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Piloten vor 1950 !

Das Formel 1 Forum früherer Tage...

Beitrag Donnerstag, 27. September 2001
Tom Tom

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Welche Piloten der Vorkriegszeit bleiben für immer in Erinnerung und warum ?[br]----------------[br]Gruß

Tom
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Tom

Beitrag Dienstag, 16. Oktober 2001
Tom Tom

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Werde jetzt mal mit Erinnerungen an frühere Fahrer beginnen. In älteren Büchern sind viele "Glanztaten" und Seriensieger beschrieben, man bewunderte Fahrer wie Tazio Nuvolari, Henry Segrave oder Rudolf Caracciola.

Auch ein Deutscher "Koloß" fuhr in den 20er Jahren GPs bei Mercedes, konnte sich zwar in Siegerlisten (erster GP - Sieger am Nürburgring) eintragen, obwohl der ganz große Durchbruch verwährt blieb.

Einige Geschichten über den Kraftmensch Otto Merz machten immer wieder die Runde:

Im Juni 1914 in Sarajewo stand Otto im Mittelpunkt des Weltgeschehens. Er lenkte das Begleitfahrzeug des österreichischen Erzherzoges Franz Ferdinand. Nachdem die Schüsse vielen, sprang Otto sofort raus, war als erster zur Stelle, hob den Erzherzog aus seinem Sitz und brachte ihn in Sicherheit. Allerdings kam bereits jede Hilfe zu spät......

Bei Siegesfeiern kam es oft zu verblüffenden Kraftproben. Otto saß normal auf seinen Stuhl, bückte sich, umfasste mit einer (!) Hand das Stuhlbein seines "Nachbars" und hob den Stuhl mit dem Mann (z.B. Caracciola) hoch in die Luft........

Das heben eines Wagens oder den kompletten Kotflügel mit der Hand abreissen oder mit der bloßen Faust Nägel durch Tischplatten zu treiben, das alles war für Otto kein Problem......

Tragisches Comeback: 1933 wollte sich Otto auf der Berliner Avus mit einem Sieg endgültig vom Rennsport verabschieden, denn bei Regen war er mit seiner Kraft als einziger in der Lage, verschiedene Pasagen voll zu fahrern. Es sollte nicht mehr soweit kommem, der 43jährige Otto verunglückte bereits im Training tödlich.......




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Beitrag Samstag, 20. Oktober 2001

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Super das zu lesen.Bin eingrosser F1 Fan und ab heute neu in diesem Kreis. Ja die gute alte Zeit, da gibt es z.B. den einzigen grossen Piloten aus der Vorkriegszeit Manfred von Brauchitsch, der noch lebt und 95 Jahre alt ist. herr Molter, der ehemalige Pressechef von DAimler Benz hat ein interessantes Interview mit ihm gemacht, ist soweit ich weiß beim SWR hinterlegt.

Gruß Henry

Beitrag Samstag, 20. Oktober 2001
Tom Tom

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Hi Henry,

erstmal herzlich willkommen im Yesterday - Forum. Mit Manfred von Brauchitsch hast Du einen Fahrer "angesprochen", der auch mir am Herzen liegt. Habe vor einiger Zeit seine Bücher "Kampf um Meter und Sekunden" und "Ohne Kampf kein Sieg"(sehr beeindruckend)gelesen.

Manfred drehte nach seinem Avus - Sieg 1932 den Film "Kampf" und machte später das Hörspiel "Wie ich ein Rennfahrer werde". Wer hat diese Produktionen noch ?

Hätte gerne ein Interview mit Herrn von Brauchitsch geführt, nur leider ist der 95jährige nach meinen Informationen dafür nicht mehr bereit.

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Tom

Beitrag Sonntag, 21. Oktober 2001

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Hi Tom,
danke für deine Antwort.Ja das er keine Interviews mehr gibt ist mir bekannt. Schade eigentlich, na ja muß wohl seinem Alter Tribut zollen.Warst Du schon einmal in Remagen, dem Geburtsort von Carratsch? Dort sollte vor einigen JAhren ein Museum in der Nähe des Marktplatzes erstehen. DB hatte seine Bereitschaft zur Unterstützung gegeben,ist jedoch ausser einer Einweihungsparty nichts weiter daraus entstanden.
Sehr beiendruckend dagegen seine GGrabsteätte in Lugano, mit seinem Konterfei als Büste auf dem Grabstein. Sein Wohnhaus die Villa Scania gehört heute einem Arzt. HAbe einmal versucht das HAus zu besichtigen,es wurede jedoch nicht geöffnet.
Gruß Henry

Beitrag Sonntag, 21. Oktober 2001
Tom Tom

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Die Leistungen von Rudolf Caracciola 1934 - 39 sind um so höher einzuschätzen, wenn man die "Vorgeschichte" kennt.

Carratsch hatte am 23.04.33 auf Alfa Romeo - Team CC einen schweren Unfall in Monaco (schlitterte auf der Höhe des Fahrersitzes in eine Steintreppe), die Ärzte sprachen vom Ende der Karriere. Es war der Oberschenkelknochen zertrümmert, die Gelenkkugel gesplittert und einiges gebrochen.

Der ehemalige Alfa Romeo - Rennleiter Aldo Giovannini empfahl einen italienischen Spezialarzt (Professor Putti). In Bologna lag der Deutsche 7 Monate in Gips, erholte sich in Castagnola am Luganer See und verlor in Arosa bei einem Lawinenunglück seine Frau Charly.

Durch Hilfe seines Freundes Louis Chiron und dessen Begleitung Alice Hoffmann kehrte Rudi nach 13 Monaten an das Steuer eines (Mercedes-) Rennwagens zurück.
Mit Hüftschaden, einen verkürzten rechten Bein (knappe 10 cm) und starken Schmerzen fuhr Caracciola seine größten Erfolge heraus........

