So ich bin fertig, hat ein bisschen länger gedauert, weil ich zwischendrin noch an meiner F2-EM/F3000/GP2-alles-in-einem-Datenbank gearbeitet habe. Ich werde die Lauda-Story in 4 Teile bringen, jeden Tag einen, damits zum Lesen nicht zu viel wird. Ich bin doch recht oberflächlich geblieben, wenn ihr irgendwo ins Detail gehen wollt, können wir das sehr gerne machen. Ich hoffe natürlich auf Verbesserungen, Korrekturen, Anregungen, Diskussionen, Ergänzungen und vor allem auch darauf, dass ihr vielleicht ein paar schöne Bilder von Lauda und Laudas Karriere postet. Ich werde außerdem noch 3 Threads aufmachen, in denen wir uns die Weltmeisterschaftsjahre von Lauda vielleicht mal genauer anschaun, also die Saison 1975, 1977 und 1984 mal Revue passieren lassen. Also dann mal los:
Ohne sein Kapperl kann man sich Niki Lauda nicht mehr vorstellen. Freilich: Ursprünglich trägt Lauda seine Mütze, um die Narben seines grauenhaften Feuerunfalls auf dem Nürburgring zu verdecken. Doch die meist rote Mütze wurde zum Markenzeichen des 3-maligen Formel-1 Weltmeisters, der auch allen aktuellen Formel-1 Fans ein Begriff ist. Natürlich wegen seiner bekannten Rennfahrergeschichte, aber auch, weil er als Experte beim Fernsehsender RTL seit Jahren Rede und Antwort steht. Laudas Kapperln wurden sogar schon zu Werbeflächen für Firmen wie Parmalat.
Lauda hat sich nach seiner Formel-1 Karriere eine Existenz aufgebaut. Berühmt wurde er auch, weil er eine Fluglinie gründete, die Lauda Air. 2002 wurde die Lauda Air von Australian Airlines übernommen. Aber nur, weil Lauda selbst schon wieder neue Firmen aufmachte: Die Billigairline flyniki, sowie eine Autovermietung (Laudamotion), die 550 Smarzs für einen Euro am Tag verleiht! Der Mieter muss mindestens 30 Kilometer pro Tag im Stadtgebiet fahren, denn die Autos finanzieren sich über Werbung. Niki Lauda tritt damit in die Fußstapfen seines Stammbaumes, denn die Familie Lauda ist eine wohlhabende Familie. Dr. Hans Lauda, Opa von Niki Lauda, war in Österreich einer der bekanntesten Industriellen. Und Hans Lauda war auch Besitzer einer Bank. Und diese Bank sponserte auch Niki Lauda, zumindest bist er in die Formel-1 kam. Dann beendete der Großvater überraschend die Finanzzuschüsse, weil er Angst um das Leben seines Enkels hatte. Der Feuercrash 1976 gab ihm nicht unrecht, aber das Verhalten brachte Niki Lauda in arge Schwierigkeiten. Der Vertrag mit March war bereits unterzeichnet und nun musste Lauda Geld auftreiben, also wechselte er die Bank. „Danach habe ich nie mehr mit meinem Opa gesprochen“, gibt sich Lauda cool.
Niki Lauda kam also aus ganz anderen Verhältnissen, wie Michael Schumacher, dennoch hat er mit dem Deutschen viel gemeinsam. Niki Lauda wurde von Ferrari oftmals auch richtig angespornt: „Ich kann mich an ein Rennen erinnern, als ich Clay Regazzoni jagte“, führt Lauda aus, „Da zeigten mir meine Mechaniker mit der Zeitentafel, dass ich 30 Sekunden hinter Regazzoni war. Gleichzeitig erkannte ich aber auf den Tafeln für Clay, dass er nur 20 Sekunden vor mir war. Mein Team wollte alles aus mir herauskitzeln.“ Doch Lauda schaffte dann auch oft das Unmögliche. In gewisser Weise war das schon die Vorstufe zur Michael Schumacher-Ära bei Ferrari. Auch der Deutsche spielte mit Ferrari perfekt zusammen, wie in Ungarn 1998, als Ross Brawn eine Strategie aus dem Ärmel schüttelte, die für manche Fahrer wohl eine unmögliche Theorie gewesen wäre. Für Schumacher war es eine Herausforderung. In wenigen Runden musste er bis zu seinem Boxenstopp 20 Sekunden auf McLaren Mercedes Fahrer und Titelrivale Mika Häkkinen herausfahren. Das bedeutete mehr als eine Sekunden pro Runde schneller – auf dem schweren Mickey Mouse Kurs in Budapest wohl gemerkt. Genauso glanzvolle Rennen hatte auch Lauda mit Ferrari. Und er strukturierte das Ferrari-Team auch so um, wie es Schumacher Jahre später nur noch auf die Spitze brachte: Lauda testete auf der Hausstrecke in Fiorano quasi Tag und Nacht. Wenn der Ferrari eine Gurke war, regte er sich nicht auf, sondern suchte nach Verbesserungen, wollte herausfinden, warum der Ferrari langsam war. Eine unglaubliche Arbeitsmoral, die es so in der Formel-1 davor noch nicht gegeben hatte. Oft entstand auch ein etwas falsches Bild: Lauda, das Arbeitstier, während sein Titelrivale James Hunt der Partytyp war. Nicht oft sah man Hunt ohne Zigarette, Bier, oder hübsche Frauen. Aber auch Lauda liebte die Formel-1 Szene, aber im Endeffekt schaffte er den Spagat zwischen Arbeit und Spaß besser, und war dementsprechend erfolgreicher als Hunt.
