Maurice Trintignant ist ein besonderer Fahrer. Ein besonderer Fahrer deshalb, weil der Franzose, geboren am 30. Oktober 1917, einer der wenigen Fahrer war, die sowohl in der berühmten GP-Szene der 30er Jahre unterwegs war, sowie auch später, als einige GP-Rennen zusammen gefasst wurden und daraus eine Weltmeisterschaft gebildet wurde, die Formel-1. Trintignants Rennkarriere verlief also durch mehrere Jahrzehnte. Statistiker rechnen: Würden auch die GP-Rennen vor 1950 zu den Statistiken zählen, würde Trintignant mit Riccardo Patrese und Rubens Barrichello um den 1. Platz mit den meisten F1-Rennen kämpfen. So aber belegte er mit 81 WM-Rennen gemeinsam mit dem Schweizer Marc Surer nur den 73. Platz in der ewigen Bestenliste.
Trintignants berühmte Familie
Maurice Trintignant ist nur eine Persönlichkeit einer ganz bekannten französischen Familie. Bereits der Vater von Maurice, Fernand Trintignant stand in der Öffentlichkeit: Er war eine zeitlang Bürgermeister. Auch Maurice wurde nach seiner Rennfahrerkarriere Bürgermeister von Vergèze. Nebenher baute Maurice Trintignant auch Wein an, was Formel-1 Fahrer auch aktuell gerne machen. So spielt auch der aktuelle Toyota-Fahrer Jarno Trulli gerne den Hobby-Winzer.
Fernand Trintignant hatte 5 Kinder, darunter eben Maurice Trintignant. 4 von den 5 Kindern wurden Rennfahrer, keiner ist jedoch so bekannt wie Maurice Trintignant geworden, der Jüngste. Noch am bekanntesten dürfte Louis Trintignant sein, der ebenfalls Grand Prix Rennen fuhr. Beim Training zum Picardie GP 1933 kam er jedoch ums Leben, nachdem er mit seinem Bugatti schwer verunglückte. Für einige Zeitzeugen kamen nostalgische Gefühle auf, als Maurice Trintignant beim Frankreich GP 1956 als Werksfahrer von Bugatti den einzigen WM-Start der französischen Marke als Fahrer begleitete. Louis, sowie René Trintignant waren auch jene Brüder, bei denen Maurice das Handwerk lernte. Seine Karriere begann Maurice Trintignant nämlich als Beifahrer der beiden. Die Rolle des Beifahrers war damals nicht unwichtig. Heute gibt es etwas Vergleichbares ja nur noch im Rallye-Sport, den Co-Pilot. Im Rennsport der damaligen Zeit war jedoch lange noch ein Beifahrer vorgeschrieben, oft auch als fahrender Mechaniker bezeichnet. Nur der Fahrer und der Beifahrer durften damals Reparaturen, Reifenwechsel, Betankungen und so weiter am Rennwagen vornehmen, eine Boxencrew wie heute gab es damals nicht.
Maurice Trintignant hatte aber auch einen Neffen, Jean Louis Trintignant. Auch dieser versuchte sich anfangs im Rennsport, tauchte darin jedoch nur mit den Zehen ein. Das Wasser schien ihm zu heiß oder zu kalt, jedenfalls orientierte er sich um und wurde Schauspieler. Am Set so zu sagen lernte er die Regisseurin und nebenbei auch Autorin Nadine kennen. Beide heirateten, aus der Ehe entstand Marie Trintignant. Auch sie wurde Schauspielerin und lernte ebenfalls einen Promi kennen: Bertrand Cantat, der Sänger der französischen Rockband Noir Désir. Cantat und Marie waren noch nicht lange zusammen, als sich Ende Juli 2003 eine grausame Auseinandersetzung der beiden entwickelte. In Folge dessen wurden beide stark gewalttätig, Cantat fügte Marie dabei derart schwere Verletzungen zu, dass ins Koma fiel. Erst ein Tag später brachte er sie mit seinem Bruder ins Krankenhaus, aber jede Hilfe kam zu spät: Marie verstarb. Am 29. März 2004 wurde Cantat wegen Totschlags und unterlassener Hilfeleistung zu 8 Jahren Haft verurteilt. Im September 2007 stellte er jedoch einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung, noch in diesem Monat sollte er aus dem Gefängnis kommen. Die Beerdigung von Marie Trintignant glich unterdessen einem Nationalereignis, mit hochrangige Franzosen aus Politik und Kultur.
