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Optimistische Einschätzungen total daneben

Das Formel 1 Forum früherer Tage...
Beitrag Sonntag, 18. Dezember 2011

Beiträge: 45812
Mit Freude lese ich gerade "ADAC Special Grand Prix '90", mit namhaften Autoren aus Deutschland (Dieter Stappert, Heinz Prüller, Achim Schlang), aus Großbritannien und Italien. Der Informationsgehalt in diesem Heft ist echt topp! Damals gab's keinen Deutschen in der Formel-1, der Inhalt musste also wirklich für Rennfans sein, nicht für patriotische Fans.

Jedenfalls sind da auch einzelne Portraits von Teamchefs drin und als ich die so durchgestöbert habe, musste ich spontan an Frank Williams denken. Oder besser gesagt ans Williams-Team aktuell. Viele erwarten sich ja einen großen Sprung nach vorne: Neuer Technikstab, neuer Motorenlieferant und vielleicht einen überzeugenden Fahrer, wenngleich man Räikkönen nicht bekommen hat.

Immer wieder wurden die Zukunfts-Situationen von Teams aber positiv eingeschätzt - und man lag total daneben. In diesem oben angeführten Buch gibt es ebenfalls einige Beispiele:

1) Jackie Oliver (Arrows): Überschrift ist: "Nach dürren Zeiten winkt jetzt der Erfolg". Die Situation um Arrows wurde als äußerst positiv beschrieben. Mit der Übernahme durch Footwork sah man sich finanziell gut aufgestellt. Darüber hinaus unterzeichnete man einen Exklusiv-Vertrag mit Porsche für vier Jahre! Hans Mezger, der bei Porsche schon die WM-Turbos in den 80er Jahren entworfen hatte, sollte die Motoren konstruieren. Alan Rees wird mit folgenden Worten zitiert: "Ich bin überzeugt, dass wir mit Porsche die Voraussetzungen für den Erfolg haben. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir im nächsten Jahr von niemanden an PS übertroffen werden." Wir wissen, kam alles anders: Arrows ist zumindest bei WM-Rennen bis heute ohne Sieg, die Partnerschaft mit Porsche hielt nur eine halbe Saison, der Porsche-Motor war eine Katastrophe.

2) Giancarlo Minardi (Minardi): Auch dieses sympathische, italienische Team wurde eine rosige Zukunft ausgemalt. Der Grund: Schon beim USA GP 1990 in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona qualifizierte Pierluigi Martini seinen Minardi Ford auf Rang zwei und damit in die Erste Startreihe! Und 1991 sollte Minardi die Ferrari-Zwölfzylindermotoren bekommen. Der Vertrag wurde schon im März 1990 unterzeichnet, sodass Minardi auch viel Vorbereitung hatte, das Auto perfekt für den Motor zu entwickeln. Giancarlo Minardi wird mit folgenden Worten zitiert: "Wir sind nicht in der Formel-1, um mitzufahren, wir wollen gewinnen! Mit den Ferrari-Zwölfzylindern sollten wir diesen großen Traum auch verwirklichen können." Auch hier kam es ganz anders. Schon damals sagte er: "Die Ferrari-Motoren kriegen wir übrigens nicht umsonst. Man stellt uns die Motoren im Leasing-Verfahren zur Verfügung, wobei die Miete ziemlich hoch ist." Genau darüber stolperte Minardi. Der Dreijahresvertrag mit Ferrari musste schon nach einem Jahr wieder gekündigt werden. Die Kosten waren für das Minardi-Team nicht tragbar. Aus Minardi wurde eine Hinterbänklertruppe, die die Rekordlisten der Formel-1 anführen würden, wären Sympathien das entscheidende Kriterium. Einen GP-Sieg gab es für das Team aus Faenza erst, als Red Bull Minardi übernommen hat...

3) Enzo Osella (Osella): Hier heißt der Titel "Überlebenskünstler mit rosiger Zukunft". Als Grund für den zu erwartenden Erfolg ist die 51%-Übernahme durch Fondmetal und deren Chef Gabriele Rumi. Man setzte außerdem in den weiterentwickelten Lamborghini-Zwölfzylinder große Erwartungen. Darüber hinaus hatte das Team ein exklusives Benutzungsrecht eines Windkanals und das Budget von damals sieben Millionen Dollar sollte mit den neuen Eigentümern aufgestockt werden. Mit Robin Herd und dessen Fomet-Firma hatte man auch einen guten Technikstab. Die Erfolge bleiben aber aus und Ende 1992 machte das Team dicht.



Ob es mit Williams in eine ähnliche Richtung gehen wird, bleibt abzuwarten.

Kennt ihr weitere Beispiele?


