Hört man den Namen James Hunt, dann denkt man sofort an einen Playboy, an einen Rennfahrer, der den Formel-1 Zirkus genoss: Schnelle Autos, heiße Mädchen, viel Nikotin und Alkohol. Es gab aber viele weitere derart exzessiv lebende Formel-1 Fahrer in der glamerösen Welt der 70er Jahre. Einer von ihnen war der Kettenraucher Patrick Depailler. Der Franzose kam am 9. August 1944 in Clermond Ferrand in Frankreich zur Welt. Lange Zeit fuhr Depailler für das Tyrrell-Team, und Ken Tyrrell, der Teamgründer und –chef bestätigte, welche Lebensfreude Depailler ausstrahlte: „Du konntest nicht lange sauer sein auf Patrick. Er sah eine Minute traurig drein, dann grinste er dich an, und du bist in lachen ausgebrochen,“ so der legendäre Rennstallbesitzer. „Er liebte es Formel-1 zu fahren, wie jeder andere, den ich kennen gelernt habe.“ Und Tyrrell kannte viele Fahrer. Allein in der Formel-1 fuhren Fahrer wie Jackie Stewart, Jody Scheckter, Didier Pironi, Michele Alboreto, Stefan Bellof oder Jean Alesi für Tyrrell.
Patrick Depailler hatte aber auch starke Qualitäten als Testfahrer. In der Saison 1976 setzte Tyrrell für einige Rennen einen 6-Rad F1-Boliden ein. An dieser Konstruktion war Depailler selbst maßgeblich mit beteiligt. Auch sein Formel-1 Comeback 1980 mit Alfa Romeo begründet sich darauf, dass er Rennautos weiterentwickeln konnte. 1979 musste er zurücktreten, weil er beim privaten Drachenfliegen in seiner Heimatstadt abstürzte und sich mehrere Frakturen an den Beinen zuzog. Typisch Depailler: Bereits sein Engagement bei Tyrrell musste er verschieben, weil er sich beim Motocrossfahren verletzt hat.
Depailler liebte Motocross und begann auf 2 Rädern auch seine Motorsportkarriere, das war 1962. Bereits ein Jahr später wurde er französischer Meister auf bis zu 50ccm mit einer Norton, 1966 wurde er französischer Motorradchampion mit einer Bultaco bis 250ccm. 1967 wechselte Depailler auf 4 Räder. Sofort wurde er von Alpine verpflichtet. Mit Alpine fuhr er in verschiedenen Klassen, darunter bei Rallyes oder bei Sportwagen, aber auch in der französischen Formel-3. Patrick Depailler zeigte gleich zu Beginn sein Talent auf: Im 6. Rennen gewann er bereits das F3-Rennen in Monthléry, vor Chris Williams und Jean Pierre Cassegrain, die beide mit einem Brabham Ford fuhren. Am Ende wurde er solider Gesamt-5.
Danach kam seine Karriere etwas ins Stocken: Er fuhr zwar bereits bei den bedeutenden Sportwagenrennen wie in Le Mans, aber große Erfolge erzielte er 1967 und 1968 nicht. 1969 wurde er mit einem Sieg in der französischen F3 Gesamt-4., danach kam es zu einem größeren Sprung: Für Pygmée startete er 1970 in der Formel-2. Weit vorne tauchte Depailler in den Ergebnissen jedoch nicht auf. 1971 fuhr er für Tecno in der F2, ebenfalls relativ erfolglos. Ganz und gar nicht erfolglos war er in der gleichen Saison in Frankreich: Mit Alpine Renault gewann er vor Jean Pierre Jabouille die Formel-3 Meisterschaft.
Auch 1972 und 1973 fuhr Depailler in der Formel-2. Er fuhr im Coombs Racing Team, teilweise mit Rennwagen von March, teilweise mit Rennwagen von Alpine. 1972 wurde er hinter Mike Hailwood und Jean Pierre Jassaud EM-3. Gleichzeitig fuhr Depailler auch seine ersten Formel-1 Rennen. In den folgenden Jahren fuhr er fast ausschließlich im Grand Prix Sport. Nebenher fuhr er einige Sportwagenrennen, darunter auch ein CanAM Rennen für Newman-Freeman Racing.
Die ersten 2 Formel-1 Rennen fuhr Depailler noch 1972 für Tyrrell Ford, als Stammfahrer wurde er aber erst 1974 verpflichtet. Bis Ende 1978 blieb Patrick Depailler dem Tyrrell-Team treu. Die ersten 3 Jahre hatte er als Teamkollege Jody Scheckter. Zwischen den beiden entwickelte sich eine Rivalität. Scheckter, der Formel-1 Weltmeister von 1979 mit Ferrari, war in den ersten beiden Jahren der Schnellere, 1976 jedoch gewann Depailler deutlich das Duell, im Qualifying zum Beispiel mit 10:6!