Trintignant auf Louis’ Bugatti
Trotz des Rennfahrertods von Bruder Louis Trintignant im Jahre 1933, wurde Maurice Trintignant selbst Rennfahrer. Der Bugatti, mit dem Louis den fatalen Crash hatte, wurde von der Familie Trintignant zunächst verkauft. 1938 jedoch holte ihn Maurice Trintignant wieder zurück und begann damit seine Karriere auch als richtiger Fahrer. Bereits noch im selben Jahr, 1938 beim Pau GP, erreichte er damit den 5. Platz. Damit war er besser platziert, als Louis Trintignant sich mit diesem Wagen je platzieren konnte. Beim gleichen Event wurde er 1933 Sechster, was auch seine beste Ausbeute im Grand Prix Sport betrifft. 1939 im belgischen Chimay gewann Maurice Trintignant sein erstes GP-Rennen, was aber eher ein Sportwagenrennen war. Mit seinem Bugatti siegte er jedenfalls vor Delahaye-Fahrer Robert Mazaud, sowie Taso Mathieson, der ebenfalls einen Bugatti pilotierte. Aufgrund des 2. Weltkriegs wurde die Karriere von Maurice Trintignant an dieser Stelle unterbrochen.
1946 feierte er, noch immer im Bugatti seines Bruders, sein Comeback, beim Nice GP. 1946 und 1947 sind etwas undurchsichtig: Trintignant fuhr einige GP-Rennen, aber auch Formel-2 Rennen mit seinem privaten Bugatti, teilweise aber auch für Gordini, oder mit anderen französischen Marken wie Delage oder Delahaye, eingesetzt von Ecurie Gersac. Erst ab Ende der Saison 1947 kam etwas Ordnung in die Laufbahn von Trintignant: Er wurde von Simca Gordini als Werksfahrer verpflichtet. Sein Aufgabenfeld war aber weiterhin vielfältig, von GP-Rennen, über Formel-2, aber auch Sportwagenrennen standen teilweise im Programm. Hinzu kommt, dass auf einigen Strecken die GP-Boliden einfach auch Sportwagen umgerüstet wurden. Einen großen Unterschied zwischen Sportwagen und Formel-Wagen gab es damals nicht: Einfach nur Kotflügel drauf oder ab, also praktisch Räder einrahmen oder frei stehen lassen.
Bei Simca Gordini blühte Maurice Trintignant auf. Gleich das erste F2-Rennen, das der Franzose 1948 bestritt, gewann er auch. In Roussillon gewann er vor Robert Manzon (Cisitalia Fiat) und Raymond Sommer (Ferrari). Auch das Formel-2 Rennen in Monthléry gewann Trintignant. Bestes Resultat bei einem GP-Rennen: Rang 4 beim Klassiker in Monte Carlo, dem Monaco GP. Seine Saison wurde vorzeitig beendet, nachdem er sich bei einem Unfall bei einem F2-Rennen in der Schweiz verletzte. Er lag sogar im Koma, die Ärzte gaben ihm wenig Chancen. 1949 siegte er in Angouleme vor Teamkollege Manzon. 1950 fuhr er weiterhin hauptsächlich wieder in der Formel-1, landete in Geneve auch wieder ganz vorne. Aber viel wichtiger: Mit Simca Gordini fuhr Trintignant auch seine ersten WM-Rennen der Grand Prix Szene. Er bestritt die Grand Prix’ von Monaco und Italien, fiel bei beiden Formel-1 Rennen jedoch aus, in Monaco nach einem Unfall, in Italien aufgrund eines defekten Wasserschlauchs. Auch bei den Weltmeisterschaftsläufen 1951 kam Trintignant nicht ins Ziel.
Erst 1952 holte er sich auch die ersten 2 WM-Punkte. Während er nebenher für Simca Gordini auch wieder F2-Rennen gewann, war sein bestes Resultat in der Formel-1 Rang 5 beim Frankreich GP. Beim Rennen zuvor, beim Großen Preis der Schweiz, fuhr Trintignant für die Ecurie Rosier. Es war das Team des Franzosen Louis Rosier, der auch als Fahrer in der Formel-1 auftauchte, jedoch bekannt wurde, weil er ein eigenes Team gründete, meist Ferrari-Rennwagen kaufte und diese mit blauer Farbe bei Rennen eingesetzt hatte. Ferraris mussten traditionell rot sein, doch zu diesen Zeiten gab es noch eine klare Regelung: Die Autos mussten in den Farben der Teamnationalität bemalt werden. Frankreich wurde die blaue Farbe zugeordnet und so musste Rosier die ursprünglich roten Boliden der Scuderia Ferrari blau anmalen. Trintignant, der den Schweiz GP wegen Motorenproblemen letztlich nicht in den Angriff nehmen konnte, fuhr auch in der Formel-2 ein paar Rennen für Rosier, zudem auch in Südamerika die Temporada-Rennen.
