Also das war definitiv eine Ente. Es gab einige Fahrer, die für den plötzlich frei werdenden Sitz in Frage kam, Mika Salo war da sicher der Überraschungsmann mit dem keiner gerechnet hat. Gehen wir die Kandidaten doch mal durch (wenn er noch zusätzliche kennt, bitte ergänzen). Zu dem Zeitpunkt wackelte ja auch der Posten von Ferrari Rennleiter Jean Todt!:
Luca Badoer: Das hielten viele für die logischte Wahl. Badoer kam ja 1998 zum Ferrari Team als Testfahrer (ist noch bis mindestens Ende 2007 Ferrari Tester!), Ferrari lieh den Italiener aber an Minardi Ford für die Saison 1999 aus (da fällt mir ein, wie kam das überhaupt zu stande?). Nach dem Michael Schumacher sich beim Großbritannien GP 1999 ein Bein brach, sah sich Badoer selbst schon im Ferrari. Doch völlig überraschend erklärte Ferrari Rennleiter Jean Todt bald, dass Badoer kein Kandidat auf den Posten ist. Es ist nicht das erste Mal, dass Badoer den Kürzeren zog. Es gab einige, die gleich mutmasten: Badoer solle bei Minardi 1999 lieber noch ein wenig trainieren, denn für 2000 käme er sehr wohl in Frage auf das 2. Cockpit, dann aber neben Schumacher (mit dem er sich übrigens bestens versteht!), doch auch das kam nie in den Sinn. Es liegt wohl an der Allergie, die Schumacher gegen Italiener hatte. 1996 sollte ja eigentlich Nicola Larini neben Schumacher fahren, aber der wollte lieber einen Nicht- Italiener, weil er befürchtete, dass sich das italiensiche Team Ferrari aufgrund des Drucks der italienischen Medien mehr auf Larini konzentrieren würde, also holte Ferrari lieber Eddie Irvine aus dem Jordan Vertrag (der noch bis Ende 1997 ging!). Das dürfte auch ein Grund sein, warum Badoer auch 2006 nicht im Ferrari gesessen ist. Ein weiterer war sicher, das jüngere Alter von Felipe Massa (von der Schnelligkeit waren sie 2003, als beide Ferrari Testfahrer waren, etwa gleich, in der Entwicklung der Technik war, wen wundert es, Badoer viel stärker) und ein weiterer, dass Massas Manager, Nicolas Todt, der Soh von Jean Todt ist. Im Nachhinein muss man sagen, hat Ferrari richtig entschieden Massa zu nehmen statt Badoer.
Jos Verstappen: Michael Schumacher selbst wollte den Holländer am liebsten als seinen Ersatz haben. Schumacher und Verstappen waren ja recht eng befreundet, es gab auch für die Saison 2004 die Überlegung, Verstappen als Ferrari Testfahrer anzuheuern, damals bittete Verstappen zumindest Schumacher, da mal bei Ferrari nachzufragen - das war allerdings noch während seiner desaströsen Saison bei Minardi 2003. Danach war Verstappen lieber auf der Jagd auf das Jordan Cockpit (wo er übrigens auch 1997 ein Top Kandidat war) und das zog sich bis in die Saison 2004 hinein (immer wieder gab es das Gerücht: Giorgio Pantano raus, Jos Verstappen rein) und Ferrari holte sich als 2. Tester neben Badoer den Italiener Andrea Bertolini. Also: Verstappen war auch für das Cockpit als Schumacher Ersatz ein Kandidat, doch der Schumacher Teamkollege von 1994 bei Benetton Ford war nach Ansicht von Jean Todt und Ferrari zu sehr in das Projekt von Honda verwickelt, denn 2000 sollte er ja den Honda fahren (später wurde bekannt, ausgerechnet neben Mika Salo, der dann ja den Ferrari Drive bekam!) und 1999 testete er bereits einen Dallara für das Honda Werksteam. Dass Honda den Einstieg fallen ließ und sich lieber mit BAR verbündete, konnte Ferrari noch nicht wissen, dennoch vermutete man, dass Verstappen wichtige Daten mit zu Honda tragen würde. Im Nachhinein ist das wirklich alles sehr interessant, denn was Verstappen 1999 verwehrt blieb, holte Rubens Barrichello 2006 nach, als er natürlich wichtige Infos bei seinem Wechsel mit zu Honda transportierte.
