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Jean-Pierre Wimille und Alfa Romeo

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Beitrag Freitag, 02. August 2002

Beiträge: 383
Dies muß eine eigenartige Beziehung gewesen sein. Kann hier vielleicht jemand etwas mehr zu den Hintergründen sagen?

1946 war Wimille der herausragende Fahrer - nicht nur als Werksfahrer auf seiner Alfetta, sondern zwischendurch auch durch seine Einätze auf dem Alfa Romeo 308 der 'Ecurie Naphtra Course'. Von den 'Nicht-Alfa-Fahrern' hatte ihm 1946 nur Raymond Sommer gelegentlich etwas entgegenzuhalten.

Wimille war nach dem Krieg - obwohl Franzose - von Anfang an Alfa's Spitzenfahrer und somit auch gleich im ersten Rennen (9.6., Paris - St. Cloud) mit dabei, beide Autos schieden jedoch aus. Im GP der Nationen siegte Wimille im ersten Qualifikations-Rennen, wurde im Finale jedoch von Nuvolari abgeschossen und landete letztlich mit Rundenrückdtand hinter zwei anderen Alfettas auf Platz 3. Nuvolari, der seine Fahrt nach der Kollision ebenso fortsetzen konnte, wurde übrigens disqualifizert und mittels schwarzer Flagge aufgefordert, das Rennen zu beenden. Dies ignorierte er aber beharrlich und letztlich wurde er im offiziellen Schlußklassement wieder als vierter geführt. Überhaupt muß das ganze Rennen aus organisatorischer Sicht ein einziges Chaos gewesen sein. Zurück zu Wimille. Nächstes Rennen für 'Alfa Corse' war der GP von Turin. Varzi und Wimille dominierten das Rennen von Anfang an, und wechselten mehrfach die Plätze. Damit sollte wohl den Zuschauern Kampf um Platz eins vorgegaukelt werden. Tatsächlich hatte die Führung von Alfa jedoch im Vorhinein beschlossen, daß in diesem wichtigen Rennen ein 'all-italienischer' Sieg zu erzielen sei und sah Varzi als Sieger vor. Wimille gab zwar nach, demonstrierte aber mit der schnellsten Rennrunde, wer der schnellere der beiden war. Sein Abstand im Ziel: gemessene 8 Zehntel !!! Von wegen 'Stallregie gibt es erst seit Einführung der WM'. Wimille war scheinbar extrem verärgert und veranstaltete im Anschluß einen Mords-Zinnober. Vier Wochen später in Mailand war er jedenfalls nicht dabei. War das seine Entscheidung oder wollte das Team verhindern, daß er - wiederum in einem wichtigen italienischen Rennen - einen angedrohten Sieg wahrmachte?

Irgendwie legte sich über den Winter die Aufregung und Wimille war 1947 wieder von Anfang an mit dabei. Seine Überlegenheit über den inzwischen wieder völlig gesunden Varzi demonstrierte er eindrücklich mit einem Sieg im ersten Rennen - in der ersten 'Grand Epreuve' nach dem Krieg in Bremgarten. Für Spa war dann - aus welchen Gründen auch immer - wieder Varzi für den Sieg vorgesehen. Wimille setzte sich jedoch diesesmal darüber hinweg und siegte erneut. Vierzehn Tage später (in einem völlig unwichtigen Rennen in Bari - der Rest der motorsportlichen Elite traf sich am selben Tag in Pescara) war Wimille jedenfalls nicht mehr mit dabei. Dann kam der GP von Italien und Wimille durfte, obwohl offiziell genannt, nicht starten. der völlig unerfahrene Alfa-Mechaniker Gaboardi übernahm daher für dieses einzige Rennen Wimille's Alfetta. Eigenartigerweise nahm Alfa am folgenden GP de l'ACF nicht teil. Laut Sheldon waren dafür 'political reasons' verantwortlich. Zwei Alfettas waren für das Rennen genannt - allerdings (wieder laut Sheldon) nicht von Alfa Corse selbst sondern von der 'Ecurie Wimille'! Auch diesbezüglich wäre ich sehr an den Hintergründen interessiert. Hatte die Nichtteilnahme etwas mit den Unstimmigkeiten zwischen Wimille und Alfa (seit Spa) zu tun, oder waren andere Gründe ausschlaggebend?