Beiträge: 1679
1) Jackie Oliver (Arrows): Überschrift ist: "Nach dürren Zeiten winkt jetzt der Erfolg". Die Situation um Arrows wurde als äußerst positiv beschrieben. Mit der Übernahme durch Footwork sah man sich finanziell gut aufgestellt. Darüber hinaus unterzeichnete man einen Exklusiv-Vertrag mit Porsche für vier Jahre! Hans Mezger, der bei Porsche schon die WM-Turbos in den 80er Jahren entworfen hatte, sollte die Motoren konstruieren. Alan Rees wird mit folgenden Worten zitiert: "Ich bin überzeugt, dass wir mit Porsche die Voraussetzungen für den Erfolg haben. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir im nächsten Jahr von niemanden an PS übertroffen werden." Wir wissen, kam alles anders: Arrows ist zumindest bei WM-Rennen bis heute ohne Sieg, die Partnerschaft mit Porsche hielt nur eine halbe Saison, der Porsche-Motor war eine Katastrophe.


rein aus meiner erinnerung:

das porsche triebwerk war ein aus 2 v6 blöcken zusammengefriemeltes ding. zu schwer, zu wenig leistung und alles in allem eine reine katastrophe.

rein finanziell war diese zeit für oliver die erfolgreichste.

AWE AWE

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MichaelZ hat geschrieben:
Mit Freude lese ich gerade "ADAC Special Grand Prix '90", mit namhaften Autoren aus Deutschland (Dieter Stappert, Heinz Prüller, Achim Schlang), aus Großbritannien und Italien. Der Informationsgehalt in diesem Heft ist echt topp! Damals gab's keinen Deutschen in der Formel-1, der Inhalt musste also wirklich für Rennfans sein, nicht für patriotische Fans.

Jedenfalls sind da auch einzelne Portraits von Teamchefs drin und als ich die so durchgestöbert habe, musste ich spontan an Frank Williams denken. Oder besser gesagt ans Williams-Team aktuell. Viele erwarten sich ja einen großen Sprung nach vorne: Neuer Technikstab, neuer Motorenlieferant und vielleicht einen überzeugenden Fahrer, wenngleich man Räikkönen nicht bekommen hat.

Immer wieder wurden die Zukunfts-Situationen von Teams aber positiv eingeschätzt - und man lag total daneben. In diesem oben angeführten Buch gibt es ebenfalls einige Beispiele:

1) Jackie Oliver (Arrows): Überschrift ist: "Nach dürren Zeiten winkt jetzt der Erfolg". Die Situation um Arrows wurde als äußerst positiv beschrieben. Mit der Übernahme durch Footwork sah man sich finanziell gut aufgestellt. Darüber hinaus unterzeichnete man einen Exklusiv-Vertrag mit Porsche für vier Jahre! Hans Mezger, der bei Porsche schon die WM-Turbos in den 80er Jahren entworfen hatte, sollte die Motoren konstruieren. Alan Rees wird mit folgenden Worten zitiert: "Ich bin überzeugt, dass wir mit Porsche die Voraussetzungen für den Erfolg haben. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir im nächsten Jahr von niemanden an PS übertroffen werden." Wir wissen, kam alles anders: Arrows ist zumindest bei WM-Rennen bis heute ohne Sieg, die Partnerschaft mit Porsche hielt nur eine halbe Saison, der Porsche-Motor war eine Katastrophe.

2) Giancarlo Minardi (Minardi): Auch dieses sympathische, italienische Team wurde eine rosige Zukunft ausgemalt. Der Grund: Schon beim USA GP 1990 in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona qualifizierte Pierluigi Martini seinen Minardi Ford auf Rang zwei und damit in die Erste Startreihe! Und 1991 sollte Minardi die Ferrari-Zwölfzylindermotoren bekommen. Der Vertrag wurde schon im März 1990 unterzeichnet, sodass Minardi auch viel Vorbereitung hatte, das Auto perfekt für den Motor zu entwickeln. Giancarlo Minardi wird mit folgenden Worten zitiert: "Wir sind nicht in der Formel-1, um mitzufahren, wir wollen gewinnen! Mit den Ferrari-Zwölfzylindern sollten wir diesen großen Traum auch verwirklichen können." Auch hier kam es ganz anders. Schon damals sagte er: "Die Ferrari-Motoren kriegen wir übrigens nicht umsonst. Man stellt uns die Motoren im Leasing-Verfahren zur Verfügung, wobei die Miete ziemlich hoch ist." Genau darüber stolperte Minardi. Der Dreijahresvertrag mit Ferrari musste schon nach einem Jahr wieder gekündigt werden. Die Kosten waren für das Minardi-Team nicht tragbar. Aus Minardi wurde eine Hinterbänklertruppe, die die Rekordlisten der Formel-1 anführen würden, wären Sympathien das entscheidende Kriterium. Einen GP-Sieg gab es für das Team aus Faenza erst, als Red Bull Minardi übernommen hat...