Jean Alesi: Jean Todt und Michael Schumacher hatten beide Jean Alesi im Auge, der ja schon Anfang bis Mitte der 90er Jahre für Ferrari unterwegs war. Es gab aber einige Probleme: Er saß fest im Sattel von Peter Sauber, doch aus seinem Sauber Petronas Vertrag hätte man den FRanzosen sicher schnell rausholen können, schließlich war ja Sauber schon damals Kunde und Partner von Ferrari, doch Alesi wollte aus Loyalität nicht von Sauber weg oder nur ungerne weg (denn wer lässt sich schon ein Cockpit bei Ferrari entgehen), offenbar spielte da noch in die Karten, dass Alesi wenig von Jean Todt (noch aus seiner Ferrari Zeit) angetan war. Ein weiteres Problem war, nicht nur für Ferrari machte es den Anschein, dass Alesi seine Zeit in der Formel-1 bereits hatte. Zwar war auch der Sauber Petronas 1999 nicht wirklich konkurrenzfähig, aber auch Alesi unterlag zumindest in Punkten dem Brasilianer Pedro Diniz, der ja mehr als Geldgeber an Bord kam und auf dessen faherische Talente nicht sehr viel gesetzt wurde. Die Variante Alesi schien also zu unsicher und zu kompliziert, denn auch Sauber hätte dann einen Ersatz gebraucht und ein Fahrer, der für Sauber fährt (und den auch die Sauber Sponsoren haben wollten) findet sich schwerer, als einen Fahrer, der für Ferrari ins Formel-1 Auto steigt.
Naja und dann zauberte Jean Todt plötzlich Mika Salo aus dem Nichts, der ja 1999 schon ein paar Rennen für BAR Supertec als Ersatz für den verletzten Ricardo Zonta fuhr. Salo war dann auch ein anständiger Ersatz.
Dass Jacques Villeneuve als Schumacher Ersatz in Frage kam, kann ich mir schwer vorstellen. Villeneuve wäre nur ein halb so guter Wasserträger gewesen wie ein Salo, denn ein Villeneuve wäre doch auf ähnlichem Niveau mit Eddie Irvine gefahren und noch dazu, war die Rivalität damals von Villeneuve und Schumacher ja noch härter als das in den letzten Jahren der Fall war, in denen die Interviewattacken ja immer unspektakulärer und seltener wurden. Und nicht zu vergessen: Villeneuve saß damals fest im BAR Sattel, denn damals hatten beide Parteien noch ein top Verhältnis, was zum einen daran lag, dass Villeneuves Manager Craig Pollock gleichzeitig Teamchef war und dass Villeneuve ja nicht gerade nur ein paar Pfennig bei BAR verdiente. Freilich war die Saison enttäuschend, dennoch, gekrieselt hatte es in der Ehe Villeneuve/BAR erst 2001. Damals hatte Villeneuve ein sehr gutes Angebot von Benetton und er überlegte, das Team zu wechseln. Im Nachhinein ist wieder schlau gesagt: Der Wechsel wäre sicher nochmal eine riesige Chance für Villeneuve gewesen, doch 2000 (und auch 2001) war Benetton eher schlechter als BAR, keinesfalls aber besser, zwar hat Benetton nun auch Werksunterstützung von Renault bekommen, doch die hatte auch BAR mit HOnda und dann kam eben auch noch die Tatsache, dass Pollock Teamchef war und schließlich setzte Villeneuve seine Unterschrift unter dem BAR Vertrag. Jüngst als er unterschrieb, wurde Pollock bei BAR entlassen. Man kann sich vorstellen, dass Villeneuve nicht unbedingt lachend durch die Gegend hüpfte. Ein weiteren "FLuchtversuch" von Villeneuve gab es dann am Ende der Saison 2001, als Pollocks Pläne, ein ChampCar Team zu gründen, recht konkret wurde (dies geschah ja auch mit dem PKV (Pollock - Kalkhoven - Vasser) Team) und Villeneuve erinnerte sich plötzlich an seine erfolgreiche ChampCar Karriere zurück (Meister 1995 und Indy 500 Champion 1995). Villeneuve verspürte wieder Lust, sich auch Angebote vom anderen Seite des Atlantiks anzuschaun und da kam neben der Möglichkeit mit Pollock auch ein Angebot von seinem Ex Team Forsythe, das ja in der ChampCar zu den Topteams zählte. Doch der ChampCar ging es damals nicht gut und Villeneuve blieb bei BAR. 2003 endete dann die Karriere schließlich.