1948 war - wie könnte es anders sein - Wimille wieder von Anfang an dabei! Das erste Rennen des Jahres, der GP von Europa in Bremgarten, war für Alfa Romeo ein sehr trauriges Ereignis. Im Training stürzte Varzi zu Tode. Letztlich entschied man sich - angeblich auf Drängen Varzi's Witwe - doch zum Start. Wimille führte vor Trossi, mußte dann aber einen unplanmäßigen Boxenstop einlegen, um Kühlwasser nachfüllen zu lassen. Er kämpfte sich wieder nach vorne, verzichtete dann aber - möglicherweise aufgrund der Umstände (im Rennen war auch noch Kautz tödlich verunglückt) - auf eine Schlußattacke und wurde mit zwei Zehntel (!!) Rückstand zweiter. In allen weiteren Rennen des Jahres, an denen Alfa teilnahm, siegte Wimille.

Angeblich soll sein Tod Anfang 1949 mit einer der Gründe für den Rückzug Alfa Romeo's aus dem GP-Geschehen gewesen sein. Er war eigentlich wiederum als Spitzenfahrer des Teams vorgesehen gewesen - kein Wunder, bei seiner über die letzten drei Jahre gezeigten Performance.

Wimille war wohl einer der ganz großen. Aber eben nie Weltmeister, daher heute 'statistisch' nicht mehr wichtig. Das Leben hat scheinbar wirklich erst 1950 begonnen.[br]----------------[br]

Beitrag Freitag, 02. August 2002

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Beitrag Freitag, 02. August 2002
Tom Tom

Beiträge: 2713
Hi Egon,

das Schiksal von Jean - Pierre Wimille rettete Giuseppe Farina vermutlich den Titel. Hierzu gleich ein paar Daten für unsere Leser:

Jean – Pierre Wimille wurde am 11.02.08 in Paris geboren. Der Sohn einer bekannten Skifahrerrin und eines Journalisten fuhr ab 1932 Bugatti, Simca – Gordini und Alfa Romeo. Seine größten GP - Siege feierte der Franzose in Frankreich ( 1936/48 ), Marne ( 1936/37 ), Pau ( 1937 ), Schweiz ( 1947 ), Belgien ( 1947 ), Italien ( 1948 ) und bei den 24 Stunden in Le Mans ( 1937/39 ).

Im Krieg war er Kurier in Nordafrika. Nach dem Krieg gab es bei Bugatti keine Produktion und keine Rennwagenabteilung mehr, so wechselte er zu Alfa Romeo. Wimille fuhr 3 Jahre den 1,5 Liter - Alfa Romeo 158 im Team mit Achille Varzi, Giuseppe Farina, Graf Felice Trossi und Consalvo Sanesi.

Die Fachzeitschriften waren sich einig, Wimille galt als bester Fahrer der Nachkriegszeit und wurde mit Lob überhäuft, Schlagzeilen wie "der Artist am Volant" oder "der größte Virtuose des internationalen Rennsportes seit Bernd Rosemeyer" machten die Runde. Sein Fahrstil war zwar nicht mehr besonders spektakulär, aber sehr ausgefeilt, souverän, maschinenschonend und taktisch meisterlich. Dieser große Fahrer und Techniker verunglückte am 28.01.49 im Training zum GP "Juan Peron" von Buenos Aires tödlich.

Bereits 1945 fuhr Wimille wieder. Mit einem 4,7 Liter - Bugatti gewann er im September das Befreiungsrennen im Bois de Boulogne und erst im Mai 1946 auf gleicher Strecke mit meinem 3 Liter - Alfa Romeo, seine weiteren Erfolge hast du ja bereits geschildert.

Bisher finden sich in meiner Literatur keine Hintergründe zum Verhältniss mit Alfa Romeo, ich bin ja auch nach 3 Portriäts am "Auto der Zukunft" (Foto ?) hängengeblieben: Leichtbau, Stromform, gute Straßenlage, spielende Handhabung und Bedienung.......