Lauda hat viel Humor, bringt Menschen zum Lachen. 1981 verlor Niki Lauda beispielsweise bei Frank Elstners Show „Wetten dass...“ eine Wette. Lauda hätte deshalb eine Runde mit einem Tretroller über den Hockenheimring (6,8 km) fahren müssen. Wenige Stunden vor diesem Event jedoch verletzte sich Lauda die rechte Hand, oder gab das zumindest an. Ein Jahr später fuhr Lauda dann mit einem Tretroller die 250 m lange Startgerade in Las Vegas ab um seine Wettschuld zumindest ansatzweise zu begleichen. Lauda war der erste Fahrer, der auf Fitness und Taktik viel wert gelegt hat. Für damalige Zeit war Lauda der Konkurrenz mindestens 2 Schritte voraus, genauso wie Schumacher 3 Jahrzehnte später. Schumi war fast fitter als alle anderen Fahrer in seiner Zeit zusammen, und strategisches Fahren hatte eh keiner besser drauf, als der Rekordweltmeister. Alles Eigenschaften, die in der Formel-1 erstmals durch Niki Lauda aufgetaucht sind. Eine weitere erstaunliche Parallele: Als Lauda zu Ferrari stieß, war Ferrari im Nirgendwo. Bis 1975 lag der letzte Titel für Ferrari über 10 Jahre zurück. Und als Schumacher zu Ferrari kam, war Ferrari ebenfalls sehr erfolglos. Der letzte Titel lag sogar mehr als 20 Jahre zurück. Weitere Parallelen könnten gefunden werden, wenn man sie den sucht: Beide hatten schwere Unfälle mit Ferrari, Lauda den Feuerunfall am Nürburgring, Schumacher den Beinbruch-Crash in Silverstone. Es überrascht also keinesfalls, dass Niki Lauda, damals Berater bei Ferrari (und wieder eine Parallele) Teamchef Jean Todt Schumacher vorgeschlagen hat.
"Lauter Wahnsinnige!"
Der Aufstieg zum König der Königsklasse war, wie man so schön sagt, kometenhaft. 1969 fuhr er in der Formel-V, dann 1970 mit einem McNamara in der europäischen Formel-3. Niki Lauda drängte sich zu dem Zeitpunkt nicht unbedingt für höhere Aufgaben auf. Salopp gesagt: Laudas F3-Karriere war eine Katastrophe. Er war in zahlreichen spektakulären Unfällen verwickelt, und als bestes Resultat schaute nur ein 2. Platz bei einem schwach besetzten Rennen im tschechischen Brno raus, hinter dem Schweizer Jürg Dubler, der einen privaten Chevron Ford steuerte. Lauda umschrieb den Misserfolg mit seinen Worten: „Die Formel-3 ist eine Wahnsinnsformel. Ich will nicht länger ein Wahnsinniger in einem Feld von 2 Dutzend Wahnsinnigen sein.“
Einer dieser spektakulären Unfälle geschah beim Formel-3 Rennen im holländischen Zandvoort am 5. September 1970. Als Lauda in einer Gruppe mit Tempo 210 über die Kuppe fuhr, war vor ihnen ein Rettungswagen mit 50 km/h. 3 Fahrer schlängelten sich rechts vorbei (unter anderem James Hunt). Lauda wollte links vorbei, kollidierte aber mit einem ebenfalls kreiselnden Wagen. Danach gab es gelbe Flaggen, aber keiner wurde langsamer. Lauda wird nochmals abgeschossen. Er springt aus dem Auto und rennt weg.
Obwohl die Erfolge ausblieben, wechselte er in die Formel-2. Immerhin hatte er ja wenigstens Geld. Und Geld half bei der Cockpitbeschaffung. Er fuhr für Boesch Racing, also für das Team, für das er zu diesem Zeitpunkt bereits ein paar Sportwagenrennen gewinnen konnte. Das Rennauto war dabei ein Porsche 908. Auch in der Formel-2 konnte Lauda kaum brauchbare Ergebnisse vorweisen. Nur ein F2-Rennen konnte er gewinnen, nämlich 1972 im Oulton Park, aber da war er bereits schon in der Formel-1. Die restliche Karriere konzentrierte sich Lauda auf die Formel-1. 1979 fuhr er einige Rennen in der Procar BMW-Serie und gewann dabei auch einige Rennen.
