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Opel im GP-Sport

Das Formel 1 Forum früherer Tage...
Beitrag Donnerstag, 02. Januar 2014

Beiträge: 45834
Von 1908 bis 1914 war Opel sogar recht aktiv im GP-Sport vertreten. Carl Jörns war einer der führenden Fahrer. Fast jedes Jahr kam dabei von Opel sogar ein neuer Rennwagen heraus. Der Opel, der beim Frankreich GP 1914 eingesetzt wurde, soll der leichteste Wagen im ganzen Feld gewesen sein.

Was mich besonders interessiert: Wieso ist Opel in den folgenden Jahrzehnten nie in die Formel-1 gekommen? Ich meine klar, in den Jahren, in denen Opel involviert war, waren ja zahlreiche Hersteller involviert, weil man quasi durch den Rennsport erst sich einen Namen machen konnte. Das änderte sich ja dann in den 20er Jahren, als Rennsport meines Erachtens nicht mehr so den großen Stellenwert hatte. Aber war das der einzige Grund, wieso Opel nicht auch zum Beispiel in den 30er Jahren oder in den 50er Jahren GP-Sport betrieb? War Opel einfach zu klein und der GP-Sport zu teuer? Hätte Opel gegen Auto Union und Mercedes Benz schlicht keine Chance gehabt? War der Markt in Deutschland durch die zwei Hersteller quasi abgedeckt?

Was sagt ihr dazu?

Beitrag Freitag, 03. Januar 2014

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Da haben sich halt die anvisierten Marktsegmente geändert. Vor dem WK I waren Autos nur was für die Reichen und Schönen, da haben Rennerfolge fürs Image gut gewirkt. Opel hat mit dem "Doktorwagen" zum ersten mal in Deutschland auch ein Auto fürs Volk (naja, zumindest für Leute aus der oberen Mittelschicht) gebaut. Da ging es nicht mehr um Fahrleistungen, sondern daß man sich überhaupt ein Auto leisten konnte.

Nach dem Krieg war dann der Laubfrosch sowieso weitgehend konkurrenzlos günstig, da hat man auch wieder nicht viel in Werbung stecken müssen und überhaupt haben sich die deutschen Firmen mit Ausnahme von Mercedes kaum mal der internationalen Konkurrenz gestellt.

Und schließlich war Opel dann ab 1929 schon in Händen von GM und die hatten dort halt überhaupt kein Interesse am Rennsport. In Rüsselsheim sollten weiter die "Brot-und-Butter-Autos" fürs Volk gebaut werden, aber sie durften dort auf keinen Fall den amerikanischen Luxusmarken des Konzerns in die Quere kommen. Deswegen mußte Opel sogar alle Exemplare des Luxusmodells "Regent" von den Kunden zurückkaufen und samt aller Pläne verschrotten!

Beitrag Freitag, 03. Januar 2014

Beiträge: 45834
Okay das einleuchtende Argument ist GM, der Rest würde ja auf alle Hersteller zutreffen...

Beitrag Freitag, 03. Januar 2014

Beiträge: 197
Und? Es traf doch auch auf alle anderen hersteller zu. Oder welche Hersteller gab es denn da deiner Meinung nach noch groß? Außer dem zaghaften Versuch von Heim und eben Mercedes/-Benz ist mir da nicht viel bekannt.

Auch in anderen Ländern gab es nach 14/18 deutlich weniger Firmen, die sich in GP beteiligt haben, als vorher. Ich denke, der Aufwand ist einfach zu groß geworden, und einige sind darüber ja auch regelrecht Pleite gegangen. Und Opel war bestimmt nicht zu klein, sondern ich glaube, in Deutschland sogar überhaupt der größte Hersteller, jedenfalls was die reinen Stückzahlen betrifft. Für alle anderen wäre der Aufwand im Verhältnis noch größer gewesen, und mit einem mittelmäßigen Budget wäre man sowieso nur hinterhergefahren. Auch international sind sich die Hersteller doch oft gegenseitig aus dem Weg gegangen, ich erinnere nur an den GP Frankreich von 1926, als gegen Bugatti alle kalte Füße bekommen haben. Oder beim Rennwochenende in Monza 1927, wo Delage nur im GP Italien und Fiat nur im GP Monza gefahren sind. Bevor man geschlagen wurde, hat man sich lieber gar nicht gestellt, aber dann war halt auch der ganze Aufwand umsonst.