Bedeutendste Siege: Le Mans und Monaco GP
In der Saison 1953 ging es mit den Leitungen nur langsam bergauf. Immerhin gab es dieses Mal schon zwei 5. Plätze. Dazu war er wieder bei einigen F2-Rennen erfolgreich. Die wichtigste Änderung zum Vorjahr: Er bestritt für Simca Gordini auch das 24 Stundenrennen von Le Mans. Einern deutlichen Aufwärtstrend gab es dann 1954. Dies lag daran, dass Trintignant das Team wechselte und nun für Ferrari fuhr. Beim Argentinien GP fuhr er nur einen privaten Ferrari bei Ecurie Rosier, aber danach wurde er in die Werksmannschaft aufgenommen. Trintignant wurde starker WM-4., mit 2 Podestplätzen. Höhepunkt war Rang 2 beim Belgien GP, als nur Maserati-Pilot Juan Manuel Fangio, der 5-malige Formel-1 Weltmeister, besser war als Trintignant. Auch außerhalb der Formel-1 verlief die Saison blendend für Trintignant. Beim Sportwagenklassiker in Le Mans konnte er mit dem Argentinier José Froilan Gonzalez gewinnen!
Gewonnen hat Maurice Trintignant, der ein leidenschaftlicher Zigarrenraucher (teilweise auch im Cockpit!) war, ein Jahr später auch in der Formel-1: Beim Monaco Grand Prix siegte der Franzose vor Lancia-Fahrer Eugenio Castellotti. Doch, weil sonst kaum Resultate folgten, wurde Trintignant wieder nur WM-4. das Trintignant-Jahr 1956 war recht interessant: Er wechselte zwar das Team und fuhr für Vanwall, doch beim Frankreich GP wurde er von Bugatti verpflichtet. Doch er das einzige WM-Rennen von Bugatti verlief denkbar schlecht und Trintignant ging zu Vanwall zurück. Schade: In den 20er Jahren prägte Bugatti die Grand Prix Szene, das Abenteuer 1956 war nach nur einem GP schon wieder zu Ende. Trintignant sollte übrigens fast zu einem weiteren französischem F1-Projekt eingespannt werden: Als Citroën Formel-1 Pläne hatte, versuchte man sich Trintignant, längst schon in F1-Rennfahrerrente, zumindest als Berater zu holen. Doch das Projekt wurde bereits in der Anfangsphase gestoppt.
Sportwagenrennen fuhr Trintignant weiterhin für Ferrari. Zu Ferrari kehrte er auch 1957 wieder in der Formel-1 zurück. Allerdings fuhr er nur 3 WM-Rennen für das italienische Traditionsteam. Bestes Resultat war dabei ein 4. Platz beim GP von Großbritannien. 1958 gab es nochmals ein Highlight, als er den Monaco GP neuerlich gewinnen konnte. Dieses Mal startete er jedoch für das Privatteam Rob Walker Racing, die einen Cooper Climax einsetzten. Nach dem er zwischenzeitlich zur Scuderia Centro Sud und BRM wechselte, kehrte er zur Mitte des Jahres wieder zu Rob Walker zurück und wurde prompt in Deutschland nochmals 3. Mit Rob Walker hatte er auch 1959 eine erfolgreiche Saison, als er immerhin WM-5. wurde, dazu 5-mal in die Punkte fuhr, davon immerhin 2-mal aufs Treppchen. 1958 fuhr Trintignant auch ein USAC-Rennen: In Monza wurde er mit einem Kuzma Offenhauser 9.
Recht undurchsichtig wurde es dann 1960: In Argentinien fuhr er noch mal für Rob Walker, dann aber übernahm er einen Cooper Maserati der Scuderia Centro Sud. Zwischen drin bestritt er auch den Großbritannien GP als Werksfahrer von Aston Martin. Das Bäumchen-wechsle-dich-Spielchen war recht erfolglos: Nur beim Argentinien GP konnte Trintignant, der fast immer mit einer Mütze auftauchte, mit Platz 3 glänzen.
Abstieg in den 60er Jahren
Das Jahr leitete einen eindeutigen Trend ein: In den folgenden Jahren wechselte Trintignant öfter das Team, heuerte teilweise wieder bei Rennställen an, für die er bereits schon mal unterwegs war. 1961 fuhr er einen Cooper Maserati für die Scuderia Serenissima, 1962 wieder für Rob Walker Racing in einem Lotus Climax, und ganz verwirrend wurde es 1963: Beim Monaco GP fuhr er mit einem Lola Climax für Reg Parnell Racing, in Frankreich einen Lotus Climax, jedoch für das gleiche Team. Und dann wurde er für den Grand Prix in Italien von Centro Sud mit einem BRM verpflichtet. Wie in den beiden Vorjahren blieb Trintignant punktlos. 1964 fuhr er dann noch eine letzte F1-Saison. Dieses Mal startete er mit einem eigenen Team, und benutzte dabei einen gekauften BRM. Und tatsächlich gab es nochmals Punkte: Rang 5 beim Deutschland GP. Weil Trintignant auch ein eigenes Team leitete, was jedoch eigentlich kaum mit einem Team zu vergleichen ist, sondern eben mit einem privaten Einsatz, war Trintignant wohl auch beim Citroën-Projekt 1968 ein gefragter Mann.
