Mal wieder ein Fahrerportrait. Quellen: Wikipedia, driverdb.com, grandprix.com, ADAC Special Grand Prix '90, eigene Unterlagen
Da hilft auch nicht, dass der Vater ein Rechtsanwalt aus Helsinki ist: JJ Lehto wurde wegen rücksichtslosen Fahrens, Totschlags und Fahren unter Einfluss von Alkohol zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Im Juni 2010 verunfallte er mit einem Motorboot, wobei sein Freund verstarb. Das Motorboot war zum Zeitpunkt des Unfalls viel zu schnell unterwegs und knallte gegen einen Brückenpfosten. Lehto konnte an Land schwimmen. Ein Alkoholtest ergab einen Wert von 1,7 Promille. Zunächst gab Lehto an, sich nicht erinnern zu können, wer das Boot zum Zeitpunkt des Unfalls gesteuert habe, später bestritt er, am Steuer gesessen zu haben. Das Gericht kam zum Schluss, dass er es schon war. Gegen die Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten hat Lehto nun Berufung eingelegt.
JJ Lehto hatte in der Formel-1 durchaus einige Achtungserfolge vorzuweisen. Sein Manager war damals kein geringerer als Keke Rosberg. Dessen erste Tat, als er Manager wurde: Er drängte Lehto dazu, seinen schwer auszusprechenden Namen (Jyrki Juhani Järvilehto) medienwirksam in JJ Lehto abzukürzen. Ende 1989 hievte Rosberg Lehto in die Formel-1. Zuvor gewann er 1987 in der europäischen Formel-Ford und 1988 in der britischen Formel-3 für Pacific jeweils den Titel. Der Schritt in die Formel-3000, der heutigen GP2, war kein guter: Immer noch für das spätere F1-Team Pacific unterwegs, musste er sich seinem Teamkollegen Eddie Irvine beugen. Beide kamen damals neu in die Serie, beide kamen aus der britischen Formel-3. Offenbar hatte Lehto größere Anlaufschwierigkeiten, als Irvine.
Lehto statt Rosberg
Dafür kam Lehto schneller in der Formel-1 – und dort auch flott auf Tempo. Ende 1989 machten Gerüchte die Runde, Onyx wolle Keke Rosberg zu einem F1-Comeback überreden. Gewiss war der Weltmeister von 1982 bezüglich eines F1-Comebacks nicht abgeneigt, gab er doch später zu, seine F1-Karriere viel zu früh beendet zu haben, doch der Vater des heutigen Mercedes-Fahrers Nico Rosberg handelte bei Onyx nur seinem Schützling Lehto einen Platz aus.
Bei Onyx hatte Lehto ein äußerst instabiles Umfeld: Ursprünglich war Mike Earl der Teamgründer. Doch von Anfang an unterschrieb der zwielichtige Jean-Philippe van Rossem einen Sponsorenvertrag, der ihm auch einige Anteile am Team bescherte. Die Anteile wurden immer mehr, sodass van Rossem Mehrheitseigentümer wurde. Sein Auftreten warf nicht unbedingt ein seriöses Licht auf den Rennstall, ließ er doch keine Gelegenheit aus, gegen F1-Boss Bernie Ecclestone zu wettern. Schließlich saß er auch Earl auf die Straße und als die belgische Polizei Ermittlungen gegen van Rossem aufnahm, zog auch Porsche zurück. Der deutsche Autobauer sollte eigentlich eine Partnerschaft mit Onyx eingehen und F1-Motoren bauen. In diesem schwierigen Umfeld debütierte Lehto also in der Formel-1, ab dem Portugal GP übernahm er einen Onyx Ford, konnte sich zunächst nicht qualifizieren. Das gelang bei den vier Versuchen immerhin zwei Mal, die volle Renndistanz konnte er nie abspulen.
Die Angebote für 1990 hielten sich wohl auch wegen der recht mäßig guten F3000-Saison in Grenzen. Also blieb er bei Onyx. Die Lage um van Rossem wurde immer brisanter und schließlich sperrte er den Rennstall zu. Lange Zeit sah es so aus, als würde Onyx nicht mehr weitermachen können. Dann fand sich mit der japanischen Verlagsgruppe Middlebridge ein Käufer. Hinter den Bemühungen von Middlebridge steckte John MacDonald, der ehemalige RAM-Teambesitzer, der nun wieder ein eigenes F3000-Team hatte. Bereits beim Italien GP meldete man sich mit einem Benetton-F1-Boliden von 1986 und Emanuele Pirro als Fahrer, der im Team wohl auch eine treibende Kraft war. Doch die FIA erteilte dem Team keine Starterlaubnis. Offenbar um sicher zu gehen, 1990 starten zu können, kaufte sich Middlebridge gleich zwei Teams: Neben Onyx auch noch Brabham! Lange Zeit sah es so aus, als würde Middlebridge das Onyx-Team als Basis nehmen, denn anders als Brabham musste Onyx nicht in die Vorqualifikation. Doch dann stieß Middlebridge Onyx doch ab – und zwar an Peter Monteverdi und Karl Foitek.