1946 entwarf Wimille mit zwei französischen Ingnieuren einen Prototyp, einen Heckmotorwagen, der durch einen 1,9 Liter Citroen Motor angetrieben wurde und drei Sitze nebeneinander besaß, wobei der Fahrersitz etwas weiter vorne lag.

Der "richtige" Wimille - Wagen wurde dann 1948 im Pariser Autosalon vorgestellt. Er verwendete einen 2,2 Liter V - 8Zylinder - Motor von Ford als Antriebsaggregat, das er vor die Hinterachse setzte. Auf diese Weise hatte er den Mittelmotorwagen kreiert. Mit dieser Anordnung war es allerdings nur möglich, einen Dreisitzer zu bauen, der aber eine Panorama - Scheibe vorne besaß und Türen, die ähnlich wie später beim 300 SL Mercedes, in den Dachausschnitt hereinragten.

Sind euch die Hintergründe seines Unfalls bekannt ? Richard von Frankenberg beschreibt den Hergang ausführlich im Buch "Die großen Fahrer von einst".
Ich werde am Wochenende noch nach konkreteren Hinweisen bezüglich Alfa Romeo suchen.......[br]----------------[br]Gruß

Tom
Herzliche Grüße

Tom

Beitrag Sonntag, 04. August 2002

Beiträge: 1873
Hallo,

nachfolgend zwei Bilder über Wimille:

Bild

Bild[br]----------------[br]mit freundlichen Grüßen

Daniel Grosvarlet
mit freundlichen Grüßen

Daniel Grosvarlet

Beitrag Sonntag, 04. August 2002
Tom Tom

Beiträge: 2713
Hab nochmals in einigen alten Büchern geblättert, aber nur wenig Neues für eine Analyse gefunden:

Wimille erwarb sich 1946 einen alten Alfa Romeo 308 und gewann ab dem Mai die Rennen in Bois de Boulogne, Perpignan und Dijon. Deshalb wurde er von Alfa - Manager Giovanbattista Guidotti in die schnelle und eindrucksvolle Mannschaft mit Achille Varzi, Nino Farina und Felice Trossi berufen. Der Alfa Romeo 158 holte 26 Siege in 26 Rennen......

Bereits im ersten Jahr gab es einen Streit zwischen Farina und Varzi um die Position des Teamleaders und obwohl Wimillie eigentlich schon damals der Schnellste war, mußte er in Turin zugunsten Varzis auf den Sieg verzichten. Auch die erste Version seines "Wimille - Straßenautos" (siehe Foto oben) brachte noch nicht den gewünschten Erfolg. Am Jahresende wurde Farina fallengelassen und durch Sanesi ersetzt.

Amedee Gordini wollte Wimille für 1947 ín sein Team holen und da Alfa Romeo in halten wollte, wurde ein Kompromiß vereinbart, der bis 1949 beibehalten wurde. Wimille fuhr bei großen internationalen Rennen für Alfa Romeo und den Rest, vorwiegend in Frankreich, für Simca-Gordini. Er wurde noch stärker, mußte sich aber bei einigen GPs der aufgezwungenen Stallorder beugen und Achille Varzi ziehen lassen. Umstritten war die Alfa - Entscheidung, Wimille, der in Bern und Spa gewann, für den italienischen GP anstelle von Trossi und einen weiteren Italiener draußen zu lassen, aber es erhöhte die Chance auf einen Heim - Sieg der überlegenen Alfas !

1948 verunglückte Varzi beim Qualifying zum GP der Schweiz in Bern tödlich und Wimille fand sich plötzlich in der Rolle des Mannschaftsführers wieder. Er wußte von der schweren Krankheit seines Kollegen Trossi (Gehirntumor) und ließ den Italiener das Rennen gewinnen, eine große Geste, die entsprechend gewürdigt wurde.

Wimille dominierte nahezu die ganze Saison nach belieben und stieg zum besten Fahrer der Welt auf. Sein Ende kam im Januar 1949 beim Rennen in Buenos Aires.

Alfa hatte innerhalb 10 Monaten seine 3 Spitzenpiloten verloren und verzichtete nicht zuletzt deshalb auf die Saison 1949. Man baute eine neue gute Mannschaft (Farina, Fagioli, Fangio) auf und bereitete sich in aller Ruhe für die erste WM - Saison vor.
Herzliche Grüße

Tom


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