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Beitrag Sonntag, 21. Oktober 2001
Tom Tom

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Hi Henry,

Caracciolas Geburtsort in Remagen, seine und Babys Grabstätte am Luganer See konnte ich noch nicht aufsuchen. Allerdings muß es eine traumhafte Gegend sein und ein idealer Unterschlupf im 2. Weltkrieg.

Schade, das nur noch sehr wenig an frühere Fahrer erinnert wird. In der Videoproduktion (60 min.) "Die Silberpfeile - Chronik der legendären Rennwagen" von 1997 wurde übrigens das Interview von Günther Molter veröffentlicht.

Manfred von Brauchitsch sprach darin in seiner unnachahmlichen "oberlehrerhaften" Art von seinen Rekorden ("...kochendes Wasser in der Hose") und Erlebnissen ("....der Dicke wollte prahlen...") !

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Beitrag Sonntag, 21. Oktober 2001

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Ja stimmt.Hatte 1986 das Glück einmal mit Hermann Lang ein Telefonat zuführen. Au f das Thema von Brauchitsch wollte er nicht eingehen und die angebliche Rivalität mit RC auch nicht. Sicherlich auch eine Art von "Vergangenheitsbewältigung".
Was solls, jedenfalls ist es wie du schon schreibst, sehr schade, dass sehr viele Bilder, Dokumente usw. den Flammen und Zerstörungen im 2.Weltkrieg zum Opfer gefallen sind. Was interessant sein dürfte, das Hotel Eifler Hof in Adenau, wo früher die Siege mit NSKK Führer Hühnlein abgehalten wurden, hat viele Bilder und sonstige "sachdienliche Hinweise" in einem Koffer auf dem Dachboden. Jedoch ist mir nicht bekannt, inwieweit DB und Audi vor Ort recherchiert haben.
Gruß Henry

Beitrag Montag, 22. Oktober 2001
Tom Tom

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Adolf Hühnlein hatte wohl auch einen kleinen Anteil am "Aufschwung" der deutschen Fahrzeuge (Auto Union, Mercedes) in der Vorkriegsgeschichte, war aber in Fahrerkreisen nicht sonderlich beliebt.

Der Kulmbacher Hühnlein diente als Generalstabsoffizier im ersten Weltkrieg, war 1925 Quartiermeister, 1927 Chef des SA - Kraftfahrwesens. 1931 gründete Hühnlein das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK) und zog 1933 in den Reichstag ein.

Er hatte die Organisierung des gesamten Kraftfahrwesens inne, schuf als Sammelorganisation den deutschen Automobil - Club, war Organisator der 2000 Kilometer - Rundfahrten durch Deutschland und trat an die Spitze des der obersten Sportbehörde des deutschen Kraftfahrsportes.

Im 2. Weltkrieg wurde Hühnlein zum Reichsleiter ernannt, führte das Transportwesen der Kriegswirtschaft im Deutschen Reich und verstarb mit 60 Jahren 1942 in München.
Herzliche Grüße

Tom

Beitrag Montag, 22. Oktober 2001
Tom Tom

Beiträge: 2713
Hi Henry,

ja, in Deutschland hört und sieht man leider nur sehr wenig an History vor 1950. Wie weit Mercedes und Audi an der Tradition hängt, ist auch spekulativ.

Mit dem britischen McLaren - Team und einem gekauften "Illmor" - Motor wurde ja die glorreiche Rückkehr der "Mercedes - Silberpfeile" gefeiert...........(wobei aber die großartige Leistung nicht geschmälert werden soll).

Die "Eifersuchtsdramen" wegen Neubauer (Caraccila contra Lang) hat der gute Hermann wohl nie ganz verdaut. Es gibt schon einige "Geschichten aus der guten alten Zeit", die wieder einmal aufgefrischt werden müssen !

Wann wird der Koffer vom Dachboden geholt ?





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Beitrag Freitag, 26. Oktober 2001

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Den Koffer auf dem Dachboden des “Eifeler Hofes” wird es nicht mehr geben. Wie einige von euch vielleicht wissen, war der „Hof“ in den 70er und 80er Jahren ziemlich heruntergekommen, und stand sogar lange Jahre leer und zum Verkauf. Soweit ich weiss, hat sich 1997 endlich ein Käufer gefunden, und das ganze Anwesen sollte komplett renoviert werden. War einige Zeit nicht mehr dort, kann also nicht sagen, ob das bereits passiert ist, und auch nicht, ob es wieder ein Hotel wird bzw. geworden ist. Aber mit Sicherheit ist bei der Renovierung auch der Dachboden entrümpelt worden ...!