Das Abenteuer Onyx
Auch mit den Schweizern war bei Onyx, bald Monteverdi die Ruhe nicht eingekehrt. Foitek, der Vater des damals aufstrebenden F1-Fahrers Karl Foitek, war nur Finanzier. Die Geschicke des Teams lenkte Peter Monteverdi. Der Schweizer war einst selbst Rennfahrer und fuhr auch außerhalb der WM F1-Rennen. Beim Grand Prix 1961 in Solitude brachte er sogar einen eigenen F1-Rennwagen an den Start, den MBM. Der Wagen wurde von einem Porsche-Motor angetrieben, doch der Motor machte Probleme. Später verschrottete Monteverdi seinen eigenen F1-Rennwagen bei einem Unfall – das Ende des Rennfahrerlebens war gekommen. Nun das Comeback bei Onyx. Die Zeiten haben sich geändert. Monteverdi verschlankte das Team. Wer zu viel Geld bekam, musste gehen, etwa der damals recht hoch angesehene Technikchef Alan Jenkins, oder auch der Fahrer Stefan Johansson. Monteverdi übte nicht nur die Rolle des Teamchefs aus, teilweise setzte er sich sogar ans Reißbrett um einen F1-Rennwagen für 1991 zu kreieren – und er testete den Onyx Ford für 1990 sogar selbst. Doch so war ein F1-Team in der modernen Zeit des Sports nicht mehr zu führen. Monteverdi musste das Team noch 1990 dicht machen – damit saß auch Lehto wieder auf der Straße. Nur beim Imola GP kam Lehto als Zwölfter ins Ziel.
Zählbares hatte Lehto bis dato nicht vorzuweisen. Trotzdem wurde er als möglicher Jordan-Fahrer für 1991 gehandelt, erst später stellte sich heraus: Jordan war von Beginn an richtig stark bei der Musik dabei. Lehto ging aber zur Scuderia Italia, ein italienisches Team, das Dallara-Chassis einsetzte. 1991 schlummerte im Heck ein Judd-Motor. Beim Imola GP kam die größte F1-Stunde für Lehto in seiner Karriere: Teilweise Regen machten den Grand Prix schwierig. Alain Prost, der mit seinem Ferrari von der Pole Position aus startete, drehte sich noch in der Einführungsrunde! Und so gab es viele Defekte und Fahrfehler – und das spülte Lehto auf Rang drei und damit auf das Treppchen! Das war das beste F1-Ergebnis für JJ Lehto. 1992 blieb er bei der Scuderia Italia an Bord, jetzt mit einem Ferrari-Motor im Heck. Mehr als Rang sieben beim Belgien GP war aber nicht drin.
1993 kam er dann beim neuen Sauber-Team unter. Das schweizer Team hatte zuvor große Erfolge mit Mercedes in der Sportwagen-WM gefeiert. Mercedes unterstützte Sauber beim F1-Projekt zunächst nur halbherzig. Die Motoren wurden von Ilmor gebaut, erst 1994 im Auftrag von Mercedes von Ilmor. Tatsächlich fuhr Lehto bereits beim Debüt des Sauber-Teams in Südafrika 1993 als Fünfter in die Punkte! Zwar kamen damals auch nur sieben Fahrer ins Ziel, aber erstens ließ Lehto dabei unter anderem den Ferrari-Piloten Gerhard Berger hinter sich und zweitens zeigte er den Speed des Sauber Ilmor schon im Quali, als er sich auf Rang sechs qualifizierte. Die Ergebnisse waren also nicht schlecht, aber ausbaufähig: Sauber fehlte zum Beispiel ein aktives Fahrwerk.
Unfälle statt Karrieresprung bei Benetton
Die starken Ergebnisse machten Lehto zu einer begehrten Figur auf dem Transfermarkt. Zum einen war er bei Footwork im Gespräch. Doch viel interessanter schien die Möglichkeit, 1994 bei Benetton anzudocken. Benetton suchte einen zweiten Fahrer neben Michael Schumacher. Es gab zwei Möglichkeiten: Einen erfahrenen Fahrer (wie auch in den Jahren zuvor mit Nelson Piquet, Martin Brundle und Ricciardo Patrese) – dann wäre Michele Alboreto ein geeigneter Kandidat gewesen – oder ein junger Fahrer, getestet wurden Luca Badoer, Jos Verstappen und eben JJ Lehto. Benetton entschied sich für Lehto, doch noch vor dem Saisonstart verunglückte Lehto bei Testfahrten in Silverstone schwer. Dabei zog er sich einen Bruch am Halswirbel zu, wodurch sogar der Nackenmuskel aufgetrennt werden musste. Der Finne war einige Zeit außer Gefecht gesetzt und von Verstappen vertreten worden. Am schwarzen Wochenende von Imola (tödliche Unfälle von Ayrton Senna und Roland Ratzenberger) kehrte er zurück – und war wieder in einen Unfall verstrickt. Am Start blieb er stehen, Pedro Lamy konnte nicht ausweichen und krachte in das Heck von Lehto. Herumfliegende Teile verletzten Zuschauer. Lehto musste immer wieder pausieren, erholte sich von den Unfällen nie ganz.
1995 fand er kein F1-Cockpit mehr. Er wechselte zu den Sportwagen und fuhr für das japanische Kokusai Khaihatsu Team einen McLaren. Gemeinsam mit dem ehemaligen F1-Fahrer Yannick Dalmas und dem Japaner Masanori Sekija gewann er das 24-Stundenrennen von Le Mans. Bereits 1990 und 1991 war er in Le Mans am Start. Genau zehn Jahre später gewann er zum zweiten und letzten Mal das 24-Stundenrennen von Le Mans: Im Audi-Werksaufgebot, gemeinsam mit Le-Mans-Rekordsieger Tom Kristensen und dem Deutschen Marco Werner. Danach fuhr er nur noch sporadisch Rennen. Im Formel-Sport tauchte er 1998 noch einmal auf, als er eine IndyCar-Saison für das Hogan-Team absolvierte.