Thierry Boutsen
Am 13. Juli 1957 wurde Thierry Boutsen in der belgischen Hauptstadt Brüssel geboren. Keine Formel-1 Karriere schloss sich so im Kreis, wie jene von Boutsen: Beim Belgien GP 1983 debütierte er in der Formel-1, beim Belgien GP 10 Jahre später, als 1993, fuhr der Belgier sein letztes Formel-1 Rennen. Doch richtig begonnen hatte seine Motorsportkarriere 1975 als Schüler der Teddy Pilette Fahrschule. Dies war ein Förderprogramm des ehemaligen belgischen Formel-1 Fahrers Teddy Pilette, dessen Nachwuchsförderung 1992 in einem Formel-Ford Team verschärft wurde und die ihn 1994 dazu trieb, einen eigenen Formel-3 Renner zu bauen, den Pilette F.3. Teddy Pilette kam auch aus einer Rennfahrerfamilie – sein Vater André Pilette fuhr in den 50er und 60er Jahre Formel-1 und sein Opa Theodore Pilette fuhr 1913 beim Indy 500 und zu dieser Zeit auch bei ein paar Grand Prix Rennen (wollte beim Frankreich GP 1913 sogar ein eigenes Team an den Start schicken, aber letztlich wurden nur Werksteams erlaubt). Die Rennfahrerschule in der Formel-Ford hatten André und Teddy Pilette noch bis in die 80er Jahre.
Bald wurde Thierry Boutsen im Rennsport so stark, dass er sich entscheiden musste: Profirennkarriere oder Weiterführung seines Ingenieurstudiums. Freilich entschied sich Boutsen für seine sportliche Laufbahn und so kam er 1979 in die Formel-3. Die meisten Rennen fuhr Boutsen in der europäischen F3, aber auch in der deutschen und englischen F3 tauchte er mit seinem Team, das Roger Heavens Racing Team, auf. Gefahren ist Boutsen einen Ralt Toyota und einen March Toyota. In der europäischen F3 wurde er immerhin Gesamt-13. Teamkollege Michael Bleekemolen wurde zum Vergleich dagegen sogar Vizemeister. Der Holländer hatte zu diesem Zeitpunkt für RAM und ATS allerdings schon 5 Formel-1 WM Rennen auf dem Buckel bzw. versuchte sich schon zu 5 F1-WM Rennen zu qualifizieren, war also schon deutlich erfahrener als Thierry Boutsen.
Für die Saison 1980 bekam Boutsen einen Vertrag im Formel-3 Team von ORECA zu einer Saison in der europäischen Formel-3 mit einem Martini Toyota. Dabei kämpfte er gegen Euroracing Pilot Michele Alboreto um den Titel. Mit 54:60 unterlag er im Titelduell mit dem Italiener. Die Bilanz in den 14 Rennen: 3 Siege, 3 Pole Positions und 6 Podiumsplätze, Alboreto sammelte mit seinem March Alfa Romeo 4 Siege und 8 Poles. Boutsen war aber natürlich der beste Belgier (Thierry Tassin, mit einem Argo Toyota für Anglia Cars unterwegs, wurde Gesamt-16. Tassin fuhr in seiner Karriere für die ehemaligen Formel-1 Teams Onyx und Jordan auch Formel-2 bzw. Formel-3000).
Neben Corrado Fabi und Christian Danner wurde Boutsen 1981 Formel-2 Werksfahrer für March. Mit dem March BMW konnte Boutsen wieder an der Spitze fahren. Am Nürburgring gewann er sein erstes von 2 F2-Rennen, vor Eje Elgh (Maurer BMW) und Teamkollege Fabi. Boutsen wurde wieder Vizemeister, dieses Mal recht deutlich hinter seinem Konkurrenten, der auf den Namen Geoff Lees hörte. Wieder wurde Boutsen aber von einem Fahrer geschlagen, der viel Erfahrung mit brachte, denn Lees hatte zu diesem Zeitpunkt seine Formel-1 Karriere schon fast hinter sich, absolvierte aber auf jeden Fall schon Rennen mit Mario Deliotti Racing, Tyrrell, Shadow, Ensign und RAM. Wieder war Boutsen aber bester Belgier, hatte aber auch keine Konkurrent. Lediglich Hervé Regout fuhr ein Rennen (für Bertram Schäfer Racing und einem Ralt BMW).