Und was die Meriten von Hühnlein angeht ..., nun ja, da kann man sich drüber streiten. In meinen Augen war das nur ein Parteibonze, der sich ins gemachte Nest gesetzt hat bzw. gesetzt wurde. Das NSKK war vor 1933 nichts anderes als eine Gruppe von Braunhemden mit Führerschein, und erst durch die Machtergreifung der Nazis konnte er seine Monopolposition aufbauen. Die deutschen Autombobilclubs, allen voran natürlich die beiden grossen ADAC und AvD, wurden zum DAC zwangsvereinigt, der Begriff „Sammelorganisation“ verniedlicht das etwas, und ob man da von „schaffen“ reden kann wage ich anzuzweifeln. Die ONS gab es bereits vor 1933, wie nach dem Krieg paritätisch besetzt durch AvD und ADAC, und somit war die Ernennung von Hühnlein als ONS-Präsident nur eine reine Formsache. Kurz gesagt, Hühnlein hatte von Motorsport soviel Ahnung wie eine Kuh vom Saxophon spielen, aber er liebte seine Machtposition. Voraussetzung für eine Fahrerlizenz war die Mitgliedschaft im paramilitärischen NSKK, Hühnlein war somit der formelle Vorgesetzte aller deutschen Grand-Prix-Fahrer. Das er sie dieses immer wieder spüren liess, war auch der Grund für seine Unbeliebtheit. Der Einzige, der ihm Paroli geboten hatte, war Rudolf Caracciola, wenn auch nur durch die Verlegung seines Wohnsitzes nach Lugano. Hühnlein soll damals ausgerastet sein, und alles versucht haben, um Daimler-Benz unter Druck zu setzen, Rudi als Vertragsfahrer zu entlassen. Nachdem ihm das aber nicht gelungen ist, hat er jahrelang keine Möglichkeit versäumt, Caracciola als „Fahnenflüchtigen“ anzuprangern.

Beitrag Samstag, 27. Oktober 2001
Tom Tom

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Ja, diese Meinung ist vertretbar. Die damalige Regierung "sonnte" sich im Erfolg von Auto Union und Daimler - Benz. Hier aber ein paar Namen, die seit der ersten Stunde hinter den Erfolgen der "Mercedes - Silberpfeile" standen.

Entwicklungsteam von Daimler - Benz:

Verantwortlicher Leiter Dr.- Ing. Hans Nibel
Konstruktionschef für Motorenbau Albert Heeß
Konstruktionschef für Fahrgestellbau Max Wagner

Rennteam von Daimler - Benz:
Rennleiter Alfred Neubauer
Fahrer Manfred von Brauchitsch
Fahrer Rudolf Caracciola
Fahrer Luigi Fagioli

Der Reichskanzler sprach am 11.2.33 über die bevorstehende Förderung der Automobilindustrie und finanzielle Unerstützung beim Bau eines GP - Wagens für Daimler - Benz.

Auto Union mit seinem Konstrukteur Porsche
(Fahrer: Hans Stuck, August Momberger, Ernst - Günther Burgstaller) wollte ebenfalls antreten und so entschied das Reichsverkehrsministerium die verfügbaren Mittel aufzuteilen.

1933 500 000 Reichsmark für Daimler - Benz
300 000 Reichsmark für Auto Union

1934 je 300 000 Reichsmark

1935 - 39 je 400 000 Reichsmark und Erfolgsprämien

Man konnte etwa ein Fünftel der Kosten mit diesen Beträgen decken, aber der Ansporn war sehr groß und man entschied sich für die erneute Teilnahme am Rennsport !

[br]----------------[br]Gruß

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Beitrag Samstag, 27. Oktober 2001

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Den Subventionsanteil für Auto-Union hatte man grösstenteils Hans Stuck zu verdanken. Der hatte Hitler bereits Mitte der 20er Jahre kennen gelernt, und diese Beziehung über die Jahre gepflegt. Hitler versprach Stuck damals, ihm einen konkurrenzfähigen Rennwagen zu verschaffen, wenn er an der Macht wäre, und dieses Versprechen wurde von Stuck eingefordert.

Grösstenteils vergessen ist heute auch die Bedeutung von Adolf Rosenberger. Er war ein begüterter Privatfahrer und persönlicher Freund von Prof. Porsche. 1924/25 hatte er den Benz-Tropfenwagen mit Mittelmotor gefahren, und war seitdem von diesem Konzept begeistert. Als Porsche 1932 mit der Konstruktion des P-Wagens (Projekt Nr. 22) begann - ohne Auftraggeber und auf eigenes Risiko -, hatte er sich gerade mit seinem Konstruktionsbüro selbstständig gemacht, die Kasse war leer, und die Auftragsbücher ebenso. Rosenberger hat die ganze Sache finanziert, und es ist wahrscheinlich, dass er auch den Ausschlag für das Mittelmotorkonzept gegeben hat. Wanderer hatte einige Jahre früher bereits die Idee geäussert, einen GP-Wagen zu bauen, aber aus finanziellen Gründen wurde daraus nichts. Nach der Fusion mit Horch, DKW und Audi sah das nun etwas anders aus, und es fanden Gespräche zwischen Porsche und der neuen Auto-Union statt. AU war an dem Projekt interessiert, machte eine Übernahme aber von der bereits erwähnten Subvention abhängig. Hier kam dann eben Hans Stuck ins Spiel, er beschaffte die Gelder unter der Voraussetzung, dass er Nummer-1-Fahrer im neuen Team würde. Adolf Rosenberger hatte sich diese Position selber erhofft, das Mittelmotorkonzept war auf ihn zugeschnitten, und ausserdem hatte er die ganze Sache bis jetzt finanziert. Er war allerdings Jude, und somit für ein regierungsunterstützes Projekt nicht mehr tragbar. Rosenberger war hierüber so verbittert, dass er bereits 1934 Deutschland den Rücken kehrte und in die USA auswanderte.

Beitrag Sonntag, 28. Oktober 2001
Tom Tom

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Im Sommer 1931 nahm Hitler dann auch Kontakt mit Manfred von Brauchitsch auf. Er lud ihn nach München ins Haus am Prinz - Regenten - Platz 16 ein und bot seine Hilfe an. Manfred sprach von 2 Millionen Mark, die seine Firma für die Herstellung und Entwicklung der GP - Wagen benötige.

