Diese Woche kamen neue Interessenten auf, die sich gerne die 50% des Toro Rosso-Teams kaufen wollen, welche Red Bull veräußert. Es handelt sich um Jean Todt zum einen und um das GP2-Team BCN zum anderen. Hinter den Kulissen dürfte es weitaus mehrere Interessenten geben, wie viele, das verrät auch ein kleiner Vergleich, den der ehemalige Besitzer des Teams, Paul Stoddart bei einem Besuch beim Saisonauftakt in Australien auf den Tisch brachte: „Von Mitte 2001, als ich Minardi übernahm, bis September 2005, als ich das Team an Red Bull verkaufte, verging kein einziger Monat, in dem sich nicht ein potenzieller Käufer bei mir gemeldet hätte!“ Der Australier, der Ende April in Long Beach seinen letzten Auftritt als Besitzer bei Minardi/HVM in der IndyCar haben wird (mit den Fahrern Nelson Philippe, Ex-MF1-Toyota-Freitagstestfahrer Ernesto Viso, sowie Ex-F1-Pilot Roberto Moreno), wird konkreter: „Insgesamt haben sich 49 Einzelpersonen oder Gruppen mit solchen Absichten bei mir gemeldet. Einigen war es sehr ernst, sie unterschätzten aber den Aufwand an Ressourcen für einen solchen Schritt. Andere waren komplette Wirrköpfe.“ Stoddart ist ein Geschäftsmann mit reinem Gewissen, und so verrät er nicht die Namen dieser 49 Interessenten – zumindest nicht alle. „Von einem deutschen Interessenten hängt bei mir an der Wand noch immer ein geplatzter Scheck“, gibt sich Stoddart geheimnisvoll. Ob es sich bei diesem Deutschen um Armin Johl handelt, der im Sommer 2007 das Super Aguri-Team übernehmen wollte, wird Stoddart wohl mit ins Grab nehmen. „Wieder andere – wie Michiel Mol oder Vijay Mallya – waren sowohl ernsthaft interessiert als auch gut informiert darüber, was auf sie zukommen würde. Und mit Spyker und Force India haben sie ja inzwischen ihren Traum verwirklicht.“
Interessant: Auch der Inder Vijay Mallya wollte das Team, das damals noch Minardi hieß, kaufen. Mallya, der Ende der 70er Jahre und Anfang der 80er Jahre mit einem Formel-1-Ensign Ford in Indien bei Formel-Libre Rennen fuhr und seit den 90er Jahren bei Benetton und Toyota als Sponsor tätig ist, konkretisierte seine Pläne eines eigenen F1-Teams also nicht erst im Vorjahr, als er mit Super Aguri und Spyker über eine Teamübernahme sprach, sondern schon zu Zeiten, als der Kettenraucher Stoddart noch bei Minardi am Ruder war, eben zwischen 2001 und 2005. Stoddart selbst kam bei Minardi nur an die Macht, weil sich die Mediengruppe Panamerican Sport Networks, kurz PSN, nicht mit großen Rennsport-Herzen zeigte: Als Gabriele Rumi, der Ende 1996 die 70% des Minardi-Teams übernahm, die Flavio Briatore, dem heutigen Renault-Teamchef, gehörten, aus der Formel-1 aussteigen wollte, fand er in PSN den idealen Verkäufer – dachte zumindest der Italiener, der Anfang der 90er sein Glück auch mit dem Fondmetal-Team versuchte, das sich aus dem Osella-Team heraus bildete. Rumi war schon im Ruhestand, sah sich die Formel-1 nicht mal mehr vor dem Bildschirm an, als ihn die Nachricht erhielt: Irgendwie kommt von PSN weder Geld, noch eigene Leute – der Vertrag wurde wieder aufgelöst. Weil Minardi verhindern wollte, dass der sympathische Rennstall, der 1985 aus der Formel-2 herauf in die Formel-1 einstieg, wieder in den Händen von Briatore landete, kam Rumi wieder zurück, nur aber, um sich einen neuen Besitzer zu suchen, den er mit dem Millionär Stoddart und dessen Fluglinie European auch fand.