Formel-1 Debüt mit March
Bereits 1971 gab Niki Lauda sein Formel-1 Debüt. Beim Heimrennen in Österreich kaufte er sich ein Cockpit bei March Ford und ersetzte damit den Italiener Andrea de Adamich. Der Einstand war alles andere als perfekt, denn Lauda fiel aus. Im Qualifying sah er zudem gegen seine Teamkollegen Nanni Galli und Ronnie Peterson kein Land. Dennoch kam er für die Saison 1972 als Stammfahrer bei March unter. Er ließ sich das Cockpit 2 Millionen Schilling kosten! Mit Peterson hatte er einen starken Teamkollegen, und einen, den Lauda nicht schlagen konnte. Mit 2:10 unterlag er das Qualiduell, im Rennen gab es keine Punkte, während Peterson sogar beim Deutschland Grand Prix auf dem Podium stand.
In der Saison 1973 kam Niki Lauda bei BRM unter, zuvor testete er auch für Ligier. Dem Teamwechsel zum Trotz: So recht beeindrucken konnte Lauda immer noch nicht. Aber tolle Plätze in der Startaufstellung und der 5. Platz beim Belgien GP ließ allmählich das Talent von Lauda aufblitzen. Immerhin galt er nun als ein Fahrer mit Zukunft, auch wenn er gegen Ende der Saison 1973 eher Pech hatte und oft ausfiel. So konnte er einen 5. Platz im Grid beim Großen Preis von Deutschland nicht nutzen, weil er mit einem Crash ausschied. In der 2. Runde verunglückt Niki Lauda im Streckenabschnitt Kesselchen. Wegen eines Reifendefektes kommt der BRM von der Strecke ab, prallt gegen eine Böschung, fliegt an einem Streckenpostenhäuschen vorbei und kommt nach 350 Metern zu stehen. Niki Lauda bricht sich das rechte Handgelenk. Eine bittere Pille vor allem deshalb, weil er nun auch beim Österreich GP, dem Rennen vor seinen heimischen Fans, nicht antreten konnte. Den positiven Eindruck von Lauda konnten die Geschehnisse in Deutschland aber nichts anhaben und so stand er plötzlich auf der Liste der Kandidaten für ein Stammcockpit bei Ferrari in der Saison 1974.
Lauda war bei einem Topteam wie Ferrari natürlich nicht der einzige Fahrer, der auf ein Cockpit hoffte. Mit Clay Regazzoni, der 1973 noch Teamkollege von BRM war, einigte sich Ferrari schnell. Für den 2.Platz gab es eine Reihe von Kandidaten, Topfavorit war Jean Pierre Jarier. Der Franzose verlangte letztendlich aber zu viel Geld und musste sich 1974 bei Shadow Ford rumschlagen. Der Australier Tim Schenken hatte nach dem Geschmack von Enzo Ferrari in der Saison 1973 zu wenig Rennen bestritten (nur eines für Williams). Auch Chris Amon bekam ein Angebot von Ferrari. Amon galt als ausgezeichneter Rennfahrer (galt immer als potenzieller Weltmeister), doch damals hatte er bereits Pläne, ein eigenes Formel-1 Auto zu bauen und lehnte das Ferrari-Angebot ab. Peter Revson lehnte das Ferrari-Cockpit ebenfalls ab, weil Ferrari seinen Forderungen, trotz des Ferrari-Engagements beim Indy 500 zu starten, nicht entgegen kam. François Cevert sah sich bei Tyrrell besser aufgehoben, als bei Ferrari, was nach der Performance von 1973, als Tyrrell mit Jackie Stewart den Titel einfuhr und Ferrari nur hinterherfuhr, auch verständlich war. Letztlich war es egal: Beim letzten Rennen ’73 verstarb er bei einem Unfall beim USA GP. Also bekam Niki Lauda den Ferrari-Platz, auch weil er umsonst fuhr. „Aber, dass war meine einzige Chance, in ein Topteam zu kommen“, erinnert sich Lauda. Doch nach der ersten Testfahrt war er enttäuscht: „Enzo Ferrari fragte wie das Auto war, ich sagte, dass es *böses Wort* wäre. Damals wusste ich noch nicht, dass das oberste Gesetz bei Ferrari war, nicht negativ über das Auto zu reden. Enzo verzog die Miene und sagte, wenn ich nicht in den nächsten 2 Wochen 5 Zehntel schneller fahren würde, würde er mich feuern.“ Doch Lauda schaffte das Unmögliche, war bei der besagten Testfahrt sogar 8 Zehntelsekunden schneller.