Hitler versprach die Vorraussetzungen zu erfüllen, damit die Autoindustrie wieder international konkurrenzfähig wird. Bei einem weiteren Besuch am Obersalzberg versicherte er: "Ihre Firma bekommt das Geld, sobald ich an der Macht bin."[br]----------------[br]Gruß

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Beitrag Sonntag, 28. Oktober 2001

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Woher stammt diese Info, und von welcher Firma ist hier die Rede? M von Brauchitsch war damals Privatfahrer, erst auf einem SSK und dann SSKL, eine eigene Firma hatte er nie (von Beruf war er Sohn). Und für was brauchte er 2 Mio Mark? Der Stand der Technik im GP-Sport war 1931 Mercedes SSKL, Alfa-Romeo 8C, Bugatti 51, und Maserati 26, also mehr oder weniger alles nur Sportwagen. Selbst wenn man bei Null angefangen hätte, hätte weniger als 1/10 dieser Summe gereicht, um einen Kokurrenzfähigen Rennwagen auf die Beine zu stellen.
Von Brauchitsch hat leider in den letzten 20 Jahren in diversen Interviews einiges an Unsinn von sich gegeben, ich habe den Eindruck, das die Quelle dieser Aussage auch in einer dieser Märchenstunden zu suchen ist.

Beitrag Sonntag, 28. Oktober 2001
Tom Tom

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Hi Michael,

die Quelle meiner letzten Zeilen ist weitgehend das zweite Buch des Manfred von Brauchitsch ("Ohne Kampf kein Sieg") aus den späten 60er Jahren. Um Seite 27 des Kapitels "Ein Herr in München will helfen" finden sich folgende Zeilen (Zusammenfassung in eigegnen Worten):

Manfred wurde am Anfang seiner Karriere vom Vater und seinem Vetter vom Schloß Nischwitz finanziert. Er war wie Hans Stuck Privatfahrer auf Mercedes SSKL und pflegte dadurch auch gute Kontakte zu Daimler Benz (=Firma).

Mercedes wollte sich Ende 1931 (tat es auch, aber hatte ihm den Rennleiter Neubauer überlassen) vom Rennsport zurück ziehen. Manfred brauchte ein konkurrenzfähiges Auto, aber bei den Direktoren von DB stieß er auf taube Ohren.

"Ich suchte nach eigenen Wegen um jemand zu finden, der Daimler - Benz das nötige Geld für die Rennwagen vermittelte" und wurde bei Direktor Werlin (Verkaufsstellenleiter DB im oberbayrischen Bezirk) fündig.

Werlin unterhielt gute Beziehungen zu Hitler und so kam es zum ersten Treffen in der Wohnung von Hitlers Schwester Raubal. Das zweite Treffen folgte ein halbes Jahr später auf dem Obersalzberg.

Das Kapitel "Ein Herr in München will helfen" beginnt im Juli 1931, die Machtübernahme von Hitler war am 30.01.33, somit müßte das erste Treffen noch im Jahr 1931 stattgefunden haben........






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Beitrag Montag, 29. Oktober 2001

Beiträge: 4
Hallo Tom und Michael,
hätte ja nicht gedacht, dass ich mit dem Hinweis Hühnlein, eine derartige Lawine von Beiträgen lostreten würde.
Nun das er ein Profilneurotiker war, ist hinlänglich bekannt, denn Neubauer hat dies in seinem Buch Männer Frauen und Motoren eindeutig , oder sollte man besser sagen zweideutig beschrieben.
Lasst uns lieber über die Fahrer dieser zeit schreiben, als auf diese braune Zeit näher eingehen, die gesprägt war von solchen Schwachmaten.

Gruß Henry

Beitrag Montag, 29. Oktober 2001

Beiträge: 1477
Ich kenne das Brauchitsch-Buch nur von Hörensagen, habe es selber nicht gelesen, und habe auch nicht vor, es tu tun. Irgendwie verwundert mich nicht, dass er bereits damals dazu neigte, die Dinge zu verdrehen und sich selber in den Vordergrund zu stellen. Es ist wirklich schade, dass dieser eigentlich grossartige Rennfahrer seinen Ruf durch seine egozentrischen Aktivitäten und Aussagen kaputt macht.
Sicherlich war es Jakob Werlin, der Direktor der Münchner DB-Niederlassung, der den Kontakt zur neuen Regierung herstellte, weil er Hitler von früher gut kannte. Das passierte aber erst kurz nach der Machtübernahme Anfang 1933, und der liebe Manfred von Brauchitsch hatte damit absolut nichts zu tun. Mal ehrlich, wo sollte seine Funktion zu suchen sein?
Und die Sache mit den 2 Mio stimmt so auch nicht. Es gab eine Kostenschätzung von Mercedes-Benz für die Entwicklung eines GP-Wagens, und die lag bei 1 Mio RM. Diese Zahl stammt aber von Ende 1932, also nach der Bekanntgabe der 750-kg-Formel, d.h. als man wusste, dass man komplett neu entwickeln musste. Ausserdem handelte es sich um eine „Abschreckungs-Summe“, die beiden grossen deutschen Automobilclubs (da gab es AvD und ADAC noch) planten eine Spendenaktion, um Kapital für einen neuen deutschen GP-Renner zusammen zu bekommen, und Daimler-Benz wollte das vermeiden, weil man ernsthafte Rivalitäten zwischen beiden Clubs in dieser Sache befürchtete. Dass das ganze später dann doch noch teurer wurde, ahnte man da noch nicht!

Ich habe vor einigen Jahren ein Interview mit Manfred von Brauchitsch gehört, weiss nicht mehr wann und wo, in dem er ernsthaft behauptet hat, die berühmt-berüchtigte Idee mit dem Lack abkratzen (wer nicht weiss, von was ich rede, bitte melden!) stamme von ihm höchstpersönlich! Zusammengefasst wurde das also heissen, dass Herr von Brauchitsch in jeder Beziehung der Vater der Mercedes-Silberpfeile ist, und diese Aussage ist wirklich nur noch peinlich.