Die Punkteausbeute von Depailler in seiner ersten vollen F1-Saison 1974 war nicht schlecht. Er wurde WM-9., mit dem ersten Punkt bereits beim Saisonauftakt in Argentinien. Beim Schweden GP raste Tyrrell dann mit Scheckter und Depailler zu einem sensationellen Doppelsieg. Für Depailler war der 2. Platz auch das beste Saisonresultat. Die Saison 1975 brachte nur einen 3. Platz in Südafrika, 1976 holte er insgesamt 39 Zähler und wurde WM-4. Die letzten 2 Jahren mit Tyrrell waren eher mau. Die Zuverlässigkeit der Tyrrell Ford Renner funktionierte kaum. Aber seine Teamkollegen, Ronnie Peterson 1977 und Didier Pironi 1978 schlug er deutlich.
Depailler wechselte 1979 zu Ligier Ford. Die Saison begann sehr viel versprechend und den Spanien GP konnte Depailler sogar gewinnen! Er siegte vor den beiden Lotus Ford Piloten Carlos Reutemann und Mario Andretti. Doch nach dem Monaco GP kam der bereits angesprochene Absturz mit dem Flugzeug. Erst 1980 kam Depailler wieder zurück – bei Alfa Romeo. 8 Rennen fuhr er, bei allen 8 fiel er aus. Dann standen die Testfahrten in Hockenheim an, die Depailler nicht überlebte. Wahrscheinlich nach einem Bruch des Querlenkers kam Depailler von der Strecke ab, überschlug sich und landete hinter dem Zaun. Depailler überlebte den Unfall nicht. Es war der erste tödliche Unfall für Alfa Romeo im Motorsport seit Nicola Buttitta 1979, bei der Targa Florio Rallye. Er war Beifahrer des Rallye-Piloten Giuseppe Turco. Auch im GP-Sport verlor Alfa Romeo bereits viele Fahrer: Ugo Sivocci beim Training zum Italien GP 1923, Antonio Ascari beim Frankreich GP 1925, Luigi Arcangeli beim Training zum Monza GP 1931, Giuseppe Campari beim Monza GP 1933, Eugenio Siena beim Tripoli GP 1938 und Archille Varzi beim Training zum Schweiz GP 1948.
Depailler fuhr auch in der Formel-Atlantik: 1975 in der kanadischen Formel-Atlantik in Trois Rivières für Ecurie Canada auf einem March Ford, fiel jedoch in der 5. Runde mit Motorschaden aus. Beim gleichen Rennen erreichte er 1977 den 3. Platz, hinter dem Sieger Price Cobb auf March Ford und Howdy Holmes (Shierson Racing; March Ford). Dabei fuhr Depailler einen Chevron Ford für Fred Opert Racing. Auch in Québec 1977 wurde er 3. in der kanadischen Formel-Atlantik. Dabei stand er mit wahren Rennlegenden auf dem Podest, denn gewonnen hat der Lokalmatador Gilles Villeneuve, der einen March Ford für das Team Kanada fuhr, 2. wurde Bobby Rahal. Der spätere Jaguar F1-Teamchef fuhr einen Ralt Ford und war beim Team Pierre’s Motors.
Formel-1 WM Statistik: Patrick Depailler
614 Führungskilometer (Rang 68)
141 WM-Punkte (Rang 48)
95 Rennen (Rang 62)
19 Podestplätze (Rang 42)
7 Starts aus der 1. Reihe (Rang 56)
6 angeführte Rennen
4 Schnellste Rennrunden (Rang 50)
2 Siege (Rang 68)
1 Pole Position (Rang 64)
Durchschnittliche Startposition: 9,147 (Rang 84)
Durchschnittlicher Rückstand auf Pole Position: 1,610% (Rang 18)
Siegquote: 2,105% (Rang 79)
Pole Position Quote: 1,053 (Rang 82)
Ausfallquote : 43,158% (Rang 162)
Alle Siege von Depailler
Monaco GP 1978: Depailler vor Niki Lauda (Brabham Alfa Romeo)
Spanien GP 1979: Depailler vor Carlos Reutemann (Lotus Ford)
GP für Teams
1. Tyrrell (1972-’78): 81 GP
2. Alfa Romeo (1980): 8 GP
3. Ligier (1979): 7 GP