3) Enzo Osella (Osella): Hier heißt der Titel "Überlebenskünstler mit rosiger Zukunft". Als Grund für den zu erwartenden Erfolg ist die 51%-Übernahme durch Fondmetal und deren Chef Gabriele Rumi. Man setzte außerdem in den weiterentwickelten Lamborghini-Zwölfzylinder große Erwartungen. Darüber hinaus hatte das Team ein exklusives Benutzungsrecht eines Windkanals und das Budget von damals sieben Millionen Dollar sollte mit den neuen Eigentümern aufgestockt werden. Mit Robin Herd und dessen Fomet-Firma hatte man auch einen guten Technikstab. Die Erfolge bleiben aber aus und Ende 1992 machte das Team dicht.



Ob es mit Williams in eine ähnliche Richtung gehen wird, bleibt abzuwarten.

Kennt ihr weitere Beispiele?



Der Deal zwischen Ferrari und Minardi machte schon in Ungarn 89 die Runde .Das Giancarlo Minardi da euphorisch wurde und die Realität ein wenig verdröngte ,liegt in der Natur von Minardi .
Er ist ein Vorzeige-Italiener mit allen Eigenschaften eines Italiners.

Osella war eine ähnliche "Spass-Truppe" nur mit noch viel kleinerer Geldbörse . Wobei Osella und Minardi nur schwer vergleichbar sind . Minardi als Team war m.M. nach komplett anders gepolt als Osella , Bei den einen gings locker flockig zu Werke bei den anderen wars nie ganz so "italienisch"
Osella war natürlich Happy ,das Fondmetal mit über 50 % bei Osella eingestiegen ist . Larini ,Danner Ghinzani und Co. plauderten ja zu der Zeit und später viel aus dem Nähkästchen von Osella ,
Von dem Deal mit Fondmetal und dem daraus resultierenden Umzug des Teams von Volpiano nach Bergamo versprach sich das Team viel .
Ich habe jetzt das ADAC.Heft nicht vorliegen aber ich nehme mal an ,das den Artikel ein Italiener oder Österreicher mit viel Herzblut und Phantasie geschrieben hat ,bei der Überschrift . :drink:

Aber es gab ja 1990 eine Reihe von Teamchefs über die man Bücher schreiben könnte . Cyril de Ruuve mit seinem Talent der
Sponsorenfindung , den alten Haudegen Gy Ligier und Ken Tyrrell ,
dem Rennwagenverbudeler Monteverdi oder der Berlusconi der F1 Flavio Briatore .
Das war noch ne geile Zeit .


Beiträge: 72
MichaelZ hat geschrieben:
mit namhaften Autoren aus Deutschland (Dieter Stappert, Heinz Prüller, Achim Schlang)
Von diesen drei "Autoren aus Deutschland" sind aber zwei Österreicher...

Zurück zum Thema: beim Brabham-Team haben Anfang 1986 auch viele geglaubt, mit dem ultra-flachen BT55 würden sie alles in Grund und Boden fahren. Stattdessen bedeutete diese Saison den Anfang vom Ende des Brabham-Teams, dazu kam noch der tragische Tod von Elio de Angelis.
Niki Lauda hatte ja auch ein Angebot, 1986 für Brabham zu fahren, und hat letztendlich abgelehnt, obwohl er - wenn ich mich richtig erinnere - anfangs nicht ganz abgeneigt war, da wohl auch er an die Konkurrenzfähigkeit des Brabham glaubte.

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Beiträge: 13287
x-toph hat geschrieben:
1) Jackie Oliver (Arrows): Überschrift ist: "Nach dürren Zeiten winkt jetzt der Erfolg". Die Situation um Arrows wurde als äußerst positiv beschrieben. Mit der Übernahme durch Footwork sah man sich finanziell gut aufgestellt. Darüber hinaus unterzeichnete man einen Exklusiv-Vertrag mit Porsche für vier Jahre! Hans Mezger, der bei Porsche schon die WM-Turbos in den 80er Jahren entworfen hatte, sollte die Motoren konstruieren. Alan Rees wird mit folgenden Worten zitiert: "Ich bin überzeugt, dass wir mit Porsche die Voraussetzungen für den Erfolg haben. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir im nächsten Jahr von niemanden an PS übertroffen werden." Wir wissen, kam alles anders: Arrows ist zumindest bei WM-Rennen bis heute ohne Sieg, die Partnerschaft mit Porsche hielt nur eine halbe Saison, der Porsche-Motor war eine Katastrophe.


rein aus meiner erinnerung:

das porsche triebwerk war ein aus 2 v6 blöcken zusammengefriemeltes ding. zu schwer, zu wenig leistung und alles in allem eine reine katastrophe.

rein finanziell war diese zeit für oliver die erfolgreichste.



