Mit Freude lese ich gerade "ADAC Special Grand Prix '90", mit namhaften Autoren aus Deutschland (Dieter Stappert, Heinz Prüller, Achim Schlang), aus Großbritannien und Italien. Der Informationsgehalt in diesem Heft ist echt topp! Damals gab's keinen Deutschen in der Formel-1, der Inhalt musste also wirklich für Rennfans sein, nicht für patriotische Fans.
Jedenfalls sind da auch einzelne Portraits von Teamchefs drin und als ich die so durchgestöbert habe, musste ich spontan an Frank Williams denken. Oder besser gesagt ans Williams-Team aktuell. Viele erwarten sich ja einen großen Sprung nach vorne: Neuer Technikstab, neuer Motorenlieferant und vielleicht einen überzeugenden Fahrer, wenngleich man Räikkönen nicht bekommen hat.
Immer wieder wurden die Zukunfts-Situationen von Teams aber positiv eingeschätzt - und man lag total daneben. In diesem oben angeführten Buch gibt es ebenfalls einige Beispiele:
1) Jackie Oliver (Arrows): Überschrift ist: "Nach dürren Zeiten winkt jetzt der Erfolg". Die Situation um Arrows wurde als äußerst positiv beschrieben. Mit der Übernahme durch Footwork sah man sich finanziell gut aufgestellt. Darüber hinaus unterzeichnete man einen Exklusiv-Vertrag mit Porsche für vier Jahre! Hans Mezger, der bei Porsche schon die WM-Turbos in den 80er Jahren entworfen hatte, sollte die Motoren konstruieren. Alan Rees wird mit folgenden Worten zitiert: "Ich bin überzeugt, dass wir mit Porsche die Voraussetzungen für den Erfolg haben. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir im nächsten Jahr von niemanden an PS übertroffen werden." Wir wissen, kam alles anders: Arrows ist zumindest bei WM-Rennen bis heute ohne Sieg, die Partnerschaft mit Porsche hielt nur eine halbe Saison, der Porsche-Motor war eine Katastrophe.
2) Giancarlo Minardi (Minardi): Auch dieses sympathische, italienische Team wurde eine rosige Zukunft ausgemalt. Der Grund: Schon beim USA GP 1990 in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona qualifizierte Pierluigi Martini seinen Minardi Ford auf Rang zwei und damit in die Erste Startreihe! Und 1991 sollte Minardi die Ferrari-Zwölfzylindermotoren bekommen. Der Vertrag wurde schon im März 1990 unterzeichnet, sodass Minardi auch viel Vorbereitung hatte, das Auto perfekt für den Motor zu entwickeln. Giancarlo Minardi wird mit folgenden Worten zitiert: "Wir sind nicht in der Formel-1, um mitzufahren, wir wollen gewinnen! Mit den Ferrari-Zwölfzylindern sollten wir diesen großen Traum auch verwirklichen können." Auch hier kam es ganz anders. Schon damals sagte er: "Die Ferrari-Motoren kriegen wir übrigens nicht umsonst. Man stellt uns die Motoren im Leasing-Verfahren zur Verfügung, wobei die Miete ziemlich hoch ist." Genau darüber stolperte Minardi. Der Dreijahresvertrag mit Ferrari musste schon nach einem Jahr wieder gekündigt werden. Die Kosten waren für das Minardi-Team nicht tragbar. Aus Minardi wurde eine Hinterbänklertruppe, die die Rekordlisten der Formel-1 anführen würden, wären Sympathien das entscheidende Kriterium. Einen GP-Sieg gab es für das Team aus Faenza erst, als Red Bull Minardi übernommen hat...
3) Enzo Osella (Osella): Hier heißt der Titel "Überlebenskünstler mit rosiger Zukunft". Als Grund für den zu erwartenden Erfolg ist die 51%-Übernahme durch Fondmetal und deren Chef Gabriele Rumi. Man setzte außerdem in den weiterentwickelten Lamborghini-Zwölfzylinder große Erwartungen. Darüber hinaus hatte das Team ein exklusives Benutzungsrecht eines Windkanals und das Budget von damals sieben Millionen Dollar sollte mit den neuen Eigentümern aufgestockt werden. Mit Robin Herd und dessen Fomet-Firma hatte man auch einen guten Technikstab. Die Erfolge bleiben aber aus und Ende 1992 machte das Team dicht.
Ob es mit Williams in eine ähnliche Richtung gehen wird, bleibt abzuwarten.
Kennt ihr weitere Beispiele?