Mercedes hatte ihm den Rennleiter überlassen? Ein weiterer Egotrip von unserem Lügenbaron. Die Werksaktivitäten im Motorsport hatte man bereits Ende 1930 aufgegeben, Grund war die allgemeine Rezession, die auch vor DB nicht halt machte. Den dicken Neubauer hatte man aber an Caracciola „abgegeben“, zusammen mit Beifahrer Wilhelm Sebastian und Mechaniker Willy Zimmer. Diese 4 bildeten ein Privatteam, das vom Werk Siegprämien erhielt sowie einen SSKL zum Sonderpreis. In diesem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich Mercedes den Sieg von Caracciola bei der Mille Miglia 1931 seit nunmehr 70 Jahren auf die eigenen Fahnen schreibt, ohne auch nur mit einem Wort zu erwähnen, dass es ein Privateinsatz war ...! Zurück zum Thema, Ende 1931 wurde aber auch diesem Mini-Team die Unterstützung entzogen, und Caracciola ging zu Alfa-Romeo. In die Bresche sprang dann ... nein, nicht Herr von Brauchitsch, sondern Hans Stuck. Er fuhr mit einem privaten - aber vom Werk vorbereiteten - SSKL Anfang 1932 einige Rennen in Südamerika, und es war nicht sicher, ob er bis zum AVUS-Rennen am 22. Mai wieder zurück hätte sein können. Freiherr Koenig-Fachsenfeld, einer der Pioniere der Aerodynamik im Automobilbau, hatte eigentlich vor, Stucks SSKL für die AVUS mit einer Stromlinienkarosserie zu versehen, musste sich aber nun nach Alternativen umsehen. Von Brauchitsch hatte 1930 einen SSK erstanden, den er 1931 zum SSKL umbauen liess, und so wurde er von Koenig-Fachsenfeld als „Versuchskaninchen“ auserkoren. Wohlgemerkt, das war ein rein privater Einsatz, und hatte mit Mercedes-Benz nichts zu tun.

PS: Nachtrag zum NSKK, interne Auslegung der Abkürzung durch die Fahrer: "Nur Säufer, keine Kämpfer".

Beitrag Mittwoch, 31. Oktober 2001
Tom Tom

Beiträge: 2713
Auf die Aussagen rund um den "Lack" will ich noch ein wenig näher eingehen und vorher eine kurze Erklärung abgeben.

Nach der neuen 750 Kilo - Formel (1934 - 37, Bekanntgabe am 12.10.32) dürfte ein Wagen ohne Kühlwasser, Sprit, Öl und Reifen maximal 750 Kilo wiegen.

Mercedes wollte beim Eifelrennen 1934 starten, alles war bereit, nur die Waage bei der "Abnahme" registrierte 751 Kilogramm. Man mußte über Nacht eine schnelle Lösung finden, um das Rennen dennoch bestreiten zu können.

Manfred von Brauchitsch behauptet in "Ohne Kampf kein Sieg":

........ratlos meinte ich schließlich, das wir eben die lackierten sind, worauf Neubauer blitzartig reagierte.
Mensch Manfred, sie haben es gesagt, natürlich der Lack, nur der Lack ist unsere Rettung !

Diese Aussagen decken sich mit dem Neubauer - Buch "Männer, Frauen und Motoren". Beide Bücher halte ich für hervorragenede Biografien und sind es wert gelesen zu werden. Der Anteil an "Fiktion und Wirklichkeit" bleibt wohl zumindest bei von Brauchitsch spekulativ.

Manfred von Brauchitsch zum Vergleich in einem Interview der 90er Jahre:

"Jetzt willste mit den kratzen anfangen, mit dem Dicken der den Lack abgekratzt hat. Ich war dabei und könnte was anderes sagen...........wir hatten beide die Idee, der Dicke wolte halt damit prahlen, aber lass in prahlen !

Jedes Land (Wagen) hatte seine Farbe: Deutschland = weiß (aber die Farbe silber wurde auch toleriert), Italien = rot, England = grün, Frankreich = blau. Der Lack wurde "abgekratzt" und somit waren die Silberpfeile geboren. Manfred von Brauchitsch gewann das Debüt beim Eifelrennen (15 Runden Nordschleife).

Eine Aussage zum "Lügenbaron" will ich nicht so stehen lassen:

Ich bin mir sicher das Neubauer und Willi Zimmer (Mechaniker) von Brauchitsch 1932 zumindest auf privater Ebene betreuten, mindestens beim Avus - Rennen in Berlin. Neubauer konnte ohne "Rennfahrerluft" nicht leben und setzte sogar schon seine Kündigung (für Auto Union) auf.

Ja, von Brauchitsch war ein hervorragender Rennfahrer und mich begeistern seine Aufnahmen immer wieder. Zu bewundern in Produktionen wie Racing Silver, Supercharged, History of Motor Racing, Power and Glory........