Porsche 190 Kg ,
Ford HB 135 Kg
Cosworth 150 Kg.
Illmor 145 Kg
Ferrari 140 Kg
Honda 160 Kg.

Der V12 Motor hatte einen 80 Grad Winkel und war ähnlich aufgebaut wie der 12 Zyl. aus den 917ern ,die 1970 rum gefahren sind .
Wenn man Jenkins glauben darf ,dann war das Desaster schon absehbar ,als man die ersten Prototypen zur Anpassung ans Chassis auspackte ,Zu groß zu schwer und wie sich später herausstellte auch noch störanfällig Das Schmiersystem der Motoren war eine komplette Fehlkonstruktion . Bei bestimmten Kurfenpasagen oder auf bestimmten Strecken ,sorgten die Fliehkräfte dafür ,das dass Schmieröl falsche Wege geht ,was regelmäßig zu Motorschäden führte .
Porsche - ein typisches Beispiel dafür ,das alter Ruhm nicht
neuer Erfolg bedeuten muss ,schon garnicht ,wenn man meint der
alte Ruhm ist so gut wie alles ,was man in die Wagschale werfen muss.


Beiträge: 45812
AWE hat geschrieben:
Aber es gab ja 1990 eine Reihe von Teamchefs über die man Bücher schreiben könnte . Cyril de Ruuve mit seinem Talent der
Sponsorenfindung , den alten Haudegen Gy Ligier und Ken Tyrrell ,
dem Rennwagenverbudeler Monteverdi oder der Berlusconi der F1 Flavio Briatore .
Das war noch ne geile Zeit .


Und das, obwohl es so viele Hersteller gab - einfach deshalb, weil die Hersteller sich nicht groß bei Teamangelegenheiten eingemischt haben bzw. keine eigenen Werksteams hatten. Wäre toll, wenn es so wie in den frühen 90er Jahren einfach weitergegangen wäre...


Beiträge: 45812
LigierGitanes hat geschrieben:
Von diesen drei "Autoren aus Deutschland" sind aber zwei Österreicher...


stimmt, sorry, meinte deutschsprachig.

AWE AWE

Beiträge: 13287
MichaelZ hat geschrieben:
AWE hat geschrieben:
Aber es gab ja 1990 eine Reihe von Teamchefs über die man Bücher schreiben könnte . Cyril de Ruuve mit seinem Talent der
Sponsorenfindung , den alten Haudegen Gy Ligier und Ken Tyrrell ,
dem Rennwagenverbudeler Monteverdi oder der Berlusconi der F1 Flavio Briatore .
Das war noch ne geile Zeit .


Und das, obwohl es so viele Hersteller gab - einfach deshalb, weil die Hersteller sich nicht groß bei Teamangelegenheiten eingemischt haben bzw. keine eigenen Werksteams hatten. Wäre toll, wenn es so wie in den frühen 90er Jahren einfach weitergegangen wäre...



Wo siehst du in den 90ern "viele Hersteller " ?
Mit ganz viel Phantasie Ferrari und das wars dann auch schon.

Du musst schon unterscheiden zwischen Motorenlieferanten und Herstellern


Beiträge: 819
Da fällt mir vor allem BAR ein. Da wurde ja auch großspurig 1999 angekündigt, dass man eigentlich gleich mit einem Sieg in die F1 einsteigen wollte. Pollock als Teamchef und Villeneuve als Fahrer
Das Resultat war ein Desaster und mit Craig Pllock wars bald vorbei. Und auch später kam nie der richtige Durchbruch .


Beiträge: 1679
war das mit bar nicht zunächst eine reine mediennummer, basierend auf der sachlage, dass autos von reynard in anderen serien ihre ersten rennen gewannen und das wurde dann ienfach von pollock aufgegriffen?


Beiträge: 45812
Wobei die großen Ambitionen ja von BAR selbst geschürt worden. Die Medien waren doch da etwas realistischer. Bei Toyota trifft das eher zu. Da wurde Wunder was erwartet, wenn ich mich recht erinnere.


Beiträge: 819
x-toph hat geschrieben:
war das mit bar nicht zunächst eine reine mediennummer, basierend auf der sachlage, dass autos von reynard in anderen serien ihre ersten rennen gewannen und das wurde dann ienfach von pollock aufgegriffen?


Ja, stimmt. Ich erinnere mich. Reynard war der Aufhänger


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