Doch die Wahrheit ist: Nach ein paar Sportwagenrennen 1965 zog sich Maurice Trintignant vom Rennfahrerdasein zurück. Es folgten noch vereinzelte Rennen. Dabei startete er zum Beispiel mit einem Toyota bei der Rallye Paris-Dakar, im Jahre 1982. Trintignant fuhr auch die Rallye Monte Carlo mit, war also kein Greenhorn, was Rallye-Rennen betrifft.
Formel-1 WM-Statistik: Maurice Trintignant
261 Führungskilometer (Rang 88 in der ewigen Bestenliste)
81 Rennen (Rang 73)
71 WM-Punkte (Rang 73)
9 Podiumsplätze (Rang 64): 3 2. Plätze, 4 3. Plätze
7-mal knapp außerhalb den Punkterängen (Rang 24)
3 angeführte Rennen
2 Siege (Rang 58)
1 Schnellste Rennrunde (Rang 72)
1 Nichtqualifikation (Rang 187)
Durchschnittliche Startposition: 11,488 (Rang 136)
Durchschnittlicher Rückstand auf Pole Position: 5,443 (Rang 287)
Siegquote: 2,469% (Rang 75)
Ausfallquote: 48,148% (Rang 202)
GP für Teams
1. Rob Walker Racing (1958-’60/’62): 22 GP
2. Gordini (1950-’53): 18 GP
3. Ferrari (1954/’55/’57): 16 GP
4. Scuderia Centro Sud (1958/’60/’63): 6 GP
5. Scuderia Serenissima (1961): 5 GP
6. Vanwall (1956): 4 GP
7. Maurice Trintignant (1964): 4 GP
8. Reg Parnell Racing (1963) : 2 GP
9. Ecurie Rosier (1954): 1 GP
10. Bugatti (1956): 1 GP
11. BRM (1958): 1 GP
12. Aston Martin (1960): 1 GP
Trintignant erster französischer F1-Sieger
Als Maurice Trintignant beim Monaco GP 1955 als 1. über die Ziellinie kam, wurde Geschichte geschrieben: Er war der erste Franzose, der einen Grand Prix gewinnen konnte, der zur Weltmeisterschaft zählte. Freilich war er nicht der erste französische GP-Sieger, bis in die 30er Jahren gab es zahlreiche Franzose, die regelmäßig gewonnen haben. Der letzte Sieger aus Frankreich war übrigens Olivier Panis, der 1996 ebenfalls den Monaco GP gewann, mit einem Ligier Mugen Honda. Es dauerte nach dem Triumph von Trintignant bis zum USA GP in Watkins Glen 1971, bis wieder ein Franzose gewinnen konnte. Damals war es François Cevert auf Tyrrell Ford.
Erster F1-Sieger einer Nation
Großbritannien GP 1950: Italien durch Giuseppe Farina (Alfa Romeo)
Monaco GP 1950: Argentinien durch Juan Manuel Fangio (Alfa Romeo)
Indy 500 1950: USA durch Johnny Parsons (Kurtis Kraft Offenhauser)
Frankreich GP 1953: Großbritannien durch Mike Hawthorn (Ferrari)
Monaco GP 1955: Frankreich durch Maurice Trintignant (Ferrari)
Monaco GP 1959: Australien durch Jack Brabham (Cooper Climax)
Holland GP 1959: Schweden durch Jo Bonnier (BRM)
USA GP 1959: Neuseeland durch Bruce McLaren (Cooper Climax)
Holland GP 1961: Deutschland durch Wolfgang Graph Berghe von Trips (Ferrari)
Frankreich GP 1967: Mexiko durch Pedro Rodriguez (BRM)
Frankreich GP 1968: Belgien durch Jacky Ickx (Ferrari)
USA GP 1969: Österreich durch Jochen Rindt (Lotus Ford)
Italien GP 1970: Schweiz durch Clay Regazzoni (Ferrari)
USA GP 1970: Brasilien durch Emerson Fittipaldi (Lotus Ford)
Schweden GP 1974: Südafrika durch Jody Scheckter (Tyrrell Ford)
Kanada GP 1978: Kanada durch Gilles Villeneuve (Ferrari)
Schweiz GP 1982: Finnland durch Keke Rosberg (Williams Ford)
Italien GP 2001: Kolumbien durch Juan Pablo Montoya (BMW Williams)
Ungarn GP 2003: Spanien durch Fernando Alonso (Renault)