Zum Schluß eine Aussage von Bernd Rosemeyer in Monaco 1937:

"Ich gönne Manfred diesen Sieg, denn viele Jahre hindurch mußte er trotz eiserner Energie und großer Leistung mit Platz vorliebnehmen".[br]----------------[br]Gruß

Tom
Herzliche Grüße

Tom

Beitrag Donnerstag, 01. November 2001

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Tom, dein Zitat aus dem Brauchitsch-Interview ist genau das an was ich mich erinnern kann, und das hört sich doch etwas anders an, als frühere.
Obwohl diese „Lack-Geschichte“ mittlerweile zu den Fixpunkten der Motorsport-Geschichte gehört, bin ich mir aber nicht sicher, ob es wirklich so war. Das Eifelrennen war am 3 Juni 1934, eine Woche vorher am 27 Mai war in Berlin das AVUS-Rennen, bei dem die Auto-Union-Rennwagen bereits silbern waren! Mercedes hatte für die AVUS genannt, aber die Nennung wieder zurückgezogen, weil man die Autos noch nicht 100 % fertig hatte.
Das Photo unten zeigt von Brauchitsch beim bewussten Eifelrennen, und meiner Meinung nach ist das Finish des Wagens einwandfrei. Es ist offentlich eine silberne Lackierung, und kein blankes Aluminium, mit Sicherheit keine Oberfläche, auf der Kratzer und Reste von Füller zu sehen sind.

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Ich bin der Auffassung, dass Mercedes-Benz auf der AVUS die silbernen Auto-Union gesehen hat, und diese Farbe dann übernommen hat, allerdings in aller Ruhe zu Hause im Werk, und auch nicht aus Gewichtsgründen - denn silberner Lack wiegt auch nicht weniger als weisser -, sondern aus optischen Gründen.

Ich glaube auch nicht, dass silber als deutsche Rennfarbe generell toleriert wurde, die Vorschriften waren da deutlich, siehe unten.

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Es muss ein Deal stattgefunden haben zwischen der ONS und dem AIACR, der silber erlaubt. Das nächste Rennen war in Montlhery, und man kann sicher sein, dass die Franzosen die deutschen Wagen nicht zugelassen hätten, wenn die Farbe nicht 100 % den Vorschriften entsprochen hätte. Ich habe bisher allerdings noch keine Bestätigung in diese Richtung gefunden, auch die zeitgenössige Fachpresse erwähnt diesen Punkt mit nirgendwo.

Fakt ist, dass die „Abkratzaktion“ erstmalig in Neubauers Memoiren auftaucht, und dann von unzähligen anderen übernommen wurde, in der zeitgenössigen Fachliteratur ist nirgendwo etwas in dieser Richtung zu lesen. Wir sollten aber alle wissen, das Don Alfredo ein Geschichtenerzähler erster Güte war, der seine Storys immer wieder ausbaute und ausschmückte, um sie interessanter zu machen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der GP Tripolis 1933, die Sache mit den Losen und dem abgeblich abgesprochenen Rennen (ich glaube Tom liest Neubauers Buch gerade, vielleicht kann er eine kurze Erklärung abgeben). Es ist mittlerweile erwiesen, dass der Sachverhalt ganz anders war, als von Neubauer geschildert, und ausserdem enthält Alfredos Geschichte einige grobe Fehler. Er redet von Louis Chiron als potentiell Beteiligten, nur Chiron war 1933 gar nicht dabei, und er redet von Marschall Balbo, dem Gouverneur von Libyen, obwohl Balbo erst im folgenden Jahr von Italien nach Tripolis befördert wurde. Und last but not least - Neubauer war auch nicht in Tripolis dabei!
Aber nichts gegen Neubauer’s Buch, es ist ein absolutes Vergnügen es zu lesen, und ich kann es wirklich jedem der jüngeren Forum-Mitglieder empfehlen, die wissen wollen, wie es damals war. Aber Vorsicht, als akkurates Protokoll der zeitgenössigen Ereignisse darf es nicht gesehen werden.

Ob Neubauer und Zimmer nun wirklich von Brauchitsch beim AVUS-Rennen 1932 betreuten, kann ich nicht sagen, wie gesagt, Tom liest gerade beide Bücher, das von v. Brauchitsch und das von Neubauer, anscheinend steht da was drin. Sicher ist allerdings, dass es sich um keinen Werkseinatz handelte, und auch nur eine einmalige Angelegenheit gewesen sein muss.

So, ich gehe jetzt ins Bett und lese keine Korrektur mehr, Tippfehler möge man mir verzeihen.

Beitrag Freitag, 02. November 2001
Tom Tom

Beiträge: 2713
Michael, mit den angesprochenen "History - Werken" (teils im Forum) bin ich bereits seit einiger Zeit durch. Bei Neubauers "Männer, Frauen und Motoren" ist gerade die 97er Fassung dran (mit Zusatzteil), offensichtlich aber sonst (natürlich) identisch mit meiner alten 71er Ausgabe.

Deine Aufnahme vom Eifelrennen 1934 lässt eine silbere Lackierung vermuten, wo ist aber der "wahre Kern" zu suchen ? Mehrmals wird "zum Lack" auf eine Besprechung im technischen Team (inklusive Fahrer) hingewiesen.

Auch in anderen "Werken" finden sich Ungereimtheiten und Hinweise zum W 25. Der Prototyp war weiß lackiert, dies beweisen vermutlich die Aufnahmen vom Kodak - Direktor Georg C. Monkhouse (damaliger Teamfotograf) in "Mercedes Benz Grand Prix Racing 1934 - 39".

Caratsch in "Mein Leben als Rennfahrer" spricht bei seiner ersten Fahrt auf der Avus von einem "Silberfisch", vermutlich ein noch nicht lackierter Prototyp.

Die Presse taufte ("Titan am Volant") übrigens die Wagen von Mercedes und Auto Union "Silberpfeile". [br]----------------[br]Gruß

Tom
Herzliche Grüße

Tom

Beitrag Samstag, 03. November 2001

Beiträge: 1477
Hallo Tom, es ist richtig, dass der Prototyp weiss war, siehe Photo unten.

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Auch bei den Tests auf der AVUS vor dem Rennen war zumindest einer der Wagen auch noch weiss, siehe unten. Auf alle Fälle ist das Photo neuer als das obige, bei dem noch die Kopfstütze fehlt.

