Zwei Frauen verschollen, er selbst untergetaucht, einst für Jahre im Gefängnis – das Leben von John Paul gleicht einem Banditen-Krimi. Dazwischen: Viele Erfolge als Rennfahrer und Teambesitzer. 1982 gewann er gemeinsam mit seinem Sohn John Paul jr. und dem Deutschen Rolf Stommelen in einem Porsche 935 die 24 Stunden von Daytona. Der Distanzrekord wurde erst 2018 gebrochen – um 32 Runden.
John Lee Paul wird 1939 eigentlich als Hans-Johann Paul in Niederlanden geboren. In der Nachkriegszeit wandert seine Familie nach Indiana in die Vereinigten Staaten aus, Paul wird US-Bürger, nennt sich in den 70er Jahren in John Lee Paul um. Und beweist als Fondsmanager an der Wall Street ein glückliches Händchen. Binnen kurzer Zeit schießen die von ihm betreuten Investmentfonds in Millionenhöhe – und er verdient fleißig mit.
Sein Lebensstil war schon immer erhaben. Er kauft sündhaft teure Autos, er arbeitet sich vom Clubsportler zu einem der erfolgreichsten US-Sportwagenfahrer seiner Zeit hoch, er kauft sich Yachten und Boote. Seine Rennkarriere unterbricht er in den 70er Jahren für eine Segeltour um die Welt – auf seiner eigenen Yacht. Immer mit dabei: Sein Sohn John Paul junior. Gleichzeitig kauft er Häuser in Florida, die Vermehrung seines Vermögens auf dem Immobilienmarkt ist ein Selbstläufer.
Der Drogenring der Familie Paul
Doch John Paul lässt auf seiner Segelyacht nicht nur die Seele baumeln. Er schleust von 1976 bis 1981 fast 10.000 Kilogramm Marihuana von Kolumbien in die USA ein. Die Behörden kommen erst dahinter, als sein Sohn gemeinsam mit einem Freund mit Drogen ertappt wird. Drei Jahre Gefängnis sind die Folge. Doch längst hat John Paul einen ganzen Drogenring aufgebaut. Auch sein holländischer Vater ist mit an Bord.
Und ein gewisser Stephen Carson. Ihm wird die Sache zu heiß. Er will aussteigen. John Paul versucht ihn unter Waffengewalt in den Kofferraum eines Autos zu stecken und zu entführen. Carson flieht. Fünf Mal feuert Paul auf Carson. Beine und Bauch verletzt, Blut fließt. Paul wird wegen versuchten Mordes angeklagt, kommt aber auf Kaution frei. Also flieht er. Jahre später (1985) wird er in der Schweiz gefasst – mit einem falschen Pass. Er wird an die USA ausgewiesen und zu 25 Jahre Haft verurteilt.
Schlecht für die Geschäfte. Also versucht er gemeinsam mit einem Mithäftling zu fliehen. Er sprüht einem Wächter eine scharfe Soße ins Gesicht und versucht über einen meterhohen Zaun zu klettern. Der Versuch scheitert. Erst 1999 sieht er auf Kaution wieder freies Land. Und die Behörden ihn nie wieder. Er lernt Colleen Woods kennen und taucht mit ihr unter. Bis heute ist sie ihr Verbleib ungeklärt. John Paul aber wird geschnappt und verhört. Weil er sich bei der Vernehmung im Zuge des Verschwindens von Woods in Widersprüche verstrickt, zieht sich die Schlinge immer enger. Er taucht wieder unter – bis heute ist er verschollen. Spuren sollen nach Thailand und zu den Fidschi Inseln führen, die Suche bleibt aber erfolglos.
Woods ist nicht die erste Frau von Paul, die für immer verschwunden ist. Auch seine zweite Ehefrau Chalice Alford verschwand in den 80er Jahren spurlos, nachdem sie sich im Streit von Paul getrennt hat.
John Paul junior wird schon mit 15 Jahren in die Drogengeschäfte des Vaters verstrickt. Auch er fährt Rennen, leidet aber unter dem cholerischen und im Fahrerlager wegen seiner zahlreichen Wutausbrüchen unbeliebten Vaters. In dessen JLP-Rennteam hat aber auch er Erfolg, etwa der Daytona-Sieg 1982.
Wegen des Drogenhandels muss auch er 1986 ein paar Jahre ins Gefängnis. Erst 1989 kehrt er auf die Rennstrecken zurück, fährt neben Sportwagen- auch IndyCar-Rennen. Zwei davon gewinnt er: 1983 im ersten vierten Anlauf auf dem Ovalkurs in Michigan. 1998 nochmals in Texas. 1997 wiederholt er den Sieg bei den 24 Stunden von Daytona. Nach einer Nicht-Qualifikation beim Indy 500 tritt er 2001 vom Rennsport zurück. Heute leidet er wie einst Mutter und Oma unter der erblich bedingten Hirnkrankheit Cholera Huntington.