der hatte sich mit Bernie Ecclestone bei Brabham endgültig überworfen und witterte in Maranello die Möglichkeit, doch noch F1-Weltmeister zu werden...
Man konnte sich wirklich wundern über die eigenartigen Entscheidungen des Commentatore: Gleich 3 Wagen wurden in Monza aus den Transportern gerollt. Nein, von wohl überlegter Taktik zeugte diese Aktion wohl kaum, eher von Torschluss-Panik. Lauda hatte man zumindest im Hinterkopf schon abgeschrieben - Enzo wurde in der italienischen Presse diesbezüglich so zitiert. Ja, sogar die Rennleitung schickte Lauda zunächst nochmal zur ärztlichen Überprüfung, obwohl er die entsprechenden Atteste bereits vorgelegt hatte.
Doch ausgerechnet der schon abgeschriebene Österreicher zeigte mit Startplatz 5 die beste Leistung des Ferrari-Trios, was ihn sicherlich für das Rennen noch mehr motivierte. Seinem großen Rivalen James Hunt versuchte man indes, mit ganz anderen Mitteln Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Von wem auch immer angestossen, gab es plötzlich bei einigen Teams stichprobenartige Tests des verwendeten Benzins. Statt der erlaubten 101 Oktan wurden bei McLaren 101,6 und bei Penske sensationelle 105,7 gemessen - wobei an der Messmethode nicht nur von den Teams gezweifelt wurde...Resultat der Aktion: Die Samstagszeiten wurden Hunt, Mass und Watson gestrichen. Für das Trio galten die im nassen Freitagstraining erzielten Zeiten und damit waren alle drei nicht qualifiziert. Dass denoch beide McLaren und der Penske starteten, war der Tatsache zu verdanken, dass drei Hinterbänkler "freiwillig" auf den Start verzichteten. Nun, da mag mit Sicherheit der ein oder andere Dollar den Besitzer gewechselt haben...
Genutzt hat diese Aktion nichts - Hunt und Mass schieden unter dem Johlen der italienischen Fans aus, Watson kam als 11. ins Ziel. Star des Wochenendes war jedoch Niki Lauda, der seinen Ferrari 6 Wochen nach seinem schweren Unfall auf Platz 4 steuerte. Überraschungssieger war Ronnie Peterson: Endlich einmal hielt sein March eine komplette Renndistanz durch - wie wäre wohl der Titelkampf gelaufen, wenn dies öfter der Fall gewesen wäre ?
12 Tage nach dem italienischen GP gab es für Ferrari und Lauda noch drei Pünktchen vom FIA-Berufungsgericht aus Paris. Hunts Sieg beim englischen GP wurde aufgehoben, Lauda als Sieger offiziell gewertet. Der WM Titel schien für den schwer gebeutelten Österreicher doch noch machbar.
Der Rückschlag folgte auf dem Fuße: Den kanadischen Grand Prix auf der Holperpiste von Mosport gewann Hunt souverän, während die Ferrari (jetzt wieder als Zweierteam Lauda/Regazzoni) mit argen Fahrwerks- und Reifenproblemen zu kämpfen hatte. Regazzoni holte gerade einen Punkt, Lauda ruderte auf Rang 8 ins Ziel.
Auch in Watkins Glen war von der Stärke der Ferrari zu Saisonbeginn nichts zu sehen. Bei eiskaltem Wetter um die drei Grad heizten sich die Reifen am 312 T 2 schlecht auf, die kaum erfolgte technische Weiterentwicklung zeigte sich deutlich - Der McLaren M 23 von Hunt fuhr dagegen fast wie auf Schienen...und so war es mehr als ein Wunder, dass Lauda doch noch Platz 3 einfuhr. Hunts Punktekonto wurde die Höchstpunktzahl gutgeschrieben - Die Tabelle sah also vor dem letzten Lauf im japanischen Fuji so aus:
1. Lauda 68 Punkte
2. Hunt 65 Punkte
Nur drei Punkte Vorsprung, aber der Titel war trotz des desaströsen Verlaufs der zweiten Saisonhälfte immer noch zum Greifen nah...
Das Finale fiel beinahe ins Wasser: Heute würde unter solch widrigen Bedingungen (Sicht für die Fahrer ab Platz 2 nahezu null) sicherlich kein Grand Prix gestartet. Der Druck der 70.000 Zuschauer und der Veranstalter/Teamchefs war jedoch so groß, dass zwar spät, aber dennoch gestartet wurde. Hunt ging von der Pole sofort in Führung.
Nach zwei Runden hatte Lauda genug. Am Nürburgring war er dem Tod durch glückliche Umstände noch von der Schippe gesprungen - jetzt wollte er nicht im Regenchaos die Schutzengel erneut um Mithilfe bitten. Als er an die Box fuhr, erwarteten ihn fragende Gesichter. "Was ist los ?" fragte Audetto. "Es gint wichtigeres als die WM, nämlich zu leben" antwortete Lauda und zog sich den Helm ab. Audetto flehte nahezu: "Sag, es war ein Motorschaden, oder sonstwas - wir bestätigen alles".
Nikolaus Andreas Lauda bestand jedoch auf der Wahrheit (und handelte sich in Maranello einen Riesenärger und Probleme ein) und verlor die WM an den Rivalen James Hunt ohne Ausreden. Hunt selbst wusste angesichts des Chaos-Regenrennens zunächst nicht, dass er auf Platz 3 ins Ziel kam (4 Punkte) und somit Weltmeister war. Erst als die Rennleitung dies offiziell mitteilte, begann eine große Party - von der Lauda nichts mitbekam: Er war zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Heimflug und seine Gedanken waren sicherlich mehr als einmal bei dieser langen, ermüdenden, von Skandalen nur so strotzenden Saison 1976.
Die Tage gibt es noch einen kleinen Beitrag mit den Tops und Flops dieser Saison.
Weltmeister 1976: James Hunt (hier in Frankreich, Circuit Paul Ricard)