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Wenn von „Silberfischen“ die Rede ist, meint man normalerweise die Auto-Union-Wagen, aber in Zusammenhang mit Caracciola kann das wohl nicht stimmen. Es ist durchaus möglich, dass einer oder mehrere AVUS-Wagen silbern war(en), entweder nacktes Aluminium, oder aber silberner Lack. In beiden Fällen hätte man aber im Prinzip gegen die Farbvorschrift verstossen, die Mercedes nahmen am Rennen zwar nicht teil, waren aber genannt. Die Entscheidung zur Absage hat man erst vor Ort getroffen.

Das Photo unten zeigt einen W25 mit offensichtlich nackter Alukarosserie, aber weiss lackierten Rädern. Es ist ein Werksphoto, erkennbar aufgenommen unter Studiobedingungen, auch eine Startnummer fehlt, kann also nicht vom Eifelrennen stammen. Ich vermute, dass es im Werk zwischen AVUS und Eifelrennen geamacht wurde, evtl. sogar schon vor den AVUS-Tests.

Bild

Und wie gesagt, die AU waren bereits beim AVUS-Rennen silbern, und da es ein internationales Rennen war, kann die Farbfreigabe keine nationale Entscheidung der ONS gewesen sein, sondern muss von der AIACR agesegnet gewesen sein. Ein Punkt, der Neubauer mit Sicherheit zumindest zum Zeitpunkt des AVUS-Rennens bekannt gewesen sein muss. Bis heute suche ich aber immer noch nach einem plausiblen Grund für diese Farbänderung. Gewichtsgründe schliesse ich aus, denn silberner Lack ist durch die Metallpartikel und den zusätzlichen Klarlack sicherlich sogar schwerer als weisser. Ich kann mir nur vorstellen, dass die weissen Autos irgendwie fade ausgesehen haben, und irgendjemand von den hohen Tieren - vielleicht sogar Adolf himself, dem die Wagen bereits früher persönlich vorgestellt wurden - gemeint hat, dass silber dynamischer aussehen würde. Ich weiss es beim besten Willen nicht, aber wie gesagt, die Abkratzstory vom Eifelrennen ist mehr als brüchig. Die angeführten Besprechungen in dieser Sache dürften im Werk stattgefunden haben, denn am Nürburgring wird hierfür keine Zeit gewesen sein.

So weit ich weiss, ist Neubauers Memoiren-Buch bereits 1959 erschienen, und alle anderen Erwähnungen der Abkratz-Aktion sind späteren Datums, es liegt also nahe, dass Don Alfredo der ultimative Ursprung ist. Interessant ist, dass selbst historisch sehr seriöse und detailperfektionierte Autoren wie Karl Ludvigsen diese Geschichte übernommen haben. Wir hatten vor einiger Zeit eine Forumsdiskussion über diese Sache, aus der sich Karl erstaunlicherweise vollständig herausgehalten hat.

Vielleicht entsteht bei einigen der Eindruck, dass ich Manfred von Brauchitsch bewusst demontieren will, das ist aber sicherlich nicht der Fall. Meine Beschäftigung mit dieser Periode des Motorsports geht eben über das normale Interesse an der „guten alten Zeit“ hinaus, ich versuche hinter die über Jahrzehnte von unzähligen Autoren aufgebauten Glorienscheine zu schauen, und die definitiven Fakten zu erkennen und zu dokumentieren. Und wenn man bei den Fakten bleibt, dann war von Brauchitschs Sieg beim Eifelrennen 1934 eben ein Stallregiesieg. Caracciola war wegen seinem Bein noch nicht in der Lage zu fahren - ausser Tests -, so dass das Mercedes-Team nur aus von Brauchitsch und Fagioli bestand. Fagioli führte nach der ersten Runde vor von Brauchitsch, und wurde von Neubauer durch seine berühmt-berüchtigten Flaggensignale angewiesen, von Brauchitsch vorbeizulassen. Das tat er dann auch, aber beim Boxenstop gegen Mitte des Rennens gab es eine hitzige Diskussion zwischen Fagioli und Neubauer, Fagioli ging wieder ins Rennen, stellte seinen Mercedes aber dann ohne Defekt wütend am Streckerand ab. Major Hühnlein hatte gesprochen ...!

Und Monaco 1937 - das war sicherlich eines seiner besten Rennen, und sein Sieg war gerechtfertigt. Es ging allerdings um die Meisterschaft, und Neubauer signalisierte ihm, Caracciola vorbei zu lassen. Von Brauchitsch hat daraufhin dem Dicken im Vorbeifahren die Zunge rausgestreckt...!

Beitrag Montag, 18. März 2002
Tom Tom

Beiträge: 2713
Hans Stuck sollte für immer in unserer Erinnerung bleiben. Ich hatte in letzter Zeit das Vergnügen, auch Bücher über ihn zu lesen, z.B.

Tagebuch eines Rennfahrers
( erschien später als Zweimal Hans Stuck )

Sie unterscheiden sich in einigen Punkten mit den Werken von Neubauer und Brauchitsch. Hierzu und zur Person Stuck vielleicht später mehr.

Mir geht es jetzt um die "Skandale von Tripolis". 1934 sollte laut Stuck die Show weitergehen, Gespräche wurden unter den Fahrern geführt, man war sich natürlich wieder einig,
nur das "Los - Reglement" machte nicht mit.

Zitieren (Zfs.) wir Stuck über 1932:

Bei keinem Rennen gab es so viele Schäden wie beim Rennen 1932 in Tripolis.

