albj hat geschrieben:
Reutemann sollte man besser nicht die Daumen drücken. Seine Partei, die Peronisten beruft sich auf den früheren Diktator Juan Perón - wie schon der Name sagt.
Also ich hab jetzt mal bisschen recherchiert. Der Peronismus lässt sich nicht eindeutig zuordnen, hat mehrere Splittergruppen, von links bis rechts ist da alles dabei. Deshalb kann man kaum sagen, dass man Reutemann nicht die Dauzmen drücken soll. Oder hast du da andere Infos? Meine Recherchen:
Die peronistische Partei hat keine klare Linie, versucht sich offiziell als Mittelweg zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Doch der Peronismus ist nur eine Bewegung in Argentinien und steht und fällt damit mit der peronistischen Partei – und die spaltet sich häufig in verschiedene Lager. Teilweise traten schon mehrere Kandidaten der Partei gegeneinander als Kandidaten für die Präsidentschaft an, zuletzt beispielsweise 2003, als Néstor Kirchner erst Präsident wurde, nachdem Carlos Menem nach dem ersten Wahlgang trotz zwei Prozent höheren Stimmanteil seine Kandidatur zurückzog. Der Peronismus ist heute die prägende politische Kraft Argentiniens, auch wenn sich das Gesicht der Partei immer wieder wandelt. Die heutige Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner ist beispielsweise eher eine Sozialdemokratin, Carlos Menem dagegen eher ein Populist.
Begründet wurde die Partei von Juan Perón, der auch Namensgeber der Bewegung ist. Mehrmals war Perón Präsident von Argentinien. Perón gilt in vielen ausländischen Staaten als Diktator und sympathisierte auch mit dem Franco-Regime in Spanien, sowie mit dem europäischen Faschismus. Den deutschen Nationalsozialisten gewährte er in Argentinien Schutz vor der Justiz. Zwischenzeitlich wurde die Partei verboten, allerdings nur von der Opposition. 1974 verstarb Perón, der noch heute in Argentinien ein hohes Ansehen genießt. Die Ämter führte danach seine dritte Ehefrau Isabel Perón weiter. Schon Peróns zweite Frau, die mit 33 Jahren an Gebärmutterhalskrebs verstarb, war politisch aktiv und erkämpfte im Schatten der Präsidentschaft ihres Mannes das Wahlrecht für Frauen. Und 1974 übernahm mit Isabel Perón bereits eine Frau die Amtsführung in Argentinien.
Isabel Perón war aber lediglich eine Marionette der peronistischen Machthaber im Hintergrund. Weil eine starke Persönlichkeit vorne fehlte und sich immer mehr Wirtschaftskrisen und Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung breitmachten, griff die peronistische Partei zu terroristischen Mitteln, um Oppositionelle und Kritiker zu verfolgen, verhaften und zu töten. Isabel Perón, die als rechtsextrem galt, blieb nur zwei Jahre im Amt: Im Chaos putschte 1976 das Militär und führte bis 1983 eine gewaltvolle Militärdiktatur, die geprägt von Kriegen war.
Die peronistische Partei stellte mit Carlos Menem 1989 wieder einen Präsidenten. Weil zur Wahl nur Katholiken erlaubt waren, musste Menem, der osmanischer Abstammung war, erst zum katholischen Glauben übertreten. Menem kam in Zeiten einer großen Wirtschaftskrise ins Amt und richtete erst seine Partei und dann auch die Regierung neu aus: Er verband nationalpopulistische Elemente mit liberalistischen Elementen, hatte mit dieser Richtung aber auch Feinde im eigenen Lager.
Carlos Menem genoss in der Bevölkerung zwar zunächst große Beliebtheit, war dennoch stark umstritten: Die Arbeitslosigkeit lag am Ende seiner Amtszeit mit über 14% fast doppelt so hoch, wie vor seinem Amtsantritt 1989. Es mehrten sich Korruptionsvorwürfe und nachgewiesene Fälle von Vetternwirtschaft. Darüber hinaus soll Menem während seiner Amtszeit auch die Judikative manipuliert haben und die Aufklärungsarbeit nach Anschlägen während seiner Regierungszeit etwa auf die israelische Botschaft oder auf die argentinisch-israelische Vereinigung behindert haben. Nach seiner Präsidentschaft musste er sich vor Gericht auch gegen Vorwürfe des Waffenhandels mit Kroatien und Ecuador verantworten. Wie viel seiner zwielichtigen Machenschaften auf die ganze Partei oder zumindest seinem Flügel, und wie viel nur auf seine eigene Person zurückzuführen sind, ist unklar.
Seit 2003 stellt die peronistische Partei erneut den Präsidenten, bis 2007 war das Néstor Kirchner, seit 2007 dessen Frau Cristina Fernández de Kirchner. Néstor ist schweizer Abstammung und brachte die Wirtschaft während seiner Regierungszeit wieder in Schwung. Die Kritik an seiner Person wächst erst, seit er nicht mehr argentinischer Präsident ist: Unter Kirchner soll die Pressefreiheit eingeschränkt gewesen sein, außerdem soll seine Partei in einen Drogenskandal verstrickt gewesen sein. In den 70er Jahren sympathisierte Kirchner außerdem mit den Montoneros, einem linksrevolutionären Flügel der peronistischen Partei, die einen Bürgerkrieg gegen die Militär-Junta von 1976 bis ’83 führte. Angeblich soll Kirchner sogar Mitglied gewesen sein. Ihre Frau ist seit 2007 im Amt, ihre Mutter ist deutscher Abstammung, ihr Vater spanischer.