So, die ersten Ergebnisse meiner umfangreichen Ergebnisse sind da, es wird aber noch einiges mehr kommen:
Lwow Grand Prix
Einen passenden Anfang zu finden bei diesem Thema ist schwer. Am 8. September 1930 fand auf der 3,041 Kilometer langen Strecke der Lemburg GP oder auch Lwow GP genannt statt – der erste Grand Prix in Polen. Die Stadt, in welcher der Lwow bzw. Lemburg GP ausgetragen wurde, heißt Lviv. Heute liegt er in der Ukraine, zur damaligen Zeit jedoch noch in Polen. Der Grand Prix in Polen wurde neben Polen auch von Fahrern aus Deutschland, Österreich, Tschechoslowakei, Frankreich, Ungarn, Italien, Rumänien und noch einigen mehr. Der Rekordhalter der Strecke in Lwow ist ein Pole: Count Maurycy Potocki, Rundenrekord ist mit einer Zeit von 2:02,8 Minuten der Deutsche Rudolf Caracciola gefahren. Caracciola fuhr diese Runde beim Grand Prix 1932 mit seinem Alfa Romeo. Die Strecke in Lwow war sehr anspruchsvoll, vor allem weil der Asphalt sehr uneben war. Er bestand quasi nur aus Pflastersteinen und sogar Eisenbahnschienen!
Der GP ging über 17 Runden, was eine Gesamtdistanz von 51,697 Kilometer ergab. Vor dem Rennen wurden die Bugatti Piloten als Favoriten eingestuft, doch im Rennen zeigte Henryk Liefeldt, wo der Hacken hing: Er fuhr mit 2:12,1 Minuten nicht nur die schnellste Rennrunde, sondern gewann mit seinem Austro Daimler auch das Rennen. Mit auf das Podest durften Maurycy Potocki und Jan Ripper, die jeweils für Bugatti unterwegs waren. Liefeldt benötigte für das Rennen knapp eine Dreiviertelstunde – zur damaligen Zeit war das eine lächerliche Distanz, denn damals waren die Rennen weit länger als die Grand Prix Rennen der Neuzeit, die knapp über 300 Kilometer lang sind. Allerdings war das Rennen deshalb so anspruchsvoll, weil die Strecke in einem grauenhaften Zustand, aber auch der Streckenverlauf an sich war ein schwerer, wie sich der Michael Schumacher der 30er Jahre gut 20 Jahre später erinnerte: Auf die Frage, welche Strecke der Deutsche für schwer hält, antwortete der mehrfache GP Sieger: „Definitiv der Nürburgring (mit der Nordschleife versteht sich!), gleich gefolgt von Monaco, wobei, nein da war ja noch Lwow in den 30er Jahren.“ Caracciola muss es wissen, er gewann mit seinem legendären Mercedes nicht nur schon auf den Nürburgring und den Monaco GP, 1932 gewann er auf Alfa Romeo auch den Lwow GP. Am 7. Juni 1931 fand der nächste Lwow GP statt. Dabei gab es einen klaren Favoriten: Den in Warschau geborenen Mercedes Benz Fahrer Hans Stuck. Nennenswerte Konkurrenten hatte der Deutsche nicht, Ripper fuhr wie im Vorjahr mit, ansonsten sind die Fahrer wenig bekannt. Stuck gewann wie erwartet das Rennen vor 2 Bugatti Fahrer (Hardegg und S. Holuj). Stuck fuhr mit 2 Minuten 10 auch die schnellste Rennrunde und holperte damit 2 Sekunden schneller über die Strecke wie ein Jahr zuvor Liefeldt.
1932 gewann wieder ein Deutscher den Lwow GP. Wie bereits erwähnt siegte an jenem 19. Juni Alfa Romeo Pilot Rudolf Caracciola. Nach dem bereits im Vorjahr die Renndistanz angehoben wurde (50 Runden statt nur 17, was einer Renndistanz von etwas mehr als 152 Kilometer entsprach), ging der Grand Prix 1932 über 66 Runden, was mehr als 200 Kilometern entspricht. Hinter Caracciola kam Albert Broschek auf Mercedes Benz ins Ziel, die Top 3 wurden komplettiert von Laszlo Hartmann aus Ungarn, der mit einem Bugatti unterwegs war. Der Vorjahressieger Hans Stuck meldete sich auf einem Mercedes, kam jedoch nicht ins Ziel. 1933 erlebte der Lwow GP seinen Höhepunkt, als man ein gesundes Starterfeld hatte. Gesundes Starterfeld heißt, es fuhren einige Fahrer bei dem Rennen mit und neben Bugatti-, Alfa Romeo- Mercedes Rennern waren dieses Mal auch Maseratis zu betrachten. Guido Landi und Vittoria Orsini fuhren für Maserati dieses Rennen. Die dominierende Marke war allerdings Alfa Romeo. Es fuhren 4 Fahrer mit Alfa Romeo GP Boliden, 3 davon belegten auch die ersten 3 Plätze, nur Hans Ruesch fiel vorzeitig aus. Sieger des 304,1 Kilometer langen Rennens (und damit erreichte man heutiges GP Niveau; für diese Distanz musste der Kurs 100 Mal umrundet werden) war der Norweger Eugen Bjørnstad.
Ein GP Fahrer aus Norwegen ist ebenso selten, wie GP Fahrer aus Polen und noch hat es auch kein Norweger zu einem WM Rennen gebracht, aber Bjørnstad ist kein No- Name. Er begann seine GP Karriere Anfang der 30er Jahre für Bugatti, kaufte sich dann jenen Alfa Romeo, mit dem er eben diesen Lwow GP gewinnen konnte. Am Ende der Saison war Bjørnstad, der für einen sehr aggressiven Fahrstil bekannt war, noch auf einem ERA unterwegs. Neben dem Lwow GP 1933 konnte er auch noch weitere GP Rennen für sich entscheiden: Beim Finnland GP 1934 siegte er beispielsweise vor dem Deutschen Paul Pietsch Alfa Romeo) (der 1. Deutsche GP Fahrer bei einem WM Rennen) und dem Finnen Karl Alfred Ebb (Ford). Auch 1936 war er beim Finnland GP erfolgreich: Er siegte vor Per Victor Widengren aus Schweden (Alfa Romeo) und dem Finnen Alexi Patama (Ford). Neben solchen eher exotischen GP Rennen, wo viele der Weltelite nicht anwesend waren, fuhr Bjørnstad auch bei deutlich besser besetzten Rennen, wie dem Spanien GP, oder auch dem Vanderbilt Cup. Auch beim Tschechoslowakei GP war er öfter am Start.
Aber zurück zu unserem eigentlichen Thema. Hinter Bjørnstad beendeten den Lwow GP 1933 Renato Balestrero und Per Victor Widengren das Rennen auf den folgenden Rängen. Für den Sieg brauchte Bjørnstad etwas mehr als 3 Stunden und 40 Minuten. Mit Marie Luise Kozmian fuhr auch eine Frau bei dem GP Rennen mit; die Bugatti Fahrerin wurde jedoch nur 9. und war damit die letzte, die das Ziel erreichte. Auch für 1934 war ein Lwow GP in der Planung, aufgrund finanzieller Engpässe wurde das Rennen jedoch auf dem Höhepunkt gestrichen. Erst ab 1995 fanden wieder größere Rennen auf der Strecke statt, jedoch auch meist unbekannte Serien, wie die Formel-1 1600 oder Formel-1300. Am Rande des Lwow GP fuhren auch neben den GP Rennern auch die Tourenwagen, Sportwagen und Motorräder.