Der Losbesitzer mit der Nummer von Nuvolari versprach dem Italiener:

Sie gewinnen und bekommen 100 000 Mark von mir, jeder andere Fahrer bekommt 10 000 Mark. Der Sieger bekam zum Vergleich ein Preisgeld von 5 000 Mark.

Die Fahrer waren sich schnell einig und wollten eine Show bieten. Doch Nuvolari bekam schon früh Motorenprobleme und seine Kollegen nahmen die Füße vom Gaspedal. Man fuhr an den Rand, öffnete die Motorhaube und suchete fieberhaft nach einem Problem oder man holte von der Box Kühlwasser, natürlich zu Fuß....

Als Nuvolari nach einem längern Boxenhalt wieder schneller wurde, nahm auch das Feld die "Jagd" wieder auf !


Der Skandal um Tripolis 1933:
( Zitieren wir aus von Brauchitschs "Ohne Kampf kein Sieg" )

Mussolinis Gouverneur von Libyen (Marshall Balbo) ruf eine Lotterie ins Leben. Alle Italiener konnten für 7 Lire bzw. 11 Lire (Stück) Lose kaufen und es wurden viele Millionen umgesetzt. Für die Gewinner (30 Fahrer = 30 Gewinner) ging es per Flugzeug nach Tripolis.

Eine Zusatzlotterie ermittelte durch Los die Startnummer eines Wagens. Ein Holzhändler aus Pisa (Enrico Riva)bekam Varzis Nummer und schlug dem Italiener (am Vorabend mit einem notariell beglaubigten Vertrag) vor, das Rennen für 3 Millionen Lire zu gewinnen. 7,5 Millionen Lire (= weit über 1 Millon RM) brachte die Ausspielung.

Bei einer eilig einberufenen Besprechung zwischen Varzi und den Mitfavoriten Campari, Borzacchini, Nuvolari, Chiron (?) wurde vereinbart: Die ersten Drei teilen sich den Betrag, wenn Varzi gewinnt.

Das Rennen verlief weitgehend nach Plan. Die Favoriten zogen gleich am Start davon, nur Varzi hielt sich zurück.
Campari schied (fürchterlich schimpfend) aus, Chiron wurde überrundet (?)......und plötzlich hatte Varzi Kerzenschaden..........konnte sich aber nicht erlauben an die Box zu fahren......so wurde das Rennen immer langsamer und es kam sogar zum "Stillstand", Nuvolari blieb wenige 100 Meter vor dem Ziel stehen und schrie "verzweifelt" nach Benzin.........Varzi stotterte mit seiner Maschine vorbei und gewann !

Die Rennleitung war misstrauisch geworden, witterte einen Skandal (Absprache). Disqualifikation und Lizenzentzug drohte, da aber viele Spitzenfahrer verwickelt waren schlug man das Verfahren nieder. Im nächsten Jahr wurden die "Fahrerlose" erst kurz vor dem Start verteilt......

In Tripolis feierten an diesen 7.Mai "einige Spitzenfahrer" zurückgezogen und ausgelassen mit Champagner in einem kühlen Hotelzimmer !

Ich habe mich in den letzten Zeilen schon teilweise bei Neubauers "Männer, Frauen und Motoren" bedient. Er geht etwas näher auf das Rennen ein und hat seine Informationen von Borzacchini ( "Ihnen kann ich es ja sagen, Signiore Neubauer" ) wenige Tage vor Monza erhalten. Manfred von Brauchitsch ( "Ohne Kampf kein Sieg" ) lehnte ein ähnliches Angebot in Monaco 1937 ab und gewann ohne fremde Hilfe den GP !
[br]----------------[br]Gruß

Tom
Herzliche Grüße

Tom

Beitrag Montag, 18. März 2002

Beiträge: 1477
Auahauahaua.... Don Alfredos Tripolis-Fabel!
1933 war Marschall Balbo noch nicht Gouverneur von Libyen, Chiron war nicht dabei, und Alfred Neubauer sowieso nicht ...! Trotzdem hat sich diese Geschichte dank unzähliger Übernahme durch andere Autoren bis in unsere Zeit gehalten, genauso wie die Silberpfeil-Legende.

Um es kurz zu machen, die Sache stimmt nicht, bzw. nicht so wie geschildert. Tatsache ist, dass sich einige Losbesitzer mit den dazugehörigen Fahrern zusammengesetzt haben, und einen - wohlbemerkt erlaubten! - Deal gemacht haben. Der sah eine Art Pool vor, egal wer von den beteiligten Fahrern gewinnt, das Lotteriegeld wurde aufgeteilt. Hierüber wurde sogar ein notarieller Vertrag abgeschlossen, der nicht möglich gewesen wäre, wenn dieser illegal wäre. Man hat die eigenen Gewinnchancen durch Verteilung der Wahrscheinlichkeitsrechnung erhöht bei gleichzeitiger Verringerung des Gewinnbetrages, also eine Art "Systemlotterie".

Das Rennen selbst war definitiv nicht abgesprochen, und diverse zeitgenössige Rennberichte beweisen das auch. Don Capps, ein Brieffreund von mir, hat in jahrelanger Arbeit dieses Thema recherchiert, zu lesen sind die Ergebnisse hier
http://www.atlasf1.com/99/ger/mirror.html (in englisch). Mittlerweile gibt es auch eine neuere - noch detailliertete - Fassung, in die die Recherchen der letzten 2 Jahre eingeflossen sind, muss noch veröffentlicht werden.

Beitrag Montag, 25. März 2002

Beiträge: 950
Hi,

kann mir mal jemand von den 'Vor-1950'-Spezialisten helfen? Welches Auto liegt hier im Vordergrund wann & wo im Graben? Es geht NICHT um den Mercedes der hinten vorbeisaust...

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