Kandidaten gab es in dieser Zeit genug, auch Martin Brundle. Der Brite, der von 1984 bis 1996 für Tyrrell, Zakspeed, Williams, Brabham, Benetton, Ligier, McLaren und Jordan insgesamt 158 F1-Rennen gefahren ist, hatte damals Lust auf ein eigenes F1-Team bekommen. Brundle war nicht der einzige ehemalige GP-Pilot, der das Minardi-Team kaufen wollte, im März 2000 wollte dies bereits Adrian Campos tun, der seine F1-Rennen sogar alle für Minardi bestritt, 1987 und 1988. Campos beendete bald seine aktive Fahrerkarriere und förderte den spanischen Nachwuchs. Gemeinsam mit Jean Pierre Mosnier sollte 1993 ein spanisches F1-Team entstehen, das sich Bravo nannte, mit Judd-Motoren fahren sollte, und mit Nicola Larini und Jordi Gené, Bruder des heutigen Ferrari-F1-Testfahrers Marc Gené, bereits 2 Fahrer verpflichtet hatte. Als das Projekt jedoch scheiterte und das Auto an Simtek verkauft wurde, baute Campos sein eigenes Team auf, das in vielen Nachwuchsklassen an den Start ging, derzeit mit Alejandro Agag, der auch einer der Kandidaten zum Kauf des Super Aguri Teams war, als Teilhaber in der GP2, der 2. Liga der Formel-1. Einer der Campos-Fahrer damals war Marc Gené. Er schaffte den Sprung in die Formel-1 – mit Minardi. So kamen die Kontakte zwischen Campos und Minardi zu Stande, doch zur Übernahme fehlte Campos wohl das nötiger Kleingeld. Die spanische Kommunikationsmarke Telefonica bekam nämlich kalte Füße. Auch Joan Villadelprat war in den Übernahmeplänen involviert. Der Spanier, der in der Formel-2 für das Project Four Team des heutigen McLaren Mercedes Teamchef Ron Dennis arbeitete, kannte die Formel-1 als Manager bei Tyrrell, Benetton und Prost perfekt. Auch Eddie Irvine wollte mit seinem russischen Geldgeber Routsam Tariko das Minardi-Team kaufen, im Sommer 2005. Der Verkauf scheiterte am Geiz von Stoddart, der alleine für Verhandlungen 29 Millionen Dollar verlangte! Tariko ist neben dem Südafrikaner Tony Teixeira, Boss der A1 GP Serie, einer der Kandidaten, die auch jetzt als Kaufinteressenten bei Toro Rosso im Gespräch sind.
Bereits vor einem Jahr gab es zahlreiche Gerüchte, dass Toro Rosso sein Team verkaufe, unter anderem an Jean Todts Sohn Nicolas Todt und dessen GP2-Team ART, oder an Michael Schumacher und dessen Manager Willi Weber, oder an das Mercedes DTM-Team HWA. 1997 wollte British American Tobacco (BAT) zusammen mit Chassishersteller Reynard das Minardi-Team kaufen. Letztlich lehnte Minardi ab und BAT und Reynard unterstützten die F1-Ambitionen von Craig Pollock: Das BAR-Team war geboren! 2 Jahre später wollte Penske das Minardi-Team kaufen. Penske, in Amerika eine feste Größe, in der Formel-1 bis auf einen Sieg in den 70er Jahren kläglich gescheiterte, versuchte damals sein F1-Comeback und sprach mit Minardi und Toyota. Zur gleichen Zeit gab es noch einen Bewerber aus Amerika: Tony Johnson. Und auch ein holländisches Softwareunternehmen um Mark Muller bestellte sich in Rupert Manwaring einen F1-Kenner – er arbeitete bei Surtees, Brabham, Haas, Benetton und Tyrrell – und versuchte sich Minardi zu kaufen. Im Mai 2000 gab es zudem Gerüchte, dass Audi in die Formel-1 will. Es liefen angeblich Übernahmegespräche mit Benetton und Minardi. Die Ernsthaftigkeit der Gerüchte darf in Frage gestellt werden, schließlich wird Audi, in den 30er Jahren in Form von Auto Union sehr erfolgreich in der F1 vertreten, schon seit Jahren mit der Formel-1 in Verbindung gebracht, und mit vielen Teams, etwa McLaren, Sauber, oder zuletzt Red Bull. Wenige Monate später gab es noch einen Südafrikaner mit dem klangvollen Namen Riccardo Ferrari, der das Minardi-Team kaufen wollte. Aber auch dieser Deal platzte.