MichaelZ hat geschrieben:
pironi hat geschrieben:
Die Aktion von Senna war die gefährlichste und vorsätzlichste Aktion, die ich in der Formel 1 je gesehen habe. Jene von Schumacher waren auch sehr unfair, aber wie bereits von den Vorrednern erklärt, bei niedriger Geschwindigkeit.
Klar war Senna frustriert, Prost fuhr ihm 89 absichtlich in die Karre, das zeigen ganz klar die Inboard-Aufnahmen. Aber gleiches mit gleichen zu vergelten, zeugt nicht wirklich von Größe, daher habe ich den Hype um ihn nie ganz verstanden.
Noja der Hype um Senna ist aus schon zu erklären, da gibt es doch massenhaft Gründe. Ein paar Beispiele:
- Freilich war Senna einfach einer der besten Fahrer überhaupt damals. Es war einfach beeindruckend wie präzise und aggressiv zugleich er seine F1-Boliden um die Kurse prügelte. Und das zeigt auch die Ausbeute an Pole Positions. Senna war einer der besten Qualifier in der Geschichte. Es gab davor und danach schon öfter gute Qualifier, etwa 2002 Montoya, das war auch beeindruckend, aber Senna war da schon um´einen großen Deut besser.
- Senna war ein interessanter Charakter. Das kann man nicht abstreiten, keine Familie, nur Hingabe für den Motorsport. Sticheleien gegen andere Fahrer, dominantes, manchmal auch etwas zurückgezogenes Auftreten. Er war schon ein ganz ganz großer Charakterkopf und vor allem eben ein eigener Charakter.
- Senna starb im Rennauto. Man muss schon zugeben, dass ein Unfalltod einen eh schon beliebten Rennfahrer nochmal deutlich beliebter macht. Das sieht man doch an mehreren Beispielen, Greg Moore, Gilles Villeneuve etc. Alle waren sie mal sehr beliebt, der Tod im Auto hob sie aber noch ein Stück mehr von den anderen ab.
Diese Gründe stimmen schon alle, aber es klingt etwas nüchtern. Man merkt, dass Du diese wohl größte Epoche der F1 nicht selbst miterlebt hast (soll kein Vorwurf sein, dafür kannst ja nix).
Ich erkläre die Faszination Senna hier mal aus eigener Erfahrung, soweit man sie erklären kann. Eigentlich war ich die ganze Zeit Prost-Fan, ich finde Prost auch heute noch den insgesamt besseren Rennfahrer, wenn man Rennfahren als die Wissenschaft versteht, am Ende der Saison die meisten Punkte zu haben. Prost war der Professor, alle anderen waren wissenschaftliche Mitarbeiter, bestenfalls Privatdozenten. Nur Lauda war ähnlich, nur nicht so gut.
Senna war ein Künstler. Ich kann mich an kein einziges Rennen von ihm erinnern, in dem er nicht alles gegeben hätte, das war nicht immer effektiv, aber immer voller Hingabe. Dazu kam seine Philosophie, dass er im Rennfahren einen höheren Zweck sah, dass er sich nie beugte und voller Emotionen war. Dadurch wurde Senna für viele zu einem Vorbild, für Rennfahrer und Nichtrennfahrer, in allem, was man so macht. Senna war einfach eine Konstante, wie die Sonne am Himmel, die ihren eigenen Gesetzen folgt und um die sich alles zu drehen hat. Das war tief beeindruckend. Er war der klassische Samurai - auch deshalb liebten ihn die Japaner so.
Und obwohl ich überhaupt nicht religiös bin und nicht so richtig an Schicksal glaube, kann ich die Ereignisse in Imola 94 nur als Schicksal deuten. Und Senna spürte wohl auch, dass all die Ereignisse (Barrichello-Unfall, der Tod des armen Ratzenberger) nur ein Rahmen sind für die ganz große Tragödie, ein Wink des Schicksals an den Messias, dass es Zeit wird, zu den Göttern heimzukehren. Schon damals schien es praktisch unmöglich, dass ein Rennfahrer sich bei einem Unfall so schwer verletzen könnte, dass er sterben würde. Und schon gar nicht in einem Williams, mit dem Mansell und Prost WM wurden und den alle fahren wollten. Und schon gar nicht der große Unsterbliche Ayrton Senna! Die Autos waren sicher. Und der Unfall selbst war nicht schlimm, die Unfälle von Berger 89 und Piquet 87 waren vom Winkel gefährlicher, bei Berger kam das Feuer dazu. Eigentlich dachten alle nur, dass Schumacher jetzt schon 30 Punkte Vorsprung in der WM haben würde (Wahnsinn!) und dass Ayrton gleich aus dem Auto aussteigen würde. Und das wäre auch passiert, wenn nicht ein winziges Metallteil der Radaufhängung sich gelöst hätte, den Helm durchschlagen und ins Gehirn eingedrungen wäre. Ansonsten war Senna unverletzt. Wenn das nicht Schicksal ist...
Jedenfalls endete für mich, obwohl ich nie Senna-Fan war, mit Sennas Tod die Leichtigkeit der Jugend mit der Gewissheit, dass es überhaupt keine Konstanten im Leben gibt. "Als wenn die Sonne vom Himmel fällt", wie Berger sagte.