Ein entscheidendes Jahr für Thierry Boutsen war das Jahr 1982: Damals fuhr er seine 2. Formel-2 Saison, und zwar für das Spirit Team. Entscheidens deshalb, weil das Spirit-Team für 1983 den Formel-1 Einstieg plante, der erst beim Großbritannien GP zur Wirklichkeit wurde. Es galt aber die Devise: Würde Boutsen eine fehlerfreie und starke Formel-2 Saison mit dem Spirit Honda hinlegen, hat er gute Chancen auf ein Formel-1 Cockpit bei Spirit. Damit musste er aber seinen Teamkollegen im Griff haben und das war eine schwere Aufgabe, denn Stefan Johansson war wieder ein Fahrer, der bereits Formel-1 Erfahrung gesammelt hatte. Bei seinen 2 Formel-1 WM Versuchen 1980 mit Shadow Ford konnte sich der Schwede jedoch nicht qualifizieren. Boutsen fuhr wieder eine tolle Saison, wurde Gesamt-3. und war damit deutlich besser als Johansson. Lediglich den beiden March-Werksfahrern Corrado Fabi und Johnny Cecotto konnte Boutsen nicht das Wasser reichen. Folgerichtig wurde Boutsen zu einer Formel-1 Testfahrt im Spirit eingeladen. Völlig überraschend entschied sich Spirit aber gegen Boutsen und für Johansson als Fahrer, womöglich wegen der Erfahrung.
Und so befand sich Boutsen für 1983 auf Cockpitsuche. Die Formel-1 Saison war schon längst gestartet, als sich für den Belgier ab dem Belgien GP eine Chance auftat: Er bekam für die restliche Saison das Arrows Ford Cockpit des Brasilianers Chico Serra, der, von Copersucar kommend, die Erwartungen von Arrows nicht erfüllen konnte und gegen den Teamkollegen Marc Surer sich nie in Szene setzen konnte. Boutsen war damit am Ziel angekommen, er war Formel-1 Stammfahrer! Dafür musste Boutsen jedoch 500 Tausend US-$ mitbringen.
Sein 1. Formel-1 Rennen endete jedoch mit einem Ausfall, wegen einem Schaden an der hinteren Radaufhängung. Es folgten zwei 7. Plätze beim USA- und Kanada GP, gleichzeitig das beste Saisonresultat für Thierry Boutsen. Gleich zu Beginn der Saison 1984 fuhr Boutsen erstmals in die Punkte: Platz 6 beim Brasilien GP. In der weiteren Saison fuhr Boutsen zunächst noch mit dem Vorjahres Arrows Ford, dann kam jedoch auch der neue Arrows BMW zum Einsatz. Es folgten noch 5. Plätze beim Imola- und Österreich GP, auf der anderen Seite aber auch eine Nichtqualifikation beim Monaco GP. Er wurde WM-15. Nebenbei fuhr Boutsen auch in der DRM (German Racing Championship) einen Porsche und wurde damit Gesamt-3. hinter Stefan Bellof und Jochen Mass.
Auch 1985 und 1986 blieb Boutsen in der Formel-1 Arrows BMW treu. Während die Saison 1986 punktlos blieb, zeigte er 1985, aus welchem Holz Boutsen gestrickt war: Der Belgier war kein Mann für schnellste Rennrunden, er fuhr mit Coolness und Abgeklärtheit, wie auch bei seinem Auftreten außerhalb des Cockpits. Boutsen war der fleißige Punktesammler. Und 1985 sammelte er 11 Punkte und wurde auch WM-11. Das Highlight des Jahres war der 2. Platz beim Großen Preis von Imola, hinter Sieger Elio de Angelis (Lotus Renault).
Für die nächsten 2 Jahre heuerte Thierry Boutsen bei Benetton Ford an, mit einer tollen Saison 1988, seiner besten. Er fuhr 5-mal auf Platz auf das Podest, in Wirklichkeit sogar 6-mal, doch ausgerechnet zuhause beim Belgien GP wurde er disqualifiziert, weil man einen Kraftstoff verwendete, der nicht dem Reglement entsprach. Boutsen wurde toller 4. in der Gesamtwertung.