Deswegen haben in Deutschland die Werke Motorsport eher auf einer Ebene geführt, die man heute irgendwo zwischen Markenpokal, DTM und Rallye ansiedeln würde. Bei den Rundstreckenrennen mit Einteilung in mehrere Klassen, damit auch jeder einen Pokal mitnehmen konnte und ansonsten Veranstaltungen wie die Automobilwoche Baden-Baden, wo Rundstreckenrennen, Kilometerzeitfahren, Bergrennen, Zuverlässigkeistfahrten, Geschicklichkeitsfahren usw. angesetzt waren. Die richtig heißen Öfen wurden dort dann meistens von den "Herrenfahrern" gesteuert, die sich halt einen Bugatti zum Spaß leisten konnten.

Beitrag Freitag, 03. Januar 2014

Beiträge: 45834
Okay in den 20er Jahren mag das sein, liegt meines Erachtens auch ein bisschen daran, dass ja lange jedes Jahr die Formel geändert wurde und das machte es meines Erachtens dann auch schwierig. Aber was ist dann zum Beispiel mit den 30er Jahren - da kamen ja dann durchaus wieder die Marken wie Auto Union, Alfa Romeo, Maserati. Da greift dann wohl dein Argument, dass Opel schon an GM verkauft war. Die Amis hatten da nicht mehr viel Bock auf europäische GP-Rennen...

Beitrag Freitag, 03. Januar 2014

Beiträge: 1477
Um die Sitution in den Zwischenkriegsjahren zu verstehen muss man sich tiefgehend mit der Materie beschäftigen, hier bringen reine Statistiken überhaupt nichts, sondern man muss die wirtschaftlichen und (sport)politischen Entwicklungen kennen, am besten aus zeitgenössigen Schriften. Auch die jeweiligen Situationen innerhalb der verschiedenen Automobilhersteller spielten eine wesentliche Rolle. Die wirtschaftliche Situation nach dem WK1 in Europa war schlecht, vor allem in Deutschland. Viele Automobilhersteller überlebten diese Periode nicht, einschliesslich dem Marktführer Brennabor. Selbst Opel, welcher die Nummer 1 von Brennabor übernommen hatte, musste an die Amerikaner verkaufen, und auch das "Kronjuwel" Daimler war gezwungen mit Benz zu fusionieren. Für aufwendige und teure Entwicklungen war nirgendwo Geld vorhanden.

Auch sportpolitisch änderte sich in den 20er Jahren vieles in Deutschland, in den reinen Geschwindigkeitsrennen mit speziellen Fahrzeugen sah man kaum noch einen Sinn, der Trend ging hin zu Zuverlässigkeit und Ausdauer verbunden mit einer Propagierung von kleinen und preiswerten Fahrzeugen. Ein GP-Sieg hatte nur noch minimale Werbekraft, vor allem nicht für Hersteller von Brot-und-Butter-Autos, ein Klassensieg eines seriennahen Kleinwagens brachte da viel mehr PR, denn die potentiellen Käufer konnten sich damit identifizieren. Ein typisches Beispiel für diese Entwicklung ist die Tatsache, dass beim Grossen Preis von Deutschland 1926 für die Fahrzeuge über 1.5 Liter 4 Sitzplätze vorgeschrieben waren, um die Idee der Seriennähe zu unterstützen. Dass Mercedes hierbei dann beschissen hat steht auf einem anderen Blatt...

Man kann die Entwicklungen in Italien nicht mit Deutschland vergleichen. Alfa Romeo wurde vom faschistischen Regime tatkräftig unterstützt, vor allem durch Rüstungsaufträge, aber auch durch die motorsportfreundliche Gesinnung der Schwarzhemden. Und als auch in Mailand das Geld ausging wurde AR kurzerhand verstaatlicht und noch mehr "Kohle verbrannt". Maserati kopierte in gewisser Beziehung das Bugatti-Modell, man baute Rennwagen um sie gewinnbringend zu verkaufen.

Beitrag Freitag, 03. Januar 2014

Beiträge: 197
Michael_Mueller hat geschrieben:
Ein typisches Beispiel für diese Entwicklung ist die Tatsache, dass beim Grossen Preis von Deutschland 1926 für die Fahrzeuge über 1.5 Liter 4 Sitzplätze vorgeschrieben waren, um die Idee der Seriennähe zu unterstützen. Dass Mercedes hierbei dann beschissen hat steht auf einem anderen Blatt...


Vielleicht hat man solche Regeln ja weniger aus Idealismus für die Idee der Seriennähe gemacht, sondern auch gerade dafür, um unliebsame ausländische Hochleistungswagen fernzuhalten.

Beitrag Freitag, 03. Januar 2014

Beiträge: 45834
@Michael: Interessante Ausführungen. Da kann man sich ja fast fragen, wieso überhaupt noch Hersteller Rennwagen gebaut haben (vor allem wegen den zahlreichen Formel-Wechseln in den 20er Jahren), aber das kann man sich ja heute auch fragen...


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