Die Saison 1988 ließ ihn sogar auf die Liste der Topteams bringen und so wechselte er 1989 zu Williams Renault. Damit war er in einem absoluten Topteam angekommen. Beim Regenrennen von Kanada gewann Boutsen den ersten von 3 Formel-1 Rennen: Der siegte vor Teamkollege Riccardo Patrese und Dallara Ford Pilot Andrea de Cesaris. Auch die Regenschlacht in Australien konnte Boutsen für sich entscheiden. 1990 lieferte Boutsen 2 tolle Rennen: Das erste beim Monaco GP, als er mit einem völlig unterlegenem Auto (weil sein Williams Renault Probleme hatte – schlechte Gasannahme) auf Platz 4 ins Ziel fuhr und dann freilich der Sieg beim Ungarn GP. Boutsen hielt den ernormen Druck von McLaren Honda Pilot Ayrton Senna und zig anderen Fahrern stand.
Boutsen zu seinen 3 Siegen in der Formel-1: „Der erste in Kanada war sehr speziell, weil die Kombination Williams und Renault zuvor noch nie gewonnen hatte. Außerdem war es der erste Triumph für Renault nach der Turboära. Der 2. in Adelaide war der härteste, weil es wie aus Kübeln gegossen hatte und die Verhältnisse teilweise kriminell waren. Der 3. in Ungarn hat mir viel bedeutet, weil der FW13B nicht gerade der beste Untersatz war, den ich in meiner Karriere hatte.“
Eines steht für Boutsen jedoch fest: „Die Zeit bei Williams war mit Abstand die beste in meiner Formel-1 Laufbahn.“ In der Statistik liest sich das wie folgt: Insgesamt 71 Punkte in den beiden Jahren, WM-5. 1989, WM-6. 1990. Doch dann kam Nigel Mansell ins Team zurück und Boutsen musste sich nach einem anderen Team umschauen. Er unterschrieb einen 2-Jahresvertrag mit Ligier, doch sowohl der Ligier Lamborghini JS35 von 1991, als auch der Ligier Renault JS37 waren keine Granaten. Bis zum letzten Rennen der Beziehung Boutsen/Ligier, dem Saisonfinale in Australien 1992, blieb Boutsen punktlos, doch dann raste er auf Rang 5. Es waren die letzten 2 seiner insgesamt 132 WM-Punkte, die Boutsen in seiner Formel-1 Karriere sammeln konnte. 1993 fuhr er noch 10 Rennen für Jordan Hart, aber am Ende der Saison gab er bekannt, sich aus der Formel-1 nach 163 WM-Rennen zu verabschieden.
Boutsens Formel-1 Karriere in Zahlen
Knapp außerhalb der Punkteränge: 12 (Rang 5)
WM-Rennen: 163 (Rang 18): Belgier, mit den meisten Formel-1 Rennen
Disqualifikation: 1 (Rang 31)
Punkteresultate: 41 (Rang 40)
Siege: 3 (Rang 49): Kanada 1989, Australien 1989, Ungarn 1990
Podestplätze: 15 (Rang 51)
WM-Punkte: 132 (Rang 51)
Pole Position: 1 (Rang 64): Ungarn 1990
Führungskilometer : 662 (Rang 65)
Schnellste Rennrunde: 1 (Rang 71): Deutschland 1990
Starts aus 1. Reihe: 1 (Rang 86)
Siegquote: 1,840% (Rang 86)
Pole-Position Quote: 0,610% (Rang 88)
Ausfallquote : 40,491% (Rang 137)
Durchschnittliche Startposition: 12,558 (Rang 177)
Nichtqualifikationen: 1 (Rang 187)
Nach seiner Formel-1 Karriere fuhr Boutsen 1994 bei Eggenberger Motorsport einen Ford in der deutschen Supertouringcar Championship. Er wurde Gesamt-10. Nebenher fuhr er für Porsche auch in der GT1 Klasse beim 24 Stundenrennen von Le Mans. Er wurde 2. 1996 konnte er die GT1 Klasse mit einem Porsche gewinnen, gemeinsam mit Hans Joachim Stuck und Bob Wollek. Es folgten noch einige Sportwagenrennen für Porsche und Toyota, doch nach dem 24 Stundenrennen von Le Mans 1999 zog sich Boutsen vom Motorsport zurück. Damals erlitt er bei einem Unfall schwere Rückenverletzungen. Nun ist er als Händler von Kleinflugzeugen in Monaco tätig. Er besitzt auch das Mégane Trophy Racing Team.
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MichaelZ am Sonntag, 12. August 2007, insgesamt 1-mal geändert.